Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.

Die Aesung des Prairiehuhnes besteht ebensowohl aus Pflanzenstoffen wie aus Kleingethier
der verschiedensten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wiesen und Kornfelder, im Herbste die
Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgesucht. Beeren
aller Art liebt dieses Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen besteigt es die Wipfel der
Gebüsche, welche sie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm sehr.
Getreide aller Art bildet einen Haupttheil seiner Nahrung; es frißt ebensowohl die jungen Spitzen
der Blätter, wie die reifen Körner desselben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht lästig
werden. Andererseits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von schädlichen Kerfen, Schnecken
und dergleichen. Besonders erpicht scheint es auf Heuschrecken zu sein, und wenn ein Glied der
Gesellschaft solchen fetten Bissen erspäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich
an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameisenhaufen, auch nicht
verschmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.

Gegen den Winter hin schlägt sich das Prairiehuhn da, wo es häufig ist, in zahlreiche Flüge
zusammen, welche sich erst mit Anbruch des Frühlings wieder zersprengen. Dies geschieht, sobald
der Schnee geschmolzen ist und die ersten Grasblätter sich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch
Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieser Gesellschaften erwählt sich jetzt
einen besonderen Platz, auf welchem sie täglich zusammenkommt, um die nunmehr beginnenden
Liebesspiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe
noch der erste Schimmer des Tages im Osten sich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben-
buhler, welche dort sich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu streiten. Es
trägt in dieser Zeit sein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbstbewußtsein, welches von keinem
andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn spreizt sich, soviel er kann, jeder
einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den stolzesten Geberden an
dem andern vorüber. Das Spiel ist ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig
zertheilten Federn stehen vom Halse ab, wie eine gesteifte Halskrause, weil die orangegelben Luft-
behälter jetzt zu Kugeln aufgeblasen sind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern,
vom Leibe ab und gesenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräusch geschleift, der
Körper wird niedergedrückt, und so rennen sie eilig neben einander dahin und gegen einander los.
Jhre Augen leuchten von Kampfeslust, die erwähnten sonderbaren Laute, welche durch jene
Behälter merkwürdig verstärkt werden, erfüllen die Luft, und der erste Lockton einer Henne gibt das
Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, springen fußhoch vom Boden
empor, abgeschlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten
Halse herabrieseln, beweisen zur Genüge, daß der Kampf sehr ernsthaft gemeint ist. Hat ein
starker Hahn einen schwächeren in die Flucht geschlagen, so sucht er sich einen zweiten Gegner heraus,
und oft kann man sehen, daß einer nach dem andern vor diesem Recken unter den nächsten Büschen
Zuflucht suchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, so abgehetzt sie
auch sind, das Schlachtfeld, langsam und stolz auf ihm hin- und herschreitend; sodann suchen Sieger
und Besiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.

Nicht selten geschieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben-
buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, sich
fliegend mit rasender Eile auf den Glücklichen stürzt. Dann drückt sich die Henne sofort auf den
Boden nieder, unter die Brust ihres Gemahles, welcher, stets zum Kampfe bereit, sich dem Gegner
stellt und alle seine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.

Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menschen zu leiden hat, hört man sein
Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenstunden, sondern von Sonnenaufgang bis
zum Niedergang, während man da, wo die kampfeslustigen Thiere den stärkeren Feind über sich
wissen, selten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird stets ein
verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit selbst so kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne

Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.

Die Aeſung des Prairiehuhnes beſteht ebenſowohl aus Pflanzenſtoffen wie aus Kleingethier
der verſchiedenſten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wieſen und Kornfelder, im Herbſte die
Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgeſucht. Beeren
aller Art liebt dieſes Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen beſteigt es die Wipfel der
Gebüſche, welche ſie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm ſehr.
Getreide aller Art bildet einen Haupttheil ſeiner Nahrung; es frißt ebenſowohl die jungen Spitzen
der Blätter, wie die reifen Körner deſſelben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht läſtig
werden. Andererſeits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von ſchädlichen Kerfen, Schnecken
und dergleichen. Beſonders erpicht ſcheint es auf Heuſchrecken zu ſein, und wenn ein Glied der
Geſellſchaft ſolchen fetten Biſſen erſpäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich
an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameiſenhaufen, auch nicht
verſchmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.

