oder Aras auch aus dem Geschrei der Freilebenden herausgehört zu haben, und ich meinestheils kann ihm, soweit es sich um Gefangene handelt, nur zustimmen.
Wie alle Papageien, sind auch die Araras sehr treue Gatten. "Jm Monat April des Jahres 1788", erzählt uns Azara, "jagte Manuel Palomares eine Meile von der Stadt Paraguay, schoß eine Arara und befestigte sie am Sattel seines Pferdes. Der Gatte des Getödteten folgte dem Jäger bis zu seinem, mitten in der Hauptstadt gelegenen Hause, stürzte sich dort auf seinen todten Genossen, verweilte mehrere Tage an derselben Stelle, und ließ sich endlich mit Händen greifen. Er blieb sodann als Gefangener in dem Hause."
"Jn der Paarzeit", erzählt Prinz von Wied weiter, "pflegen die Araras den Brutort oder Stand wieder aufzusuchen, welchen sie sich einmal erwählt haben, wenigstens dann, wenn sie daselbst nicht beunruhigt worden sind. Man sieht sie somit lange Jahre hindurch an ein und derselben Stelle. Sie wählen, um ihr Nest anzulegen, immer einen hohen Waldbaum von gewaltigem Umfange, an welchem ein hohler Ast oder eine eingefaulte Oeffnung sich befindet, die sie dann mit ihrem starken Schnabel bis zu der gehörigen Weite eröffnen. Hier legt das Weibchen zwei weiße Eier, wie die meisten Arten der Papageien." Der lange Schwanz wird, wie Schomburgk angibt, beim Brüten zum Verräther, indem er weit aus der Oeffnung hervorragt. Nach Azara's Versicherung verliert das Paar sein Nest nicht aus dem Auge und trägt deshalb abwechselnd Azung zu. Wenn sich Je- mand naht, verräth es große Unruhe. Die Jungen schreien nicht nach Futter, sondern drücken ihr Begehr dadurch aus, daß sie mit dem Schnabel gegen die Wandung ihrer Nesthöhle klopfen. Jn ihrer ersten Jugend sind sie, wie alle Papageien, überaus häßlich und sehr unbeholfen; aber auch nach dem Ausfliegen verlangen sie noch lange Zeit die Obhut und Pflege der Eltern. Die Eingeborenen pflegen sie auszunehmen, bevor sie ihr volles Gefieder erhalten haben; dann werden sie sehr zahm.
Gefangene Araras scheinen von jeher Lieblingsthiere der Jndianer gewesen zu sein. "Mit großer Theilnahme", sagt Humboldt, "sahen wir um die Hütten der Jndianer zahme Araras, welche auf den Feldern herumflogen, wie bei uns die Tauben. Diese Vögel sind eine große Zierde der indiani- schen Hühnerhöfe; sie stehen an Pracht den Pfauen, Goldfasanen, Baumhühnern und Hockos nicht nach. Schon Columbus war die Sitte aufgefallen, Papageien, Vögel aus einer dem Hühnergeschlecht so fern stehenden Familie, aufzuziehen; und gleich bei der Entdeckung Amerikas hatte er beobachtet, daß die Eingeborenen auf den Antillen, statt Hühner, Araras oder große Papageien essen."
Etwas Gefährliches bleibt es immer, Araras um sich zu haben; denn nur zu oft gebrauchen sie ihren furchtbaren Schnabel in unerwünschter Weise. Doch gibt es einzelne, welche sehr zahm werden. Mein Vater sah einen dieser Vögel in dem Arbeitszimmer des Prinzen von Wied. Die Arara hatte volle Freiheit, in den Gemächern umherzufliegen, hielt sich aber gern in der Nähe ihres Gebieters auf, ließ sich von Diesem ruhig ergreifen, auf der Hand im Zimmer umhertragen und streichelte ihm mit ihrem gefährlichen Schnabel die Wangen in zärtlicher Weise. Fremde Besucher sah sie mit den kleinen lebhaften Augen so scharf an, daß es den Anschein hatte, als wolle sie sich deren Gesichtsbildung merken und die Züge tief einprägen. Jm hamburger Thiergarten besitzen wir mehrere Araras, welche ebenso zahm sind; sie beweisen jedoch nur ihrem Wärter Zuneigung und Anhänglichkeit; gegen alle übrigen Leute zeigen sie sich launisch, wie die Affen, und selbst tückisch. Der Wärter wird freudig be- grüßt und darf sich Alles mit ihnen erlauben; uns gegenüber nehmen sie gewöhnlich eine sehr zornige Miene an, indem sie die Kopffedern sträuben und den Schnabel in verdächtiger Weise bewegen.
