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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Trauervogel. Halsbandfliegenfäuger.

Jm Betragen scheinen sich die beiden so nahe verwandten Arten nicht zu unterscheiden. Die
Trauerfliegenfänger sind muntere, gewandte Vögel, welche während des ganzen Tages sich bewegen und
auch dann, wenn sie auf einem Zweige ruhen, noch mit dem Flügel zucken oder mit dem Schwanze
auf- und niederwippen. Nur wenn das Wetter sehr ungünstig ist, sitzen sie traurig und still auf ein
und derselben Stelle; sie befinden sich dann entschieden unwohl. Bei günstiger Witterung bekunden
sie eine ungemein heitere Laune, flattern munter von Zweig zu Zweig, erheben sich spielend in die
Luft, necken sich harmlos mit Jhresgleichen, lassen ihre sanfte, kurz abgebrochene Lockstimme, ein ange-
nehmes "Pittpitt" oder "Wettwett" häufig vernehmen und begleiten jeden Laut mit einer entsprechen-
den Flügel- und Schwanzbewegung. Jm Frühjahr singt das Männchen auch fleißig und gar nicht
schlecht. Der Gesang hat, wie Naumann sagt, etwas Melancholisches und erinnert an den des
Gartenrothschwanzes. Eine Strophe, welche hellpfeisend wie "Wutiwutiwu" klingt, ist besonders
bezeichnend. Der Trauerfliegenfänger beginnt schon lange vor Sonnenaufgang, wenn die meisten

[Abbildung] Der Halsbandfliegensänger (Muscicapa albicollis).
Stimmen anderer Waldsänger noch schweigen und wird dadurch Dem, welcher ihn hört, um so ange-
nehmer. Ueber den Gesang des Halsbandfliegenfängers hat Graf Gourcy-Droitaumont meinem
Vater das Nachstehende berichtet: "Der Ruf ist ein durchdringendes, gezogenes "Zih", dem ähnlich,
welches die Rothkehlchen abends hören lassen; auch antwortet das meinige stets darauf. Besonders
bei Kerzenlicht lockt der Halsbandfliegenfänger oft "Tack", gerade wie die schwarzköpfige Grasmücke,
doch nie zweimal hinter einander; es vergehen vielmehr stets ein paar Minuten, ehe er es wiederholt.
Sein Gesang ist so laut, daß ich bei verschlossener Thüre vom zweiten Zimmer jeden Ton desselben
unterscheiden kann; auch ist er abwechselnd, und man erkennt darin mehrere, aus den Gesängen
anderer Vögel entlehnte Strophen; besonders ähnelt er dem des Blaukehlchens. Mehrere hervor-
gewürgte Töne, welche darin vorkommen, geben ihm auch Aehnlichkeit mit dem des Rothschwanzes,
machen ihn aber nach meinem Geschmacke ziemlich unangenehm. Der alte Wildfang, welchen ich
besaß, fing gewöhnlich sein Lied mit "Zih, zih, zih" an, worauf ein melancholisch klingender Pfiff
folgte; dann hörte man die Töne "Zizizi" so scharf hervorgestoßen, daß man glaubte, eine Nachtigall

Trauervogel. Halsbandfliegenfäuger.

Jm Betragen ſcheinen ſich die beiden ſo nahe verwandten Arten nicht zu unterſcheiden. Die
Trauerfliegenfänger ſind muntere, gewandte Vögel, welche während des ganzen Tages ſich bewegen und
auch dann, wenn ſie auf einem Zweige ruhen, noch mit dem Flügel zucken oder mit dem Schwanze
auf- und niederwippen. Nur wenn das Wetter ſehr ungünſtig iſt, ſitzen ſie traurig und ſtill auf ein
und derſelben Stelle; ſie befinden ſich dann entſchieden unwohl. Bei günſtiger Witterung bekunden
ſie eine ungemein heitere Laune, flattern munter von Zweig zu Zweig, erheben ſich ſpielend in die
Luft, necken ſich harmlos mit Jhresgleichen, laſſen ihre ſanfte, kurz abgebrochene Lockſtimme, ein ange-
nehmes „Pittpitt‟ oder „Wettwett‟ häufig vernehmen und begleiten jeden Laut mit einer entſprechen-
den Flügel- und Schwanzbewegung. Jm Frühjahr ſingt das Männchen auch fleißig und gar nicht
ſchlecht. Der Geſang hat, wie Naumann ſagt, etwas Melancholiſches und erinnert an den des
Gartenrothſchwanzes. Eine Strophe, welche hellpfeiſend wie „Wutiwutiwu‟ klingt, iſt beſonders
bezeichnend. Der Trauerfliegenfänger beginnt ſchon lange vor Sonnenaufgang, wenn die meiſten

