und die Jagd begann. Als wir das erste Huhn aufscheuchten, flog es glücklicherweise gerade gegen das Netz, und als einen Angenblick später sich eine große Anzahl anderer geräuschvoll erhob, strichen auch diese derselben Richtung zu. Das Netz wurde sodann flach auf den Boden niedergedrückt und ein Gefangener nach dem andern in Sicherheit gebracht. Dreimal wiederholten wir unsern Versuch mit demselben Erfolge; dann aber mußte ich die Jagd aufgeben, weil die Neger ein lautes Gelächter nicht mehr unterdrücken konnten. Mit Beute beladen zogen wir heim. Am nächsten Morgen ließ sich kein einziges Huhn auf jener Wiese sehen, obgleich gewiß mehrere Hunderte von ihnen entkommen waren."
"Die Gefangenen", berichtet Audubon ferner, "werden sehr bald zahm, brüten auch in Gefangenschaft, und ich habe mich oft gewundert, daß man sie nicht längst schon zu Hausthieren gemacht hat. Während ich mich in Henderson aufhielt, kaufte ich sechszig lebende, meist junge Prairie- hühner, welche für mich gefangen worden waren, verschnitt ihnen die Flügel und ließ sie in einem Garten von vier Acker Flächeninhalt frei umherlaufen. Nach einigen Wochen waren sie bereits so an mich gewöhnt, daß ich mich ihnen nähern durfte, ohne sie zu erschrecken. Jch gab ihnen Getreide, und sie selbst suchten sich verschiedene andere Pflanzenstosse. Jm Laufe des Winters legten sie vollends alle Furcht ab, liefen im Garten herum wie zahme Hühner, vermischten sich auch wohl mit diesen und fraßen meiner Frau so zu sagen aus der Hand. Einige Hähne von ihnen waren so muthig geworden, daß sie es mit Haus- und Truthähnen aufnahmen. Jeder einzelne von ihnen wählte sich abends seinen besondern Sitzplatz und richtete seine Brust stets dem Winde entgegen. Als der Frühling kam, brüsteten sie sich und tuteten und kämpften wie in der Freiheit. Viele Hennen von ihnen legten auch Eier, und eine gute Anzahl von Jungen wurden erbrütet. Aber die Hühner thaten meinem Garten zuletzt soviel Schaden, daß ich sie abschlachten mußte."
Jn unsern Thiergärten haben wir uns bisher vergeblich bemüht, ein ähnliches Ergebniß zu erzielen. Wir haben die Prairiehühner dutzendweise gekauft, ihnen das verschiedenste Futter vor- gelegt, sie in geschlossenen oder in freien Gehegen gehalten, und uns die größte Mühe gegeben, um sie zur Fortpflanzung zu bringen, immer aber erfahren müssen, daß die Vögel starben, ohne daß wir uns erklären konnten, warum. Diese Erfahrung haben wir nicht blos in Deutschland, sondern auch in England, Belgien und Holland machen müssen, und gegenwärtig beinah die Lust verloren, uns fernerhin mit dem undankbaren Versuche, gedachte Hühner bei uns einzubürgern, zu befassen. Gleichwohl zweifle ich nicht, daß wir Prairiehühner bei uns eingewöhnen könnten; der Versuch müßte aber im Großen ausgeführt werden. Man müßte mindestens einige Dutzend kräftige Vögel an einer geeigneten Oertlichkeit freigeben, und sie sich die nächste Zeit gänzlich selbst überlassen. Unter solchen Umständen würden sie höchst wahrscheinlich gedeihen, so verschieden unsere Haiden und die Prairien Amerikas auch sein mögen. Jedenfalls ist das Prairiehuhn einen solchen Versuch werth.
Eine der merkwürdigsten und anziehendsten Gruppen der Familie ist die der Schneehühner (Lagopus), ebensowohl wegen des auffallenden und noch keineswegs genügend erforschten Feder- wechsels, als auch wegen der Lebensweise ihrer Mitglieder. Diese kennzeichnen sich durch sehr gedrungene Gestalt, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, einen kurzen, sanft abgerundeten oder geraden, aus achtzehn Federn gebildeten Schwanz, kleinen, mittellangen und mittelstarken Schnabel und verhältnißmäßig kurze Füße, deren Läufe und Zehen mit haarigen Federn bekleidet sind, sowie durch ein sehr reiches Federkleid, dessen Färbung in der Regel mit der Jahreszeit wechselt. Die Nägel, welche die Zehen bewehren, sind verhältnißmäßig die größten, welche die Rauchfußhühner überhaupt besitzen, und an ihnen zeigt sich der jährliche Wechsel am deutlichsten. Die Geschlechter unterscheiden sich wenig in der Färbung, und die Jungen erhalten bald das Kleid ihrer Eltern.