Die Arara lernt niemals so gut sprechen wie andere Papageien, entbehrt jedoch durchaus nicht aller Begabung hierzu. "Meine Arara", schreibt Siedhof meinem Vater, "hat eine große Befähi- gung zum Sprechen entwickelt und zwar unter der alleinigen Leitung meiner zahmen Elster, welche sehr gut spricht. Mehr als vier Monate nach Empfang war die Arara bis auf das entsetzliche Schreien vollständig stumm. Da mußte ich sie einst an eine andere Stelle bringen, wo sie meiner unaufhörlich schwatzenden Elster gegenüber hing. Sie hatte dort gerade zehn Tage gehangen, als sie begann, der
Knacker. Die Papageien. Langſchwänze.
oder Aras auch aus dem Geſchrei der Freilebenden herausgehört zu haben, und ich meinestheils kann ihm, ſoweit es ſich um Gefangene handelt, nur zuſtimmen.
Wie alle Papageien, ſind auch die Araras ſehr treue Gatten. „Jm Monat April des Jahres 1788‟, erzählt uns Azara, „jagte Manuel Palomares eine Meile von der Stadt Paraguay, ſchoß eine Arara und befeſtigte ſie am Sattel ſeines Pferdes. Der Gatte des Getödteten folgte dem Jäger bis zu ſeinem, mitten in der Hauptſtadt gelegenen Hauſe, ſtürzte ſich dort auf ſeinen todten Genoſſen, verweilte mehrere Tage an derſelben Stelle, und ließ ſich endlich mit Händen greifen. Er blieb ſodann als Gefangener in dem Hauſe.‟
„Jn der Paarzeit‟, erzählt Prinz von Wied weiter, „pflegen die Araras den Brutort oder Stand wieder aufzuſuchen, welchen ſie ſich einmal erwählt haben, wenigſtens dann, wenn ſie daſelbſt nicht beunruhigt worden ſind. Man ſieht ſie ſomit lange Jahre hindurch an ein und derſelben Stelle. Sie wählen, um ihr Neſt anzulegen, immer einen hohen Waldbaum von gewaltigem Umfange, an welchem ein hohler Aſt oder eine eingefaulte Oeffnung ſich befindet, die ſie dann mit ihrem ſtarken Schnabel bis zu der gehörigen Weite eröffnen. Hier legt das Weibchen zwei weiße Eier, wie die meiſten Arten der Papageien.‟ Der lange Schwanz wird, wie Schomburgk angibt, beim Brüten zum Verräther, indem er weit aus der Oeffnung hervorragt. Nach Azara’s Verſicherung verliert das Paar ſein Neſt nicht aus dem Auge und trägt deshalb abwechſelnd Azung zu. Wenn ſich Je- mand naht, verräth es große Unruhe. Die Jungen ſchreien nicht nach Futter, ſondern drücken ihr Begehr dadurch aus, daß ſie mit dem Schnabel gegen die Wandung ihrer Neſthöhle klopfen. Jn ihrer erſten Jugend ſind ſie, wie alle Papageien, überaus häßlich und ſehr unbeholfen; aber auch nach dem Ausfliegen verlangen ſie noch lange Zeit die Obhut und Pflege der Eltern. Die Eingeborenen pflegen ſie auszunehmen, bevor ſie ihr volles Gefieder erhalten haben; dann werden ſie ſehr zahm.
