Le Vaillant hat mit Vorstehendem keineswegs eine erschöpfende Beschreibung unseres Vogels gegeben. Nach ihm haben Viele über den Papagei berichtet und mehr oder minder wichtige Beobach- tungen gemacht. Aus ihnen geht zur Genüge hervor, daß fast alle Gefangenen im wesentlichen die- selben Eigenschaften besitzen. Doch gibt es unter ihnen Ausgezeichnete, und ein solcher, vielleicht der ausgezeichnetste aller Papageien überhaupt, lebte Jahre lang in Wien und Salzburg und fand zum Glück treue und fleißige Beobachter. Die Mittheilungen derselben sind bereits wiederholt gedruckt und auch schon früher von mir benutzt worden, demungeachtet müssen sie hier ihre Stelle finden. Lenz hat vollkommen Recht, wenn er sagt, daß vielleicht niemals, seit Vögel auf Erden leben, ein Papagei oder sonst ein Vogel Höheres in Kunst und Wissenschaft geleistet habe, als gedachter Pa- pagei, Jako zugenannt. Das Wunderthier wurde im Jahre 1827 von dem k. k. Ministerialrath An- dreas Mechletar im Auftrage des Domkapitulars Josef Marchner zu Salzburg von einem Schiffskapitain zu Triest für 25 Gulden erkauft und kam im Jahre 1830 in den Besitz des Domcere- moniarius Hanikl. Dieser gab ihm täglich vormittags von neun bis zehn oder abends von zehn bis elf regelrechten Unterricht, beschäftigte sich außerdem viel mit ihm und bewirkte so die hohe Ausbildung seiner geistigen Fähigkeiten. Nach Hanikl's Tod wurde der Papagei für 150 Gulden verkauft, im Jahre 1842 für 370 Gulden zum zweiten Male. Ein Freund meines verstorbenen Vaters, der Graf Gourcy Droitaumont, war der Erste, welcher im Jahre 1835 in Oken's Jsis einen Bericht über den Vogel gab, welcher überall Staunen erregte. Diesen Bericht hat der letzte Besitzer, Präsi- dent von Kleimayrn auf Wunsch unseres Lenz vervollständigt, und so konnte dieser das ihm Mit- getheilte zusammenfassen, wie folgt:
"Der Jako achtet auf Alles, was um ihn her vorgeht, weiß Alles zu beurtheilen, gibt auf Fragen die richtige Antwort, thut auf Vefehl, was ihm geheißen wird, begrüßt Kommende, empfiehlt sich Gehenden, sagt nur früh "Guten Morgen" und nur abends "Gute Nacht", verlangt Futter, wenn er Hunger hat. Jedes Mitglied der Familie ruft er bei seinem Namen, und das Eine steht mehr bei ihm in Gunst, als das Andere. Will er mich (Kleimayrn) bei sich haben, so ruft er: Papa, komm her! Was er spricht, singt und pfeift, trägt er ganz so vor wie ein Mensch. Zuweilen zeigt er sich in Augenblicken der Begeisterung als Jmprovisator, und seine Rede klingt dann genau wie die eines Redners, den man von weitem hört, ohne ihn zu verstehen."
Nun das Verzeichniß Dessen, was der Jako spricht, singt, pfeift u. s. w.: "Geistlicher Herr! guten Morgen." "Geistlicher Herr! ich bitt um a Mandel." "Magst a Mandel? Magst a Nuß? Bekommst schon 'was. Da hast 'was." "Herr Hauptmann, grüß Gott, Herr Hauptmann". "Frau Baumeisterin, gehorsamer Diener." "Bauer, Spitzbub, Spitzbub Bauer, Wilddieb, gehst weiter? gehst weiter, gehst nach Haus, gehst nach Haus oder nicht? wart du Kerl!" "Du Lump du! Du Kerl, du Abscheulicher du!" "Braver Paperl, guter Paperl!" "Du bist a braves Buberl, gar a brav's Buberl!" "Bekommst an Kukuruz, bekommst schon 'was." "Nani! Nani!" "Herr Nachbar! Zeit lassen! Herr Nachbar! Zeit lassen!" Wenn Jemand an der Thüre klopft, so ruft er sehr laut, sehr deutlich und ungemein täuschend, wie ein Mann: "Herein, herein! Befehl mich, Herr Bräu, gehorsamer Diener! Freut mich, daß ich die Ehre hab, freut mich, daß ich die Ehre hab." Er klopft auch selbst an sein Haus und ruft Obiges. -- Er ahmt dem Kukuk sehr gut nach. -- "Gib mir a Busserl, a schön's Busserl; kriegst a Mandel." "Schau her da!" "Komm heraus!" "Komm herauf, komm her da!" "Mein liebes Paperl!" "Bravo, bravissimo!" "Beten, gehen wir zum Beten!" "Gehen wir zum Essen!" "Gehen wir zum Fenster!" "Hieronymus, steh auf!" "Jch geh, bfiet Gott!" (behüt dich Gott.) "Es lebe unser Kaiser! er lebe recht lange!" "Wo kommst du her? Verzeihen Jhr Gnaden, ich hab glaubt, Sie sein a Vogel." -- Wenn er Etwas zerbeißt oder in seinem Hause etwas ruinirt, so sagt er: "Nicht beißen, gib Ruh! Was hast 'than?" "Was hast du gethan? Wart, du Spitzbub du! Du Kerl du! Wart, ich hau dich!" "Paperl, wie geht's dir denn, Paperl?" "Hast 'was z'essen?" "Guten Appetit!" "Bst! Bst! Gute Nacht!" "Der Paperl darf herausgehen, komm, allo komm!" "Paperl, schieß, schieß, Paperl!" Dann schießt er, indem
Freileben. Gefangenſchaft. Abrichtung.
