Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Pflanzenstossen, im Winter fast nur aus den Blätter- knospen der erwähnten Gesträuche und höchstens noch aus den verdorrten Beeren selbst, im Sommer aus zarten Blättern, Blüthen, Sprößlingen, Beeren und verschiedenen Kerbthieren, welche gelegentlich mit erbeutet werden. Körner aller Arten werden gern gefressen, wie die Gefangenen zur Genüge beweisen.
Noch währt die Balze lustig fort, da hat das Weibchen längst seine Eier gelegt. An sonnigen Abhängen der Hochebene, zwischen dem bereits schneefreien Gestrüpp der Haide, zwischen Heidel-, Mehl- und Mosbeeren, im Gebüsch der Saalweide oder Zwergbirke, in den Wachholderbüschen und an ähnlichen versteckten Plätzen hat es sich eine flache Vertiefung gescharrt und mit einigen dürren Gras- halmen und andern wenigen trocknen Pflanzentheilen, auch mit eigenen Federn und mit Erde ausgelegt. Der Standort des Nestes wird unter allen Umständen so wohl gewählt, daß man es schwer findet, obgleich der Hahn sein Möglichstes thut, es zu verrathen. Er zeigt jetzt seinen vollen Muth; denn er begrüßt jeden Menschen, jedes Raubthier, welches sich naht, durch das warnende "Gabauh, gabauh", stellt sich dreist auf einen der kleinen Hügel, flieht aufgescheucht nur wenige Schritte weit und wiederholt das alte Spiel, unzweifelhaft in der Absicht, den Feind vom Neste abzubringen. Gegen andere Hähne vertheidigt er sein Gebiet hartnäckig; eine unbeweibte Henne aber scheint seine Begriffe von ehelicher Treue wesentlich zu verwirren; wenigstens ist er trotz seiner Liebe zur Gattin stets geneigt, in ihrer Gesellschaft einige Zeit zu vertändeln. Die Henne bleibt bei Gefahr möglichst lange ruhig sitzen, scheint sich anfangs gar nicht um das ihr drohende Unheil zu bekümmern und schleicht erst weg, wenn man unmittelbar neben ihrem Neste steht -- dann freilich unter Aufbietung aller in der Familie üblichen Verstellungskünste. Gegen andere Hennen soll auch sie sich sehr streit- süchtig zeigen, und zudem behaupten die Norweger, daß eine Henne der andern, falls Dies möglich, die Eier raube und nach ihrem Neste bringe. Auch während der Brutzeit noch sind die Moorschnee- hühner um Mitternacht am lebhaftesten; man vernimmt ihr Geschrei selten vor der zehnten Abend- stunde. Folgt man dem Rufe des Männchens, so kann man beobachten, daß ein Hahn den andern zum Kampfe fordert und mit diesem einen ernsten Streit aussicht, bis endlich die Henne vom Neste aus mit sanftem "Djake" oder "Gu, gu, gurr" den Gemahl nach Hause fordert.
Das Gelege ist Ausgangs Mai, sicher Anfangs Juni vollzählig und besteht aus neun bis zwölf, zuweilen auch aus funfzehn, sechszehn birnförmigen, glatten, glänzenden Eiern, welche auf ockergelbem Grunde mit zahllosen leberbraunen oder rothbraunen Fleckchen, Pünktchen und Tüpfelchen bedeckt sind. Die Henne widmet sich dem Brutgeschäft mit größter Hingebung; der Hahn scheint an ihm keinen Theil zu nehmen, sondern nur als Wächter zu dienen. Geht Alles gut, so schlüpfen schon Ende Junis oder Anfangs Juli die niedlichen Küchlein aus den Eiern, und nunmehr sieht man die ganze Familie vereinigt im Moore, auch da, wo derselbe sehr wasserreich ist. Jetzt verdienen unsere Thiere den Namen Morasthühner in jeder Hinsicht: sie sind wahre Sumpfvögel geworden und scheinen sich auch auf dem flüssigsten Schlamme mit Leichtigkeit bewegen zu können. Wahr- scheinlich suchen sie gerade diese Stellen zuerst auf, um ihren Kleinen eine dem zarten Alter am besten entsprechende Nahrung bieten zu können, Stechmücken und ihre Larven nämlich, von denen die Moore während des Sommers wimmeln.