Gefangene Araras ſcheinen von jeher Lieblingsthiere der Jndianer geweſen zu ſein. „Mit großer Theilnahme‟, ſagt Humboldt, „ſahen wir um die Hütten der Jndianer zahme Araras, welche auf den Feldern herumflogen, wie bei uns die Tauben. Dieſe Vögel ſind eine große Zierde der indiani- ſchen Hühnerhöfe; ſie ſtehen an Pracht den Pfauen, Goldfaſanen, Baumhühnern und Hockos nicht nach. Schon Columbus war die Sitte aufgefallen, Papageien, Vögel aus einer dem Hühnergeſchlecht ſo fern ſtehenden Familie, aufzuziehen; und gleich bei der Entdeckung Amerikas hatte er beobachtet, daß die Eingeborenen auf den Antillen, ſtatt Hühner, Araras oder große Papageien eſſen.‟
Etwas Gefährliches bleibt es immer, Araras um ſich zu haben; denn nur zu oft gebrauchen ſie ihren furchtbaren Schnabel in unerwünſchter Weiſe. Doch gibt es einzelne, welche ſehr zahm werden. Mein Vater ſah einen dieſer Vögel in dem Arbeitszimmer des Prinzen von Wied. Die Arara hatte volle Freiheit, in den Gemächern umherzufliegen, hielt ſich aber gern in der Nähe ihres Gebieters auf, ließ ſich von Dieſem ruhig ergreifen, auf der Hand im Zimmer umhertragen und ſtreichelte ihm mit ihrem gefährlichen Schnabel die Wangen in zärtlicher Weiſe. Fremde Beſucher ſah ſie mit den kleinen lebhaften Augen ſo ſcharf an, daß es den Anſchein hatte, als wolle ſie ſich deren Geſichtsbildung merken und die Züge tief einprägen. Jm hamburger Thiergarten beſitzen wir mehrere Araras, welche ebenſo zahm ſind; ſie beweiſen jedoch nur ihrem Wärter Zuneigung und Anhänglichkeit; gegen alle übrigen Leute zeigen ſie ſich launiſch, wie die Affen, und ſelbſt tückiſch. Der Wärter wird freudig be- grüßt und darf ſich Alles mit ihnen erlauben; uns gegenüber nehmen ſie gewöhnlich eine ſehr zornige Miene an, indem ſie die Kopffedern ſträuben und den Schnabel in verdächtiger Weiſe bewegen.
Die Arara lernt niemals ſo gut ſprechen wie andere Papageien, entbehrt jedoch durchaus nicht aller Begabung hierzu. „Meine Arara‟, ſchreibt Siedhof meinem Vater, „hat eine große Befähi- gung zum Sprechen entwickelt und zwar unter der alleinigen Leitung meiner zahmen Elſter, welche ſehr gut ſpricht. Mehr als vier Monate nach Empfang war die Arara bis auf das entſetzliche Schreien vollſtändig ſtumm. Da mußte ich ſie einſt an eine andere Stelle bringen, wo ſie meiner unaufhörlich ſchwatzenden Elſter gegenüber hing. Sie hatte dort gerade zehn Tage gehangen, als ſie begann, der
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Knacker. Die Papageien. Langſchwänze.
oder Aras auch aus dem Geſchrei der Freilebenden herausgehört zu haben, und ich meinestheils kann
ihm, ſoweit es ſich um Gefangene handelt, nur zuſtimmen.
Wie alle Papageien, ſind auch die Araras ſehr treue Gatten. „Jm Monat April des Jahres
1788‟, erzählt uns Azara, „jagte Manuel Palomares eine Meile von der Stadt Paraguay,
ſchoß eine Arara und befeſtigte ſie am Sattel ſeines Pferdes. Der Gatte des Getödteten folgte
dem Jäger bis zu ſeinem, mitten in der Hauptſtadt gelegenen Hauſe, ſtürzte ſich dort auf ſeinen todten
Genoſſen, verweilte mehrere Tage an derſelben Stelle, und ließ ſich endlich mit Händen greifen.
Er blieb ſodann als Gefangener in dem Hauſe.‟
„Jn der Paarzeit‟, erzählt Prinz von Wied weiter, „pflegen die Araras den Brutort oder
Stand wieder aufzuſuchen, welchen ſie ſich einmal erwählt haben, wenigſtens dann, wenn ſie daſelbſt
nicht beunruhigt worden ſind. Man ſieht ſie ſomit lange Jahre hindurch an ein und derſelben Stelle.
