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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
der Eier, und eine Haushenne, oder noch besser eine Truthenne, brütet diese auch aus: die Jungen
aber verlangen eine ganz absonderliche Pflege, und gedeihen auch bei dieser nur ausnahmsweise.
Geyer hält eine künstliche Vermehrung des Auerwildes für sehr wohl ausführbar, wenn Kosten und
Fleiß nicht gespart werden. Man soll sich, meint er, Eier verschaffen, diese durch Truthennen aus-
brüten lassen, und die Jungen wie Fasanen behandeln. "Wird genügend für stets frische Ameiseneier
und frisches, wo möglich fließendes Wasser, in dem sie sich in Folge gerne baden, gesorgt, wird ferner
alles wie immer benannte Raubzeug aus ihrer Nähe geschafft, so sind fast alle Gefahren für ihr
Emporkommen überwunden. Eine Hauptsache wäre die, daß die alte Henne mit den Jungen, wenn
thunlich, nach ungefähr vier Wochen in der Nähe eines größeren Waldtheiles unter beständiger
Aufsicht ausgesetzt würde, um sich nach und nach an den Wald zu gewöhnen, was keiner Schwierigkeit
unterliegen dürfte, da ihnen ihre angestammte Wildheit und ihr scheues Wesen sehr zu statten kommt.
Der Wald müßte selbstverständlich alle Eigenschaften in sich vereinigen, welche dem Auerwild
angenehm und ersprießlich sind. Vor Allem sind darin zu wünschen: Kiefern, Fichten, Tannen und
Buchen, sonnige Abhänge, fließende Bäche und offene Quellen, nebst großer Ruhe. Es muß in
jenen Strecken, wo sich das Auerwild aufhält, Alles vermieden werden, was dasselbe beunruhigt; denn
es ist eine allbekannte Thatsache, daß in Gegenden, wo sonst ein guter Stand war, das Auergeflügel
sich wegzog, weil in jenen Strecken, wo es seinen gewöhnlichen Stand hatte, Holzschläge eröffnet
wurden. Das Fällen von nur sechs bis sieben Stämmen reicht oft hin, sie auf lange Zeit zu
vertreiben." Unter Berücksichtigung der angegebenen Bedingungen hält es Geyer nicht nur für
möglich, sondern für vollkommen ausführbar, Auerwild zu erspähen und dasselbe nach und nach zum
Standwild zu machen. Daß die Sache nicht so leicht ist, geht unter Anderm auch aus den Ver-
suchen hervor, welche in Schottland angestellt wurden. Hier war früher das Auerwild nicht selten,
während es gegenwärtig fast ausgerottet ist, und man kam deshalb auf den Gedanken, es wieder
einzuführen. Die Versuche scheiterten, obgleich sie unzweifelhaft mit größter Vorsicht unternommen
und auch die nöthigen Mittel darauf verwendet wurden.

Einer unserer kundigsten Hühnerzüchter, Oettel, hat mehrere Versuche gemacht, Rauchfuß-
hühner groß zu ziehen. "Auerhühner sowohl als Virkhühner sind in unsern Stadtforsten häufig,
und deshalb auch Eier zu erlangen; die Aufzucht jedoch ist äußerst schwierig, da die kaum aus-
geschlüpften Jungen auf die Lockungen ihrer Stiefmutter nicht hören und keine andere Nahrung als
die ganz naturgemäße, vor Allem Kerbthiere, Ameisenpuppen u. s. w. zu sich nehmen. Läßt man
die jungen Vögel ins Freie, so sind sie augenblicklich verschwunden. Dies ist mir selbst einmal mit
Birkhühnern begegnet, nachdem solche einige Tage alt waren, und ich habe nie wieder eine Spur
von ihnen auffinden können. Vor mehreren Jahren hatte ein Förster in unserer Gegend ein
Auerhuhnnest entdeckt, worin die Jungen eben auszuschlüpfen begannen, und diesen Hergang durch
eine Landhenne glücklich zu Ende geführt. Mit großer Mühe ist es ihm gelungen, sechs Stück
zu erziehen, und wohl nur deshalb, weil er ihnen im Walde eine Hütte gebaut und sie auf
einen freien, mit Netzen umgebenen Platz gebracht hat, woselbst sie gut gediehen." Jch könnte
noch mehrere Beispiele anführen, aus denen hervorgeht, daß sich solche Junge groß ziehen lassen:
es ist Dies z. B. meinem Freunde Bodinus wiederholt gelungen und wird in Skandinavien
alljährlich ausgeführt; schwieriger, und zwar ungleich schwieriger als die Aufzucht der Fasanen bleibt
die der Rauchfußhühner jedoch unter allen Umständen.

