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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Prachthühner.

"Den Lockruf des Monaul, jenes lautklagende Pfeifen, hört man im Walde zwar zu allen
Stunden des Tages, am häufigsten aber doch vor Tagesanbruch und gegen Abend. Jn der kalten
Jahreszeit tönt der Wald wieder von dem Geschrei der jetzt zahlreich Versammelten, insbesondere kurz
bevor sie sich auf einzelne hohe Bäume oder auch wohl Felszacken zum Schlafen aufsetzen wollen."

"Der Monaul nährt sich von Wurzeln, Blättern, jungen Schößlingen, verschiedenen Grasarten
und Kräutern, Beeren, Nüssen und anderen Sämereien, aber auch von Kerbthieren aller Art. Jm
Herbste suchte er letztere unter den abgefallenen Blättern zusammen, im Winter äßt er sich oft in den
Weizen- und Gerstenfeldern. Er beschäftigt sich, seinen hierzu besonders geeigneten Schnabel ange-
messen verwendend, jederzeit eifrig mit Graben, nicht selten mehrere Stunden nach einander. Jn
den höher gelegenen Wäldern sieht man zuweilen auf Blößen oder offenen Stellen, welche frei von
Unterholz sind, Massen von Monauls in voller Arbeit."

"Die Brutzeit beginnt bald nach Eintritt des Frühjahres. Die Henne bereitet ihr Nest unter
einem kleinen deckenden Busche oder einem Grasbüschel und legt fünf Eier, welche auf düsterweißem
Grunde mit röthlichbraunen Punkten und Flecken getüpfelt sind. Die Küchlein kommen Ende
Mai's aus."

Manche Jäger achten das Wildpret des Monaul dem Fleische des Truthahnes an Güte gleich,
andere behaupten, daß es kaum eßbar wäre; Mountaineer versichert, daß namentlich Weibchen
und Junge im Herbste und Winter einen ausgezeichneten Braten liefern, während das Wildpret
gegen Ende des Winters sehr an Güte verliert. Entsprechend der Jahreszeit bietet die Jagd größere
oder geringere Schwierigkeiten; bei der Häufigkeit dieses prachtvollen Wildes macht der geschickte
Jäger aber doch regelmäßig reiche Beute. Mountaineer erzählt, daß er im Herbste, wenn die
entlaubten Bäume einen Ueberblick des Waldes gestatten, oft viele Monauls nach einander erlegt
habe. Er wartete bis die aufgetriebenen oder schlaflustigen Vögel aufgebäumt hatten, beschlich dann
den ersten, schoß ihn herab, ging einem zweiten zu, erlegte denselben ebenfalls und konnte mit seiner
Jagd oft lange Zeit fortfahren, da die Thiere sich wenig um den Knall des Schusses zu kümmern
schienen.

Es ist leicht, altgefangene Monauls im Käfige längere Zeit zu unterhalten. Demungeachtet
zählt der prachtvolle Vogel in unsern Thiergärten noch zu den Seltenheiten und wird demgemäß sehr
theuer bezahlt. Jn Jndien kann man geeigneten Orts soviel Gefangene erhalten, als man will; die
Kinder der luftigen Höhe vertragen aber die Hitze der Tiefe nicht, und die meisten sterben während der
Reise. Lady Jmpey brachte die ersten lebenden Monauls nach England und ließ es sich Mühe
und Geld genug kosten, sie hier einzubürgern. Die Gefangenen führen, wie mir Bodinus schreibt,
ein möglichst verstecktes Leben, verbergen sich gern vor dem Beobachter und zeigen sich immer etwas
ängstlich. Sie graben beständig, bearbeiten die Rasenplätze in ihrem Käfige ohne Unterlaß und ver-
unstalten sehr bald ihr Gebauer. Den Winter überstehen sie ebenso leicht wie unsere Fasanen. Jn
dem Thierpark des Lord Derby gelang es zuerst, Gefangene zur Fortpflanzung zu bringen; später
haben solche in den Thiergärten zu London und Antwerpen gebrütet. Da man den Gefangenen hier
die Eier wegnimmt, um diese von Haushennen ausbrüten zu lassen, erzielt man in der Regel zehn
bis vierzehn Eier von einem Paare, selten aber mehr als fünf bis sieben Junge -- ein deutlicher
Beweis, daß wir ein geeignetes Ersatzfutter noch nicht gefunden haben; denn im entgegengesetzten Falle
würden nicht so viele Eier unbefruchtet sein. Die Küchlein ähneln denen anderer Hühner in Gestalt
und Färbung, lassen sich aber an ihrer bedeutenden Größe leicht erkennen. Jhr Dunenkleid ist auf
dunkelbraunem Grunde lichter gestreift und dunkel marmorirt; die Unterseite pflegt einfarbig gilblich
weiß zu sein. Sie wachsen rasch heran, sind aber zärtlich, und viele gehen während der letzten
Mauser zu Grunde; ihre Einbürgerung auf unsern Hühnerhöfen wird also schwerlich in Bälde
bewerkstelligt werden können. Doch geben wir selbstverständlich die Hoffnung noch nicht auf, einst-
mals diesen Prachtvogel wenigstens in allen unsern Thiergärten zu besitzen.