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
und die Jagd begann. Als wir das erſte Huhn aufſcheuchten, flog es glücklicherweiſe gerade gegen das Netz, und als einen Angenblick ſpäter ſich eine große Anzahl anderer geräuſchvoll erhob, ſtrichen auch dieſe derſelben Richtung zu. Das Netz wurde ſodann flach auf den Boden niedergedrückt und ein Gefangener nach dem andern in Sicherheit gebracht. Dreimal wiederholten wir unſern Verſuch mit demſelben Erfolge; dann aber mußte ich die Jagd aufgeben, weil die Neger ein lautes Gelächter nicht mehr unterdrücken konnten. Mit Beute beladen zogen wir heim. Am nächſten Morgen ließ ſich kein einziges Huhn auf jener Wieſe ſehen, obgleich gewiß mehrere Hunderte von ihnen entkommen waren.“
„Die Gefangenen“, berichtet Audubon ferner, „werden ſehr bald zahm, brüten auch in Gefangenſchaft, und ich habe mich oft gewundert, daß man ſie nicht längſt ſchon zu Hausthieren gemacht hat. Während ich mich in Henderſon aufhielt, kaufte ich ſechszig lebende, meiſt junge Prairie- hühner, welche für mich gefangen worden waren, verſchnitt ihnen die Flügel und ließ ſie in einem Garten von vier Acker Flächeninhalt frei umherlaufen. Nach einigen Wochen waren ſie bereits ſo an mich gewöhnt, daß ich mich ihnen nähern durfte, ohne ſie zu erſchrecken. Jch gab ihnen Getreide, und ſie ſelbſt ſuchten ſich verſchiedene andere Pflanzenſtoſſe. Jm Laufe des Winters legten ſie vollends alle Furcht ab, liefen im Garten herum wie zahme Hühner, vermiſchten ſich auch wohl mit dieſen und fraßen meiner Frau ſo zu ſagen aus der Hand. Einige Hähne von ihnen waren ſo muthig geworden, daß ſie es mit Haus- und Truthähnen aufnahmen. Jeder einzelne von ihnen wählte ſich abends ſeinen beſondern Sitzplatz und richtete ſeine Bruſt ſtets dem Winde entgegen. Als der Frühling kam, brüſteten ſie ſich und tuteten und kämpften wie in der Freiheit. Viele Hennen von ihnen legten auch Eier, und eine gute Anzahl von Jungen wurden erbrütet. Aber die Hühner thaten meinem Garten zuletzt ſoviel Schaden, daß ich ſie abſchlachten mußte.“
Jn unſern Thiergärten haben wir uns bisher vergeblich bemüht, ein ähnliches Ergebniß zu erzielen. Wir haben die Prairiehühner dutzendweiſe gekauft, ihnen das verſchiedenſte Futter vor- gelegt, ſie in geſchloſſenen oder in freien Gehegen gehalten, und uns die größte Mühe gegeben, um ſie zur Fortpflanzung zu bringen, immer aber erfahren müſſen, daß die Vögel ſtarben, ohne daß wir uns erklären konnten, warum. Dieſe Erfahrung haben wir nicht blos in Deutſchland, ſondern auch in England, Belgien und Holland machen müſſen, und gegenwärtig beinah die Luſt verloren, uns fernerhin mit dem undankbaren Verſuche, gedachte Hühner bei uns einzubürgern, zu befaſſen. Gleichwohl zweifle ich nicht, daß wir Prairiehühner bei uns eingewöhnen könnten; der Verſuch müßte aber im Großen ausgeführt werden. Man müßte mindeſtens einige Dutzend kräftige Vögel an einer geeigneten Oertlichkeit freigeben, und ſie ſich die nächſte Zeit gänzlich ſelbſt überlaſſen. Unter ſolchen Umſtänden würden ſie höchſt wahrſcheinlich gedeihen, ſo verſchieden unſere Haiden und die Prairien Amerikas auch ſein mögen. Jedenfalls iſt das Prairiehuhn einen ſolchen Verſuch werth.
Eine der merkwürdigſten und anziehendſten Gruppen der Familie iſt die der Schneehühner (Lagopus), ebenſowohl wegen des auffallenden und noch keineswegs genügend erforſchten Feder- wechſels, als auch wegen der Lebensweiſe ihrer Mitglieder. Dieſe kennzeichnen ſich durch ſehr gedrungene Geſtalt, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, einen kurzen, ſanft abgerundeten oder geraden, aus achtzehn Federn gebildeten Schwanz, kleinen, mittellangen und mittelſtarken Schnabel und verhältnißmäßig kurze Füße, deren Läufe und Zehen mit haarigen Federn bekleidet ſind, ſowie durch ein ſehr reiches Federkleid, deſſen Färbung in der Regel mit der Jahreszeit wechſelt. Die Nägel, welche die Zehen bewehren, ſind verhältnißmäßig die größten, welche die Rauchfußhühner überhaupt beſitzen, und an ihnen zeigt ſich der jährliche Wechſel am deutlichſten. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig in der Färbung, und die Jungen erhalten bald das Kleid ihrer Eltern.
