"Ueber Tag durchstreift er paarweise oder in kleinen Trupps die Gärten und Gehölze seines Wohnortes; gegen Abend aber versammeln sich alle Vögel dieser Art, welche ein gewisses Gebiet be- wohnen, auf einem bestimmten, großen, dicht belaubten Baume oder auch in dichten Bambusgebüschen und verbringen hier gemeinschaftlich die Nacht. Kennt man einen solchen Baum und stellt sich hier gegen Abend auf, so kann man ein anziehendes Schauspiel gewahren. Mit dem Sinken der Sonne kommen die Vögel allmählich von allen Seiten herbeigeflogen; sobald die ersten glücklich angelangt sind, erheben sie frohlockend ihre Stimme und beginnen ein Tonstück, in welches alle neuen Ankömm- linge einfallen, sodaß es schließlich zu einem ohrbetäubenden Lärm anschwellt, welcher nicht früher endet, als bis der letzte Schein der Abendröthe am Himmel verschwunden ist. Dann tritt schnell allgemeine Ruhe ein, und sie wird nur zuweilen vorübergehend gestört, wenn einzelne, welche vielleicht ein minder bequemes Sitzplätzchen gefunden haben, aufflattern, um ein anderes zu suchen und dabei einen ihrer schon eingeschlafenen Genossen von dem seinigen vertreiben wollen. Unter solchen Umständen wird allgemeiner Unwille laut und der Ruhestörer mit einigen kräftigen Schnabelhieben zurechtgewiesen. So dauert es, bis völlige Dunkelheit eingetreten ist. Mit dem ersten Schein des anbrechenden Tages zertheilt sich der Schwarm, um am nächsten Abend auf demselben Baum oder Busch wieder zusam- menzukommen und die Nacht gemeinschaftlich durchzubringen."
"Während der Brutzeit leben diese Papageien paarweise, und dann finden die erwähnten abend- lichen Zusammenkünfte nicht statt. Jhr Nest legen sie in Baumhöhlen an, und ihr starker Schnabel kommt ihnen zu deren Erweiterung sehr zu statten. Bisjetzt habe ich das Nest nur ein Mal gefunden: in einem Astloche eines Pudabaumes, etwa 40 bis 50 Fuß über dem Erdboden. Es enthielt ein einziges reinweißes Ei, das erste des Geleges; denn der Eierstock des eingefangenen Weibchens ließ deutlich erkennen, daß es noch mehr Eier gelegt haben würde."
Die Gefangenen, welche ich sehen und beobachten konnte, unterscheiden sich in ihrem Betragen nicht von den nächsten Verwandten. Sie waren sehr zahm, dem Menschen zugethan und, wie es schien, mild und sanft in ihrem Wesen. Von glaubwürdigen Vogelhändlern habe ich erfahren, daß gerade der Bettet bald und zusammenhängend sprechen lernt.
Unter den australischen Papageien erinnern die Prachtsittiche (Polytelis) noch am meisten an die eben beschriebenen. Die beiden Arten, welche man kennt, sind ziemlich große Vögel von 15 bis 16 Zoll Länge und darüber, schlank gebaut, aber mit ziemlich starkem Schnabel, dessen Oberschnabel weit über den unteren hervorragt.
Bei dem scharlachbrüstigen Prachtsittich (Polytelis Barrabandi) ist das Gefieder auf dem Halsrücken, der Ober- und der Unterseite des Leibes grasgrün, am Vorderkopf, den Wangen und der Kehle königsgelb, auf den Schwingen und dem Schwanze aber tiefblau, mit Grün überlaufen; den Hals umgibt ein scharlachrothes Querband. Der Augenstern ist orangegelb, der Schnabel lebhaft roth, der Fuß aschgrau. Das Weibchen unterscheidet sich durch sein weniger glänzendes Gefieder und das düstere grünlichblaue Gesicht, die schmuzig rosenrothe Brust und die scharlachrothen Lenden. Die Jungen ähneln ihm in der Färbung, sind aber noch weniger schön gezeichnet.
