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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Lebensdauer. Jagd und Fang.
Und es starben die Aturen,
Wie sie lebten, frei und kühn;
Jhres Stammes letzte Spuren
Deckt des Uferschilfes Grün.
Der Aturen allerletzter
Trauert dort der Papagei;
Am Gestein den Schnabel wetzt er,
Durch die Lüfte tönt sein Schrei.
Ach, die Knaben, die ihn lehrten
Jhrer Muttersprache Laut,
Und die Frauen, die ihn nährten,
Die ihm selbst das Nest gebaut:
Alle liegen sie erschlagen,
Auf dem Ufer hingestreckt,
Und mit seinen bangen Klagen
Hat er Keinen aufgeweckt!" --

Es ist wahrscheinlich, daß die meisten größeren Papageien der Last des Alters, nicht aber ihren
Feinden erliegen. Feinde haben auch sie, doch keinen schlimmeren als den Menschen. Den Raub-
thieren entgehen viele, Dank ihrer Klugheit; andere mögen den Räubern, welche im Stande sind,
sie zu verfolgen in ihrer sicheren Höhe, wohl auch zu schaffen machen. Die kleineren Arten fallen
wohl oft den Falken oder den kletternden Raubsäugethieren zum Opfer; die größeren wissen ihren
Schnabel auch als Waffe mit Erfolg zu benutzen. Dem Menschen gegenüber nützt ihnen freilich
weder List noch Wehrhaftigkeit. Sie müssen der einen oder der anderen seiner unzähligen Listen
schließlich doch erliegen.

Die Papageien werden allerorten verfolgt und mit einer gewissen Leidenschaft gejagt. Es
geschieht Dies ebensowohl, um sie zu nutzen, als um sich ihrer zu entwehren. Letzteres macht sich
überall nothwendig, wo Pflanzungen an Wälder stoßen, welche von Papageien bewohnt werden.
"Man bilde sich nicht ein", sagt Audubon, "daß alle die Uebergriffe, welche sich die Papageien zu
Schulden kommen lassen, seitens der Pflanzer ohne ernste Vergeltung hingenommen werden. Jm
Gegentheil! -- Die Vögel werden während ihrer räuberischen Einfälle in das Besitzthum des
Bauers von diesem massenhaft abgeschlachtet. Mit dem geladenen Gewehr in der Hand schleicht sich
der erboste Landmann herbei, und acht oder zehn von den Räubern erliegen dem ersten Schusse. Die
Ueberlebenden erheben sich, schreien laut auf, fliegen vier oder fünf Minuten lang in Kreisen umher,
kehren zu den Leichen der Gefallenen zurück, umschwärmen sie mit lautem klagenden Geschrei und fal-
len als Opfer ihrer Anhänglichkeit, bis schließlich so wenige übrig bleiben, daß sie der Bauer
nicht für zahlreich genug hält, fein Kraut und Loth fernerhin an sie zu wenden. Jch habe im Laufe
weniger Stunden mehrere Hunderte von ihnen in dieser Weise vertilgt und Körbe mit den Erbeuteten
gefüllt. Die Angeschossenen wissen übrigens sich ihrer Haut zu wehren; sie bringen mit ihrem schar-
fen Schnabel gefährliche Wunden bei." Die Chilesen sprengen, wenn sich die Vögel auf den Feldern
niedergelassen haben, mit größter Schnelligkeit unter sie, und schlagen mit Ruthen unter den aufflie-
genden Schwarm. Die Australier scheuchen sie von ihren Schlafplätzen auf und schleudern ihre Wurf-
hölzer in die umherwirbelnden Scharen. Kühne Waghälse lassen sich an den Felsenwänden, in denen
südamerikanische Arten brüten, herab und ziehen die Jungen mit Haken aus den Nesthöhlen. Sonntags-
schützen und zünftige Jäger versuchen sie zu beschleichen, während sie fressen. Die Jungen werden,
wenn die Nestbäume unersteiglich sind, durch Fällen derselben gewonnen; es werden Netze, Leim-
ruthen und dergleichen gestellt etc. Das Fleisch der erbeuteten Papageien wird, obgleich es hart und
zäh ist, doch gern gegessen, mindestens zur Herstellung kräftiger Brühen verwendet. Schomburgk
rühmt die Papageisuppen nach eigener Erfahrung als ein ganz vorzügliches Gericht; die Chilefen sind

