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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Capuere. Baumwachtel.
Prinz Max glaubte, daß blos der Hahn ruft, obgleich Azara das Gegentheil sagt. Die Stimme ist ein
aus drei oder vier Tönen zusammengesetzter Ruf, welcher sehr oft und schnell hinter einander
wiederholt wird. Jn der Morgen- und Abenddämmerung sitzen diese Vögel sämmtlich in einer
Reihe, dicht an einander geschlossen auf einem niedern Baumaste, und die Hähne lassen dann sich
hören. "Das Nest haben wir auf dem Boden im dichten Walde gefunden. Es enthält zehn bis
funfzehn weiße Eier. Jch habe nicht gehört, daß mehrere solcher Vögel gemeinschaftlich nisten,
und die Behauptung Virey's, daß man das Nest auf einem Baume finde, kann ich nicht
bestätigen."

"Die Jagd der Capuere ist etwa dieselbe, wie die auf unser Haselhuhn. Wenn meine
Hühnerhunde eine Kette solcher Hühner fanden, so standen diese unter lautem Geräusche ihrer Flügel
auf und setzten sich sogleich auf einem Aste nieder. Man konnte sie alsdann von den Bäumen
herabschießen; doch gehört eine gewisse Uebung dazu, die graubraunen Vögel in den dichten Zweigen
aufzufinden. Das Fleisch ist wohlschmeckend." Burmeister sagt, daß man die Capuere oft
höre, aber selten zu sehen bekomme, daß es jedoch dem Jäger, welcher den Lockton nachzuahmen
versteht, leicht gelinge, den Vogel zu erlegen. Das Wildpret fand letztgenannter Forscher nicht
so wohlschmeckend, wie das unseres Rebhuhnes.



Das Baumhuhn, welches sich gewissermaßen europäisches Bürgerrecht erworben hat, ist die Baum-
oder virginische Wachtel, auch wohl Colinhuhn genannt (Ortyx virginianus), neben drei oder
vier Verwandten der Vertreter einer besondern Sippe, welche sich ungefähr durch folgende Merkmale
kennzeichnet: Der Leib ist kurz und kräftig, der Hals mittellang, der Kopf mittelgroß, der Schnabel
kurz, kräftig, stark gewölbt, sein Obertheil hakig übergebogen, die Schneide seines Untertheiles vor
der Spitze zwei- oder dreimal eingekerbt, der Flügel gewölbt, mäßig lang, in ihm die vierte Schwinge
die längste, der zwölffedrige Schwanz kurz abgerundet, der Fuß mittelhoch, vorn mit zwei Längsreihen
glatter Horntafeln, seitlich und hinten mit kleinen Schuppen bedeckt; das etwas glänzende Gefieder
verlängert sich auf dem Kopfe ebenfalls zu einer kleinen Haube.

Die männliche Baumwachtel gilt, obgleich ihr Gefieder nicht in lebhaften Farben prangt, mit
Recht als ein schmucker Vogel. Alle Federn der Oberseite sind röthlichbraun, schwarz gefleckt, ge-
tüpfelt und gebändert, gelb gesäumt, die der Unterseite weißlichgelb, rothbraun längs gestreift, und schwarz
in die Quere gewellt; ein weißes Band, welches auf der Stirn beginnt und über das Auge weg nach
dem Hinterhalse läuft, die weiße Kehle, eine über dem lichten Bande sich dahinziehende schwarze Stirn-
binde und eine solche, welche, vor dem Auge entspringend, die Kehle einschließt, sowie endlich die aus
Schwarz, Weiß und Braun bestehende Tüpfelung der Halsseiten bilden vereinigt einen zierlichen
Kopfschmuck; auf den Oberflügeldeckfedern herrscht Rothbraun vor; die dunkelbraunen Handschwingen
sind an der Außenfahne blau gesäumt, die Armschwingen unregelmäßig brandgelb gebändert, die
Steuerfedern mit Ausnahme der mittleren graugelblichen, schwarz gesprenkelten, graublau. Das Auge
ist nuß-, der Schnabel dunkelbraun, der Fuß graublau. Das Weibchen unterscheidet sich durch blässere
Färbung und undeutlichere Zeichnung des Gefieders, hauptsächlich aber durch das Gelb der Stirne,
der Brauen, der Halsseiten und der Kehle. Das Geschlecht der Jungen, welche dem Weibchen ähneln,
läßt sich an der mehr oder minder deutlichen Zeichnung bereits erkennen. Die Länge beträgt 9, die
Breite 13 5/6 , die Fittiglänge 41/2, die Schwanzlänge 21/2 Zoll.