Unter den australischen Papageien nimmt diese Art wegen ihrer Schönheit einen hohen Rang ein; über die Lebensweise fehlt uns leider noch genauere Kenntniß. Der Vogel soll in Neusüdwales nicht selten sein und namentlich im Jnnern ziemlich häufig vorkommen. Sein nächster Verwandter, der schwarzschwänzige Prachtsittich, lebt in zahlreichen Flügen an den Ufern des Murray und hält sich hier hauptsächlich in dem dichten Gestrüpp und auf den Gummibäumen auf. Seine Nahrung besteht aus den Samen, Knospen und Blüthen verschiedener Bäume und Gesträuche und aus dem Honig, welchen die Gummibäume ausschwitzen. Sein Flug ist reißend schnell, die Stimme ein laut kreischendes Geschrei, welches zu einem mißtönigen Geplauder wird, wenn sich ein Schwarm auf die Bäume niederläßt.
Bettet. Prachtſittich.
„Ueber Tag durchſtreift er paarweiſe oder in kleinen Trupps die Gärten und Gehölze ſeines Wohnortes; gegen Abend aber verſammeln ſich alle Vögel dieſer Art, welche ein gewiſſes Gebiet be- wohnen, auf einem beſtimmten, großen, dicht belaubten Baume oder auch in dichten Bambusgebüſchen und verbringen hier gemeinſchaftlich die Nacht. Kennt man einen ſolchen Baum und ſtellt ſich hier gegen Abend auf, ſo kann man ein anziehendes Schauſpiel gewahren. Mit dem Sinken der Sonne kommen die Vögel allmählich von allen Seiten herbeigeflogen; ſobald die erſten glücklich angelangt ſind, erheben ſie frohlockend ihre Stimme und beginnen ein Tonſtück, in welches alle neuen Ankömm- linge einfallen, ſodaß es ſchließlich zu einem ohrbetäubenden Lärm anſchwellt, welcher nicht früher endet, als bis der letzte Schein der Abendröthe am Himmel verſchwunden iſt. Dann tritt ſchnell allgemeine Ruhe ein, und ſie wird nur zuweilen vorübergehend geſtört, wenn einzelne, welche vielleicht ein minder bequemes Sitzplätzchen gefunden haben, aufflattern, um ein anderes zu ſuchen und dabei einen ihrer ſchon eingeſchlafenen Genoſſen von dem ſeinigen vertreiben wollen. Unter ſolchen Umſtänden wird allgemeiner Unwille laut und der Ruheſtörer mit einigen kräftigen Schnabelhieben zurechtgewieſen. So dauert es, bis völlige Dunkelheit eingetreten iſt. Mit dem erſten Schein des anbrechenden Tages zertheilt ſich der Schwarm, um am nächſten Abend auf demſelben Baum oder Buſch wieder zuſam- menzukommen und die Nacht gemeinſchaftlich durchzubringen.‟
„Während der Brutzeit leben dieſe Papageien paarweiſe, und dann finden die erwähnten abend- lichen Zuſammenkünfte nicht ſtatt. Jhr Neſt legen ſie in Baumhöhlen an, und ihr ſtarker Schnabel kommt ihnen zu deren Erweiterung ſehr zu ſtatten. Bisjetzt habe ich das Neſt nur ein Mal gefunden: in einem Aſtloche eines Pudabaumes, etwa 40 bis 50 Fuß über dem Erdboden. Es enthielt ein einziges reinweißes Ei, das erſte des Geleges; denn der Eierſtock des eingefangenen Weibchens ließ deutlich erkennen, daß es noch mehr Eier gelegt haben würde.‟
Die Gefangenen, welche ich ſehen und beobachten konnte, unterſcheiden ſich in ihrem Betragen nicht von den nächſten Verwandten. Sie waren ſehr zahm, dem Menſchen zugethan und, wie es ſchien, mild und ſanft in ihrem Weſen. Von glaubwürdigen Vogelhändlern habe ich erfahren, daß gerade der Bettet bald und zuſammenhängend ſprechen lernt.
