fallenden Verminderung beitragen. Jn vielen Gegenden, wo es früher Haselhühner gab, sind sie jetzt ver- schwunden, ohne daß man eigentlich sagen kann, warum. Dagegen wandern sie in einzelne Waldungen auch wieder ein, zur Freude des Jägers. So ist es geschehen in einigen Wäldern an dem südlichen Abhange des Erzgebirges, woselbst man gegenwärtig bereits wieder namhafte Flüge antrifft. Da, wo das Haselhuhn häufig ist, wird es in Menge erlegt; denn sein Wildpret ist unbestritten das köstlichste, welches die Ordnung der Scharrvögel uns überhaupt gewährt: es wird von Kennern dem des Fasans oder dem der Wachtel noch entschieden vorgezogen. Die Jagd wird entweder mit Hilfe des Vorstehhundes oder, und wohl mit größerem Vergnügen, vermittelst der sogenannten Locke betrieben. Letztere ist eine Pfeife, auf welcher der Ruf des Hahnes täuschend nachgeahmt und jedes kampflustige Männchen herbeigezogen wird. Glücklicherweise gehört zu dieser Jagdart eine gewisse Kunstfertigkeit oder mit andern Worten ein zünftiger Jäger.
Wie bei anderen Hühnern erregen die letzten schönen Herbsttage auch das Haselhuhn, und machen es geneigt, mit andern Seinesgleichen zu kämpfen, zu streiten. Diese sogenannte Kampfzeit währt von den ersten Tagen des September an bis zu Ende Oktobers, und sie ist es, welche zur Jagd benutzt wird; namentlich die ersten Tage des September sind hierzu geeignet, falls die Witterung günstig ist. Der Jäger, welcher auf der Locke mit Erfolg Haselhühner jagen will, muß nicht nur die Jagdart, sondern auch den Wald genau kennen; denn die Hauptsache ist und bleibt, sich einen geeigneten Standort zu wählen und während des Ganges möglichst wenig Geräusch zu ver- ursachen. Jn der Frühe des Morgens macht man sich auf, schleicht durch den Wald, und stellt sich da, wo man Haselhühner weiß oder vermuthet, hinter einem hochschaftigen Baume auf. Hauptbedingung des Standortes ist ein im Umkreise von dreißig Schritten freier, d. h. nicht mit Gestrüpp oder Haide bedeckter Boden, weil der herbei gelockte Haselhahn nicht immer geflogen, sondern sehr oft gelaufen kommt, dann selbstverständlich jede Deckung benutzt und regelmäßig den Schützen eher entdeckt, als dieser sein Wild. Der schulgerechte Jäger stellt oder lehnt sich, nachdem er den passenden Standpunkt gefunden, an seinen Baum, bringt sein Gewehr von der Schulter in die Hand, spannt den Hahn, nimmt die Locke und ruft nun zunächst als jüngerer Haselhahn. Bei günstigem Wetter kommt der getäuschte Hahn auf den ersten Ton geflogen und zwar so schnell, daß der Jäger kaum Zeit hat, die Locke aus dem Munde zu nehmen. Er erkennt aus der größeren oder geringeren Stärke des Aufbrausens, ob der Hahn von einem Baume auf den anderen geflogen ist oder sich von dem Baume auf die Erde geworfen hat, weiß also im Voraus, von welcher Seite sein Wild ankommen wird, stellt sich günstig zurecht, lockt noch einmal, um jenem die Stelle genau zu bezeichnen, sieht schußfertig nach der betreffenden Gegend hin und wird so in der Regel den ankommenden Hahn schon von weitem wahrnehmen können. Läuft dieser auf dem Boden dahin, so wartet der Schütz, bis er hinter eine Baumwurzel oder hinter eine Erdvertiefung tritt, benutzt diesen Augenblick zum Anschlag, zielt genau, ruhig und drückt ab, sobald der Hahn auf funfzehn, zwanzig oder höchstens dreißig Schritte zum Vorschein kommt; denn es handelt sich auch darum, daß letzterer im Feuer zusammenbricht, da ein angeschos- senes Huhn