Die Läufer. Scharrvögel. Prachthühner.

„Den Lockruf des Monaul, jenes lautklagende Pfeifen, hört man im Walde zwar zu allen
Stunden des Tages, am häufigſten aber doch vor Tagesanbruch und gegen Abend. Jn der kalten
Jahreszeit tönt der Wald wieder von dem Geſchrei der jetzt zahlreich Verſammelten, insbeſondere kurz
bevor ſie ſich auf einzelne hohe Bäume oder auch wohl Felszacken zum Schlafen aufſetzen wollen.“

„Der Monaul nährt ſich von Wurzeln, Blättern, jungen Schößlingen, verſchiedenen Grasarten
und Kräutern, Beeren, Nüſſen und anderen Sämereien, aber auch von Kerbthieren aller Art. Jm
Herbſte ſuchte er letztere unter den abgefallenen Blättern zuſammen, im Winter äßt er ſich oft in den
Weizen- und Gerſtenfeldern. Er beſchäftigt ſich, ſeinen hierzu beſonders geeigneten Schnabel ange-
meſſen verwendend, jederzeit eifrig mit Graben, nicht ſelten mehrere Stunden nach einander. Jn
den höher gelegenen Wäldern ſieht man zuweilen auf Blößen oder offenen Stellen, welche frei von
Unterholz ſind, Maſſen von Monauls in voller Arbeit.“

„Die Brutzeit beginnt bald nach Eintritt des Frühjahres. Die Henne bereitet ihr Neſt unter
einem kleinen deckenden Buſche oder einem Grasbüſchel und legt fünf Eier, welche auf düſterweißem
Grunde mit röthlichbraunen Punkten und Flecken getüpfelt ſind. Die Küchlein kommen Ende
Mai’s aus.“

Manche Jäger achten das Wildpret des Monaul dem Fleiſche des Truthahnes an Güte gleich,
andere behaupten, daß es kaum eßbar wäre; Mountaineer verſichert, daß namentlich Weibchen
und Junge im Herbſte und Winter einen ausgezeichneten Braten liefern, während das Wildpret
gegen Ende des Winters ſehr an Güte verliert. Entſprechend der Jahreszeit bietet die Jagd größere
oder geringere Schwierigkeiten; bei der Häufigkeit dieſes prachtvollen Wildes macht der geſchickte
Jäger aber doch regelmäßig reiche Beute. Mountaineer erzählt, daß er im Herbſte, wenn die
entlaubten Bäume einen Ueberblick des Waldes geſtatten, oft viele Monauls nach einander erlegt
habe. Er wartete bis die aufgetriebenen oder ſchlafluſtigen Vögel aufgebäumt hatten, beſchlich dann
den erſten, ſchoß ihn herab, ging einem zweiten zu, erlegte denſelben ebenfalls und konnte mit ſeiner
Jagd oft lange Zeit fortfahren, da die Thiere ſich wenig um den Knall des Schuſſes zu kümmern
ſchienen.