Alt eingefangene Auerhühner sind noch schwerer zu zähmen, bezüglich an ein passendes Futter
zu gewöhnen, und namentlich die Hennen sterben fast regelmäßig in den ersten Tagen ihrer Gefangen-
schaft. Der hamburger Thiergarten hat mehrere Auerhennen besessen; es ist uns aber trotz der größten
Mühe nicht gelungen, sie nur ein Jahr lang zu erhalten. Ueber die Eingewöhnung eines Auer-
hahns theilt mein Berufsgenosse Schöpff das Nachstehende mit.

"Jm vorigen Jahr balzte ein Auerhahn in der Nähe einer großen Kiefer in der fächsischen
Schweiz. Er gehörte zu den Liebestollen; denn er kam auf eine Frau förmlich losgestürzt, sodaß

Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
der Eier, und eine Haushenne, oder noch beſſer eine Truthenne, brütet dieſe auch aus: die Jungen
aber verlangen eine ganz abſonderliche Pflege, und gedeihen auch bei dieſer nur ausnahmsweiſe.
Geyer hält eine künſtliche Vermehrung des Auerwildes für ſehr wohl ausführbar, wenn Koſten und
Fleiß nicht geſpart werden. Man ſoll ſich, meint er, Eier verſchaffen, dieſe durch Truthennen aus-
brüten laſſen, und die Jungen wie Faſanen behandeln. „Wird genügend für ſtets friſche Ameiſeneier
und friſches, wo möglich fließendes Waſſer, in dem ſie ſich in Folge gerne baden, geſorgt, wird ferner
alles wie immer benannte Raubzeug aus ihrer Nähe geſchafft, ſo ſind faſt alle Gefahren für ihr
Emporkommen überwunden. Eine Hauptſache wäre die, daß die alte Henne mit den Jungen, wenn
thunlich, nach ungefähr vier Wochen in der Nähe eines größeren Waldtheiles unter beſtändiger
Aufſicht ausgeſetzt würde, um ſich nach und nach an den Wald zu gewöhnen, was keiner Schwierigkeit
unterliegen dürfte, da ihnen ihre angeſtammte Wildheit und ihr ſcheues Weſen ſehr zu ſtatten kommt.
Der Wald müßte ſelbſtverſtändlich alle Eigenſchaften in ſich vereinigen, welche dem Auerwild
angenehm und erſprießlich ſind. Vor Allem ſind darin zu wünſchen: Kiefern, Fichten, Tannen und
Buchen, ſonnige Abhänge, fließende Bäche und offene Quellen, nebſt großer Ruhe. Es muß in
jenen Strecken, wo ſich das Auerwild aufhält, Alles vermieden werden, was daſſelbe beunruhigt; denn
es iſt eine allbekannte Thatſache, daß in Gegenden, wo ſonſt ein guter Stand war, das Auergeflügel
ſich wegzog, weil in jenen Strecken, wo es ſeinen gewöhnlichen Stand hatte, Holzſchläge eröffnet
wurden. Das Fällen von nur ſechs bis ſieben Stämmen reicht oft hin, ſie auf lange Zeit zu
vertreiben.“ Unter Berückſichtigung der angegebenen Bedingungen hält es Geyer nicht nur für
möglich, ſondern für vollkommen ausführbar, Auerwild zu erſpähen und daſſelbe nach und nach zum
Standwild zu machen. Daß die Sache nicht ſo leicht iſt, geht unter Anderm auch aus den Ver-
ſuchen hervor, welche in Schottland angeſtellt wurden. Hier war früher das Auerwild nicht ſelten,
während es gegenwärtig faſt ausgerottet iſt, und man kam deshalb auf den Gedanken, es wieder
einzuführen. Die Verſuche ſcheiterten, obgleich ſie unzweifelhaft mit größter Vorſicht unternommen
und auch die nöthigen Mittel darauf verwendet wurden.

