Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Dorn-, Brillengrasmücke.
auch der Brillengrasmücke ihr Recht auf Artselbständigkeit lassen, auch wenn er nicht selbst im
Freien beobachtet hätte, wie Marmora, Graf von der Mühle, Hansmann, ich und Andere.

Die Brillengrasmücke ist 5 Zoll lang und 63/4 Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 2 Zoll 1 bis 2
Linien, die Schwanzlänge genau ebensoviel. Die Färbung des Gefieders ähnelt der unserer Dorn-
grasmücke allerdings sehr: die Brillengrasmücke ist so zu sagen eine verkleinerte Ausgabe von dieser.
Alle Farben sind aber lebhafter und reiner. Die Oberseite ist aschgrau, roströthlich überflogen, der
Kopf dunkelaschgrau, die Unterkehle grau überflogen; die Schwingen sind grau, die Armschwingen
und oberen Flügeldeckfedern auf der Außenfahne breit rostroth gesäumt; die äußerste Schwanzfeder
ist auf der Außenfahne bis gegen die Wurzel hin weiß, auf der Jnnenfahne mit einem bis zur Mitte
reichenden Keilfleck gezeichnet, welcher auf den übrigen Steuerfedern immer kleiner und kürzer wird.
Ein weißer Ring umgibt das Auge, dessen Lid schon etwas aufgetrieben ist; die Ohrfedern sind rein-

[Abbildung] Die Brillengrasmücke (Currnea conspicillata)
grau. Das Auge ist lichtröthlichbraun, der Schnabel fleischröthlich an der Wurzel, schwarz an der
Spitze, der Fuß gelblichfleischfarben oder röthlichgrau. Jm Fittig ist die vierte Schwinge, nicht aber,
wie bei der Dorngrasmücke, die dritte die längste. Die Jungen unterscheiden sich von den Alten
hauptsächlich durch die einfach graue, d. h. nicht röthlich überflogene Brust.

Gloger hat das Vaterland mit genügender Ausführlichkeit angegeben, und ich brauche deshalb
nur noch hinzuzufügen, daß der Brillensänger, in Spanien ebensowohl wie in Griechenland oder auf
Sardinien und Malta, die mit dem niedersten Gestrüpp, so namentlich auch mit Nosmarin oder mit
Disteln bestandenen dürren Berggehänge bewohnt. Auch er scheint Standvogel oder höchstens
Strichvogel zu sein. Von der Mühle traf ihn in Griechenland im Winter in kleinen Gesell-
schaften an; mein Bruder beobachtete ihn während derselben Jahreszeit in den Gärten, welche an die
Fruchtebene von Murcia grenzen; Wright nennt ihn den einzigen Standvogel Maltas; Cara
versichert, daß er Sardinien nicht verlasse, während Salvatori glaubt, daß nur einzelne Brillen-

Brehm, Thierleben. III. 54

Dorn-, Brillengrasmücke.
auch der Brillengrasmücke ihr Recht auf Artſelbſtändigkeit laſſen, auch wenn er nicht ſelbſt im
Freien beobachtet hätte, wie Marmora, Graf von der Mühle, Hansmann, ich und Andere.

Die Brillengrasmücke iſt 5 Zoll lang und 6¾ Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 2 Zoll 1 bis 2
Linien, die Schwanzlänge genau ebenſoviel. Die Färbung des Gefieders ähnelt der unſerer Dorn-
grasmücke allerdings ſehr: die Brillengrasmücke iſt ſo zu ſagen eine verkleinerte Ausgabe von dieſer.
Alle Farben ſind aber lebhafter und reiner. Die Oberſeite iſt aſchgrau, roſtröthlich überflogen, der
Kopf dunkelaſchgrau, die Unterkehle grau überflogen; die Schwingen ſind grau, die Armſchwingen
und oberen Flügeldeckfedern auf der Außenfahne breit roſtroth geſäumt; die äußerſte Schwanzfeder
iſt auf der Außenfahne bis gegen die Wurzel hin weiß, auf der Jnnenfahne mit einem bis zur Mitte
reichenden Keilfleck gezeichnet, welcher auf den übrigen Steuerfedern immer kleiner und kürzer wird.
Ein weißer Ring umgibt das Auge, deſſen Lid ſchon etwas aufgetrieben iſt; die Ohrfedern ſind rein-

[Abbildung] Die Brillengrasmücke (Currnea conspicillata)
grau. Das Auge iſt lichtröthlichbraun, der Schnabel fleiſchröthlich an der Wurzel, ſchwarz an der
Spitze, der Fuß gelblichfleiſchfarben oder röthlichgrau. Jm Fittig iſt die vierte Schwinge, nicht aber,
wie bei der Dorngrasmücke, die dritte die längſte. Die Jungen unterſcheiden ſich von den Alten
hauptſächlich durch die einfach graue, d. h. nicht röthlich überflogene Bruſt.