Es iſt leicht, altgefangene Monauls im Käfige längere Zeit zu unterhalten. Demungeachtet
zählt der prachtvolle Vogel in unſern Thiergärten noch zu den Seltenheiten und wird demgemäß ſehr
theuer bezahlt. Jn Jndien kann man geeigneten Orts ſoviel Gefangene erhalten, als man will; die
Kinder der luftigen Höhe vertragen aber die Hitze der Tiefe nicht, und die meiſten ſterben während der
Reiſe. Lady Jmpey brachte die erſten lebenden Monauls nach England und ließ es ſich Mühe
und Geld genug koſten, ſie hier einzubürgern. Die Gefangenen führen, wie mir Bodinus ſchreibt,
ein möglichſt verſtecktes Leben, verbergen ſich gern vor dem Beobachter und zeigen ſich immer etwas
ängſtlich. Sie graben beſtändig, bearbeiten die Raſenplätze in ihrem Käfige ohne Unterlaß und ver-
unſtalten ſehr bald ihr Gebauer. Den Winter überſtehen ſie ebenſo leicht wie unſere Faſanen. Jn
dem Thierpark des Lord Derby gelang es zuerſt, Gefangene zur Fortpflanzung zu bringen; ſpäter
haben ſolche in den Thiergärten zu London und Antwerpen gebrütet. Da man den Gefangenen hier
die Eier wegnimmt, um dieſe von Haushennen ausbrüten zu laſſen, erzielt man in der Regel zehn
bis vierzehn Eier von einem Paare, ſelten aber mehr als fünf bis ſieben Junge — ein deutlicher
Beweis, daß wir ein geeignetes Erſatzfutter noch nicht gefunden haben; denn im entgegengeſetzten Falle
würden nicht ſo viele Eier unbefruchtet ſein. Die Küchlein ähneln denen anderer Hühner in Geſtalt
und Färbung, laſſen ſich aber an ihrer bedeutenden Größe leicht erkennen. Jhr Dunenkleid iſt auf
dunkelbraunem Grunde lichter geſtreift und dunkel marmorirt; die Unterſeite pflegt einfarbig gilblich
weiß zu ſein. Sie wachſen raſch heran, ſind aber zärtlich, und viele gehen während der letzten
Mauſer zu Grunde; ihre Einbürgerung auf unſern Hühnerhöfen wird alſo ſchwerlich in Bälde
bewerkſtelligt werden können. Doch geben wir ſelbſtverſtändlich die Hoffnung noch nicht auf, einſt-
mals dieſen Prachtvogel wenigſtens in allen unſern Thiergärten zu beſitzen.



