schieferschwarz erscheinen. Die dunkleren sind jüngere, die lichteren ältere Vögel. Der Schnabel ist schwarz, der Fuß grauschwarz, der Augenstern hellbraun, die nackte Stelle um das Auge weißlich gefärbt. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht durch die Färbung, wohl aber, obgleich unbedeutend, durch die Größe. Das Männchen ist größer, als das Weibchen. Zwölf Zoll Länge und 25 Zoll Breite darf als Durchschnittsmaß angenommen werden. Die Länge des Schwanzes beträgt 3 Zoll, die Länge des Fittigs vom Bug des Flügels bis zur Spitze 81/2 Zoll. Die zusammengelegten Flügel überragen den Schwanz um einige Linien.
Es ist mehr als auffallend, daß man über das Freileben des rothschwänzigen Papageis noch so wenig weiß. Er ist weitaus der häufigste seiner Ordnung, welcher von den Schiffern nach Europa gebracht wird, und wahrscheinlich kommt kein einziges Schiff von der Westseite Afrikas nach irgend einem europäischen oder amerikanischen Hafen, welches nicht einen oder mehrere dieser Vögel an Bord hätte. Durch Heuglin's Forschungen wissen wir, daß sich das Vaterland des Jako von der Westküste Afrikas an bis tief in das Herz des Erdtheils erstreckt: gedachter Forscher fand ihn in zahlreicher Menge im Lande Wau und Bongo unter dem 8. Grad nördlicher Breite auf. Weiter nach Osten hin scheint er nicht vorzukommen; im Ost-Sudahn wenigstens fehlt er gänzlich. Wie weit er nach Norden hinauf oder nach Süden hinabreicht, ist zur Zeit noch unbekannt.
Der Erwähnung werth ist, daß dieser Papagei von Guinea aus nach den Maskarenen verpflanzt wurde, dort sich einbürgerte und ungemein vermehrte. Zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts soll der Vogel auf Mauritius und Bourbon zur Landplage geworden sein. Man mußte große Jagden veranstalten, um seiner sich zu entwehren.
Auch Heuglin berichtet Nichts über das Freileben, und so bleibt uns blos übrig, zu muthmaßen, daß der Vogel da, wo er lebt, sehr häufig ist, also wohl in Scharen und zahlreichen Flügen getroffen wird. Fast unbegreiflich erscheint es, wie es trotzdem möglich ist, so viel dieser Papageien zu fangen; denn Nachstellungen machen bekanntlich alle klugen Vögel bald in hohem Grade vorsichtig und scheu; Junge aber, welche aus dem Nest genommen und aufgezogen sein könnten, befinden sich unter denen, welche nach Europa gelangen, immer nur in geringer Anzahl. Höchstwahrscheinlich fängt man viele mit Hilfe gezähmter, welche man in einem Käfig ausstellt und die Wildlinge herbeilocken läßt: auf der sogenannten Locke also.
So ungenügend nun auch unsere Kenntnisse von dem Freileben des theilnahmswerthen Vogels sind, so genau hat man ihn in der Gefangenschaft beobachtet. Er ist, wie schon bemerkt, einer der beliebtesten aller Stubenvögel, und er verdient die Gunst, welche er seitens des Menschen genießt, denn er besitzt eine Sanftmuth, Gelehrigkeit und Anhänglichkeit an seinen Herrn, welche Bewunderung erregt. Sein Ruhm wird so zu sagen in allen Sprachen verkündigt; von ihm erzählt jede Natur- geschichte, ja jedes Buch überhaupt, welches einen Theil des Thierlebens behandelt. Eine Menge von anmuthigen Geschichten von ihm sind aufgezeichnet worden. Schon Le Vaillant erzählt sehr aus- führlich von einem dieser Papageien, welcher in der Gefangenschaft eines Kaufmanns in Amsterdam lebte, und rühmt die guten Eigenschaften des Vogels. "Karl, so hieß dieser Papagei, sprach fast so gut wie Cicero; denn ich würde einen ganzen Band mit den schönen Redensarten anfüllen können, welche er hören ließ und welche er mir, ohne eine Silbe zu vergessen, wiederholte. Dem Befehle gehor- sam, brachte er die Nachtmütze und die Pantoffeln seines Herrn und rief die Magd herbei, wenn man sie im Zimmer brauchte. Sein bevorzugter Aufenthalt war der Kaufladen, und hier erwies er sich nützlich; denn er schrie, wenn in Abwesenheit seines Herrn ein Fremder eintrat, solange, bis Jemand herbei- kam. Er hatte ein vortreffliches Gedächtniß und lerute ganze Sätze und Redensarten des Holländi- schen vollkommen genau. Erst im sechzigsten Jahre seiner Gefangenschaft wurde sein Gedächtniß schwach und er vergaß täglich einen Theil von Dem, was er schon konnte. Er wiederholte nie mehr als die Hälfte einer Redensart, indem er selbst die Worte versetzte oder die eines Satzes mit denen eines andern mischte."
