gestreift. Die Zügelgegend ist braun, ein Streifen über dem Auge gelb. Die Schwingen und die Steuerfedern sind bedeutend lichter, als beim Männchen. Diesem Kleide ähnelt das Männchen in seiner Wintertracht, und auch die Jungen stimmen im wesentlichen damit überein; jedoch sind bei ihnen alle Farben blässer und graulicher.
Der Paperling ist in Nordamerika ein Sommervogel, welcher sehr regelmäßig erscheint und weg- zieht. Auf seiner Reise nach Süden berührt er Mittelamerika und namentlich Westindien, vielleicht auch die nördlichen Länder Südamerikas; doch scheint er nicht bis nach Brasilien vorzudringen. Jm Staate Newyork trifft er Anfangs Mai in größeren und kleineren Trupps ein, welche sich bald durch neue Zuzüge vermehren und nach kürzester Zeit das ganze Land im buchstäblichen Sinne des Wortes erfüllen. Wie Audubon sagt, ist es unmöglich, ein von diesen Vögeln nicht bewohntes Feld aufzu- finden. Für den Unbetheiligten gewährt die Beobachtung des von allen Landleuten bitter gehaßten Paperlings viel Vergnügen. Die Geselligkeit der Thiere wird auch während der Brutzeit nicht auf- gehoben; ein Paar wohnt und brütet dicht neben dem andern. Das Nest wird auf oder hart über dem Boden ohne große Sorgfalt, jedoch immer zwischen Gras oder Getreidehalmen angelegt und selbstverständlich zum Mittelpunkt des Wohngebietes eines Paares. Während nun die Weibchen sich dem Fortpflanzungsgeschäft hingeben, treiben sich die Männchen im neckenden Wetteifer über dem Halmenwalde umher. Eins und das andere erhebt sich singend in die Luft und schwingt sich hier in eigenthümlichen Absätzen auf und nieder. Das Lied des Einen erregt alle Uebrigen, und bald sieht man eine Menge aufsteigen und vernimmt von jedem die anmuthig heitere Weise. Mit Recht rühmen die Nordamerikaner den Gesang dieses Vogels; er genügt selbst dem verwöhnten Ohre eines deutschen Liebhabers. Die Töne sind reich an Wechsel, werden aber mit großer Schnelligkeit und anscheinender Verwirrung ausgestoßen und so eifrig fortgesetzt, daß man zuweilen den Gesang von einem halben Dutzend zu vernehmen glaubt, während doch nur ein einziger singt. Eine Vorstellung kann man sich nach Wilson von diesem Gesange machen, wenn man auf einem Pianoforte rasch nach einander ver- schiedene Töne anschlägt, hohe und tiefe durch einander, ohne eigentliche Regel. Aber die Wirkung des Ganzen ist gut. Recht häufig singt das Männchen übrigens auch im Sitzen und dann unter leb- hafter Begleitung mit den Flügeln nach Art unseres Staars. Jn seinen Bewegungen zeigt sich der Paperling als ein sehr gewandter Vogel. Sein Gang auf dem Boden ist mehr ein Schreiten, als ein Hüpfen; der Flug ist leicht und schön. Zudem versteht er es, in seinem Halmenwalde auf- und niederzuklettern, trotz einem Rohrsänger.
Jn den letzten Tagen des Mai findet man in dem verhältnißmäßig großen Neste vier bis sechs Eier, welche auf weißlichem Grunde dicht mit dunkelblauen und unregelmäßig mit schwärzlichen Flecken gezeichnet sind. Jedes Paar brütet, falls ihm die ersten Eier nicht geraubt werden, nur ein- mal im Jahre. Die Jungen werden hauptsächlich mit Kerbthieren aufgefüttert, wachsen rasch heran, verlassen das Nest und schlagen sich sodann mit andern ihrer Art in zahlreiche Flüge zusammen. Nun- mehr zeigt sich der Paperling von seiner andern Seite. Der anmuthige Gesang ist beendet, die schmucke Tracht der männlichen Vögel bereits im Wechsel; das Paar hat keinen festen Standort mehr und streift im Lande auf und nieder. Jetzt beginnen die Verwüstungen. Die Vögel fliegen von Feld zu Feld, fallen in ungeheuren Schwärmen ein, fressen die noch milchigen Körner des Getreides ebenso gern, als die bereits gereiften und fügen wegen ihrer ungeheuren Menge den Landleuten wirklich erheblichen Schaden zu. Jedes Gewehr wird jetzt gegen sie in Bereitschaft gesetzt; Tausende und Hunderttausende werden erlegt, jedoch vergeblich; denn die Verwüstungen währen demungeachtet fort. Man vertreibt die Vögel höchstens von einem Felde, um sie in das andere zu jagen. Sobald sie ihr Werk im Norden beendet haben, fallen sie in die südlichen Pflanzungen ein. So treiben sie sich wochenlang umher, bei Tage in den Feldern hausend, nachts Rohrwälder zum Schlafen sich erwählend. Dann wandern sie weiter und weiter nach Süden hin.