Lebensdauer. Jagd und Fang.
Und es ſtarben die Aturen,
Wie ſie lebten, frei und kühn;
Jhres Stammes letzte Spuren
Deckt des Uferſchilfes Grün.
Der Aturen allerletzter
Trauert dort der Papagei;
Am Geſtein den Schnabel wetzt er,
Durch die Lüfte tönt ſein Schrei.
Ach, die Knaben, die ihn lehrten
Jhrer Mutterſprache Laut,
Und die Frauen, die ihn nährten,
Die ihm ſelbſt das Neſt gebaut:
Alle liegen ſie erſchlagen,
Auf dem Ufer hingeſtreckt,
Und mit ſeinen bangen Klagen
Hat er Keinen aufgeweckt!‟ —

Es iſt wahrſcheinlich, daß die meiſten größeren Papageien der Laſt des Alters, nicht aber ihren
Feinden erliegen. Feinde haben auch ſie, doch keinen ſchlimmeren als den Menſchen. Den Raub-
thieren entgehen viele, Dank ihrer Klugheit; andere mögen den Räubern, welche im Stande ſind,
ſie zu verfolgen in ihrer ſicheren Höhe, wohl auch zu ſchaffen machen. Die kleineren Arten fallen
wohl oft den Falken oder den kletternden Raubſäugethieren zum Opfer; die größeren wiſſen ihren
Schnabel auch als Waffe mit Erfolg zu benutzen. Dem Menſchen gegenüber nützt ihnen freilich
weder Liſt noch Wehrhaftigkeit. Sie müſſen der einen oder der anderen ſeiner unzähligen Liſten
ſchließlich doch erliegen.

Die Papageien werden allerorten verfolgt und mit einer gewiſſen Leidenſchaft gejagt. Es
geſchieht Dies ebenſowohl, um ſie zu nutzen, als um ſich ihrer zu entwehren. Letzteres macht ſich
überall nothwendig, wo Pflanzungen an Wälder ſtoßen, welche von Papageien bewohnt werden.
„Man bilde ſich nicht ein‟, ſagt Audubon, „daß alle die Uebergriffe, welche ſich die Papageien zu
Schulden kommen laſſen, ſeitens der Pflanzer ohne ernſte Vergeltung hingenommen werden. Jm
Gegentheil! — Die Vögel werden während ihrer räuberiſchen Einfälle in das Beſitzthum des
Bauers von dieſem maſſenhaft abgeſchlachtet. Mit dem geladenen Gewehr in der Hand ſchleicht ſich
der erboſte Landmann herbei, und acht oder zehn von den Räubern erliegen dem erſten Schuſſe. Die
Ueberlebenden erheben ſich, ſchreien laut auf, fliegen vier oder fünf Minuten lang in Kreiſen umher,
kehren zu den Leichen der Gefallenen zurück, umſchwärmen ſie mit lautem klagenden Geſchrei und fal-
len als Opfer ihrer Anhänglichkeit, bis ſchließlich ſo wenige übrig bleiben, daß ſie der Bauer
nicht für zahlreich genug hält, fein Kraut und Loth fernerhin an ſie zu wenden. Jch habe im Laufe
weniger Stunden mehrere Hunderte von ihnen in dieſer Weiſe vertilgt und Körbe mit den Erbeuteten
gefüllt. Die Angeſchoſſenen wiſſen übrigens ſich ihrer Haut zu wehren; ſie bringen mit ihrem ſchar-
fen Schnabel gefährliche Wunden bei.‟ Die Chileſen ſprengen, wenn ſich die Vögel auf den Feldern
niedergelaſſen haben, mit größter Schnelligkeit unter ſie, und ſchlagen mit Ruthen unter den aufflie-
genden Schwarm. Die Auſtralier ſcheuchen ſie von ihren Schlafplätzen auf und ſchleudern ihre Wurf-
hölzer in die umherwirbelnden Scharen. Kühne Waghälſe laſſen ſich an den Felſenwänden, in denen
ſüdamerikaniſche Arten brüten, herab und ziehen die Jungen mit Haken aus den Neſthöhlen. Sonntags-
ſchützen und zünftige Jäger verſuchen ſie zu beſchleichen, während ſie freſſen. Die Jungen werden,
wenn die Neſtbäume unerſteiglich ſind, durch Fällen derſelben gewonnen; es werden Netze, Leim-
ruthen und dergleichen geſtellt ꝛc. Das Fleiſch der erbeuteten Papageien wird, obgleich es hart und
zäh iſt, doch gern gegeſſen, mindeſtens zur Herſtellung kräftiger Brühen verwendet. Schomburgk
rühmt die Papageiſuppen nach eigener Erfahrung als ein ganz vorzügliches Gericht; die Chilefen ſind