Knacker. Die Papageien. Der Jako.
ſchieferſchwarz erſcheinen. Die dunkleren ſind jüngere, die lichteren ältere Vögel. Der Schnabel iſt ſchwarz, der Fuß grauſchwarz, der Augenſtern hellbraun, die nackte Stelle um das Auge weißlich gefärbt. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich nicht durch die Färbung, wohl aber, obgleich unbedeutend, durch die Größe. Das Männchen iſt größer, als das Weibchen. Zwölf Zoll Länge und 25 Zoll Breite darf als Durchſchnittsmaß angenommen werden. Die Länge des Schwanzes beträgt 3 Zoll, die Länge des Fittigs vom Bug des Flügels bis zur Spitze 8½ Zoll. Die zuſammengelegten Flügel überragen den Schwanz um einige Linien.
Es iſt mehr als auffallend, daß man über das Freileben des rothſchwänzigen Papageis noch ſo wenig weiß. Er iſt weitaus der häufigſte ſeiner Ordnung, welcher von den Schiffern nach Europa gebracht wird, und wahrſcheinlich kommt kein einziges Schiff von der Weſtſeite Afrikas nach irgend einem europäiſchen oder amerikaniſchen Hafen, welches nicht einen oder mehrere dieſer Vögel an Bord hätte. Durch Heuglin’s Forſchungen wiſſen wir, daß ſich das Vaterland des Jako von der Weſtküſte Afrikas an bis tief in das Herz des Erdtheils erſtreckt: gedachter Forſcher fand ihn in zahlreicher Menge im Lande Wau und Bongo unter dem 8. Grad nördlicher Breite auf. Weiter nach Oſten hin ſcheint er nicht vorzukommen; im Oſt-Sudahn wenigſtens fehlt er gänzlich. Wie weit er nach Norden hinauf oder nach Süden hinabreicht, iſt zur Zeit noch unbekannt.
Der Erwähnung werth iſt, daß dieſer Papagei von Guinea aus nach den Maskarenen verpflanzt wurde, dort ſich einbürgerte und ungemein vermehrte. Zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts ſoll der Vogel auf Mauritius und Bourbon zur Landplage geworden ſein. Man mußte große Jagden veranſtalten, um ſeiner ſich zu entwehren.
Auch Heuglin berichtet Nichts über das Freileben, und ſo bleibt uns blos übrig, zu muthmaßen, daß der Vogel da, wo er lebt, ſehr häufig iſt, alſo wohl in Scharen und zahlreichen Flügen getroffen wird. Faſt unbegreiflich erſcheint es, wie es trotzdem möglich iſt, ſo viel dieſer Papageien zu fangen; denn Nachſtellungen machen bekanntlich alle klugen Vögel bald in hohem Grade vorſichtig und ſcheu; Junge aber, welche aus dem Neſt genommen und aufgezogen ſein könnten, befinden ſich unter denen, welche nach Europa gelangen, immer nur in geringer Anzahl. Höchſtwahrſcheinlich fängt man viele mit Hilfe gezähmter, welche man in einem Käfig ausſtellt und die Wildlinge herbeilocken läßt: auf der ſogenannten Locke alſo.