Le Vaillant hat mit Vorſtehendem keineswegs eine erſchöpfende Beſchreibung unſeres Vogels gegeben. Nach ihm haben Viele über den Papagei berichtet und mehr oder minder wichtige Beobach- tungen gemacht. Aus ihnen geht zur Genüge hervor, daß faſt alle Gefangenen im weſentlichen die- ſelben Eigenſchaften beſitzen. Doch gibt es unter ihnen Ausgezeichnete, und ein ſolcher, vielleicht der ausgezeichnetſte aller Papageien überhaupt, lebte Jahre lang in Wien und Salzburg und fand zum Glück treue und fleißige Beobachter. Die Mittheilungen derſelben ſind bereits wiederholt gedruckt und auch ſchon früher von mir benutzt worden, demungeachtet müſſen ſie hier ihre Stelle finden. Lenz hat vollkommen Recht, wenn er ſagt, daß vielleicht niemals, ſeit Vögel auf Erden leben, ein Papagei oder ſonſt ein Vogel Höheres in Kunſt und Wiſſenſchaft geleiſtet habe, als gedachter Pa- pagei, Jako zugenannt. Das Wunderthier wurde im Jahre 1827 von dem k. k. Miniſterialrath An- dreas Mechletar im Auftrage des Domkapitulars Joſef Marchner zu Salzburg von einem Schiffskapitain zu Trieſt für 25 Gulden erkauft und kam im Jahre 1830 in den Beſitz des Domcere- moniarius Hanikl. Dieſer gab ihm täglich vormittags von neun bis zehn oder abends von zehn bis elf regelrechten Unterricht, beſchäftigte ſich außerdem viel mit ihm und bewirkte ſo die hohe Ausbildung ſeiner geiſtigen Fähigkeiten. Nach Hanikl’s Tod wurde der Papagei für 150 Gulden verkauft, im Jahre 1842 für 370 Gulden zum zweiten Male. Ein Freund meines verſtorbenen Vaters, der Graf Gourcy Droitaumont, war der Erſte, welcher im Jahre 1835 in Oken’s Jſis einen Bericht über den Vogel gab, welcher überall Staunen erregte. Dieſen Bericht hat der letzte Beſitzer, Präſi- dent von Kleimayrn auf Wunſch unſeres Lenz vervollſtändigt, und ſo konnte dieſer das ihm Mit- getheilte zuſammenfaſſen, wie folgt:
„Der Jako achtet auf Alles, was um ihn her vorgeht, weiß Alles zu beurtheilen, gibt auf Fragen die richtige Antwort, thut auf Vefehl, was ihm geheißen wird, begrüßt Kommende, empfiehlt ſich Gehenden, ſagt nur früh „Guten Morgen‟ und nur abends „Gute Nacht‟, verlangt Futter, wenn er Hunger hat. Jedes Mitglied der Familie ruft er bei ſeinem Namen, und das Eine ſteht mehr bei ihm in Gunſt, als das Andere. Will er mich (Kleimayrn) bei ſich haben, ſo ruft er: Papa, komm her! Was er ſpricht, ſingt und pfeift, trägt er ganz ſo vor wie ein Menſch. Zuweilen zeigt er ſich in Augenblicken der Begeiſterung als Jmproviſator, und ſeine Rede klingt dann genau wie die eines Redners, den man von weitem hört, ohne ihn zu verſtehen.‟