fast regelmäßig verloren geht, sei es, indem es sich unter eine Baumwurzel verkriecht oder in Mos vergräbt, oder sei es, indem es fliegend einen dichtästigen Baum erreicht, in dessen Krone es sich bis zum Verenden verbirgt. Auf ein Haselhuhn, welches nicht nah und deutlich zu sehen ist, darf nie geschossen werden. Kommt das Wild nicht nach dem ersten Locken, so muß der Jäger wenigstens fünf Minuten lang ruhig sitzen, bevor er wieder ruft, weil er in den meisten Fällen annehmen darf, daß sein Wild die Lockung doch vernommen und dann von selbst kommt, um nach- zusehen. Fliegt der Hahn auf den Lockruf herbei, so muß in demselben Augenblick, in welchem er sich auf den Baumast wirft, geschossen werden; denn sobald der Vogel den Menschen wahrnimmt, geht er auf und davon. Ein alter Hahn, welcher früher durch Verscheuchung, Fehlschüsse oder unrichtiges Locken betrogen und mißtrauisch gemacht wurde, kommt weder gehend, noch fliegend unmittelbar auf die Locke, sondern läuft oder fliegt in solcher Entfernung rundum, daß man selten zum Schuß kommt. Lockt ein Haselhahn entgegen, so will er damit sagen, daß er nicht Lust oder
Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
fallenden Verminderung beitragen. Jn vielen Gegenden, wo es früher Haſelhühner gab, ſind ſie jetzt ver- ſchwunden, ohne daß man eigentlich ſagen kann, warum. Dagegen wandern ſie in einzelne Waldungen auch wieder ein, zur Freude des Jägers. So iſt es geſchehen in einigen Wäldern an dem ſüdlichen Abhange des Erzgebirges, woſelbſt man gegenwärtig bereits wieder namhafte Flüge antrifft. Da, wo das Haſelhuhn häufig iſt, wird es in Menge erlegt; denn ſein Wildpret iſt unbeſtritten das köſtlichſte, welches die Ordnung der Scharrvögel uns überhaupt gewährt: es wird von Kennern dem des Faſans oder dem der Wachtel noch entſchieden vorgezogen. Die Jagd wird entweder mit Hilfe des Vorſtehhundes oder, und wohl mit größerem Vergnügen, vermittelſt der ſogenannten Locke betrieben. Letztere iſt eine Pfeife, auf welcher der Ruf des Hahnes täuſchend nachgeahmt und jedes kampfluſtige Männchen herbeigezogen wird. Glücklicherweiſe gehört zu dieſer Jagdart eine gewiſſe Kunſtfertigkeit oder mit andern Worten ein zünftiger Jäger.
Wie bei anderen Hühnern erregen die letzten ſchönen Herbſttage auch das Haſelhuhn, und machen es geneigt, mit andern Seinesgleichen zu kämpfen, zu ſtreiten. Dieſe ſogenannte Kampfzeit währt von den erſten Tagen des September an bis zu Ende Oktobers, und ſie iſt es, welche zur Jagd benutzt wird; namentlich die erſten Tage des September ſind hierzu geeignet, falls die Witterung günſtig iſt. Der Jäger, welcher auf der Locke mit Erfolg Haſelhühner jagen will, muß nicht nur die Jagdart, ſondern auch den Wald genau kennen; denn die Hauptſache iſt und bleibt, ſich einen geeigneten Standort zu wählen und während des Ganges möglichſt wenig Geräuſch zu ver- urſachen. Jn der Frühe des Morgens macht man ſich auf, ſchleicht durch den Wald, und ſtellt ſich da, wo man Haſelhühner weiß oder vermuthet, hinter einem hochſchaftigen Baume auf. Hauptbedingung des Standortes iſt ein im Umkreiſe von dreißig Schritten freier, d. h. nicht mit Geſtrüpp oder Haide bedeckter Boden, weil der herbei gelockte Haſelhahn nicht immer geflogen, ſondern ſehr oft gelaufen kommt, dann ſelbſtverſtändlich jede Deckung benutzt und regelmäßig den Schützen eher entdeckt, als dieſer ſein Wild. Der ſchulgerechte Jäger ſtellt oder lehnt ſich, nachdem er den