So ungenügend nun auch unſere Kenntniſſe von dem Freileben des theilnahmswerthen Vogels ſind, ſo genau hat man ihn in der Gefangenſchaft beobachtet. Er iſt, wie ſchon bemerkt, einer der beliebteſten aller Stubenvögel, und er verdient die Gunſt, welche er ſeitens des Menſchen genießt, denn er beſitzt eine Sanftmuth, Gelehrigkeit und Anhänglichkeit an ſeinen Herrn, welche Bewunderung erregt. Sein Ruhm wird ſo zu ſagen in allen Sprachen verkündigt; von ihm erzählt jede Natur- geſchichte, ja jedes Buch überhaupt, welches einen Theil des Thierlebens behandelt. Eine Menge von anmuthigen Geſchichten von ihm ſind aufgezeichnet worden. Schon Le Vaillant erzählt ſehr aus- führlich von einem dieſer Papageien, welcher in der Gefangenſchaft eines Kaufmanns in Amſterdam lebte, und rühmt die guten Eigenſchaften des Vogels. „Karl, ſo hieß dieſer Papagei, ſprach faſt ſo gut wie Cicero; denn ich würde einen ganzen Band mit den ſchönen Redensarten anfüllen können, welche er hören ließ und welche er mir, ohne eine Silbe zu vergeſſen, wiederholte. Dem Befehle gehor- ſam, brachte er die Nachtmütze und die Pantoffeln ſeines Herrn und rief die Magd herbei, wenn man ſie im Zimmer brauchte. Sein bevorzugter Aufenthalt war der Kaufladen, und hier erwies er ſich nützlich; denn er ſchrie, wenn in Abweſenheit ſeines Herrn ein Fremder eintrat, ſolange, bis Jemand herbei- kam. Er hatte ein vortreffliches Gedächtniß und lerute ganze Sätze und Redensarten des Holländi- ſchen vollkommen genau. Erſt im ſechzigſten Jahre ſeiner Gefangenſchaft wurde ſein Gedächtniß ſchwach und er vergaß täglich einen Theil von Dem, was er ſchon konnte. Er wiederholte nie mehr als die Hälfte einer Redensart, indem er ſelbſt die Worte verſetzte oder die eines Satzes mit denen eines andern miſchte.‟
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[22/0034]
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ſchwarz, der Fuß grauſchwarz, der Augenſtern hellbraun, die nackte Stelle um das Auge weißlich
gefärbt. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich nicht durch die Färbung, wohl aber, obgleich
unbedeutend, durch die Größe. Das Männchen iſt größer, als das Weibchen. Zwölf Zoll Länge und
25 Zoll Breite darf als Durchſchnittsmaß angenommen werden. Die Länge des Schwanzes beträgt
3 Zoll, die Länge des Fittigs vom Bug des Flügels bis zur Spitze 8½ Zoll. Die zuſammengelegten
Flügel überragen den Schwanz um einige Linien.
Es iſt mehr als auffallend, daß man über das Freileben des rothſchwänzigen Papageis noch ſo
wenig weiß. Er iſt weitaus der häufigſte ſeiner Ordnung, welcher von den Schiffern nach Europa
gebracht wird, und wahrſcheinlich kommt kein einziges Schiff von der Weſtſeite Afrikas nach irgend
einem europäiſchen oder amerikaniſchen Hafen, welches nicht einen oder mehrere dieſer Vögel an Bord
hätte. Durch Heuglin’s Forſchungen wiſſen wir, daß ſich das Vaterland des Jako von der
Weſtküſte Afrikas an bis tief in das Herz des Erdtheils erſtreckt: gedachter Forſcher fand ihn in
zahlreicher Menge im Lande Wau und Bongo unter dem 8. Grad nördlicher Breite auf. Weiter
nach Oſten hin ſcheint er nicht vorzukommen; im Oſt-Sudahn wenigſtens fehlt er gänzlich. Wie weit
er nach Norden hinauf oder nach Süden hinabreicht, iſt zur Zeit noch unbekannt.