Sie wählen, um ihr Neſt anzulegen, immer einen hohen Waldbaum von gewaltigem Umfange, an
welchem ein hohler Aſt oder eine eingefaulte Oeffnung ſich befindet, die ſie dann mit ihrem ſtarken
Schnabel bis zu der gehörigen Weite eröffnen. Hier legt das Weibchen zwei weiße Eier, wie die
meiſten Arten der Papageien.‟ Der lange Schwanz wird, wie Schomburgk angibt, beim Brüten
zum Verräther, indem er weit aus der Oeffnung hervorragt. Nach Azara’s Verſicherung verliert
das Paar ſein Neſt nicht aus dem Auge und trägt deshalb abwechſelnd Azung zu. Wenn ſich Je-
mand naht, verräth es große Unruhe. Die Jungen ſchreien nicht nach Futter, ſondern drücken ihr
Begehr dadurch aus, daß ſie mit dem Schnabel gegen die Wandung ihrer Neſthöhle klopfen. Jn
ihrer erſten Jugend ſind ſie, wie alle Papageien, überaus häßlich und ſehr unbeholfen; aber auch nach
dem Ausfliegen verlangen ſie noch lange Zeit die Obhut und Pflege der Eltern. Die Eingeborenen
pflegen ſie auszunehmen, bevor ſie ihr volles Gefieder erhalten haben; dann werden ſie ſehr zahm.
Gefangene Araras ſcheinen von jeher Lieblingsthiere der Jndianer geweſen zu ſein. „Mit großer
Theilnahme‟, ſagt Humboldt, „ſahen wir um die Hütten der Jndianer zahme Araras, welche auf
den Feldern herumflogen, wie bei uns die Tauben. Dieſe Vögel ſind eine große Zierde der indiani-
ſchen Hühnerhöfe; ſie ſtehen an Pracht den Pfauen, Goldfaſanen, Baumhühnern und Hockos nicht
nach. Schon Columbus war die Sitte aufgefallen, Papageien, Vögel aus einer dem Hühnergeſchlecht
ſo fern ſtehenden Familie, aufzuziehen; und gleich bei der Entdeckung Amerikas hatte er beobachtet,
daß die Eingeborenen auf den Antillen, ſtatt Hühner, Araras oder große Papageien eſſen.‟
Etwas Gefährliches bleibt es immer, Araras um ſich zu haben; denn nur zu oft gebrauchen ſie
ihren furchtbaren Schnabel in unerwünſchter Weiſe. Doch gibt es einzelne, welche ſehr zahm werden.
Mein Vater ſah einen dieſer Vögel in dem Arbeitszimmer des Prinzen von Wied. Die Arara
hatte volle Freiheit, in den Gemächern umherzufliegen, hielt ſich aber gern in der Nähe ihres Gebieters
auf, ließ ſich von Dieſem ruhig ergreifen, auf der Hand im Zimmer umhertragen und ſtreichelte ihm
mit ihrem gefährlichen Schnabel die Wangen in zärtlicher Weiſe. Fremde Beſucher ſah ſie mit den
kleinen lebhaften Augen ſo ſcharf an, daß es den Anſchein hatte, als wolle ſie ſich deren Geſichtsbildung
merken und die Züge tief einprägen. Jm hamburger Thiergarten beſitzen wir mehrere Araras, welche
ebenſo zahm ſind; ſie beweiſen jedoch nur ihrem Wärter Zuneigung und Anhänglichkeit; gegen alle
übrigen Leute zeigen ſie ſich launiſch, wie die Affen, und ſelbſt tückiſch. Der Wärter wird freudig be-
grüßt und darf ſich Alles mit ihnen erlauben; uns gegenüber nehmen ſie gewöhnlich eine ſehr zornige
Miene an, indem ſie die Kopffedern ſträuben und den Schnabel in verdächtiger Weiſe bewegen.
Die Arara lernt niemals ſo gut ſprechen wie andere Papageien, entbehrt jedoch durchaus nicht
aller Begabung hierzu. „Meine Arara‟, ſchreibt Siedhof meinem Vater, „hat eine große Befähi-
gung zum Sprechen entwickelt und zwar unter der alleinigen Leitung meiner zahmen Elſter, welche
ſehr gut ſpricht. Mehr als vier Monate nach Empfang war die Arara bis auf das entſetzliche Schreien
vollſtändig ſtumm. Da mußte ich ſie einſt an eine andere Stelle bringen, wo ſie meiner unaufhörlich
ſchwatzenden Elſter gegenüber hing. Sie hatte dort gerade zehn Tage gehangen, als ſie begann, der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/74>, abgerufen am 23.11.2024.
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