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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Königsrebhuhn und Schneefasan.
hin vor dem Aufstehen. Die ganze Kette erhebt sich stets zu gleicher Zeit, raschen Fluges, senkt sich
zuerst regelmäßig in die Tiefe herab, wendet sich dann und steigt wieder bis zu ungefähr derselben
Höhe empor. Wenn ein Gehänge auf eine größere Strecke hin dasselbe Gepräge zeigt, fliegen die
Schneefasanen oft über eine Meile weit und erheben sich dabei hoch in die Luft, während sie auf
kleineren Berggipfeln, namentlich auf solchen, welche sie im Winter besuchen, selten weit und meist nur
um die nächste Ecke herum streichen."

"Sie fressen die Blätter verschiedener Pflanzen und Gras, gelegentlich wohl auch Mos,
Wurzeln und Blumen; Gras bildet aber immer die Hauptmahlzeit. Jung aufgeschossenen Weizen
und Gerste lieben sie sehr, und wenn sie ein vereinzeltes Feld in der Nähe ihres Standortes wissen,
besuchen sie dasselbe während der Nacht und am Morgen; niemals jedoch kommen sie in das regel-
mäßig bebaute Land herab. Gewöhnlich sind sie unmäßig fett; ihr Wildpret ist aber nicht besonders
gut, und hat, wenn der Vogel in bedeutenden Höhen erlegt wurde, oft einen unangenehmen Geruch,
welcher von gewissen Nährpflanzen herrührt."

"Obgleich ich manchen Sommer im Schneegürtel des Gebirges zubrachte, habe ich doch
niemals Nest oder Eier dieses Vogels gefunden; dagegen bin ich in Tibet oft Familien mit
Jungen begegnet. Bei diesen Ketten waren aber immer mehr alte Vögel und möglicher Weise mehr
als ein Volk zusammen, sodaß ich mir keine bestimmte Meinung über die Anzahl einer Brut habe
bilden können. Die Eier, welche von Reisenden gefunden wurden, haben ungefähr die Größe von
denen des Truthahnes, sind aber, wie die der Rauchfußhühner, von einer länglicheren Gestalt; ihre
Grundfärbung ist ein helles Olivenbraun; die Zeichnung besteht aus einzelnen kleinen lichtnuß-
braunen Flecken."

Die bedeutende Höhe, in welcher die Felsenhühner leben, sichert sie vor vielen Verfolgungen,
denen ihre Verwandten ausgesetzt sind. Demungeachtet haben auch sie ihre Feinde; denn alle
größeren und stärkeren Adler sehen in ihnen eine willkommene Beute. Die Schneefasanen sollen,
wie Mountaineer noch erzählt, vorzüglich vom spitzschwänzigen Adler (Haliaetos fulviven-
ter)
belästigt werden, obwohl dieser zum Glück für die Hühner in jenen Höhen nicht gerade häufig
ist und auch niemals im Fluge fängt. Aber seinem Auge entgeht ein so großer Vogel selbstver-
ständlich nicht, und wenn er ernstlich Jagd machen will, ermüdet er das schwerfällige Huhn durch
fortgesetztes Auftreiben schließlich doch so, daß es unter seinen Klauen bluten muß. Von Seiten
des Menschen haben die Felsenhühner schwerlich viel zu leiden: die Jagd in jenen Höhen ist nicht
Jedermanns Sache, ganz abgesehen davon, daß die Jagdfertigkeit der Morgenländer wenig zu
bedeuten hat.