Unter den auſtraliſchen Papageien erinnern die Prachtſittiche (Polytelis) noch am meiſten an die eben beſchriebenen. Die beiden Arten, welche man kennt, ſind ziemlich große Vögel von 15 bis 16 Zoll Länge und darüber, ſchlank gebaut, aber mit ziemlich ſtarkem Schnabel, deſſen Oberſchnabel weit über den unteren hervorragt.
Bei dem ſcharlachbrüſtigen Prachtſittich (Polytelis Barrabandi) iſt das Gefieder auf dem Halsrücken, der Ober- und der Unterſeite des Leibes grasgrün, am Vorderkopf, den Wangen und der Kehle königsgelb, auf den Schwingen und dem Schwanze aber tiefblau, mit Grün überlaufen; den Hals umgibt ein ſcharlachrothes Querband. Der Augenſtern iſt orangegelb, der Schnabel lebhaft roth, der Fuß aſchgrau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch ſein weniger glänzendes Gefieder und das düſtere grünlichblaue Geſicht, die ſchmuzig roſenrothe Bruſt und die ſcharlachrothen Lenden. Die Jungen ähneln ihm in der Färbung, ſind aber noch weniger ſchön gezeichnet.
Unter den auſtraliſchen Papageien nimmt dieſe Art wegen ihrer Schönheit einen hohen Rang ein; über die Lebensweiſe fehlt uns leider noch genauere Kenntniß. Der Vogel ſoll in Neuſüdwales nicht ſelten ſein und namentlich im Jnnern ziemlich häufig vorkommen. Sein nächſter Verwandter, der ſchwarzſchwänzige Prachtſittich, lebt in zahlreichen Flügen an den Ufern des Murray und hält ſich hier hauptſächlich in dem dichten Geſtrüpp und auf den Gummibäumen auf. Seine Nahrung beſteht aus den Samen, Knoſpen und Blüthen verſchiedener Bäume und Geſträuche und aus dem Honig, welchen die Gummibäume ausſchwitzen. Sein Flug iſt reißend ſchnell, die Stimme ein laut kreiſchendes Geſchrei, welches zu einem mißtönigen Geplauder wird, wenn ſich ein Schwarm auf die Bäume niederläßt.
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Bettet. Prachtſittich.
„Ueber Tag durchſtreift er paarweiſe oder in kleinen Trupps die Gärten und Gehölze ſeines
Wohnortes; gegen Abend aber verſammeln ſich alle Vögel dieſer Art, welche ein gewiſſes Gebiet be-
wohnen, auf einem beſtimmten, großen, dicht belaubten Baume oder auch in dichten Bambusgebüſchen
und verbringen hier gemeinſchaftlich die Nacht. Kennt man einen ſolchen Baum und ſtellt ſich hier
gegen Abend auf, ſo kann man ein anziehendes Schauſpiel gewahren. Mit dem Sinken der Sonne
kommen die Vögel allmählich von allen Seiten herbeigeflogen; ſobald die erſten glücklich angelangt
ſind, erheben ſie frohlockend ihre Stimme und beginnen ein Tonſtück, in welches alle neuen Ankömm-
linge einfallen, ſodaß es ſchließlich zu einem ohrbetäubenden Lärm anſchwellt, welcher nicht früher
endet, als bis der letzte Schein der Abendröthe am Himmel verſchwunden iſt. Dann tritt ſchnell allgemeine
Ruhe ein, und ſie wird nur zuweilen vorübergehend geſtört, wenn einzelne, welche vielleicht ein minder
bequemes Sitzplätzchen gefunden haben, aufflattern, um ein anderes zu ſuchen und dabei einen ihrer
ſchon eingeſchlafenen Genoſſen von dem ſeinigen vertreiben wollen. Unter ſolchen Umſtänden wird
allgemeiner Unwille laut und der Ruheſtörer mit einigen kräftigen Schnabelhieben zurechtgewieſen.