Ungeachtet der Verwüstungen, welche der Paperling zeitweilig im Felde anrichtet, fragt es sich noch sehr, ob er als ein überwiegend schädlicher Vogel betrachtet werden darf. Bis zur Getreidereife
Paperling.
geſtreift. Die Zügelgegend iſt braun, ein Streifen über dem Auge gelb. Die Schwingen und die Steuerfedern ſind bedeutend lichter, als beim Männchen. Dieſem Kleide ähnelt das Männchen in ſeiner Wintertracht, und auch die Jungen ſtimmen im weſentlichen damit überein; jedoch ſind bei ihnen alle Farben bläſſer und graulicher.
Der Paperling iſt in Nordamerika ein Sommervogel, welcher ſehr regelmäßig erſcheint und weg- zieht. Auf ſeiner Reiſe nach Süden berührt er Mittelamerika und namentlich Weſtindien, vielleicht auch die nördlichen Länder Südamerikas; doch ſcheint er nicht bis nach Braſilien vorzudringen. Jm Staate Newyork trifft er Anfangs Mai in größeren und kleineren Trupps ein, welche ſich bald durch neue Zuzüge vermehren und nach kürzeſter Zeit das ganze Land im buchſtäblichen Sinne des Wortes erfüllen. Wie Audubon ſagt, iſt es unmöglich, ein von dieſen Vögeln nicht bewohntes Feld aufzu- finden. Für den Unbetheiligten gewährt die Beobachtung des von allen Landleuten bitter gehaßten Paperlings viel Vergnügen. Die Geſelligkeit der Thiere wird auch während der Brutzeit nicht auf- gehoben; ein Paar wohnt und brütet dicht neben dem andern. Das Neſt wird auf oder hart über dem Boden ohne große Sorgfalt, jedoch immer zwiſchen Gras oder Getreidehalmen angelegt und ſelbſtverſtändlich zum Mittelpunkt des Wohngebietes eines Paares. Während nun die Weibchen ſich dem Fortpflanzungsgeſchäft hingeben, treiben ſich die Männchen im neckenden Wetteifer über dem Halmenwalde umher. Eins und das andere erhebt ſich ſingend in die Luft und ſchwingt ſich hier in eigenthümlichen Abſätzen auf und nieder. Das Lied des Einen erregt alle Uebrigen, und bald ſieht man eine Menge aufſteigen und vernimmt von jedem die anmuthig heitere Weiſe. Mit Recht rühmen die Nordamerikaner den Geſang dieſes Vogels; er genügt ſelbſt dem verwöhnten Ohre eines deutſchen Liebhabers. Die Töne ſind reich an Wechſel, werden aber mit großer Schnelligkeit und anſcheinender Verwirrung ausgeſtoßen und ſo eifrig fortgeſetzt, daß man zuweilen den Geſang von einem halben Dutzend zu vernehmen glaubt, während doch nur ein einziger ſingt. Eine Vorſtellung kann man ſich nach Wilſon von dieſem Geſange machen, wenn man auf einem Pianoforte raſch nach einander ver- ſchiedene Töne anſchlägt, hohe und tiefe durch einander, ohne eigentliche Regel. Aber die Wirkung des Ganzen iſt gut. Recht häufig ſingt das Männchen übrigens auch im Sitzen und dann unter leb- hafter Begleitung mit den Flügeln nach Art unſeres Staars. Jn ſeinen Bewegungen zeigt ſich der Paperling als ein ſehr gewandter Vogel. Sein Gang auf dem Boden iſt mehr ein Schreiten, als ein Hüpfen; der Flug iſt leicht und ſchön. Zudem verſteht er es, in ſeinem Halmenwalde auf- und niederzuklettern, trotz einem Rohrſänger.
