sänger auf der letztgenannten Jnsel überwintern, und hinzufügt, daß mit Beginn des April viele in der Nachbarschaft von Cagliari erschienen. Die ersten, welche ich beobachtete, trieben sich an einer Bergwand herum, welche nur hier und da mit Wein bepflanzt, im übrigen aber im höchsten Grade öde war; später fanden wir mehrere Gesellschaften in Distelwäldern auf. Hansmann traf sie auf Sardinien in Strauchwäldern in der Nähe der Küste, nicht aber im Gebirge.
Jch meinestheils hatte wenig Gelegenheit, das niedliche Geschöpf zu beobachten. Die ersten, welche ich bemerkte, fand ich durchaus nicht scheu, wie die Dorngrasmücken es sind, sondern verhält- nißmäßig zutraulich. Sie verkrochen sich auch nicht in dem Gestrüpp nach Art anderer Strauch- fänger, sondern zeigten sich gern frei, und namentlich die Männchen setzten sich oft auf die höheren Spitzen, um von ihnen herab zu singen. Ganz anders benahm sich derselbe Vogel nach beendeter Mauser im Herbste. Jetzt verkroch er sich zwischen den Disteln und Rosmarin, schlüpfte wie die Dorngrasmücke von einem Busch zum andern und wußte sich förmlich unsichtbar zu machen. Auf- gescheucht flog er gewandt und schnell weit dahin, von einem Berge zum andern und zwar in ziemlicher Höhe über dem Boden; doch schien es mir, als ob dieses Betragen weniger eine Folge der Furcht vor dem Menschen, als vielmehr auf seine Lebendigkeit und Regsamkeit begründet wäre. Wright berichtet, daß der Brillensänger auf Malta bei einigermaßen günstiger Witterung schon im Januar zu singen beginnt und im Frühjahr sein anmuthiges Lied sehr fleißig vernehmen läßt, fast immer von einem hohen Sitze herab, entweder von der Spitze eines Zweiges oder wohl auch von der Kuppe eines größeren Steines. Am eifrigsten singt er selbstverständlich während der Brutzeit, welche schon im Februar zu beginnen scheint und bis zum Juni währt, da Wright vom März an bis zum Juni Junge fand und deshalb gewiß mit Recht annimmt, daß ein Pärchen zweimal im Jahre brütet.
Hansmann konnte Genaueres erfahren. "Der Brillensänger", sagt er, "hat hinsichtlich seiner Sitten viele Aehnlichkeit mit der Dorngrasmücke. Weniger scheu, als andere Strauchsänger, erscheint er oft singend auf der Spitze der Dornen und Cistensträucher, mitunter dabei wie eine Rakete in die Luft steigend, um mit aufgeblähtem Gefieder, noch bevor die letzte Strophe geendet, wieder auf die nächsten Zweige herabzufallen. Der Gesang hat ebenfalls viele Aehnlichkeit mit dem der Dorngras- mücke, nur daß er rauher klingt. Das lang anhaltende und melodische Zwitschern, welches diese oft, besonders in der ersten Zeit des Frühlings nach ihrer Ankunft hören läßt, fehlt der Brillengrasmücke gänzlich; sie besitzt nur den kurzen Ruf ihrer nördlichen Verwandten, den sie mitunter mehr oder weniger durch beliebige Hinzufügungen noch einiger Silben in die Länge zieht. Ebenso ist der Lockton des Brillensängers nicht der schnalzende der Dorngrasmücke, sondern der harte würgerähnliche, welcher allen Strauchsängern mehr oder weniger gemein ist."
"Zum Ueberfluß finden sich beide an denselben Stellen, wo man dann sofort den Unterschied in ihrem, trotz aller Aehnlichkeit verschiedenen Benehmen bemerken kann, indem die eine eine Grasmücke, der andere ein Strauchsänger ist. Und soll es denn einmal eine Dorngrasmücke mit südlich höherer Färbung geben, so kann man eine solche in der auf Sardinien lebenden und auch brütenden finden."