Gegen den Winter hin ſchlägt ſich das Prairiehuhn da, wo es häufig iſt, in zahlreiche Flüge
zuſammen, welche ſich erſt mit Anbruch des Frühlings wieder zerſprengen. Dies geſchieht, ſobald
der Schnee geſchmolzen iſt und die erſten Grasblätter ſich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch
Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieſer Geſellſchaften erwählt ſich jetzt
einen beſonderen Platz, auf welchem ſie täglich zuſammenkommt, um die nunmehr beginnenden
Liebesſpiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe
noch der erſte Schimmer des Tages im Oſten ſich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben-
buhler, welche dort ſich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu ſtreiten. Es
trägt in dieſer Zeit ſein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbſtbewußtſein, welches von keinem
andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn ſpreizt ſich, ſoviel er kann, jeder
einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den ſtolzeſten Geberden an
dem andern vorüber. Das Spiel iſt ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig
zertheilten Federn ſtehen vom Halſe ab, wie eine geſteifte Halskrauſe, weil die orangegelben Luft-
behälter jetzt zu Kugeln aufgeblaſen ſind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern,
vom Leibe ab und geſenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräuſch geſchleift, der
Körper wird niedergedrückt, und ſo rennen ſie eilig neben einander dahin und gegen einander los.
Jhre Augen leuchten von Kampfesluſt, die erwähnten ſonderbaren Laute, welche durch jene
Behälter merkwürdig verſtärkt werden, erfüllen die Luft, und der erſte Lockton einer Henne gibt das
Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, ſpringen fußhoch vom Boden
empor, abgeſchlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten
Halſe herabrieſeln, beweiſen zur Genüge, daß der Kampf ſehr ernſthaft gemeint iſt. Hat ein
ſtarker Hahn einen ſchwächeren in die Flucht geſchlagen, ſo ſucht er ſich einen zweiten Gegner heraus,
und oft kann man ſehen, daß einer nach dem andern vor dieſem Recken unter den nächſten Büſchen
Zuflucht ſuchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, ſo abgehetzt ſie
auch ſind, das Schlachtfeld, langſam und ſtolz auf ihm hin- und herſchreitend; ſodann ſuchen Sieger
und Beſiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.

Nicht ſelten geſchieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben-
buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, ſich
fliegend mit raſender Eile auf den Glücklichen ſtürzt. Dann drückt ſich die Henne ſofort auf den
Boden nieder, unter die Bruſt ihres Gemahles, welcher, ſtets zum Kampfe bereit, ſich dem Gegner
ſtellt und alle ſeine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.

Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menſchen zu leiden hat, hört man ſein
Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenſtunden, ſondern von Sonnenaufgang bis
zum Niedergang, während man da, wo die kampfesluſtigen Thiere den ſtärkeren Feind über ſich
wiſſen, ſelten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird ſtets ein
verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit ſelbſt ſo kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0392" n="364"/>
          <fw place="top" type="header">Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.</fw><lb/>
          <p>Die Ae&#x017F;ung des Prairiehuhnes be&#x017F;teht eben&#x017F;owohl aus Pflanzen&#x017F;toffen wie aus Kleingethier<lb/>
der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wie&#x017F;en und Kornfelder, im Herb&#x017F;te die<lb/>
Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufge&#x017F;ucht. Beeren<lb/>
aller Art liebt die&#x017F;es Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen be&#x017F;teigt es die Wipfel der<lb/>
Gebü&#x017F;che, welche &#x017F;ie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm &#x017F;ehr.<lb/>
Getreide aller Art bildet einen Haupttheil &#x017F;einer Nahrung; es frißt eben&#x017F;owohl die jungen Spitzen<lb/>
der Blätter, wie die reifen Körner de&#x017F;&#x017F;elben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht lä&#x017F;tig<lb/>
werden. Anderer&#x017F;eits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von &#x017F;chädlichen Kerfen, Schnecken<lb/>
und dergleichen. Be&#x017F;onders erpicht &#x017F;cheint es auf Heu&#x017F;chrecken zu &#x017F;ein, und wenn ein Glied der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;olchen fetten Bi&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;päht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich<lb/>
an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Amei&#x017F;enhaufen, auch nicht<lb/>
ver&#x017F;chmäht, braucht kaum erwähnt zu werden.</p><lb/>
          <p>Gegen den Winter hin &#x017F;chlägt &#x017F;ich das Prairiehuhn da, wo es häufig i&#x017F;t, in zahlreiche Flüge<lb/>
zu&#x017F;ammen, welche &#x017F;ich er&#x017F;t mit Anbruch des Frühlings wieder zer&#x017F;prengen. Dies ge&#x017F;chieht, &#x017F;obald<lb/>
der Schnee ge&#x017F;chmolzen i&#x017F;t und die er&#x017F;ten Grasblätter &#x017F;ich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch<lb/>
Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede die&#x017F;er Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften erwählt &#x017F;ich jetzt<lb/>
einen be&#x017F;onderen Platz, auf welchem &#x017F;ie täglich zu&#x017F;ammenkommt, um die nunmehr beginnenden<lb/>
Liebes&#x017F;piele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe<lb/>
noch der er&#x017F;te Schimmer des Tages im O&#x017F;ten &#x017F;ich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben-<lb/>
buhler, welche dort &#x017F;ich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu &#x017F;treiten. Es<lb/>
trägt in die&#x017F;er Zeit &#x017F;ein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selb&#x017F;tbewußt&#x017F;ein, welches von keinem<lb/>
andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn &#x017F;preizt &#x017F;ich, &#x017F;oviel er kann, jeder<lb/>
einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den &#x017F;tolze&#x017F;ten Geberden an<lb/>
dem andern vorüber. Das Spiel i&#x017F;t ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig<lb/>
zertheilten Federn &#x017F;tehen vom Hal&#x017F;e ab, wie eine ge&#x017F;teifte Halskrau&#x017F;e, weil die orangegelben Luft-<lb/>
behälter jetzt zu Kugeln aufgebla&#x017F;en &#x017F;ind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern,<lb/>
vom Leibe ab und ge&#x017F;enkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräu&#x017F;ch ge&#x017F;chleift, der<lb/>
Körper wird niedergedrückt, und &#x017F;o rennen &#x017F;ie eilig neben einander dahin und gegen einander los.<lb/>
Jhre Augen leuchten von Kampfeslu&#x017F;t, die erwähnten &#x017F;onderbaren Laute, welche durch jene<lb/>
Behälter merkwürdig ver&#x017F;tärkt werden, erfüllen die Luft, und der er&#x017F;te Lockton einer Henne gibt das<lb/>
Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, &#x017F;pringen fußhoch vom Boden<lb/>
empor, abge&#x017F;chlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten<lb/>
Hal&#x017F;e herabrie&#x017F;eln, bewei&#x017F;en zur Genüge, daß der Kampf &#x017F;ehr ern&#x017F;thaft gemeint i&#x017F;t. Hat ein<lb/>
&#x017F;tarker Hahn einen &#x017F;chwächeren in die Flucht ge&#x017F;chlagen, &#x017F;o &#x017F;ucht er &#x017F;ich einen zweiten Gegner heraus,<lb/>
und oft kann man &#x017F;ehen, daß einer nach dem andern vor die&#x017F;em Recken unter den näch&#x017F;ten Bü&#x017F;chen<lb/>
Zuflucht &#x017F;uchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, &#x017F;o abgehetzt &#x017F;ie<lb/>
auch &#x017F;ind, das Schlachtfeld, lang&#x017F;am und &#x017F;tolz auf ihm hin- und her&#x017F;chreitend; &#x017F;odann &#x017F;uchen Sieger<lb/>
und Be&#x017F;iegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen.</p><lb/>
          <p>Nicht &#x017F;elten ge&#x017F;chieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben-<lb/>
buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, &#x017F;ich<lb/>
fliegend mit ra&#x017F;ender Eile auf den Glücklichen &#x017F;türzt. Dann drückt &#x017F;ich die Henne &#x017F;ofort auf den<lb/>