Vermittelst eines guten Fernrohres hält es nicht schwer, eine solche Familie zu beobachten. Der Hahn, welcher an der Erziehung der Kinder den wärmsten Antheil zu nehmen scheint, geht mit stolzen Schritten, hochgehobenen Hauptes immer voraus, beständig sichernd und bei Gefahr durch sein "Gabauh" warnend, führt die ganze Familie zu Nahrung versprechenden Plätzen und zeigt sich überhaupt äußerst besorgt. Die niedlichen Küchlein tragen in den ersten Tagen ihres Lebens ein Dunenkleid, welches einem Bündel der Renthierflechte zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie sind rasch und behend, wie alle wilden Küchlein, laufen leicht und gewandt über Schlamm und Wasser- gräben hinweg und lernen schon nach den ersten Tagen ihres Lebens die kleinen stumpfen Schwingen gebrauchen. So ist es erklärlich, daß sie den meisten Gefahren, welche ihnen drohen, entgehen.
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Pflanzenſtoſſen, im Winter faſt nur aus den Blätter- knospen der erwähnten Geſträuche und höchſtens noch aus den verdorrten Beeren ſelbſt, im Sommer aus zarten Blättern, Blüthen, Sprößlingen, Beeren und verſchiedenen Kerbthieren, welche gelegentlich mit erbeutet werden. Körner aller Arten werden gern gefreſſen, wie die Gefangenen zur Genüge beweiſen.
Noch währt die Balze luſtig fort, da hat das Weibchen längſt ſeine Eier gelegt. An ſonnigen Abhängen der Hochebene, zwiſchen dem bereits ſchneefreien Geſtrüpp der Haide, zwiſchen Heidel-, Mehl- und Mosbeeren, im Gebüſch der Saalweide oder Zwergbirke, in den Wachholderbüſchen und an ähnlichen verſteckten Plätzen hat es ſich eine flache Vertiefung geſcharrt und mit einigen dürren Gras- halmen und andern wenigen trocknen Pflanzentheilen, auch mit eigenen Federn und mit Erde ausgelegt. Der Standort des Neſtes wird unter allen Umſtänden ſo wohl gewählt, daß man es ſchwer findet, obgleich der Hahn ſein Möglichſtes thut, es zu verrathen. Er zeigt jetzt ſeinen vollen Muth; denn er begrüßt jeden Menſchen, jedes Raubthier, welches ſich naht, durch das warnende „Gabauh, gabauh“, ſtellt ſich dreiſt auf einen der kleinen Hügel, flieht aufgeſcheucht nur wenige Schritte weit und wiederholt das alte Spiel, unzweifelhaft in der Abſicht, den Feind vom Neſte abzubringen. Gegen andere Hähne vertheidigt er ſein Gebiet hartnäckig; eine unbeweibte Henne aber ſcheint ſeine Begriffe von ehelicher Treue weſentlich zu verwirren; wenigſtens iſt er trotz ſeiner Liebe zur Gattin ſtets geneigt, in ihrer Geſellſchaft einige Zeit zu vertändeln. Die Henne bleibt bei Gefahr möglichſt lange ruhig ſitzen, ſcheint ſich anfangs gar nicht um das ihr drohende Unheil zu bekümmern und ſchleicht erſt weg, wenn man unmittelbar neben ihrem Neſte ſteht — dann freilich unter Aufbietung aller in der Familie üblichen Verſtellungskünſte. Gegen andere Hennen ſoll auch ſie ſich ſehr ſtreit- ſüchtig zeigen, und zudem behaupten die Norweger, daß eine Henne der andern, falls Dies möglich, die Eier raube und nach ihrem Neſte bringe. Auch während der Brutzeit noch ſind die Moorſchnee- hühner um Mitternacht am lebhafteſten; man vernimmt ihr Geſchrei ſelten vor der zehnten Abend- ſtunde. Folgt man dem Rufe des Männchens, ſo kann man beobachten, daß ein Hahn den andern zum Kampfe fordert und mit dieſem einen ernſten Streit ausſicht, bis endlich die Henne vom Neſte aus mit ſanftem „Djake“ oder „Gu, gu, gurr“ den Gemahl nach Hauſe fordert.