Canada bildet die nördliche, das Felsengebirge die westliche, der Meerbusen von Mejiko die
südliche Grenze des Verbreitungskreises der Baumwachtel. Auf einigen Jnseln im Golfe von Mejiko,
wo sie ebenfalls vorkommt, soll sie erst eingebürgert worden sein. Jhren Aufenthaltsort wählt sie sich
in ähnlicher Weise wie unser Rebhuhn. Sie bevorzugt das Feld, verlangt aber Buschdickichte, Hecken

Capuere. Baumwachtel.
Prinz Max glaubte, daß blos der Hahn ruft, obgleich Azara das Gegentheil ſagt. Die Stimme iſt ein
aus drei oder vier Tönen zuſammengeſetzter Ruf, welcher ſehr oft und ſchnell hinter einander
wiederholt wird. Jn der Morgen- und Abenddämmerung ſitzen dieſe Vögel ſämmtlich in einer
Reihe, dicht an einander geſchloſſen auf einem niedern Baumaſte, und die Hähne laſſen dann ſich
hören. „Das Neſt haben wir auf dem Boden im dichten Walde gefunden. Es enthält zehn bis
funfzehn weiße Eier. Jch habe nicht gehört, daß mehrere ſolcher Vögel gemeinſchaftlich niſten,
und die Behauptung Virey’s, daß man das Neſt auf einem Baume finde, kann ich nicht
beſtätigen.“

„Die Jagd der Capuere iſt etwa dieſelbe, wie die auf unſer Haſelhuhn. Wenn meine
Hühnerhunde eine Kette ſolcher Hühner fanden, ſo ſtanden dieſe unter lautem Geräuſche ihrer Flügel
auf und ſetzten ſich ſogleich auf einem Aſte nieder. Man konnte ſie alsdann von den Bäumen
herabſchießen; doch gehört eine gewiſſe Uebung dazu, die graubraunen Vögel in den dichten Zweigen
aufzufinden. Das Fleiſch iſt wohlſchmeckend.“ Burmeiſter ſagt, daß man die Capuere oft
höre, aber ſelten zu ſehen bekomme, daß es jedoch dem Jäger, welcher den Lockton nachzuahmen
verſteht, leicht gelinge, den Vogel zu erlegen. Das Wildpret fand letztgenannter Forſcher nicht
ſo wohlſchmeckend, wie das unſeres Rebhuhnes.



Das Baumhuhn, welches ſich gewiſſermaßen europäiſches Bürgerrecht erworben hat, iſt die Baum-
oder virginiſche Wachtel, auch wohl Colinhuhn genannt (Ortyx virginianus), neben drei oder
vier Verwandten der Vertreter einer beſondern Sippe, welche ſich ungefähr durch folgende Merkmale
kennzeichnet: Der Leib iſt kurz und kräftig, der Hals mittellang, der Kopf mittelgroß, der Schnabel
kurz, kräftig, ſtark gewölbt, ſein Obertheil hakig übergebogen, die Schneide ſeines Untertheiles vor
der Spitze zwei- oder dreimal eingekerbt, der Flügel gewölbt, mäßig lang, in ihm die vierte Schwinge
die längſte, der zwölffedrige Schwanz kurz abgerundet, der Fuß mittelhoch, vorn mit zwei Längsreihen
glatter Horntafeln, ſeitlich und hinten mit kleinen Schuppen bedeckt; das etwas glänzende Gefieder
verlängert ſich auf dem Kopfe ebenfalls zu einer kleinen Haube.