Jn den letzten Tagen des Mai findet man in dem verhältnißmäßig großen Neſte vier bis ſechs Eier, welche auf weißlichem Grunde dicht mit dunkelblauen und unregelmäßig mit ſchwärzlichen Flecken gezeichnet ſind. Jedes Paar brütet, falls ihm die erſten Eier nicht geraubt werden, nur ein- mal im Jahre. Die Jungen werden hauptſächlich mit Kerbthieren aufgefüttert, wachſen raſch heran, verlaſſen das Neſt und ſchlagen ſich ſodann mit andern ihrer Art in zahlreiche Flüge zuſammen. Nun- mehr zeigt ſich der Paperling von ſeiner andern Seite. Der anmuthige Geſang iſt beendet, die ſchmucke Tracht der männlichen Vögel bereits im Wechſel; das Paar hat keinen feſten Standort mehr und ſtreift im Lande auf und nieder. Jetzt beginnen die Verwüſtungen. Die Vögel fliegen von Feld zu Feld, fallen in ungeheuren Schwärmen ein, freſſen die noch milchigen Körner des Getreides ebenſo gern, als die bereits gereiften und fügen wegen ihrer ungeheuren Menge den Landleuten wirklich erheblichen Schaden zu. Jedes Gewehr wird jetzt gegen ſie in Bereitſchaft geſetzt; Tauſende und Hunderttauſende werden erlegt, jedoch vergeblich; denn die Verwüſtungen währen demungeachtet fort. Man vertreibt die Vögel höchſtens von einem Felde, um ſie in das andere zu jagen. Sobald ſie ihr Werk im Norden beendet haben, fallen ſie in die ſüdlichen Pflanzungen ein. So treiben ſie ſich wochenlang umher, bei Tage in den Feldern hauſend, nachts Rohrwälder zum Schlafen ſich erwählend. Dann wandern ſie weiter und weiter nach Süden hin.
Ungeachtet der Verwüſtungen, welche der Paperling zeitweilig im Felde anrichtet, fragt es ſich noch ſehr, ob er als ein überwiegend ſchädlicher Vogel betrachtet werden darf. Bis zur Getreidereife
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[281/0303]
Paperling.
geſtreift. Die Zügelgegend iſt braun, ein Streifen über dem Auge gelb. Die Schwingen und die
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ſeiner Wintertracht, und auch die Jungen ſtimmen im weſentlichen damit überein; jedoch ſind bei ihnen
alle Farben bläſſer und graulicher.