[Abbildung] Der Halsbandfliegenſänger (Muscicapa albicollis).
Stimmen anderer Waldſänger noch ſchweigen und wird dadurch Dem, welcher ihn hört, um ſo ange-
nehmer. Ueber den Geſang des Halsbandfliegenfängers hat Graf Gourcy-Droitaumont meinem
Vater das Nachſtehende berichtet: „Der Ruf iſt ein durchdringendes, gezogenes „Zih‟, dem ähnlich,
welches die Rothkehlchen abends hören laſſen; auch antwortet das meinige ſtets darauf. Beſonders
bei Kerzenlicht lockt der Halsbandfliegenfänger oft „Tack‟, gerade wie die ſchwarzköpfige Grasmücke,
doch nie zweimal hinter einander; es vergehen vielmehr ſtets ein paar Minuten, ehe er es wiederholt.
Sein Geſang iſt ſo laut, daß ich bei verſchloſſener Thüre vom zweiten Zimmer jeden Ton deſſelben
unterſcheiden kann; auch iſt er abwechſelnd, und man erkennt darin mehrere, aus den Geſängen
anderer Vögel entlehnte Strophen; beſonders ähnelt er dem des Blaukehlchens. Mehrere hervor-
gewürgte Töne, welche darin vorkommen, geben ihm auch Aehnlichkeit mit dem des Rothſchwanzes,
machen ihn aber nach meinem Geſchmacke ziemlich unangenehm. Der alte Wildfang, welchen ich
beſaß, fing gewöhnlich ſein Lied mit „Zih, zih, zih‟ an, worauf ein melancholiſch klingender Pfiff
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[735/0779] Trauervogel. Halsbandfliegenfäuger. Jm Betragen ſcheinen ſich die beiden ſo nahe verwandten Arten nicht zu unterſcheiden. Die Trauerfliegenfänger ſind muntere, gewandte Vögel, welche während des ganzen Tages ſich bewegen und auch dann, wenn ſie auf einem Zweige ruhen, noch mit dem Flügel zucken oder mit dem Schwanze auf- und niederwippen. Nur wenn das Wetter ſehr ungünſtig iſt, ſitzen ſie traurig und ſtill auf ein und derſelben Stelle; ſie befinden ſich dann entſchieden unwohl. Bei günſtiger Witterung bekunden ſie eine ungemein heitere Laune, flattern munter von Zweig zu Zweig, erheben ſich ſpielend in die Luft, necken ſich harmlos mit Jhresgleichen, laſſen ihre ſanfte, kurz abgebrochene Lockſtimme, ein ange- nehmes „Pittpitt‟ oder „Wettwett‟ häufig vernehmen und begleiten jeden Laut mit einer entſprechen- den Flügel- und Schwanzbewegung. Jm Frühjahr ſingt das Männchen auch fleißig und gar nicht ſchlecht. Der Geſang hat, wie Naumann ſagt, etwas Melancholiſches und erinnert an den des Gartenrothſchwanzes. Eine Strophe, welche hellpfeiſend wie „Wutiwutiwu‟ klingt, iſt beſonders bezeichnend. Der Trauerfliegenfänger beginnt ſchon lange vor Sonnenaufgang, wenn die meiſten [Abbildung Der Halsbandfliegenſänger (Muscicapa albicollis).] Stimmen anderer Waldſänger noch ſchweigen und wird dadurch Dem, welcher ihn hört, um ſo ange- nehmer. Ueber den Geſang des Halsbandfliegenfängers hat Graf Gourcy-Droitaumont meinem Vater das Nachſtehende berichtet: „Der Ruf iſt ein durchdringendes, gezogenes „Zih‟, dem ähnlich, welches die Rothkehlchen abends hören laſſen; auch antwortet das meinige ſtets darauf. Beſonders bei Kerzenlicht lockt der Halsbandfliegenfänger oft „Tack‟, gerade wie die ſchwarzköpfige Grasmücke, doch nie zweimal hinter einander; es vergehen vielmehr ſtets ein paar Minuten, ehe er es wiederholt. Sein Geſang iſt ſo laut, daß ich bei verſchloſſener Thüre vom zweiten Zimmer jeden Ton deſſelben unterſcheiden kann; auch iſt er abwechſelnd, und man erkennt darin mehrere, aus den Geſängen anderer Vögel entlehnte Strophen; beſonders ähnelt er dem des Blaukehlchens. Mehrere hervor- gewürgte Töne, welche darin vorkommen, geben ihm auch Aehnlichkeit mit dem des Rothſchwanzes, machen ihn aber nach meinem Geſchmacke ziemlich unangenehm. Der alte Wildfang, welchen ich beſaß, fing gewöhnlich ſein Lied mit „Zih, zih, zih‟ an, worauf ein melancholiſch klingender Pfiff folgte; dann hörte man die Töne „Zizizi‟ ſo ſcharf hervorgeſtoßen, daß man glaubte, eine Nachtigall

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/779>, abgerufen am 22.11.2024.