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[438/0466] Die Läufer. Scharrvögel. Prachthühner. „Den Lockruf des Monaul, jenes lautklagende Pfeifen, hört man im Walde zwar zu allen Stunden des Tages, am häufigſten aber doch vor Tagesanbruch und gegen Abend. Jn der kalten Jahreszeit tönt der Wald wieder von dem Geſchrei der jetzt zahlreich Verſammelten, insbeſondere kurz bevor ſie ſich auf einzelne hohe Bäume oder auch wohl Felszacken zum Schlafen aufſetzen wollen.“ „Der Monaul nährt ſich von Wurzeln, Blättern, jungen Schößlingen, verſchiedenen Grasarten und Kräutern, Beeren, Nüſſen und anderen Sämereien, aber auch von Kerbthieren aller Art. Jm Herbſte ſuchte er letztere unter den abgefallenen Blättern zuſammen, im Winter äßt er ſich oft in den Weizen- und Gerſtenfeldern. Er beſchäftigt ſich, ſeinen hierzu beſonders geeigneten Schnabel ange- meſſen verwendend, jederzeit eifrig mit Graben, nicht ſelten mehrere Stunden nach einander. Jn den höher gelegenen Wäldern ſieht man zuweilen auf Blößen oder offenen Stellen, welche frei von Unterholz ſind, Maſſen von Monauls in voller Arbeit.“ „Die Brutzeit beginnt bald nach Eintritt des Frühjahres. Die Henne bereitet ihr Neſt unter einem kleinen deckenden Buſche oder einem Grasbüſchel und legt fünf Eier, welche auf düſterweißem Grunde mit röthlichbraunen Punkten und Flecken getüpfelt ſind. Die Küchlein kommen Ende Mai’s aus.“ Manche Jäger achten das Wildpret des Monaul dem Fleiſche des Truthahnes an Güte gleich, andere behaupten, daß es kaum eßbar wäre; Mountaineer verſichert, daß namentlich Weibchen und Junge im Herbſte und Winter einen ausgezeichneten Braten liefern, während das Wildpret gegen Ende des Winters ſehr an Güte verliert. Entſprechend der Jahreszeit bietet die Jagd größere oder geringere Schwierigkeiten; bei der Häufigkeit dieſes prachtvollen Wildes macht der geſchickte Jäger aber doch regelmäßig reiche Beute. Mountaineer erzählt, daß er im Herbſte, wenn die entlaubten Bäume einen Ueberblick des Waldes geſtatten, oft viele Monauls nach einander erlegt habe. Er wartete bis die aufgetriebenen oder ſchlafluſtigen Vögel aufgebäumt hatten, beſchlich dann den erſten, ſchoß ihn herab, ging einem zweiten zu, erlegte denſelben ebenfalls und konnte mit ſeiner Jagd oft lange Zeit fortfahren, da die Thiere ſich wenig um den Knall des Schuſſes zu kümmern ſchienen. Es iſt leicht, altgefangene Monauls im Käfige längere Zeit zu unterhalten. Demungeachtet zählt der prachtvolle Vogel in unſern Thiergärten noch zu den Seltenheiten und wird demgemäß ſehr theuer bezahlt. Jn Jndien kann man geeigneten Orts ſoviel Gefangene erhalten, als man will; die Kinder der luftigen Höhe vertragen aber die Hitze der Tiefe nicht, und die meiſten ſterben während der Reiſe. Lady Jmpey brachte die erſten lebenden Monauls nach England und ließ es ſich Mühe und Geld genug koſten, ſie hier einzubürgern. Die Gefangenen führen, wie mir Bodinus ſchreibt, ein möglichſt verſtecktes Leben, verbergen ſich gern vor dem Beobachter und zeigen ſich immer etwas ängſtlich. Sie graben beſtändig, bearbeiten die Raſenplätze in ihrem Käfige ohne Unterlaß und ver- unſtalten ſehr bald ihr Gebauer. Den Winter überſtehen ſie ebenſo leicht wie unſere Faſanen. Jn dem Thierpark des Lord Derby gelang es zuerſt, Gefangene zur Fortpflanzung zu bringen; ſpäter haben ſolche in den Thiergärten zu London und Antwerpen gebrütet. Da man den Gefangenen hier die Eier wegnimmt, um dieſe von Haushennen ausbrüten zu laſſen, erzielt man in der Regel zehn bis vierzehn Eier von einem Paare, ſelten aber mehr als fünf bis ſieben Junge — ein deutlicher Beweis, daß wir ein geeignetes Erſatzfutter noch nicht gefunden haben; denn im entgegengeſetzten Falle würden nicht ſo viele Eier unbefruchtet ſein. Die Küchlein ähneln denen anderer Hühner in Geſtalt und Färbung, laſſen ſich aber an ihrer bedeutenden Größe leicht erkennen. Jhr Dunenkleid iſt auf dunkelbraunem Grunde lichter geſtreift und dunkel marmorirt; die Unterſeite pflegt einfarbig gilblich weiß zu ſein. Sie wachſen raſch heran, ſind aber zärtlich, und viele gehen während der letzten Mauſer zu Grunde; ihre Einbürgerung auf unſern Hühnerhöfen wird alſo ſchwerlich in Bälde bewerkſtelligt werden können. Doch geben wir ſelbſtverſtändlich die Hoffnung noch nicht auf, einſt- mals dieſen Prachtvogel wenigſtens in allen unſern Thiergärten zu beſitzen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/466>, abgerufen am 22.11.2024.