"Das Nest, welches ich bereits zu Ende des April fertig, aber noch ohne Eier fand, hat ebenfalls die tiefnapfige, dünnwandige Bauart, wie sie allen Strauchsängern eigen ist. Außen fand ich einige Lammwollflocken mit eingewebt, wie dieses wohl ebenfalls die fahle Grasmücke zu thun pflegt. Die Vögel waren indeß so empfindlich, daß sie das Nest, welches ich nur nach Wegbiegen der Zweige erblicken konnte, sofort verließen."
Durch Wright erfahren wir außerdem noch, daß der Brillenfänger bei einfacher Pflege die Gefangenschaft erträgt.
Dasselbe Schicksal, zu welchem Gloger den Brillensänger verdammt, trägt, seiner Meinung nach, noch eine zweite der zwerghaften Grasmücken Südeuropas, das bereits erwähnte Weißbärtchen (Curruca leucopogon). Jn einer Anmerkung zur Beschreibung des Müllerchen sagt er wörtlich Folgendes: Es "tritt dort (in südlichen Gegenden) auch bei zum Theile ganz ähnlichen Farben eine
Die Fänger. Singvögel. Grasmücken.
ſänger auf der letztgenannten Jnſel überwintern, und hinzufügt, daß mit Beginn des April viele in der Nachbarſchaft von Cagliari erſchienen. Die erſten, welche ich beobachtete, trieben ſich an einer Bergwand herum, welche nur hier und da mit Wein bepflanzt, im übrigen aber im höchſten Grade öde war; ſpäter fanden wir mehrere Geſellſchaften in Diſtelwäldern auf. Hansmann traf ſie auf Sardinien in Strauchwäldern in der Nähe der Küſte, nicht aber im Gebirge.
Jch meinestheils hatte wenig Gelegenheit, das niedliche Geſchöpf zu beobachten. Die erſten, welche ich bemerkte, fand ich durchaus nicht ſcheu, wie die Dorngrasmücken es ſind, ſondern verhält- nißmäßig zutraulich. Sie verkrochen ſich auch nicht in dem Geſtrüpp nach Art anderer Strauch- fänger, ſondern zeigten ſich gern frei, und namentlich die Männchen ſetzten ſich oft auf die höheren Spitzen, um von ihnen herab zu ſingen. Ganz anders benahm ſich derſelbe Vogel nach beendeter Mauſer im Herbſte. Jetzt verkroch er ſich zwiſchen den Diſteln und Rosmarin, ſchlüpfte wie die Dorngrasmücke von einem Buſch zum andern und wußte ſich förmlich unſichtbar zu machen. Auf- geſcheucht flog er gewandt und ſchnell weit dahin, von einem Berge zum andern und zwar in ziemlicher Höhe über dem Boden; doch ſchien es mir, als ob dieſes Betragen weniger eine Folge der Furcht vor dem Menſchen, als vielmehr auf ſeine Lebendigkeit und Regſamkeit begründet wäre. Wright berichtet, daß der Brillenſänger auf Malta bei einigermaßen günſtiger Witterung ſchon im Januar zu ſingen beginnt und im Frühjahr ſein anmuthiges Lied ſehr fleißig vernehmen läßt, faſt immer von einem hohen Sitze herab, entweder von der Spitze eines Zweiges oder wohl auch von der Kuppe eines größeren Steines. Am eifrigſten ſingt er ſelbſtverſtändlich während der Brutzeit, welche ſchon im Februar zu beginnen ſcheint und bis zum Juni währt, da Wright vom März an bis zum Juni Junge fand und deshalb gewiß mit Recht annimmt, daß ein Pärchen zweimal im Jahre brütet.