Die Gefangenschaft scheinen die Felsenhühner ohne Beschwerde zu ertragen. Mountaineer
sagt, daß sie sich bald an das Leben im Käfig gewöhnen und dann auch Körnerfutter zu sich nehmen,
bezweifelt aber, und gewiß mit Recht, daß man sie mit solchem Futter allein auf die Dauer
erhalten könne und räth deshalb, sie in einen beweglichen Käfig zu sperren, dessen Boden aus
Gitterwerk besteht, und diesen Käfig von einer begrasten Stelle zur andern zu rücken, um so dem
Vogel immer passende Weide zu verschassen. Die englischen Naturforscher und die von Ein-
bürgerung fremdländischer Thiere schwärmenden Franzosen betrachten schon gegenwärtig das eine
oder das andere Felsenhuhn als einstige Bewohner des schottischen Hochlandes oder unserer Alpen;
wir haben jedoch alle Ursache, einstweilen noch bescheidenere Wünsche zu hegen. Soviel mir bekannt,
ist bis jetzt nur eine einzige Art der Gruppe, und zwar das Königsrebhuhn, einmal lebend nach
England gekommen und hat hier einige Zeit im Thiergarten zu London ausgehalten. Damit soll
jedoch keineswegs gesagt sein, daß die Zukunft uns nicht Rosen bringen könne. Man wird gewiß
einen so viel versprechenden Vogel nicht aus dem Auge verlieren und früher oder später so viele
Felsenhühner bei uns einführen, als zu einer vortheilhaften Züchtung in der Gefangenschaft erforder-
lich sind. Jch will allen Jüngern Dianas und den zünftigen Grünröcken insbesondere von Herzen

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Königsrebhuhn und Schneefaſan.
hin vor dem Aufſtehen. Die ganze Kette erhebt ſich ſtets zu gleicher Zeit, raſchen Fluges, ſenkt ſich
zuerſt regelmäßig in die Tiefe herab, wendet ſich dann und ſteigt wieder bis zu ungefähr derſelben
Höhe empor. Wenn ein Gehänge auf eine größere Strecke hin daſſelbe Gepräge zeigt, fliegen die
Schneefaſanen oft über eine Meile weit und erheben ſich dabei hoch in die Luft, während ſie auf
kleineren Berggipfeln, namentlich auf ſolchen, welche ſie im Winter beſuchen, ſelten weit und meiſt nur
um die nächſte Ecke herum ſtreichen.“

„Sie freſſen die Blätter verſchiedener Pflanzen und Gras, gelegentlich wohl auch Mos,
Wurzeln und Blumen; Gras bildet aber immer die Hauptmahlzeit. Jung aufgeſchoſſenen Weizen
und Gerſte lieben ſie ſehr, und wenn ſie ein vereinzeltes Feld in der Nähe ihres Standortes wiſſen,
beſuchen ſie daſſelbe während der Nacht und am Morgen; niemals jedoch kommen ſie in das regel-
mäßig bebaute Land herab. Gewöhnlich ſind ſie unmäßig fett; ihr Wildpret iſt aber nicht beſonders
gut, und hat, wenn der Vogel in bedeutenden Höhen erlegt wurde, oft einen unangenehmen Geruch,
welcher von gewiſſen Nährpflanzen herrührt.“

„Obgleich ich manchen Sommer im Schneegürtel des Gebirges zubrachte, habe ich doch
niemals Neſt oder Eier dieſes Vogels gefunden; dagegen bin ich in Tibet oft Familien mit
Jungen begegnet. Bei dieſen Ketten waren aber immer mehr alte Vögel und möglicher Weiſe mehr
als ein Volk zuſammen, ſodaß ich mir keine beſtimmte Meinung über die Anzahl einer Brut habe
bilden können. Die Eier, welche von Reiſenden gefunden wurden, haben ungefähr die Größe von
denen des Truthahnes, ſind aber, wie die der Rauchfußhühner, von einer länglicheren Geſtalt; ihre
Grundfärbung iſt ein helles Olivenbraun; die Zeichnung beſteht aus einzelnen kleinen lichtnuß-
braunen Flecken.“