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[366/0394]
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
und die Jagd begann. Als wir das erſte Huhn aufſcheuchten, flog es glücklicherweiſe gerade gegen
das Netz, und als einen Angenblick ſpäter ſich eine große Anzahl anderer geräuſchvoll erhob, ſtrichen
auch dieſe derſelben Richtung zu. Das Netz wurde ſodann flach auf den Boden niedergedrückt und
ein Gefangener nach dem andern in Sicherheit gebracht. Dreimal wiederholten wir unſern Verſuch
mit demſelben Erfolge; dann aber mußte ich die Jagd aufgeben, weil die Neger ein lautes
Gelächter nicht mehr unterdrücken konnten. Mit Beute beladen zogen wir heim. Am nächſten
Morgen ließ ſich kein einziges Huhn auf jener Wieſe ſehen, obgleich gewiß mehrere Hunderte von
ihnen entkommen waren.“
„Die Gefangenen“, berichtet Audubon ferner, „werden ſehr bald zahm, brüten auch in
Gefangenſchaft, und ich habe mich oft gewundert, daß man ſie nicht längſt ſchon zu Hausthieren
gemacht hat. Während ich mich in Henderſon aufhielt, kaufte ich ſechszig lebende, meiſt junge Prairie-
hühner, welche für mich gefangen worden waren, verſchnitt ihnen die Flügel und ließ ſie in einem
Garten von vier Acker Flächeninhalt frei umherlaufen. Nach einigen Wochen waren ſie bereits ſo an
mich gewöhnt, daß ich mich ihnen nähern durfte, ohne ſie zu erſchrecken. Jch gab ihnen Getreide, und
ſie ſelbſt ſuchten ſich verſchiedene andere Pflanzenſtoſſe. Jm Laufe des Winters legten ſie vollends
alle Furcht ab, liefen im Garten herum wie zahme Hühner, vermiſchten ſich auch wohl mit dieſen
und fraßen meiner Frau ſo zu ſagen aus der Hand. Einige Hähne von ihnen waren ſo muthig
geworden, daß ſie es mit Haus- und Truthähnen aufnahmen. Jeder einzelne von ihnen wählte
ſich abends ſeinen beſondern Sitzplatz und richtete ſeine Bruſt ſtets dem Winde entgegen. Als der
Frühling kam, brüſteten ſie ſich und tuteten und kämpften wie in der Freiheit. Viele Hennen von
ihnen legten auch Eier, und eine gute Anzahl von Jungen wurden erbrütet. Aber die Hühner
thaten meinem Garten zuletzt ſoviel Schaden, daß ich ſie abſchlachten mußte.“
Jn unſern Thiergärten haben wir uns bisher vergeblich bemüht, ein ähnliches Ergebniß zu
erzielen. Wir haben die Prairiehühner dutzendweiſe gekauft, ihnen das verſchiedenſte Futter vor-
gelegt, ſie in geſchloſſenen oder in freien Gehegen gehalten, und uns die größte Mühe gegeben, um
ſie zur Fortpflanzung zu bringen, immer aber erfahren müſſen, daß die Vögel ſtarben, ohne daß wir
uns erklären konnten, warum. Dieſe Erfahrung haben wir nicht blos in Deutſchland, ſondern auch
in England, Belgien und Holland machen müſſen, und gegenwärtig beinah die Luſt verloren, uns
fernerhin mit dem undankbaren Verſuche, gedachte Hühner bei uns einzubürgern, zu befaſſen.
Gleichwohl zweifle ich nicht, daß wir Prairiehühner bei uns eingewöhnen könnten; der Verſuch müßte
aber im Großen ausgeführt werden. Man müßte mindeſtens einige Dutzend kräftige Vögel an
einer geeigneten Oertlichkeit freigeben, und ſie ſich die nächſte Zeit gänzlich ſelbſt überlaſſen.
Unter ſolchen Umſtänden würden ſie höchſt wahrſcheinlich gedeihen, ſo verſchieden unſere Haiden und
die Prairien Amerikas auch ſein mögen. Jedenfalls iſt das Prairiehuhn einen ſolchen Verſuch werth.
Eine der merkwürdigſten und anziehendſten Gruppen der Familie iſt die der Schneehühner
(Lagopus), ebenſowohl wegen des auffallenden und noch keineswegs genügend erforſchten Feder-
wechſels, als auch wegen der Lebensweiſe ihrer Mitglieder. Dieſe kennzeichnen ſich durch ſehr
gedrungene Geſtalt, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, einen kurzen,
ſanft abgerundeten oder geraden, aus achtzehn Federn gebildeten Schwanz, kleinen, mittellangen und
mittelſtarken Schnabel und verhältnißmäßig kurze Füße, deren Läufe und Zehen mit haarigen Federn
bekleidet ſind, ſowie durch ein ſehr reiches Federkleid, deſſen Färbung in der Regel mit der Jahreszeit
wechſelt. Die Nägel, welche die Zehen bewehren, ſind verhältnißmäßig die größten, welche die
Rauchfußhühner überhaupt beſitzen, und an ihnen zeigt ſich der jährliche Wechſel am deutlichſten.
Die Geſchlechter unterſcheiden ſich wenig in der Färbung, und die Jungen erhalten bald das Kleid
ihrer Eltern.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/394>, abgerufen am 25.11.2024.
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