Hansmann konnte Genaueres erfahren. „Der Brillenſänger‟, ſagt er, „hat hinſichtlich ſeiner Sitten viele Aehnlichkeit mit der Dorngrasmücke. Weniger ſcheu, als andere Strauchſänger, erſcheint er oft ſingend auf der Spitze der Dornen und Ciſtenſträucher, mitunter dabei wie eine Rakete in die Luft ſteigend, um mit aufgeblähtem Gefieder, noch bevor die letzte Strophe geendet, wieder auf die nächſten Zweige herabzufallen. Der Geſang hat ebenfalls viele Aehnlichkeit mit dem der Dorngras- mücke, nur daß er rauher klingt. Das lang anhaltende und melodiſche Zwitſchern, welches dieſe oft, beſonders in der erſten Zeit des Frühlings nach ihrer Ankunft hören läßt, fehlt der Brillengrasmücke gänzlich; ſie beſitzt nur den kurzen Ruf ihrer nördlichen Verwandten, den ſie mitunter mehr oder weniger durch beliebige Hinzufügungen noch einiger Silben in die Länge zieht. Ebenſo iſt der Lockton des Brillenſängers nicht der ſchnalzende der Dorngrasmücke, ſondern der harte würgerähnliche, welcher allen Strauchſängern mehr oder weniger gemein iſt.‟
„Zum Ueberfluß finden ſich beide an denſelben Stellen, wo man dann ſofort den Unterſchied in ihrem, trotz aller Aehnlichkeit verſchiedenen Benehmen bemerken kann, indem die eine eine Grasmücke, der andere ein Strauchſänger iſt. Und ſoll es denn einmal eine Dorngrasmücke mit ſüdlich höherer Färbung geben, ſo kann man eine ſolche in der auf Sardinien lebenden und auch brütenden finden.‟
„Das Neſt, welches ich bereits zu Ende des April fertig, aber noch ohne Eier fand, hat ebenfalls die tiefnapfige, dünnwandige Bauart, wie ſie allen Strauchſängern eigen iſt. Außen fand ich einige Lammwollflocken mit eingewebt, wie dieſes wohl ebenfalls die fahle Grasmücke zu thun pflegt. Die Vögel waren indeß ſo empfindlich, daß ſie das Neſt, welches ich nur nach Wegbiegen der Zweige erblicken konnte, ſofort verließen.‟
Durch Wright erfahren wir außerdem noch, daß der Brillenfänger bei einfacher Pflege die Gefangenſchaft erträgt.
Daſſelbe Schickſal, zu welchem Gloger den Brillenſänger verdammt, trägt, ſeiner Meinung nach, noch eine zweite der zwerghaften Grasmücken Südeuropas, das bereits erwähnte Weißbärtchen (Curruca leucopogon). Jn einer Anmerkung zur Beſchreibung des Müllerchen ſagt er wörtlich Folgendes: Es „tritt dort (in ſüdlichen Gegenden) auch bei zum Theile ganz ähnlichen Farben eine
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Die Fänger. Singvögel. Grasmücken.
ſänger auf der letztgenannten Jnſel überwintern, und hinzufügt, daß mit Beginn des April viele in
der Nachbarſchaft von Cagliari erſchienen. Die erſten, welche ich beobachtete, trieben ſich an einer
Bergwand herum, welche nur hier und da mit Wein bepflanzt, im übrigen aber im höchſten Grade
öde war; ſpäter fanden wir mehrere Geſellſchaften in Diſtelwäldern auf. Hansmann traf ſie auf
Sardinien in Strauchwäldern in der Nähe der Küſte, nicht aber im Gebirge.