Die bedeutende Höhe, in welcher die Felſenhühner leben, ſichert ſie vor vielen Verfolgungen,
denen ihre Verwandten ausgeſetzt ſind. Demungeachtet haben auch ſie ihre Feinde; denn alle
größeren und ſtärkeren Adler ſehen in ihnen eine willkommene Beute. Die Schneefaſanen ſollen,
wie Mountaineer noch erzählt, vorzüglich vom ſpitzſchwänzigen Adler (Haliaëtos fulviven-
ter)
beläſtigt werden, obwohl dieſer zum Glück für die Hühner in jenen Höhen nicht gerade häufig
iſt und auch niemals im Fluge fängt. Aber ſeinem Auge entgeht ein ſo großer Vogel ſelbſtver-
ſtändlich nicht, und wenn er ernſtlich Jagd machen will, ermüdet er das ſchwerfällige Huhn durch
fortgeſetztes Auftreiben ſchließlich doch ſo, daß es unter ſeinen Klauen bluten muß. Von Seiten
des Menſchen haben die Felſenhühner ſchwerlich viel zu leiden: die Jagd in jenen Höhen iſt nicht
Jedermanns Sache, ganz abgeſehen davon, daß die Jagdfertigkeit der Morgenländer wenig zu
bedeuten hat.

Die Gefangenſchaft ſcheinen die Felſenhühner ohne Beſchwerde zu ertragen. Mountaineer
ſagt, daß ſie ſich bald an das Leben im Käfig gewöhnen und dann auch Körnerfutter zu ſich nehmen,
bezweifelt aber, und gewiß mit Recht, daß man ſie mit ſolchem Futter allein auf die Dauer
erhalten könne und räth deshalb, ſie in einen beweglichen Käfig zu ſperren, deſſen Boden aus
Gitterwerk beſteht, und dieſen Käfig von einer begraſten Stelle zur andern zu rücken, um ſo dem
Vogel immer paſſende Weide zu verſchaſſen. Die engliſchen Naturforſcher und die von Ein-
bürgerung fremdländiſcher Thiere ſchwärmenden Franzoſen betrachten ſchon gegenwärtig das eine
oder das andere Felſenhuhn als einſtige Bewohner des ſchottiſchen Hochlandes oder unſerer Alpen;
wir haben jedoch alle Urſache, einſtweilen noch beſcheidenere Wünſche zu hegen. Soviel mir bekannt,
iſt bis jetzt nur eine einzige Art der Gruppe, und zwar das Königsrebhuhn, einmal lebend nach
England gekommen und hat hier einige Zeit im Thiergarten zu London ausgehalten. Damit ſoll
jedoch keineswegs geſagt ſein, daß die Zukunft uns nicht Roſen bringen könne. Man wird gewiß
einen ſo viel verſprechenden Vogel nicht aus dem Auge verlieren und früher oder ſpäter ſo viele
Felſenhühner bei uns einführen, als zu einer vortheilhaften Züchtung in der Gefangenſchaft erforder-
lich ſind. Jch will allen Jüngern Dianas und den zünftigen Grünröcken insbeſondere von Herzen