Der Paperling iſt in Nordamerika ein Sommervogel, welcher ſehr regelmäßig erſcheint und weg-
zieht. Auf ſeiner Reiſe nach Süden berührt er Mittelamerika und namentlich Weſtindien, vielleicht
auch die nördlichen Länder Südamerikas; doch ſcheint er nicht bis nach Braſilien vorzudringen. Jm
Staate Newyork trifft er Anfangs Mai in größeren und kleineren Trupps ein, welche ſich bald durch
neue Zuzüge vermehren und nach kürzeſter Zeit das ganze Land im buchſtäblichen Sinne des Wortes
erfüllen. Wie Audubon ſagt, iſt es unmöglich, ein von dieſen Vögeln nicht bewohntes Feld aufzu-
finden. Für den Unbetheiligten gewährt die Beobachtung des von allen Landleuten bitter gehaßten
Paperlings viel Vergnügen. Die Geſelligkeit der Thiere wird auch während der Brutzeit nicht auf-
gehoben; ein Paar wohnt und brütet dicht neben dem andern. Das Neſt wird auf oder hart über
dem Boden ohne große Sorgfalt, jedoch immer zwiſchen Gras oder Getreidehalmen angelegt und
ſelbſtverſtändlich zum Mittelpunkt des Wohngebietes eines Paares. Während nun die Weibchen ſich
dem Fortpflanzungsgeſchäft hingeben, treiben ſich die Männchen im neckenden Wetteifer über dem
Halmenwalde umher. Eins und das andere erhebt ſich ſingend in die Luft und ſchwingt ſich hier in
eigenthümlichen Abſätzen auf und nieder. Das Lied des Einen erregt alle Uebrigen, und bald ſieht
man eine Menge aufſteigen und vernimmt von jedem die anmuthig heitere Weiſe. Mit Recht rühmen
die Nordamerikaner den Geſang dieſes Vogels; er genügt ſelbſt dem verwöhnten Ohre eines deutſchen
Liebhabers. Die Töne ſind reich an Wechſel, werden aber mit großer Schnelligkeit und anſcheinender
Verwirrung ausgeſtoßen und ſo eifrig fortgeſetzt, daß man zuweilen den Geſang von einem halben
Dutzend zu vernehmen glaubt, während doch nur ein einziger ſingt. Eine Vorſtellung kann man ſich
nach Wilſon von dieſem Geſange machen, wenn man auf einem Pianoforte raſch nach einander ver-
ſchiedene Töne anſchlägt, hohe und tiefe durch einander, ohne eigentliche Regel. Aber die Wirkung
des Ganzen iſt gut. Recht häufig ſingt das Männchen übrigens auch im Sitzen und dann unter leb-
hafter Begleitung mit den Flügeln nach Art unſeres Staars. Jn ſeinen Bewegungen zeigt ſich der
Paperling als ein ſehr gewandter Vogel. Sein Gang auf dem Boden iſt mehr ein Schreiten, als ein
Hüpfen; der Flug iſt leicht und ſchön. Zudem verſteht er es, in ſeinem Halmenwalde auf- und
niederzuklettern, trotz einem Rohrſänger.
Jn den letzten Tagen des Mai findet man in dem verhältnißmäßig großen Neſte vier bis ſechs
Eier, welche auf weißlichem Grunde dicht mit dunkelblauen und unregelmäßig mit ſchwärzlichen
Flecken gezeichnet ſind. Jedes Paar brütet, falls ihm die erſten Eier nicht geraubt werden, nur ein-
mal im Jahre. Die Jungen werden hauptſächlich mit Kerbthieren aufgefüttert, wachſen raſch heran,
verlaſſen das Neſt und ſchlagen ſich ſodann mit andern ihrer Art in zahlreiche Flüge zuſammen. Nun-
mehr zeigt ſich der Paperling von ſeiner andern Seite. Der anmuthige Geſang iſt beendet, die
ſchmucke Tracht der männlichen Vögel bereits im Wechſel; das Paar hat keinen feſten Standort mehr
und ſtreift im Lande auf und nieder. Jetzt beginnen die Verwüſtungen. Die Vögel fliegen von Feld zu
Feld, fallen in ungeheuren Schwärmen ein, freſſen die noch milchigen Körner des Getreides ebenſo
gern, als die bereits gereiften und fügen wegen ihrer ungeheuren Menge den Landleuten wirklich
erheblichen Schaden zu. Jedes Gewehr wird jetzt gegen ſie in Bereitſchaft geſetzt; Tauſende und
Hunderttauſende werden erlegt, jedoch vergeblich; denn die Verwüſtungen währen demungeachtet fort.
Man vertreibt die Vögel höchſtens von einem Felde, um ſie in das andere zu jagen. Sobald ſie ihr
Werk im Norden beendet haben, fallen ſie in die ſüdlichen Pflanzungen ein. So treiben ſie ſich
wochenlang umher, bei Tage in den Feldern hauſend, nachts Rohrwälder zum Schlafen ſich
erwählend. Dann wandern ſie weiter und weiter nach Süden hin.
Ungeachtet der Verwüſtungen, welche der Paperling zeitweilig im Felde anrichtet, fragt es ſich
noch ſehr, ob er als ein überwiegend ſchädlicher Vogel betrachtet werden darf. Bis zur Getreidereife
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/303>, abgerufen am 23.11.2024.
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