Boden nieder, unter die Bru&#x017F;t ihres Gemahles, welcher, &#x017F;tets zum Kampfe bereit, &#x017F;ich dem Gegner<lb/>
&#x017F;tellt und alle &#x017F;eine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben.</p><lb/>
          <p>Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Men&#x017F;chen zu leiden hat, hört man &#x017F;ein<lb/>
Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgen&#x017F;tunden, &#x017F;ondern von Sonnenaufgang bis<lb/>
zum Niedergang, während man da, wo die kampfeslu&#x017F;tigen Thiere den &#x017F;tärkeren Feind über &#x017F;ich<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;elten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird &#x017F;tets ein<lb/>
verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0392] Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner. Die Aeſung des Prairiehuhnes beſteht ebenſowohl aus Pflanzenſtoffen wie aus Kleingethier der verſchiedenſten Art. Jm Laufe des Sommers werden Wieſen und Kornfelder, im Herbſte die Gärten und Weinberge, im Winter Gegenden, in denen es viele Beeren gibt, aufgeſucht. Beeren aller Art liebt dieſes Huhn ganz ungemein, und ihnen zu Gefallen beſteigt es die Wipfel der Gebüſche, welche ſie hervorbringen; aber auch Baumfrüchte, z. B. Aepfel, behagen ihm ſehr. Getreide aller Art bildet einen Haupttheil ſeiner Nahrung; es frißt ebenſowohl die jungen Spitzen der Blätter, wie die reifen Körner deſſelben; deshalb kann es im Felde wie im Garten recht läſtig werden. Andererſeits nutzt es aber auch wieder durch Aufzehren von ſchädlichen Kerfen, Schnecken und dergleichen. Beſonders erpicht ſcheint es auf Heuſchrecken zu ſein, und wenn ein Glied der Geſellſchaft ſolchen fetten Biſſen erſpäht hat, rennen alle übrigen hinter ihm drein, um wo möglich an der Mahlzeit theilzunehmen. Daß es andere Kerbthiere, namentlich Ameiſenhaufen, auch nicht verſchmäht, braucht kaum erwähnt zu werden. Gegen den Winter hin ſchlägt ſich das Prairiehuhn da, wo es häufig iſt, in zahlreiche Flüge zuſammen, welche ſich erſt mit Anbruch des Frühlings wieder zerſprengen. Dies geſchieht, ſobald der Schnee geſchmolzen iſt und die erſten Grasblätter ſich zeigen; es bleiben dann jedoch immer noch Trupps von zwanzig und mehr Stücken bei einander. Jede dieſer Geſellſchaften erwählt ſich jetzt einen beſonderen Platz, auf welchem ſie täglich zuſammenkommt, um die nunmehr beginnenden Liebesſpiele und Tänze aufzuführen. Erregt durch den Paarungstrieb, fliegt das Männchen, ehe noch der erſte Schimmer des Tages im Oſten ſich zeigt, eilig jenen Balzplätzen zu, um die Neben- buhler, welche dort ſich einfinden, zum Kampfe herauszufordern und mit ihnen zu ſtreiten. Es trägt in dieſer Zeit ſein Hochzeitskleid, und zwar mit einem Selbſtbewußtſein, welches von keinem andern Vogel übertroffen werden kann. Jeder einzelne Hahn ſpreizt ſich, ſoviel er kann, jeder einzelne blickt voll Verachtung auf den andern herab, und jeder geht mit den ſtolzeſten Geberden an dem andern vorüber. Das Spiel iſt ausgebreitet und nach vorwärts übergebogen, die fächerförmig zertheilten Federn ſtehen vom Halſe ab, wie eine geſteifte Halskrauſe, weil die orangegelben Luft- behälter jetzt zu Kugeln aufgeblaſen ſind, die Schwingen werden, wie bei andern balzenden Hühnern, vom Leibe ab und geſenkt getragen und auf dem Boden unter hörbarem Geräuſch geſchleift, der Körper wird niedergedrückt, und ſo rennen ſie eilig neben einander dahin und gegen einander los. Jhre Augen leuchten von Kampfesluſt, die erwähnten ſonderbaren Laute, welche durch jene Behälter merkwürdig verſtärkt werden, erfüllen die Luft, und der erſte Lockton einer Henne gibt das Zeichen zur Schlacht. Die kämpfenden Hähne gehen gegen einander an, ſpringen fußhoch vom Boden empor, abgeſchlagene Federn wirbeln hernieder, und einzelne Blutstropfen, welche von dem zerkratzten Halſe herabrieſeln, beweiſen zur Genüge, daß der Kampf ſehr ernſthaft gemeint iſt. Hat ein ſtarker Hahn einen ſchwächeren in die Flucht geſchlagen, ſo ſucht er ſich einen zweiten Gegner heraus, und oft kann man ſehen, daß einer nach dem andern vor dieſem Recken unter den nächſten Büſchen Zuflucht ſuchen muß. Wenige von ihnen verweilen auf dem Plane und behaupten, ſo abgehetzt ſie auch ſind, das Schlachtfeld, langſam und ſtolz auf ihm hin- und herſchreitend; ſodann ſuchen Sieger und Beſiegter die Hennen auf, um von ihnen der Minne Lohn zu empfangen. Nicht ſelten geſchieht es, daß ein bereits verehelichtes Männchen plötzlich von einem Neben- buhler überfallen wird, welcher, durch das Liebesgeplauder der Vermählten herbeigezogen, ſich fliegend mit raſender Eile auf den Glücklichen ſtürzt. Dann drückt ſich die Henne ſofort auf den Boden nieder, unter die Bruſt ihres Gemahles, welcher, ſtets zum Kampfe bereit, ſich dem Gegner ſtellt und alle ſeine Kraft aufbietet, um ihn zu vertreiben. Jn Gegenden, wo das Prairiehuhn wenig vom Menſchen zu leiden hat, hört man ſein Brummen oder Tuten nicht allein in den frühen Morgenſtunden, ſondern von Sonnenaufgang bis zum Niedergang, während man da, wo die kampfesluſtigen Thiere den ſtärkeren Feind über ſich wiſſen, ſelten nach Sonnenaufgang noch einen Laut von ihnen vernimmt. Hier wird ſtets ein verborgener Kampfplatz gewählt, und der Streit ſelbſt ſo kurz als möglich abgemacht. Junge Hähne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/392
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/392>, abgerufen am 25.11.2024.