Nun das Verzeichniß Deſſen, was der Jako ſpricht, ſingt, pfeift u. ſ. w.: „Geiſtlicher Herr! guten Morgen.‟ „Geiſtlicher Herr! ich bitt um a Mandel.‟ „Magſt a Mandel? Magſt a Nuß? Bekommſt ſchon ’was. Da haſt ’was.‟ „Herr Hauptmann, grüß Gott, Herr Hauptmann‟. „Frau Baumeiſterin, gehorſamer Diener.‟ „Bauer, Spitzbub, Spitzbub Bauer, Wilddieb, gehſt weiter? gehſt weiter, gehſt nach Haus, gehſt nach Haus oder nicht? wart du Kerl!‟ „Du Lump du! Du Kerl, du Abſcheulicher du!‟ „Braver Paperl, guter Paperl!‟ „Du biſt a braves Buberl, gar a brav’s Buberl!‟ „Bekommſt an Kukuruz, bekommſt ſchon ’was.‟ „Nani! Nani!‟ „Herr Nachbar! Zeit laſſen! Herr Nachbar! Zeit laſſen!‟ Wenn Jemand an der Thüre klopft, ſo ruft er ſehr laut, ſehr deutlich und ungemein täuſchend, wie ein Mann: „Herein, herein! Befehl mich, Herr Bräu, gehorſamer Diener! Freut mich, daß ich die Ehre hab, freut mich, daß ich die Ehre hab.‟ Er klopft auch ſelbſt an ſein Haus und ruft Obiges. — Er ahmt dem Kukuk ſehr gut nach. — „Gib mir a Buſſerl, a ſchön’s Buſſerl; kriegſt a Mandel.‟ „Schau her da!‟ „Komm heraus!‟ „Komm herauf, komm her da!‟ „Mein liebes Paperl!‟ „Bravo, braviſſimo!‟ „Beten, gehen wir zum Beten!‟ „Gehen wir zum Eſſen!‟ „Gehen wir zum Fenſter!‟ „Hieronymus, ſteh auf!‟ „Jch geh, bfiet Gott!‟ (behüt dich Gott.) „Es lebe unſer Kaiſer! er lebe recht lange!‟ „Wo kommſt du her? Verzeihen Jhr Gnaden, ich hab glaubt, Sie ſein a Vogel.‟ — Wenn er Etwas zerbeißt oder in ſeinem Hauſe etwas ruinirt, ſo ſagt er: „Nicht beißen, gib Ruh! Was haſt ’than?‟ „Was haſt du gethan? Wart, du Spitzbub du! Du Kerl du! Wart, ich hau dich!‟ „Paperl, wie geht’s dir denn, Paperl?‟ „Haſt ’was z’eſſen?‟ „Guten Appetit!‟ „Bſt! Bſt! Gute Nacht!‟ „Der Paperl darf herausgehen, komm, allo komm!‟ „Paperl, ſchieß, ſchieß, Paperl!‟ Dann ſchießt er, indem
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[23/0035]
Freileben. Gefangenſchaft. Abrichtung.
Le Vaillant hat mit Vorſtehendem keineswegs eine erſchöpfende Beſchreibung unſeres Vogels
gegeben. Nach ihm haben Viele über den Papagei berichtet und mehr oder minder wichtige Beobach-
tungen gemacht. Aus ihnen geht zur Genüge hervor, daß faſt alle Gefangenen im weſentlichen die-
ſelben Eigenſchaften beſitzen. Doch gibt es unter ihnen Ausgezeichnete, und ein ſolcher, vielleicht der
ausgezeichnetſte aller Papageien überhaupt, lebte Jahre lang in Wien und Salzburg und fand zum
Glück treue und fleißige Beobachter. Die Mittheilungen derſelben ſind bereits wiederholt gedruckt
und auch ſchon früher von mir benutzt worden, demungeachtet müſſen ſie hier ihre Stelle finden.