Die männliche Baumwachtel gilt, obgleich ihr Gefieder nicht in lebhaften Farben prangt, mit
Recht als ein ſchmucker Vogel. Alle Federn der Oberſeite ſind röthlichbraun, ſchwarz gefleckt, ge-
tüpfelt und gebändert, gelb geſäumt, die der Unterſeite weißlichgelb, rothbraun längs geſtreift, und ſchwarz
in die Quere gewellt; ein weißes Band, welches auf der Stirn beginnt und über das Auge weg nach
dem Hinterhalſe läuft, die weiße Kehle, eine über dem lichten Bande ſich dahinziehende ſchwarze Stirn-
binde und eine ſolche, welche, vor dem Auge entſpringend, die Kehle einſchließt, ſowie endlich die aus
Schwarz, Weiß und Braun beſtehende Tüpfelung der Halsſeiten bilden vereinigt einen zierlichen
Kopfſchmuck; auf den Oberflügeldeckfedern herrſcht Rothbraun vor; die dunkelbraunen Handſchwingen
ſind an der Außenfahne blau geſäumt, die Armſchwingen unregelmäßig brandgelb gebändert, die
Steuerfedern mit Ausnahme der mittleren graugelblichen, ſchwarz geſprenkelten, graublau. Das Auge
iſt nuß-, der Schnabel dunkelbraun, der Fuß graublau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch bläſſere
Färbung und undeutlichere Zeichnung des Gefieders, hauptſächlich aber durch das Gelb der Stirne,
der Brauen, der Halsſeiten und der Kehle. Das Geſchlecht der Jungen, welche dem Weibchen ähneln,
läßt ſich an der mehr oder minder deutlichen Zeichnung bereits erkennen. Die Länge beträgt 9, die
Breite 13⅚, die Fittiglänge 4½, die Schwanzlänge 2½ Zoll.

Canada bildet die nördliche, das Felſengebirge die weſtliche, der Meerbuſen von Mejiko die
ſüdliche Grenze des Verbreitungskreiſes der Baumwachtel. Auf einigen Jnſeln im Golfe von Mejiko,
wo ſie ebenfalls vorkommt, ſoll ſie erſt eingebürgert worden ſein. Jhren Aufenthaltsort wählt ſie ſich
in ähnlicher Weiſe wie unſer Rebhuhn. Sie bevorzugt das Feld, verlangt aber Buſchdickichte, Hecken