Einer unſerer kundigſten Hühnerzüchter, Oettel, hat mehrere Verſuche gemacht, Rauchfuß-
hühner groß zu ziehen. „Auerhühner ſowohl als Virkhühner ſind in unſern Stadtforſten häufig,
und deshalb auch Eier zu erlangen; die Aufzucht jedoch iſt äußerſt ſchwierig, da die kaum aus-
geſchlüpften Jungen auf die Lockungen ihrer Stiefmutter nicht hören und keine andere Nahrung als
die ganz naturgemäße, vor Allem Kerbthiere, Ameiſenpuppen u. ſ. w. zu ſich nehmen. Läßt man
die jungen Vögel ins Freie, ſo ſind ſie augenblicklich verſchwunden. Dies iſt mir ſelbſt einmal mit
Birkhühnern begegnet, nachdem ſolche einige Tage alt waren, und ich habe nie wieder eine Spur
von ihnen auffinden können. Vor mehreren Jahren hatte ein Förſter in unſerer Gegend ein
Auerhuhnneſt entdeckt, worin die Jungen eben auszuſchlüpfen begannen, und dieſen Hergang durch
eine Landhenne glücklich zu Ende geführt. Mit großer Mühe iſt es ihm gelungen, ſechs Stück
zu erziehen, und wohl nur deshalb, weil er ihnen im Walde eine Hütte gebaut und ſie auf
einen freien, mit Netzen umgebenen Platz gebracht hat, woſelbſt ſie gut gediehen.“ Jch könnte
noch mehrere Beiſpiele anführen, aus denen hervorgeht, daß ſich ſolche Junge groß ziehen laſſen:
es iſt Dies z. B. meinem Freunde Bodinus wiederholt gelungen und wird in Skandinavien
alljährlich ausgeführt; ſchwieriger, und zwar ungleich ſchwieriger als die Aufzucht der Faſanen bleibt
die der Rauchfußhühner jedoch unter allen Umſtänden.

Alt eingefangene Auerhühner ſind noch ſchwerer zu zähmen, bezüglich an ein paſſendes Futter
zu gewöhnen, und namentlich die Hennen ſterben faſt regelmäßig in den erſten Tagen ihrer Gefangen-
ſchaft. Der hamburger Thiergarten hat mehrere Auerhennen beſeſſen; es iſt uns aber trotz der größten
Mühe nicht gelungen, ſie nur ein Jahr lang zu erhalten. Ueber die Eingewöhnung eines Auer-
hahns theilt mein Berufsgenoſſe Schöpff das Nachſtehende mit.