Lenz hat vollkommen Recht, wenn er ſagt, daß vielleicht niemals, ſeit Vögel auf Erden leben, ein
Papagei oder ſonſt ein Vogel Höheres in Kunſt und Wiſſenſchaft geleiſtet habe, als gedachter Pa-
pagei, Jako zugenannt. Das Wunderthier wurde im Jahre 1827 von dem k. k. Miniſterialrath An-
dreas Mechletar im Auftrage des Domkapitulars Joſef Marchner zu Salzburg von einem
Schiffskapitain zu Trieſt für 25 Gulden erkauft und kam im Jahre 1830 in den Beſitz des Domcere-
moniarius Hanikl. Dieſer gab ihm täglich vormittags von neun bis zehn oder abends von zehn bis
elf regelrechten Unterricht, beſchäftigte ſich außerdem viel mit ihm und bewirkte ſo die hohe Ausbildung
ſeiner geiſtigen Fähigkeiten. Nach Hanikl’s Tod wurde der Papagei für 150 Gulden verkauft, im
Jahre 1842 für 370 Gulden zum zweiten Male. Ein Freund meines verſtorbenen Vaters, der Graf
Gourcy Droitaumont, war der Erſte, welcher im Jahre 1835 in Oken’s Jſis einen Bericht
über den Vogel gab, welcher überall Staunen erregte. Dieſen Bericht hat der letzte Beſitzer, Präſi-
dent von Kleimayrn auf Wunſch unſeres Lenz vervollſtändigt, und ſo konnte dieſer das ihm Mit-
getheilte zuſammenfaſſen, wie folgt:
„Der Jako achtet auf Alles, was um ihn her vorgeht, weiß Alles zu beurtheilen, gibt auf
Fragen die richtige Antwort, thut auf Vefehl, was ihm geheißen wird, begrüßt Kommende, empfiehlt
ſich Gehenden, ſagt nur früh „Guten Morgen‟ und nur abends „Gute Nacht‟, verlangt Futter,
wenn er Hunger hat. Jedes Mitglied der Familie ruft er bei ſeinem Namen, und das Eine ſteht mehr
bei ihm in Gunſt, als das Andere. Will er mich (Kleimayrn) bei ſich haben, ſo ruft er: Papa, komm
her! Was er ſpricht, ſingt und pfeift, trägt er ganz ſo vor wie ein Menſch. Zuweilen zeigt er ſich
in Augenblicken der Begeiſterung als Jmproviſator, und ſeine Rede klingt dann genau wie die eines
Redners, den man von weitem hört, ohne ihn zu verſtehen.‟
Nun das Verzeichniß Deſſen, was der Jako ſpricht, ſingt, pfeift u. ſ. w.: „Geiſtlicher Herr!
guten Morgen.‟ „Geiſtlicher Herr! ich bitt um a Mandel.‟ „Magſt a Mandel? Magſt a Nuß?
Bekommſt ſchon ’was. Da haſt ’was.‟ „Herr Hauptmann, grüß Gott, Herr Hauptmann‟. „Frau
Baumeiſterin, gehorſamer Diener.‟ „Bauer, Spitzbub, Spitzbub Bauer, Wilddieb, gehſt weiter?
gehſt weiter, gehſt nach Haus, gehſt nach Haus oder nicht? wart du Kerl!‟ „Du Lump du! Du
Kerl, du Abſcheulicher du!‟ „Braver Paperl, guter Paperl!‟ „Du biſt a braves Buberl, gar
a brav’s Buberl!‟ „Bekommſt an Kukuruz, bekommſt ſchon ’was.‟ „Nani! Nani!‟ „Herr
Nachbar! Zeit laſſen! Herr Nachbar! Zeit laſſen!‟ Wenn Jemand an der Thüre klopft, ſo ruft er
ſehr laut, ſehr deutlich und ungemein täuſchend, wie ein Mann: „Herein, herein! Befehl mich, Herr
Bräu, gehorſamer Diener! Freut mich, daß ich die Ehre hab, freut mich, daß ich die Ehre hab.‟ Er
klopft auch ſelbſt an ſein Haus und ruft Obiges. — Er ahmt dem Kukuk ſehr gut nach. — „Gib mir
a Buſſerl, a ſchön’s Buſſerl; kriegſt a Mandel.‟ „Schau her da!‟ „Komm heraus!‟ „Komm
herauf, komm her da!‟ „Mein liebes Paperl!‟ „Bravo, braviſſimo!‟ „Beten, gehen wir zum
Beten!‟ „Gehen wir zum Eſſen!‟ „Gehen wir zum Fenſter!‟ „Hieronymus, ſteh auf!‟ „Jch
geh, bfiet Gott!‟ (behüt dich Gott.) „Es lebe unſer Kaiſer! er lebe recht lange!‟ „Wo kommſt du
her? Verzeihen Jhr Gnaden, ich hab glaubt, Sie ſein a Vogel.‟ — Wenn er Etwas zerbeißt oder in
ſeinem Hauſe etwas ruinirt, ſo ſagt er: „Nicht beißen, gib Ruh! Was haſt ’than?‟ „Was haſt du
gethan? Wart, du Spitzbub du! Du Kerl du! Wart, ich hau dich!‟ „Paperl, wie geht’s dir denn,
Paperl?‟ „Haſt ’was z’eſſen?‟ „Guten Appetit!‟ „Bſt! Bſt! Gute Nacht!‟ „Der Paperl
darf herausgehen, komm, allo komm!‟ „Paperl, ſchieß, ſchieß, Paperl!‟ Dann ſchießt er, indem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/35>, abgerufen am 22.11.2024.
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