Das Gelege iſt Ausgangs Mai, ſicher Anfangs Juni vollzählig und beſteht aus neun bis zwölf, zuweilen auch aus funfzehn, ſechszehn birnförmigen, glatten, glänzenden Eiern, welche auf ockergelbem Grunde mit zahlloſen leberbraunen oder rothbraunen Fleckchen, Pünktchen und Tüpfelchen bedeckt ſind. Die Henne widmet ſich dem Brutgeſchäft mit größter Hingebung; der Hahn ſcheint an ihm keinen Theil zu nehmen, ſondern nur als Wächter zu dienen. Geht Alles gut, ſo ſchlüpfen ſchon Ende Junis oder Anfangs Juli die niedlichen Küchlein aus den Eiern, und nunmehr ſieht man die ganze Familie vereinigt im Moore, auch da, wo derſelbe ſehr waſſerreich iſt. Jetzt verdienen unſere Thiere den Namen Moraſthühner in jeder Hinſicht: ſie ſind wahre Sumpfvögel geworden und ſcheinen ſich auch auf dem flüſſigſten Schlamme mit Leichtigkeit bewegen zu können. Wahr- ſcheinlich ſuchen ſie gerade dieſe Stellen zuerſt auf, um ihren Kleinen eine dem zarten Alter am beſten entſprechende Nahrung bieten zu können, Stechmücken und ihre Larven nämlich, von denen die Moore während des Sommers wimmeln.
Vermittelſt eines guten Fernrohres hält es nicht ſchwer, eine ſolche Familie zu beobachten. Der Hahn, welcher an der Erziehung der Kinder den wärmſten Antheil zu nehmen ſcheint, geht mit ſtolzen Schritten, hochgehobenen Hauptes immer voraus, beſtändig ſichernd und bei Gefahr durch ſein „Gabauh“ warnend, führt die ganze Familie zu Nahrung verſprechenden Plätzen und zeigt ſich überhaupt äußerſt beſorgt. Die niedlichen Küchlein tragen in den erſten Tagen ihres Lebens ein Dunenkleid, welches einem Bündel der Renthierflechte zum Verwechſeln ähnlich ſieht. Sie ſind raſch und behend, wie alle wilden Küchlein, laufen leicht und gewandt über Schlamm und Waſſer- gräben hinweg und lernen ſchon nach den erſten Tagen ihres Lebens die kleinen ſtumpfen Schwingen gebrauchen. So iſt es erklärlich, daß ſie den meiſten Gefahren, welche ihnen drohen, entgehen.
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Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Pflanzenſtoſſen, im Winter faſt nur aus den Blätter-
knospen der erwähnten Geſträuche und höchſtens noch aus den verdorrten Beeren ſelbſt, im Sommer
aus zarten Blättern, Blüthen, Sprößlingen, Beeren und verſchiedenen Kerbthieren, welche gelegentlich
mit erbeutet werden. Körner aller Arten werden gern gefreſſen, wie die Gefangenen zur Genüge
beweiſen.
Noch währt die Balze luſtig fort, da hat das Weibchen längſt ſeine Eier gelegt. An ſonnigen
Abhängen der Hochebene, zwiſchen dem bereits ſchneefreien Geſtrüpp der Haide, zwiſchen Heidel-,
Mehl- und Mosbeeren, im Gebüſch der Saalweide oder Zwergbirke, in den Wachholderbüſchen und
an ähnlichen verſteckten Plätzen hat es ſich eine flache Vertiefung geſcharrt und mit einigen dürren Gras-
halmen und andern wenigen trocknen Pflanzentheilen, auch mit eigenen Federn und mit Erde ausgelegt.
Der Standort des Neſtes wird unter allen Umſtänden ſo wohl gewählt, daß man es ſchwer findet,
obgleich der Hahn ſein Möglichſtes thut, es zu verrathen. Er zeigt jetzt ſeinen vollen Muth; denn
er begrüßt jeden Menſchen, jedes Raubthier, welches ſich naht, durch das warnende „Gabauh,
gabauh“, ſtellt ſich dreiſt auf einen der kleinen Hügel, flieht aufgeſcheucht nur wenige Schritte weit
und wiederholt das alte Spiel, unzweifelhaft in der Abſicht, den Feind vom Neſte abzubringen.
