bewundert hatte, sah im nächsten Augenblick einen Topas darüber schweben, ohne sich Rechenschaft geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieser ebenso gedankenschnell an einer anderen Stelle zitternd und flimmernd über dem Blüthenschmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer anderen Richtung, einem anderen Baume zu, so fand ich dasselbe täuschende und entzückende Spiel: hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tausendfach widerstrahlenden Saphir, bis sich endlich alle diese fliegenden, flimmernden Funken zum reizendsten Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geschieden, das frühere neckende Spiel begannen."
Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, so suchen sie im Gezweig eine geeignete Stelle zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilson, dünne abgestorbene Zweiglein oder wenigstens solche, welche auf drei oder vier Zoll blätterlos sind. Hier pflegen sie auch zu schlafen, wie Bullock behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).
Auf dem Boden sind sie ebenso fremd, wie die Mauersegler: sie wissen sich hier nicht zu behelfen; denn sie sind unfähig zu gehen. "Ein Kolibri", erzählt Kittlitz, "welchen ich schoß, war nur sehr leicht am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte sich hier aber nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße sind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar." Trotz- dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man sieht sie z. B. sich niedersetzen, wenn sie trinken wollen.
Es ist eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel singen könne. Jm allgemeinen scheint Dies richtig zu sein; es liegt aber jetzt schon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das Gegentheil besagen. "Die Stimme der Kolibris", so berichtet der Prinz von Wied, "ist ein nur höchst unbedeutender kleiner Laut", und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri seine "laute, kurz lockende Stimme" hören ließ. Burmeister sagt: "Die Schwirrvögel sind aber keineswegs stumm; denn wenn sie sich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlassen und da einige Zeit Ruhe pflegen, so lassen sie von Zeit zu Zeit ihre feine, schwache, zwitschernde Stimme hören. Jch habe sie öfters vernommen und den über mir im Schatten des Laubes sitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechselnd mit dem zarten Lockton seine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke hervorschnellte." Die meisten übrigen Beobachter wissen nur von rauhen und schrillen Lauten zu berichten, welche sie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben "Tirr-tirr-tirr" oder auch durch "Zock-zock-zock" wiedergegeben werden können. Einzelne, so Lesson, fügen Dem auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich still wären, und man stundenlang unter einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere durchaus übereinstimmend, daß gewisse Arten wirklich singen. "Dieser Kolibri", sagt Gosse von dem Zwergkolibri, "ist der einzige, welcher einen wirklichen Gesang hat. Jm Frühling sieht man ihn sofort nach Sonnenaufgang auf den höchsten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume sitzen und hört ihn hier einen zwar schwachen, aber höchst angenehm klingenden Gesang vortragen, zuweilen zehn Minuten lang, fast ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung." Gundlach gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: "Jch konnte mich dem Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und seinen zusammengesetzten, feinen und wohltönenden Gesang zu hören, wobei das Männchen dann oft senkrecht bis zu einer verhältniß- mäßig bedeutenden Höhe stieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ." -- "Ein gold- glänzender Kolibri", erzählt Kittlitz, "ließ sitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl- klingenden und ziemlich lauten Gesang hören, was mir umsomehr auffiel, als die Stimme der Kolibris gewöhnlich nur aus kreischenden Tönen bestehen soll." Leider konnte dieser Forscher den von ihm herabgeschossenen Vogel nicht auffinden und somit die Art nicht bestimmen. Diese drei Angaben genügen meiner Ansicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erst dahin gekommen sein wird, die Lebensweise der einzelnen Arten vergleichend zu erforschen. Einstweilen geht es uns noch, wie jedem Forscher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. "Bei meiner
Die Späher. Schwirrvögel.
bewundert hatte, ſah im nächſten Augenblick einen Topas darüber ſchweben, ohne ſich Rechenſchaft geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieſer ebenſo gedankenſchnell an einer anderen Stelle zitternd und flimmernd über dem Blüthenſchmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer anderen Richtung, einem anderen Baume zu, ſo fand ich daſſelbe täuſchende und entzückende Spiel: hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tauſendfach widerſtrahlenden Saphir, bis ſich endlich alle dieſe fliegenden, flimmernden Funken zum reizendſten Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geſchieden, das frühere neckende Spiel begannen.“
Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, ſo ſuchen ſie im Gezweig eine geeignete Stelle zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilſon, dünne abgeſtorbene Zweiglein oder wenigſtens ſolche, welche auf drei oder vier Zoll blätterlos ſind. Hier pflegen ſie auch zu ſchlafen, wie Bullock behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).