Gloger hat das Vaterland mit genügender Ausführlichkeit angegeben, und ich brauche deshalb
nur noch hinzuzufügen, daß der Brillenſänger, in Spanien ebenſowohl wie in Griechenland oder auf
Sardinien und Malta, die mit dem niederſten Geſtrüpp, ſo namentlich auch mit Nosmarin oder mit
Diſteln beſtandenen dürren Berggehänge bewohnt. Auch er ſcheint Standvogel oder höchſtens
Strichvogel zu ſein. Von der Mühle traf ihn in Griechenland im Winter in kleinen Geſell-
ſchaften an; mein Bruder beobachtete ihn während derſelben Jahreszeit in den Gärten, welche an die
Fruchtebene von Murcia grenzen; Wright nennt ihn den einzigen Standvogel Maltas; Cara
verſichert, daß er Sardinien nicht verlaſſe, während Salvatori glaubt, daß nur einzelne Brillen-

Brehm, Thierleben. III. 54
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0897" n="849"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dorn-, Brillengrasmücke.</hi></fw><lb/>
auch der Brillengrasmücke ihr Recht auf Art&#x017F;elb&#x017F;tändigkeit la&#x017F;&#x017F;en, auch wenn er nicht &#x017F;elb&#x017F;t im<lb/>
Freien beobachtet hätte, wie <hi rendition="#g">Marmora, Graf von der Mühle, Hansmann,</hi> ich und Andere.</p><lb/>
          <p>Die Brillengrasmücke i&#x017F;t 5 Zoll lang und 6¾ Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 2 Zoll 1 bis 2<lb/>
Linien, die Schwanzlänge genau eben&#x017F;oviel. Die Färbung des Gefieders ähnelt der un&#x017F;erer Dorn-<lb/>
grasmücke allerdings &#x017F;ehr: die Brillengrasmücke i&#x017F;t &#x017F;o zu &#x017F;agen eine verkleinerte Ausgabe von die&#x017F;er.<lb/>
Alle Farben &#x017F;ind aber lebhafter und reiner. Die Ober&#x017F;eite i&#x017F;t a&#x017F;chgrau, ro&#x017F;tröthlich überflogen, der<lb/>
Kopf dunkela&#x017F;chgrau, die Unterkehle grau überflogen; die Schwingen &#x017F;ind grau, die Arm&#x017F;chwingen<lb/>
und oberen Flügeldeckfedern auf der Außenfahne breit ro&#x017F;troth ge&#x017F;äumt; die äußer&#x017F;te Schwanzfeder<lb/>
i&#x017F;t auf der Außenfahne bis gegen die Wurzel hin weiß, auf der Jnnenfahne mit einem bis zur Mitte<lb/>
reichenden Keilfleck gezeichnet, welcher auf den übrigen Steuerfedern immer kleiner und kürzer wird.<lb/>
Ein weißer Ring umgibt das Auge, de&#x017F;&#x017F;en Lid &#x017F;chon etwas aufgetrieben i&#x017F;t; die Ohrfedern &#x017F;ind rein-<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Die Brillengrasmücke</hi> (<hi rendition="#aq">Currnea conspicillata</hi>)</head></figure><lb/>
grau. Das Auge i&#x017F;t lichtröthlichbraun, der Schnabel flei&#x017F;chröthlich an der Wurzel, &#x017F;chwarz an der<lb/>
Spitze, der Fuß gelblichflei&#x017F;chfarben oder röthlichgrau. Jm Fittig i&#x017F;t die vierte Schwinge, nicht aber,<lb/>
wie bei der Dorngrasmücke, die dritte die läng&#x017F;te. Die Jungen unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich von den Alten<lb/>
haupt&#x017F;ächlich durch die einfach graue, d. h. nicht röthlich überflogene Bru&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Gloger</hi> hat das Vaterland mit genügender Ausführlichkeit angegeben, und ich brauche deshalb<lb/>
nur noch hinzuzufügen, daß der Brillen&#x017F;änger, in Spanien eben&#x017F;owohl wie in Griechenland oder auf<lb/>
Sardinien und Malta, die mit dem nieder&#x017F;ten Ge&#x017F;trüpp, &#x017F;o namentlich auch mit Nosmarin oder mit<lb/>