„Jm vorigen Jahr balzte ein Auerhahn in der Nähe einer großen Kiefer in der fächſiſchen
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[346/0374] Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner. der Eier, und eine Haushenne, oder noch beſſer eine Truthenne, brütet dieſe auch aus: die Jungen aber verlangen eine ganz abſonderliche Pflege, und gedeihen auch bei dieſer nur ausnahmsweiſe. Geyer hält eine künſtliche Vermehrung des Auerwildes für ſehr wohl ausführbar, wenn Koſten und Fleiß nicht geſpart werden. Man ſoll ſich, meint er, Eier verſchaffen, dieſe durch Truthennen aus- brüten laſſen, und die Jungen wie Faſanen behandeln. „Wird genügend für ſtets friſche Ameiſeneier und friſches, wo möglich fließendes Waſſer, in dem ſie ſich in Folge gerne baden, geſorgt, wird ferner alles wie immer benannte Raubzeug aus ihrer Nähe geſchafft, ſo ſind faſt alle Gefahren für ihr Emporkommen überwunden. Eine Hauptſache wäre die, daß die alte Henne mit den Jungen, wenn thunlich, nach ungefähr vier Wochen in der Nähe eines größeren Waldtheiles unter beſtändiger Aufſicht ausgeſetzt würde, um ſich nach und nach an den Wald zu gewöhnen, was keiner Schwierigkeit unterliegen dürfte, da ihnen ihre angeſtammte Wildheit und ihr ſcheues Weſen ſehr zu ſtatten kommt. Der Wald müßte ſelbſtverſtändlich alle Eigenſchaften in ſich vereinigen, welche dem Auerwild angenehm und erſprießlich ſind. Vor Allem ſind darin zu wünſchen: Kiefern, Fichten, Tannen und Buchen, ſonnige Abhänge, fließende Bäche und offene Quellen, nebſt großer Ruhe. Es muß in jenen Strecken, wo ſich das Auerwild aufhält, Alles vermieden werden, was daſſelbe beunruhigt; denn es iſt eine allbekannte Thatſache, daß in Gegenden, wo ſonſt ein guter Stand war, das Auergeflügel ſich wegzog, weil in jenen Strecken, wo es ſeinen gewöhnlichen Stand hatte, Holzſchläge eröffnet wurden. Das Fällen von nur ſechs bis ſieben Stämmen reicht oft hin, ſie auf lange Zeit zu vertreiben.“ Unter Berückſichtigung der angegebenen Bedingungen hält es Geyer nicht nur für möglich, ſondern für vollkommen ausführbar, Auerwild zu erſpähen und daſſelbe nach und nach zum Standwild zu machen. Daß die Sache nicht ſo leicht iſt, geht unter Anderm auch aus den Ver- ſuchen hervor, welche in Schottland angeſtellt wurden. Hier war früher das Auerwild nicht ſelten, während es gegenwärtig faſt ausgerottet iſt, und man kam deshalb auf den Gedanken, es wieder einzuführen. Die Verſuche ſcheiterten, obgleich ſie unzweifelhaft mit größter Vorſicht unternommen und auch die nöthigen Mittel darauf verwendet wurden. Einer unſerer kundigſten Hühnerzüchter, Oettel, hat mehrere Verſuche gemacht, Rauchfuß- hühner groß zu ziehen. „Auerhühner ſowohl als Virkhühner ſind in unſern Stadtforſten häufig, und deshalb auch Eier zu erlangen; die Aufzucht jedoch iſt äußerſt ſchwierig, da die kaum aus- geſchlüpften Jungen auf die Lockungen ihrer Stiefmutter nicht hören und keine andere Nahrung als die ganz naturgemäße, vor Allem Kerbthiere, Ameiſenpuppen u. ſ. w. zu ſich nehmen. Läßt man die jungen Vögel ins Freie, ſo ſind ſie augenblicklich verſchwunden. Dies iſt mir ſelbſt einmal mit Birkhühnern begegnet, nachdem ſolche einige Tage alt waren, und ich habe nie wieder eine Spur von ihnen auffinden können. Vor mehreren Jahren hatte ein Förſter in unſerer Gegend ein Auerhuhnneſt entdeckt, worin die Jungen eben auszuſchlüpfen begannen, und dieſen Hergang durch eine Landhenne glücklich zu Ende geführt. Mit großer Mühe iſt es ihm gelungen, ſechs Stück zu erziehen, und wohl nur deshalb, weil er ihnen im Walde eine Hütte gebaut und ſie auf einen freien, mit Netzen umgebenen Platz gebracht hat, woſelbſt ſie gut gediehen.“ Jch könnte noch mehrere Beiſpiele anführen, aus denen hervorgeht, daß ſich ſolche Junge groß ziehen laſſen: es iſt Dies z. B. meinem Freunde Bodinus wiederholt gelungen und wird in Skandinavien alljährlich ausgeführt; ſchwieriger, und zwar ungleich ſchwieriger als die Aufzucht der Faſanen bleibt die der Rauchfußhühner jedoch unter allen Umſtänden. Alt eingefangene Auerhühner ſind noch ſchwerer zu zähmen, bezüglich an ein paſſendes Futter zu gewöhnen, und namentlich die Hennen ſterben faſt regelmäßig in den erſten Tagen ihrer Gefangen- ſchaft. Der hamburger Thiergarten hat mehrere Auerhennen beſeſſen; es iſt uns aber trotz der größten Mühe nicht gelungen, ſie nur ein Jahr lang zu erhalten. Ueber die Eingewöhnung eines Auer- hahns theilt mein Berufsgenoſſe Schöpff das Nachſtehende mit. „Jm vorigen Jahr balzte ein Auerhahn in der Nähe einer großen Kiefer in der fächſiſchen Schweiz. Er gehörte zu den Liebestollen; denn er kam auf eine Frau förmlich losgeſtürzt, ſodaß

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/374>, abgerufen am 18.05.2024.