Auf dem Boden ſind ſie ebenſo fremd, wie die Mauerſegler: ſie wiſſen ſich hier nicht zu behelfen; denn ſie ſind unfähig zu gehen. „Ein Kolibri“, erzählt Kittlitz, „welchen ich ſchoß, war nur ſehr leicht am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte ſich hier aber nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße ſind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar.“ Trotz- dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man ſieht ſie z. B. ſich niederſetzen, wenn ſie trinken wollen.
Es iſt eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel ſingen könne. Jm allgemeinen ſcheint Dies richtig zu ſein; es liegt aber jetzt ſchon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das Gegentheil beſagen. „Die Stimme der Kolibris“, ſo berichtet der Prinz von Wied, „iſt ein nur höchſt unbedeutender kleiner Laut“, und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri ſeine „laute, kurz lockende Stimme“ hören ließ. Burmeiſter ſagt: „Die Schwirrvögel ſind aber keineswegs ſtumm; denn wenn ſie ſich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlaſſen und da einige Zeit Ruhe pflegen, ſo laſſen ſie von Zeit zu Zeit ihre feine, ſchwache, zwitſchernde Stimme hören. Jch habe ſie öfters vernommen und den über mir im Schatten des Laubes ſitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechſelnd mit dem zarten Lockton ſeine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke hervorſchnellte.“ Die meiſten übrigen Beobachter wiſſen nur von rauhen und ſchrillen Lauten zu berichten, welche ſie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben „Tirr-tirr-tirr“ oder auch durch „Zock-zock-zock“ wiedergegeben werden können. Einzelne, ſo Leſſon, fügen Dem auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich ſtill wären, und man ſtundenlang unter einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere durchaus übereinſtimmend, daß gewiſſe Arten wirklich ſingen. „Dieſer Kolibri“, ſagt Goſſe von dem Zwergkolibri, „iſt der einzige, welcher einen wirklichen Geſang hat. Jm Frühling ſieht man ihn ſofort nach Sonnenaufgang auf den höchſten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume ſitzen und hört ihn hier einen zwar ſchwachen, aber höchſt angenehm klingenden Geſang vortragen, zuweilen zehn Minuten lang, faſt ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung.“ Gundlach gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: „Jch konnte mich dem Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und ſeinen zuſammengeſetzten, feinen und wohltönenden Geſang zu hören, wobei das Männchen dann oft ſenkrecht bis zu einer verhältniß- mäßig bedeutenden Höhe ſtieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ.“ — „Ein gold- glänzender Kolibri“, erzählt Kittlitz, „ließ ſitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl- klingenden und ziemlich lauten Geſang hören, was mir umſomehr auffiel, als die Stimme der Kolibris gewöhnlich nur aus kreiſchenden Tönen beſtehen ſoll.“ Leider konnte dieſer Forſcher den von ihm herabgeſchoſſenen Vogel nicht auffinden und ſomit die Art nicht beſtimmen. Dieſe drei Angaben genügen meiner Anſicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erſt dahin gekommen ſein wird, die Lebensweiſe der einzelnen Arten vergleichend zu erforſchen. Einſtweilen geht es uns noch, wie jedem Forſcher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. „Bei meiner
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Die Späher. Schwirrvögel.
bewundert hatte, ſah im nächſten Augenblick einen Topas darüber ſchweben, ohne ſich Rechenſchaft
geben zu können, wie er dahin gekommen, bis dieſer ebenſo gedankenſchnell an einer anderen Stelle
zitternd und flimmernd über dem Blüthenſchmucke hing. Wandte ich das trunkene Auge nach einer
anderen Richtung, einem anderen Baume zu, ſo fand ich daſſelbe täuſchende und entzückende Spiel:
hier begegnete ich dem lieblichen Rubin, dort dem glühenden Goldtropfen, oder dem tauſendfach
widerſtrahlenden Saphir, bis ſich endlich alle dieſe fliegenden, flimmernden Funken zum reizendſten
Kranze vereinigten, plötzlich aber, wieder geſchieden, das frühere neckende Spiel begannen.“
Hat die Schwirrvögel ein längerer Flug ermüdet, ſo ſuchen ſie im Gezweig eine geeignete Stelle
zur Ruhe. Sie bevorzugen hierzu, laut Wilſon, dünne abgeſtorbene Zweiglein oder wenigſtens ſolche,
welche auf drei oder vier Zoll blätterlos ſind. Hier pflegen ſie auch zu ſchlafen, wie Bullock
behauptet, oft nach Art mancher Papageien angehängt, den Kopf nach unten (?).