Jch meinestheils hatte wenig Gelegenheit, das niedliche Geſchöpf zu beobachten. Die erſten,
welche ich bemerkte, fand ich durchaus nicht ſcheu, wie die Dorngrasmücken es ſind, ſondern verhält-
nißmäßig zutraulich. Sie verkrochen ſich auch nicht in dem Geſtrüpp nach Art anderer Strauch-
fänger, ſondern zeigten ſich gern frei, und namentlich die Männchen ſetzten ſich oft auf die höheren
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Mauſer im Herbſte. Jetzt verkroch er ſich zwiſchen den Diſteln und Rosmarin, ſchlüpfte wie die
Dorngrasmücke von einem Buſch zum andern und wußte ſich förmlich unſichtbar zu machen. Auf-
geſcheucht flog er gewandt und ſchnell weit dahin, von einem Berge zum andern und zwar in ziemlicher
Höhe über dem Boden; doch ſchien es mir, als ob dieſes Betragen weniger eine Folge der Furcht vor
dem Menſchen, als vielmehr auf ſeine Lebendigkeit und Regſamkeit begründet wäre. Wright berichtet,
daß der Brillenſänger auf Malta bei einigermaßen günſtiger Witterung ſchon im Januar zu ſingen
beginnt und im Frühjahr ſein anmuthiges Lied ſehr fleißig vernehmen läßt, faſt immer von einem
hohen Sitze herab, entweder von der Spitze eines Zweiges oder wohl auch von der Kuppe eines
größeren Steines. Am eifrigſten ſingt er ſelbſtverſtändlich während der Brutzeit, welche ſchon im
Februar zu beginnen ſcheint und bis zum Juni währt, da Wright vom März an bis zum Juni
Junge fand und deshalb gewiß mit Recht annimmt, daß ein Pärchen zweimal im Jahre brütet.
Hansmann konnte Genaueres erfahren. „Der Brillenſänger‟, ſagt er, „hat hinſichtlich ſeiner
Sitten viele Aehnlichkeit mit der Dorngrasmücke. Weniger ſcheu, als andere Strauchſänger, erſcheint
er oft ſingend auf der Spitze der Dornen und Ciſtenſträucher, mitunter dabei wie eine Rakete in die
Luft ſteigend, um mit aufgeblähtem Gefieder, noch bevor die letzte Strophe geendet, wieder auf die
nächſten Zweige herabzufallen. Der Geſang hat ebenfalls viele Aehnlichkeit mit dem der Dorngras-
mücke, nur daß er rauher klingt. Das lang anhaltende und melodiſche Zwitſchern, welches dieſe oft,
beſonders in der erſten Zeit des Frühlings nach ihrer Ankunft hören läßt, fehlt der Brillengrasmücke
gänzlich; ſie beſitzt nur den kurzen Ruf ihrer nördlichen Verwandten, den ſie mitunter mehr oder
weniger durch beliebige Hinzufügungen noch einiger Silben in die Länge zieht. Ebenſo iſt der Lockton
des Brillenſängers nicht der ſchnalzende der Dorngrasmücke, ſondern der harte würgerähnliche, welcher
allen Strauchſängern mehr oder weniger gemein iſt.‟
„Zum Ueberfluß finden ſich beide an denſelben Stellen, wo man dann ſofort den Unterſchied in
ihrem, trotz aller Aehnlichkeit verſchiedenen Benehmen bemerken kann, indem die eine eine Grasmücke,
der andere ein Strauchſänger iſt. Und ſoll es denn einmal eine Dorngrasmücke mit ſüdlich höherer
Färbung geben, ſo kann man eine ſolche in der auf Sardinien lebenden und auch brütenden finden.‟
„Das Neſt, welches ich bereits zu Ende des April fertig, aber noch ohne Eier fand, hat ebenfalls
die tiefnapfige, dünnwandige Bauart, wie ſie allen Strauchſängern eigen iſt. Außen fand ich einige
Lammwollflocken mit eingewebt, wie dieſes wohl ebenfalls die fahle Grasmücke zu thun pflegt. Die
Vögel waren indeß ſo empfindlich, daß ſie das Neſt, welches ich nur nach Wegbiegen der Zweige
erblicken konnte, ſofort verließen.‟
Durch Wright erfahren wir außerdem noch, daß der Brillenfänger bei einfacher Pflege die
Gefangenſchaft erträgt.
Daſſelbe Schickſal, zu welchem Gloger den Brillenſänger verdammt, trägt, ſeiner Meinung
nach, noch eine zweite der zwerghaften Grasmücken Südeuropas, das bereits erwähnte Weißbärtchen
(Curruca leucopogon). Jn einer Anmerkung zur Beſchreibung des Müllerchen ſagt er wörtlich
Folgendes: Es „tritt dort (in ſüdlichen Gegenden) auch bei zum Theile ganz ähnlichen Farben eine
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/898>, abgerufen am 25.11.2024.
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