Di&#x017F;teln be&#x017F;tandenen dürren Berggehänge bewohnt. Auch er &#x017F;cheint Standvogel oder höch&#x017F;tens<lb/>
Strichvogel zu &#x017F;ein. <hi rendition="#g">Von der Mühle</hi> traf ihn in Griechenland im Winter in kleinen Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaften an; mein Bruder beobachtete ihn während der&#x017F;elben Jahreszeit in den Gärten, welche an die<lb/>
Fruchtebene von Murcia grenzen; <hi rendition="#g">Wright</hi> nennt ihn den einzigen Standvogel Maltas; <hi rendition="#g">Cara</hi><lb/>
ver&#x017F;ichert, daß er Sardinien nicht verla&#x017F;&#x017F;e, während <hi rendition="#g">Salvatori</hi> glaubt, daß nur einzelne Brillen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hi rendition="#aq">III.</hi> 54</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[849/0897] Dorn-, Brillengrasmücke. auch der Brillengrasmücke ihr Recht auf Artſelbſtändigkeit laſſen, auch wenn er nicht ſelbſt im Freien beobachtet hätte, wie Marmora, Graf von der Mühle, Hansmann, ich und Andere. Die Brillengrasmücke iſt 5 Zoll lang und 6¾ Zoll breit; die Fittiglänge beträgt 2 Zoll 1 bis 2 Linien, die Schwanzlänge genau ebenſoviel. Die Färbung des Gefieders ähnelt der unſerer Dorn- grasmücke allerdings ſehr: die Brillengrasmücke iſt ſo zu ſagen eine verkleinerte Ausgabe von dieſer. Alle Farben ſind aber lebhafter und reiner. Die Oberſeite iſt aſchgrau, roſtröthlich überflogen, der Kopf dunkelaſchgrau, die Unterkehle grau überflogen; die Schwingen ſind grau, die Armſchwingen und oberen Flügeldeckfedern auf der Außenfahne breit roſtroth geſäumt; die äußerſte Schwanzfeder iſt auf der Außenfahne bis gegen die Wurzel hin weiß, auf der Jnnenfahne mit einem bis zur Mitte reichenden Keilfleck gezeichnet, welcher auf den übrigen Steuerfedern immer kleiner und kürzer wird. Ein weißer Ring umgibt das Auge, deſſen Lid ſchon etwas aufgetrieben iſt; die Ohrfedern ſind rein- [Abbildung Die Brillengrasmücke (Currnea conspicillata)] grau. Das Auge iſt lichtröthlichbraun, der Schnabel fleiſchröthlich an der Wurzel, ſchwarz an der Spitze, der Fuß gelblichfleiſchfarben oder röthlichgrau. Jm Fittig iſt die vierte Schwinge, nicht aber, wie bei der Dorngrasmücke, die dritte die längſte. Die Jungen unterſcheiden ſich von den Alten hauptſächlich durch die einfach graue, d. h. nicht röthlich überflogene Bruſt. Gloger hat das Vaterland mit genügender Ausführlichkeit angegeben, und ich brauche deshalb nur noch hinzuzufügen, daß der Brillenſänger, in Spanien ebenſowohl wie in Griechenland oder auf Sardinien und Malta, die mit dem niederſten Geſtrüpp, ſo namentlich auch mit Nosmarin oder mit Diſteln beſtandenen dürren Berggehänge bewohnt. Auch er ſcheint Standvogel oder höchſtens Strichvogel zu ſein. Von der Mühle traf ihn in Griechenland im Winter in kleinen Geſell- ſchaften an; mein Bruder beobachtete ihn während derſelben Jahreszeit in den Gärten, welche an die Fruchtebene von Murcia grenzen; Wright nennt ihn den einzigen Standvogel Maltas; Cara verſichert, daß er Sardinien nicht verlaſſe, während Salvatori glaubt, daß nur einzelne Brillen- Brehm, Thierleben. III. 54

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/897
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/897>, abgerufen am 22.11.2024.