Auf dem Boden ſind ſie ebenſo fremd, wie die Mauerſegler: ſie wiſſen ſich hier nicht zu behelfen;
denn ſie ſind unfähig zu gehen. „Ein Kolibri“, erzählt Kittlitz, „welchen ich ſchoß, war nur ſehr leicht
am Flügel verwundet, dennoch aber außer Stand, zu fliegen. Er fiel zu Boden, konnte ſich hier aber
nicht von der Stelle bewegen. Seine Füße ſind zum Laufen und Hüpfen völlig unbrauchbar.“ Trotz-
dem kommen die Schwirrvögel zuweilen zum Boden herab: man ſieht ſie z. B. ſich niederſetzen, wenn
ſie trinken wollen.
Es iſt eine althergebrachte Meinung, daß kein Schwirrvogel ſingen könne. Jm allgemeinen
ſcheint Dies richtig zu ſein; es liegt aber jetzt ſchon eine Reihe von Beobachtungen vor, welche das
Gegentheil beſagen. „Die Stimme der Kolibris“, ſo berichtet der Prinz von Wied, „iſt ein nur
höchſt unbedeutender kleiner Laut“, und an einer anderen Stelle erwähnt er, daß ein Kolibri ſeine „laute,
kurz lockende Stimme“ hören ließ. Burmeiſter ſagt: „Die Schwirrvögel ſind aber keineswegs ſtumm;
denn wenn ſie ſich irgendwo auf einem dünnen Zweige niederlaſſen und da einige Zeit Ruhe pflegen,
ſo laſſen ſie von Zeit zu Zeit ihre feine, ſchwache, zwitſchernde Stimme hören. Jch habe ſie öfters
vernommen und den über mir im Schatten des Laubes ſitzenden Vogel beobachtet, wie er abwechſelnd
mit dem zarten Lockton ſeine feine Spaltzunge über einen Zoll aus dem Schnabel auf Augenblicke
hervorſchnellte.“ Die meiſten übrigen Beobachter wiſſen nur von rauhen und ſchrillen Lauten zu
berichten, welche ſie vernommen haben, von Lauten, welche durch die Silben „Tirr-tirr-tirr“
oder auch durch „Zock-zock-zock“ wiedergegeben werden können. Einzelne, ſo Leſſon, fügen Dem
auch noch ausdrücklich hinzu, daß die Kolibris gewöhnlich ſtill wären, und man ſtundenlang unter
einem Baume verweilen könne, ohne einen Laut von ihnen zu vernehmen. Dagegen berichten Andere
durchaus übereinſtimmend, daß gewiſſe Arten wirklich ſingen. „Dieſer Kolibri“, ſagt Goſſe von
dem Zwergkolibri, „iſt der einzige, welcher einen wirklichen Geſang hat. Jm Frühling ſieht man ihn
ſofort nach Sonnenaufgang auf den höchſten Zweigen der Mango- oder Orangenbäume ſitzen und
hört ihn hier einen zwar ſchwachen, aber höchſt angenehm klingenden Geſang vortragen, zuweilen zehn
Minuten lang, faſt ununterbrochen, wenn auch mit nur geringer Abwechslung.“ Gundlach
gedenkt einer anderen Art (Orthorhynchus Boothi) mit folgenden Worten: „Jch konnte mich dem
Vögelchen bis auf vier Fuß nähern, um es zu beobachten und ſeinen zuſammengeſetzten, feinen und
wohltönenden Geſang zu hören, wobei das Männchen dann oft ſenkrecht bis zu einer verhältniß-
mäßig bedeutenden Höhe ſtieg und einen feinen, eintönigen Triller hören ließ.“ — „Ein gold-
glänzender Kolibri“, erzählt Kittlitz, „ließ ſitzend mit halbausgebreiteten Flügeln einen recht wohl-
klingenden und ziemlich lauten Geſang hören, was mir umſomehr auffiel, als die Stimme der
Kolibris gewöhnlich nur aus kreiſchenden Tönen beſtehen ſoll.“ Leider konnte dieſer Forſcher den von
ihm herabgeſchoſſenen Vogel nicht auffinden und ſomit die Art nicht beſtimmen. Dieſe drei Angaben
genügen meiner Anſicht nach vollkommen, um jene Meinung zu widerlegen. Unzweifelhaft wird man
auch von andern Kolibris Aehnliches beobachtet haben oder noch beobachten, wenn man erſt dahin
gekommen ſein wird, die Lebensweiſe der einzelnen Arten vergleichend zu erforſchen. Einſtweilen
geht es uns noch, wie jedem Forſcher, welcher nur kurze Zeit in Amerika verlebt hat. „Bei meiner
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/132>, abgerufen am 27.11.2024.
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