paſſenden Standpunkt gefunden, an ſeinen Baum, bringt ſein Gewehr von der Schulter in die Hand, ſpannt den Hahn, nimmt die Locke und ruft nun zunächſt als jüngerer Haſelhahn. Bei günſtigem Wetter kommt der getäuſchte Hahn auf den erſten Ton geflogen und zwar ſo ſchnell, daß der Jäger kaum Zeit hat, die Locke aus dem Munde zu nehmen. Er erkennt aus der größeren oder geringeren Stärke des Aufbrauſens, ob der Hahn von einem Baume auf den anderen geflogen iſt oder ſich von dem Baume auf die Erde geworfen hat, weiß alſo im Voraus, von welcher Seite ſein Wild ankommen wird, ſtellt ſich günſtig zurecht, lockt noch einmal, um jenem die Stelle genau zu bezeichnen, ſieht ſchußfertig nach der betreffenden Gegend hin und wird ſo in der Regel den ankommenden Hahn ſchon von weitem wahrnehmen können. Läuft dieſer auf dem Boden dahin, ſo wartet der Schütz, bis er hinter eine Baumwurzel oder hinter eine Erdvertiefung tritt, benutzt dieſen Augenblick zum Anſchlag, zielt genau, ruhig und drückt ab, ſobald der Hahn auf funfzehn, zwanzig oder höchſtens dreißig Schritte zum Vorſchein kommt; denn es handelt ſich auch darum, daß letzterer im Feuer zuſammenbricht, da ein angeſchoſ- ſenes Huhn faſt regelmäßig verloren geht, ſei es, indem es ſich unter eine Baumwurzel verkriecht oder in Mos vergräbt, oder ſei es, indem es fliegend einen dichtäſtigen Baum erreicht, in deſſen Krone es ſich bis zum Verenden verbirgt. Auf ein Haſelhuhn, welches nicht nah und deutlich zu ſehen iſt, darf nie geſchoſſen werden. Kommt das Wild nicht nach dem erſten Locken, ſo muß der Jäger wenigſtens fünf Minuten lang ruhig ſitzen, bevor er wieder ruft, weil er in den meiſten Fällen annehmen darf, daß ſein Wild die Lockung doch vernommen und dann von ſelbſt kommt, um nach- zuſehen. Fliegt der Hahn auf den Lockruf herbei, ſo muß in demſelben Augenblick, in welchem er ſich auf den Baumaſt wirft, geſchoſſen werden; denn ſobald der Vogel den Menſchen wahrnimmt, geht er auf und davon. Ein alter Hahn, welcher früher durch Verſcheuchung, Fehlſchüſſe oder unrichtiges Locken betrogen und mißtrauiſch gemacht wurde, kommt weder gehend, noch fliegend unmittelbar auf die Locke, ſondern läuft oder fliegt in ſolcher Entfernung rundum, daß man ſelten zum Schuß kommt. Lockt ein Haſelhahn entgegen, ſo will er damit ſagen, daß er nicht Luſt oder
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Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
fallenden Verminderung beitragen. Jn vielen Gegenden, wo es früher Haſelhühner gab, ſind ſie jetzt ver-
ſchwunden, ohne daß man eigentlich ſagen kann, warum. Dagegen wandern ſie in einzelne Waldungen
auch wieder ein, zur Freude des Jägers. So iſt es geſchehen in einigen Wäldern an dem ſüdlichen
Abhange des Erzgebirges, woſelbſt man gegenwärtig bereits wieder namhafte Flüge antrifft. Da,
wo das Haſelhuhn häufig iſt, wird es in Menge erlegt; denn ſein Wildpret iſt unbeſtritten das
köſtlichſte, welches die Ordnung der Scharrvögel uns überhaupt gewährt: es wird von Kennern dem
des Faſans oder dem der Wachtel noch entſchieden vorgezogen. Die Jagd wird entweder mit Hilfe
des Vorſtehhundes oder, und wohl mit größerem Vergnügen, vermittelſt der ſogenannten Locke
betrieben. Letztere iſt eine Pfeife, auf welcher der Ruf des Hahnes täuſchend nachgeahmt und jedes
kampfluſtige Männchen herbeigezogen wird. Glücklicherweiſe gehört zu dieſer Jagdart eine gewiſſe
Kunſtfertigkeit oder mit andern Worten ein zünftiger Jäger.