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[387/0415] Königsrebhuhn und Schneefaſan. hin vor dem Aufſtehen. Die ganze Kette erhebt ſich ſtets zu gleicher Zeit, raſchen Fluges, ſenkt ſich zuerſt regelmäßig in die Tiefe herab, wendet ſich dann und ſteigt wieder bis zu ungefähr derſelben Höhe empor. Wenn ein Gehänge auf eine größere Strecke hin daſſelbe Gepräge zeigt, fliegen die Schneefaſanen oft über eine Meile weit und erheben ſich dabei hoch in die Luft, während ſie auf kleineren Berggipfeln, namentlich auf ſolchen, welche ſie im Winter beſuchen, ſelten weit und meiſt nur um die nächſte Ecke herum ſtreichen.“ „Sie freſſen die Blätter verſchiedener Pflanzen und Gras, gelegentlich wohl auch Mos, Wurzeln und Blumen; Gras bildet aber immer die Hauptmahlzeit. Jung aufgeſchoſſenen Weizen und Gerſte lieben ſie ſehr, und wenn ſie ein vereinzeltes Feld in der Nähe ihres Standortes wiſſen, beſuchen ſie daſſelbe während der Nacht und am Morgen; niemals jedoch kommen ſie in das regel- mäßig bebaute Land herab. Gewöhnlich ſind ſie unmäßig fett; ihr Wildpret iſt aber nicht beſonders gut, und hat, wenn der Vogel in bedeutenden Höhen erlegt wurde, oft einen unangenehmen Geruch, welcher von gewiſſen Nährpflanzen herrührt.“ „Obgleich ich manchen Sommer im Schneegürtel des Gebirges zubrachte, habe ich doch niemals Neſt oder Eier dieſes Vogels gefunden; dagegen bin ich in Tibet oft Familien mit Jungen begegnet. Bei dieſen Ketten waren aber immer mehr alte Vögel und möglicher Weiſe mehr als ein Volk zuſammen, ſodaß ich mir keine beſtimmte Meinung über die Anzahl einer Brut habe bilden können. Die Eier, welche von Reiſenden gefunden wurden, haben ungefähr die Größe von denen des Truthahnes, ſind aber, wie die der Rauchfußhühner, von einer länglicheren Geſtalt; ihre Grundfärbung iſt ein helles Olivenbraun; die Zeichnung beſteht aus einzelnen kleinen lichtnuß- braunen Flecken.“ Die bedeutende Höhe, in welcher die Felſenhühner leben, ſichert ſie vor vielen Verfolgungen, denen ihre Verwandten ausgeſetzt ſind. Demungeachtet haben auch ſie ihre Feinde; denn alle größeren und ſtärkeren Adler ſehen in ihnen eine willkommene Beute. Die Schneefaſanen ſollen, wie Mountaineer noch erzählt, vorzüglich vom ſpitzſchwänzigen Adler (Haliaëtos fulviven- ter) beläſtigt werden, obwohl dieſer zum Glück für die Hühner in jenen Höhen nicht gerade häufig iſt und auch niemals im Fluge fängt. Aber ſeinem Auge entgeht ein ſo großer Vogel ſelbſtver- ſtändlich nicht, und wenn er ernſtlich Jagd machen will, ermüdet er das ſchwerfällige Huhn durch fortgeſetztes Auftreiben ſchließlich doch ſo, daß es unter ſeinen Klauen bluten muß. Von Seiten des Menſchen haben die Felſenhühner ſchwerlich viel zu leiden: die Jagd in jenen Höhen iſt nicht Jedermanns Sache, ganz abgeſehen davon, daß die Jagdfertigkeit der Morgenländer wenig zu bedeuten hat. Die Gefangenſchaft ſcheinen die Felſenhühner ohne Beſchwerde zu ertragen. Mountaineer ſagt, daß ſie ſich bald an das Leben im Käfig gewöhnen und dann auch Körnerfutter zu ſich nehmen, bezweifelt aber, und gewiß mit Recht, daß man ſie mit ſolchem Futter allein auf die Dauer erhalten könne und räth deshalb, ſie in einen beweglichen Käfig zu ſperren, deſſen Boden aus Gitterwerk beſteht, und dieſen Käfig von einer begraſten Stelle zur andern zu rücken, um ſo dem Vogel immer paſſende Weide zu verſchaſſen. Die engliſchen Naturforſcher und die von Ein- bürgerung fremdländiſcher Thiere ſchwärmenden Franzoſen betrachten ſchon gegenwärtig das eine oder das andere Felſenhuhn als einſtige Bewohner des ſchottiſchen Hochlandes oder unſerer Alpen; wir haben jedoch alle Urſache, einſtweilen noch beſcheidenere Wünſche zu hegen. Soviel mir bekannt, iſt bis jetzt nur eine einzige Art der Gruppe, und zwar das Königsrebhuhn, einmal lebend nach England gekommen und hat hier einige Zeit im Thiergarten zu London ausgehalten. Damit ſoll jedoch keineswegs geſagt ſein, daß die Zukunft uns nicht Roſen bringen könne. Man wird gewiß einen ſo viel verſprechenden Vogel nicht aus dem Auge verlieren und früher oder ſpäter ſo viele Felſenhühner bei uns einführen, als zu einer vortheilhaften Züchtung in der Gefangenſchaft erforder- lich ſind. Jch will allen Jüngern Dianas und den zünftigen Grünröcken insbeſondere von Herzen 25*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/415>, abgerufen am 18.05.2024.