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[409/0437] Capuere. Baumwachtel. Prinz Max glaubte, daß blos der Hahn ruft, obgleich Azara das Gegentheil ſagt. Die Stimme iſt ein aus drei oder vier Tönen zuſammengeſetzter Ruf, welcher ſehr oft und ſchnell hinter einander wiederholt wird. Jn der Morgen- und Abenddämmerung ſitzen dieſe Vögel ſämmtlich in einer Reihe, dicht an einander geſchloſſen auf einem niedern Baumaſte, und die Hähne laſſen dann ſich hören. „Das Neſt haben wir auf dem Boden im dichten Walde gefunden. Es enthält zehn bis funfzehn weiße Eier. Jch habe nicht gehört, daß mehrere ſolcher Vögel gemeinſchaftlich niſten, und die Behauptung Virey’s, daß man das Neſt auf einem Baume finde, kann ich nicht beſtätigen.“ „Die Jagd der Capuere iſt etwa dieſelbe, wie die auf unſer Haſelhuhn. Wenn meine Hühnerhunde eine Kette ſolcher Hühner fanden, ſo ſtanden dieſe unter lautem Geräuſche ihrer Flügel auf und ſetzten ſich ſogleich auf einem Aſte nieder. Man konnte ſie alsdann von den Bäumen herabſchießen; doch gehört eine gewiſſe Uebung dazu, die graubraunen Vögel in den dichten Zweigen aufzufinden. Das Fleiſch iſt wohlſchmeckend.“ Burmeiſter ſagt, daß man die Capuere oft höre, aber ſelten zu ſehen bekomme, daß es jedoch dem Jäger, welcher den Lockton nachzuahmen verſteht, leicht gelinge, den Vogel zu erlegen. Das Wildpret fand letztgenannter Forſcher nicht ſo wohlſchmeckend, wie das unſeres Rebhuhnes. Das Baumhuhn, welches ſich gewiſſermaßen europäiſches Bürgerrecht erworben hat, iſt die Baum- oder virginiſche Wachtel, auch wohl Colinhuhn genannt (Ortyx virginianus), neben drei oder vier Verwandten der Vertreter einer beſondern Sippe, welche ſich ungefähr durch folgende Merkmale kennzeichnet: Der Leib iſt kurz und kräftig, der Hals mittellang, der Kopf mittelgroß, der Schnabel kurz, kräftig, ſtark gewölbt, ſein Obertheil hakig übergebogen, die Schneide ſeines Untertheiles vor der Spitze zwei- oder dreimal eingekerbt, der Flügel gewölbt, mäßig lang, in ihm die vierte Schwinge die längſte, der zwölffedrige Schwanz kurz abgerundet, der Fuß mittelhoch, vorn mit zwei Längsreihen glatter Horntafeln, ſeitlich und hinten mit kleinen Schuppen bedeckt; das etwas glänzende Gefieder verlängert ſich auf dem Kopfe ebenfalls zu einer kleinen Haube. Die männliche Baumwachtel gilt, obgleich ihr Gefieder nicht in lebhaften Farben prangt, mit Recht als ein ſchmucker Vogel. Alle Federn der Oberſeite ſind röthlichbraun, ſchwarz gefleckt, ge- tüpfelt und gebändert, gelb geſäumt, die der Unterſeite weißlichgelb, rothbraun längs geſtreift, und ſchwarz in die Quere gewellt; ein weißes Band, welches auf der Stirn beginnt und über das Auge weg nach dem Hinterhalſe läuft, die weiße Kehle, eine über dem lichten Bande ſich dahinziehende ſchwarze Stirn- binde und eine ſolche, welche, vor dem Auge entſpringend, die Kehle einſchließt, ſowie endlich die aus Schwarz, Weiß und Braun beſtehende Tüpfelung der Halsſeiten bilden vereinigt einen zierlichen Kopfſchmuck; auf den Oberflügeldeckfedern herrſcht Rothbraun vor; die dunkelbraunen Handſchwingen ſind an der Außenfahne blau geſäumt, die Armſchwingen unregelmäßig brandgelb gebändert, die Steuerfedern mit Ausnahme der mittleren graugelblichen, ſchwarz geſprenkelten, graublau. Das Auge iſt nuß-, der Schnabel dunkelbraun, der Fuß graublau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch bläſſere Färbung und undeutlichere Zeichnung des Gefieders, hauptſächlich aber durch das Gelb der Stirne, der Brauen, der Halsſeiten und der Kehle. Das Geſchlecht der Jungen, welche dem Weibchen ähneln, läßt ſich an der mehr oder minder deutlichen Zeichnung bereits erkennen. Die Länge beträgt 9, die Breite 13⅚, die Fittiglänge 4½, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Canada bildet die nördliche, das Felſengebirge die weſtliche, der Meerbuſen von Mejiko die ſüdliche Grenze des Verbreitungskreiſes der Baumwachtel. Auf einigen Jnſeln im Golfe von Mejiko, wo ſie ebenfalls vorkommt, ſoll ſie erſt eingebürgert worden ſein. Jhren Aufenthaltsort wählt ſie ſich in ähnlicher Weiſe wie unſer Rebhuhn. Sie bevorzugt das Feld, verlangt aber Buſchdickichte, Hecken

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/437>, abgerufen am 18.05.2024.