Wie bei anderen Hühnern erregen die letzten ſchönen Herbſttage auch das Haſelhuhn, und
machen es geneigt, mit andern Seinesgleichen zu kämpfen, zu ſtreiten. Dieſe ſogenannte Kampfzeit
währt von den erſten Tagen des September an bis zu Ende Oktobers, und ſie iſt es, welche zur
Jagd benutzt wird; namentlich die erſten Tage des September ſind hierzu geeignet, falls die
Witterung günſtig iſt. Der Jäger, welcher auf der Locke mit Erfolg Haſelhühner jagen will, muß
nicht nur die Jagdart, ſondern auch den Wald genau kennen; denn die Hauptſache iſt und bleibt,
ſich einen geeigneten Standort zu wählen und während des Ganges möglichſt wenig Geräuſch zu ver-
urſachen. Jn der Frühe des Morgens macht man ſich auf, ſchleicht durch den Wald, und ſtellt ſich da,
wo man Haſelhühner weiß oder vermuthet, hinter einem hochſchaftigen Baume auf. Hauptbedingung
des Standortes iſt ein im Umkreiſe von dreißig Schritten freier, d. h. nicht mit Geſtrüpp oder Haide
bedeckter Boden, weil der herbei gelockte Haſelhahn nicht immer geflogen, ſondern ſehr oft gelaufen
kommt, dann ſelbſtverſtändlich jede Deckung benutzt und regelmäßig den Schützen eher entdeckt, als
dieſer ſein Wild. Der ſchulgerechte Jäger ſtellt oder lehnt ſich, nachdem er den paſſenden Standpunkt
gefunden, an ſeinen Baum, bringt ſein Gewehr von der Schulter in die Hand, ſpannt den Hahn, nimmt
die Locke und ruft nun zunächſt als jüngerer Haſelhahn. Bei günſtigem Wetter kommt der getäuſchte
Hahn auf den erſten Ton geflogen und zwar ſo ſchnell, daß der Jäger kaum Zeit hat, die Locke aus
dem Munde zu nehmen. Er erkennt aus der größeren oder geringeren Stärke des Aufbrauſens, ob
der Hahn von einem Baume auf den anderen geflogen iſt oder ſich von dem Baume auf die Erde
geworfen hat, weiß alſo im Voraus, von welcher Seite ſein Wild ankommen wird, ſtellt ſich günſtig
zurecht, lockt noch einmal, um jenem die Stelle genau zu bezeichnen, ſieht ſchußfertig nach der betreffenden
Gegend hin und wird ſo in der Regel den ankommenden Hahn ſchon von weitem wahrnehmen
können. Läuft dieſer auf dem Boden dahin, ſo wartet der Schütz, bis er hinter eine Baumwurzel oder
hinter eine Erdvertiefung tritt, benutzt dieſen Augenblick zum Anſchlag, zielt genau, ruhig und
drückt ab, ſobald der Hahn auf funfzehn, zwanzig oder höchſtens dreißig Schritte zum Vorſchein
kommt; denn es handelt ſich auch darum, daß letzterer im Feuer zuſammenbricht, da ein angeſchoſ-
ſenes Huhn faſt regelmäßig verloren geht, ſei es, indem es ſich unter eine Baumwurzel verkriecht
oder in Mos vergräbt, oder ſei es, indem es fliegend einen dichtäſtigen Baum erreicht, in deſſen
Krone es ſich bis zum Verenden verbirgt. Auf ein Haſelhuhn, welches nicht nah und deutlich zu
ſehen iſt, darf nie geſchoſſen werden. Kommt das Wild nicht nach dem erſten Locken, ſo muß der
Jäger wenigſtens fünf Minuten lang ruhig ſitzen, bevor er wieder ruft, weil er in den meiſten Fällen
annehmen darf, daß ſein Wild die Lockung doch vernommen und dann von ſelbſt kommt, um nach-
zuſehen. Fliegt der Hahn auf den Lockruf herbei, ſo muß in demſelben Augenblick, in welchem er
ſich auf den Baumaſt wirft, geſchoſſen werden; denn ſobald der Vogel den Menſchen wahrnimmt,
geht er auf und davon. Ein alter Hahn, welcher früher durch Verſcheuchung, Fehlſchüſſe oder
unrichtiges Locken betrogen und mißtrauiſch gemacht wurde, kommt weder gehend, noch fliegend
unmittelbar auf die Locke, ſondern läuft oder fliegt in ſolcher Entfernung rundum, daß man ſelten
zum Schuß kommt. Lockt ein Haſelhahn entgegen, ſo will er damit ſagen, daß er nicht Luſt oder
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/388>, abgerufen am 25.11.2024.
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