Der Erwähnung werth iſt, daß dieſer Papagei von Guinea aus nach den Maskarenen verpflanzt
wurde, dort ſich einbürgerte und ungemein vermehrte. Zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts
ſoll der Vogel auf Mauritius und Bourbon zur Landplage geworden ſein. Man mußte große Jagden
veranſtalten, um ſeiner ſich zu entwehren.
Auch Heuglin berichtet Nichts über das Freileben, und ſo bleibt uns blos übrig, zu muthmaßen,
daß der Vogel da, wo er lebt, ſehr häufig iſt, alſo wohl in Scharen und zahlreichen Flügen getroffen
wird. Faſt unbegreiflich erſcheint es, wie es trotzdem möglich iſt, ſo viel dieſer Papageien zu fangen;
denn Nachſtellungen machen bekanntlich alle klugen Vögel bald in hohem Grade vorſichtig und
ſcheu; Junge aber, welche aus dem Neſt genommen und aufgezogen ſein könnten, befinden ſich unter
denen, welche nach Europa gelangen, immer nur in geringer Anzahl. Höchſtwahrſcheinlich fängt man
viele mit Hilfe gezähmter, welche man in einem Käfig ausſtellt und die Wildlinge herbeilocken läßt:
auf der ſogenannten Locke alſo.
So ungenügend nun auch unſere Kenntniſſe von dem Freileben des theilnahmswerthen Vogels
ſind, ſo genau hat man ihn in der Gefangenſchaft beobachtet. Er iſt, wie ſchon bemerkt, einer der
beliebteſten aller Stubenvögel, und er verdient die Gunſt, welche er ſeitens des Menſchen genießt,
denn er beſitzt eine Sanftmuth, Gelehrigkeit und Anhänglichkeit an ſeinen Herrn, welche Bewunderung
erregt. Sein Ruhm wird ſo zu ſagen in allen Sprachen verkündigt; von ihm erzählt jede Natur-
geſchichte, ja jedes Buch überhaupt, welches einen Theil des Thierlebens behandelt. Eine Menge von
anmuthigen Geſchichten von ihm ſind aufgezeichnet worden. Schon Le Vaillant erzählt ſehr aus-
führlich von einem dieſer Papageien, welcher in der Gefangenſchaft eines Kaufmanns in Amſterdam
lebte, und rühmt die guten Eigenſchaften des Vogels. „Karl, ſo hieß dieſer Papagei, ſprach faſt ſo
gut wie Cicero; denn ich würde einen ganzen Band mit den ſchönen Redensarten anfüllen können,
welche er hören ließ und welche er mir, ohne eine Silbe zu vergeſſen, wiederholte. Dem Befehle gehor-
ſam, brachte er die Nachtmütze und die Pantoffeln ſeines Herrn und rief die Magd herbei, wenn man ſie im
Zimmer brauchte. Sein bevorzugter Aufenthalt war der Kaufladen, und hier erwies er ſich nützlich;
denn er ſchrie, wenn in Abweſenheit ſeines Herrn ein Fremder eintrat, ſolange, bis Jemand herbei-
kam. Er hatte ein vortreffliches Gedächtniß und lerute ganze Sätze und Redensarten des Holländi-
ſchen vollkommen genau. Erſt im ſechzigſten Jahre ſeiner Gefangenſchaft wurde ſein Gedächtniß
ſchwach und er vergaß täglich einen Theil von Dem, was er ſchon konnte. Er wiederholte nie mehr
als die Hälfte einer Redensart, indem er ſelbſt die Worte verſetzte oder die eines Satzes mit denen
eines andern miſchte.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/34>, abgerufen am 25.11.2024.
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