Gegen andere Hähne vertheidigt er ſein Gebiet hartnäckig; eine unbeweibte Henne aber ſcheint ſeine
Begriffe von ehelicher Treue weſentlich zu verwirren; wenigſtens iſt er trotz ſeiner Liebe zur Gattin
ſtets geneigt, in ihrer Geſellſchaft einige Zeit zu vertändeln. Die Henne bleibt bei Gefahr möglichſt
lange ruhig ſitzen, ſcheint ſich anfangs gar nicht um das ihr drohende Unheil zu bekümmern und
ſchleicht erſt weg, wenn man unmittelbar neben ihrem Neſte ſteht — dann freilich unter Aufbietung
aller in der Familie üblichen Verſtellungskünſte. Gegen andere Hennen ſoll auch ſie ſich ſehr ſtreit-
ſüchtig zeigen, und zudem behaupten die Norweger, daß eine Henne der andern, falls Dies möglich,
die Eier raube und nach ihrem Neſte bringe. Auch während der Brutzeit noch ſind die Moorſchnee-
hühner um Mitternacht am lebhafteſten; man vernimmt ihr Geſchrei ſelten vor der zehnten Abend-
ſtunde. Folgt man dem Rufe des Männchens, ſo kann man beobachten, daß ein Hahn den andern
zum Kampfe fordert und mit dieſem einen ernſten Streit ausſicht, bis endlich die Henne vom Neſte
aus mit ſanftem „Djake“ oder „Gu, gu, gurr“ den Gemahl nach Hauſe fordert.
Das Gelege iſt Ausgangs Mai, ſicher Anfangs Juni vollzählig und beſteht aus neun bis
zwölf, zuweilen auch aus funfzehn, ſechszehn birnförmigen, glatten, glänzenden Eiern, welche auf
ockergelbem Grunde mit zahlloſen leberbraunen oder rothbraunen Fleckchen, Pünktchen und Tüpfelchen
bedeckt ſind. Die Henne widmet ſich dem Brutgeſchäft mit größter Hingebung; der Hahn ſcheint an
ihm keinen Theil zu nehmen, ſondern nur als Wächter zu dienen. Geht Alles gut, ſo ſchlüpfen
ſchon Ende Junis oder Anfangs Juli die niedlichen Küchlein aus den Eiern, und nunmehr ſieht man
die ganze Familie vereinigt im Moore, auch da, wo derſelbe ſehr waſſerreich iſt. Jetzt verdienen
unſere Thiere den Namen Moraſthühner in jeder Hinſicht: ſie ſind wahre Sumpfvögel geworden
und ſcheinen ſich auch auf dem flüſſigſten Schlamme mit Leichtigkeit bewegen zu können. Wahr-
ſcheinlich ſuchen ſie gerade dieſe Stellen zuerſt auf, um ihren Kleinen eine dem zarten Alter am
beſten entſprechende Nahrung bieten zu können, Stechmücken und ihre Larven nämlich, von denen
die Moore während des Sommers wimmeln.
Vermittelſt eines guten Fernrohres hält es nicht ſchwer, eine ſolche Familie zu beobachten. Der
Hahn, welcher an der Erziehung der Kinder den wärmſten Antheil zu nehmen ſcheint, geht mit
ſtolzen Schritten, hochgehobenen Hauptes immer voraus, beſtändig ſichernd und bei Gefahr durch
ſein „Gabauh“ warnend, führt die ganze Familie zu Nahrung verſprechenden Plätzen und zeigt ſich
überhaupt äußerſt beſorgt. Die niedlichen Küchlein tragen in den erſten Tagen ihres Lebens ein
Dunenkleid, welches einem Bündel der Renthierflechte zum Verwechſeln ähnlich ſieht. Sie ſind
raſch und behend, wie alle wilden Küchlein, laufen leicht und gewandt über Schlamm und Waſſer-
gräben hinweg und lernen ſchon nach den erſten Tagen ihres Lebens die kleinen ſtumpfen Schwingen
gebrauchen. So iſt es erklärlich, daß ſie den meiſten Gefahren, welche ihnen drohen, entgehen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/400>, abgerufen am 25.11.2024.
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