So dauert es, bis völlige Dunkelheit eingetreten iſt. Mit dem erſten Schein des anbrechenden Tages
zertheilt ſich der Schwarm, um am nächſten Abend auf demſelben Baum oder Buſch wieder zuſam-
menzukommen und die Nacht gemeinſchaftlich durchzubringen.‟
„Während der Brutzeit leben dieſe Papageien paarweiſe, und dann finden die erwähnten abend-
lichen Zuſammenkünfte nicht ſtatt. Jhr Neſt legen ſie in Baumhöhlen an, und ihr ſtarker Schnabel
kommt ihnen zu deren Erweiterung ſehr zu ſtatten. Bisjetzt habe ich das Neſt nur ein Mal gefunden:
in einem Aſtloche eines Pudabaumes, etwa 40 bis 50 Fuß über dem Erdboden. Es enthielt ein
einziges reinweißes Ei, das erſte des Geleges; denn der Eierſtock des eingefangenen Weibchens ließ
deutlich erkennen, daß es noch mehr Eier gelegt haben würde.‟
Die Gefangenen, welche ich ſehen und beobachten konnte, unterſcheiden ſich in ihrem Betragen
nicht von den nächſten Verwandten. Sie waren ſehr zahm, dem Menſchen zugethan und, wie es
ſchien, mild und ſanft in ihrem Weſen. Von glaubwürdigen Vogelhändlern habe ich erfahren, daß
gerade der Bettet bald und zuſammenhängend ſprechen lernt.
Unter den auſtraliſchen Papageien erinnern die Prachtſittiche (Polytelis) noch am meiſten an
die eben beſchriebenen. Die beiden Arten, welche man kennt, ſind ziemlich große Vögel von 15 bis
16 Zoll Länge und darüber, ſchlank gebaut, aber mit ziemlich ſtarkem Schnabel, deſſen Oberſchnabel
weit über den unteren hervorragt.
Bei dem ſcharlachbrüſtigen Prachtſittich (Polytelis Barrabandi) iſt das Gefieder auf
dem Halsrücken, der Ober- und der Unterſeite des Leibes grasgrün, am Vorderkopf, den Wangen und
der Kehle königsgelb, auf den Schwingen und dem Schwanze aber tiefblau, mit Grün überlaufen;
den Hals umgibt ein ſcharlachrothes Querband. Der Augenſtern iſt orangegelb, der Schnabel lebhaft
roth, der Fuß aſchgrau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch ſein weniger glänzendes Gefieder und
das düſtere grünlichblaue Geſicht, die ſchmuzig roſenrothe Bruſt und die ſcharlachrothen Lenden. Die
Jungen ähneln ihm in der Färbung, ſind aber noch weniger ſchön gezeichnet.
Unter den auſtraliſchen Papageien nimmt dieſe Art wegen ihrer Schönheit einen hohen Rang
ein; über die Lebensweiſe fehlt uns leider noch genauere Kenntniß. Der Vogel ſoll in Neuſüdwales
nicht ſelten ſein und namentlich im Jnnern ziemlich häufig vorkommen. Sein nächſter Verwandter,
der ſchwarzſchwänzige Prachtſittich, lebt in zahlreichen Flügen an den Ufern des Murray
und hält ſich hier hauptſächlich in dem dichten Geſtrüpp und auf den Gummibäumen auf. Seine
Nahrung beſteht aus den Samen, Knoſpen und Blüthen verſchiedener Bäume und Geſträuche und
aus dem Honig, welchen die Gummibäume ausſchwitzen. Sein Flug iſt reißend ſchnell, die Stimme
ein laut kreiſchendes Geſchrei, welches zu einem mißtönigen Geplauder wird, wenn ſich ein Schwarm
auf die Bäume niederläßt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/87>, abgerufen am 23.11.2024.
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