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[15/0027] Lebensdauer. Jagd und Fang. Und es ſtarben die Aturen, Wie ſie lebten, frei und kühn; Jhres Stammes letzte Spuren Deckt des Uferſchilfes Grün. Der Aturen allerletzter Trauert dort der Papagei; Am Geſtein den Schnabel wetzt er, Durch die Lüfte tönt ſein Schrei. Ach, die Knaben, die ihn lehrten Jhrer Mutterſprache Laut, Und die Frauen, die ihn nährten, Die ihm ſelbſt das Neſt gebaut: Alle liegen ſie erſchlagen, Auf dem Ufer hingeſtreckt, Und mit ſeinen bangen Klagen Hat er Keinen aufgeweckt!‟ — Es iſt wahrſcheinlich, daß die meiſten größeren Papageien der Laſt des Alters, nicht aber ihren Feinden erliegen. Feinde haben auch ſie, doch keinen ſchlimmeren als den Menſchen. Den Raub- thieren entgehen viele, Dank ihrer Klugheit; andere mögen den Räubern, welche im Stande ſind, ſie zu verfolgen in ihrer ſicheren Höhe, wohl auch zu ſchaffen machen. Die kleineren Arten fallen wohl oft den Falken oder den kletternden Raubſäugethieren zum Opfer; die größeren wiſſen ihren Schnabel auch als Waffe mit Erfolg zu benutzen. Dem Menſchen gegenüber nützt ihnen freilich weder Liſt noch Wehrhaftigkeit. Sie müſſen der einen oder der anderen ſeiner unzähligen Liſten ſchließlich doch erliegen. Die Papageien werden allerorten verfolgt und mit einer gewiſſen Leidenſchaft gejagt. Es geſchieht Dies ebenſowohl, um ſie zu nutzen, als um ſich ihrer zu entwehren. Letzteres macht ſich überall nothwendig, wo Pflanzungen an Wälder ſtoßen, welche von Papageien bewohnt werden. „Man bilde ſich nicht ein‟, ſagt Audubon, „daß alle die Uebergriffe, welche ſich die Papageien zu Schulden kommen laſſen, ſeitens der Pflanzer ohne ernſte Vergeltung hingenommen werden. Jm Gegentheil! — Die Vögel werden während ihrer räuberiſchen Einfälle in das Beſitzthum des Bauers von dieſem maſſenhaft abgeſchlachtet. Mit dem geladenen Gewehr in der Hand ſchleicht ſich der erboſte Landmann herbei, und acht oder zehn von den Räubern erliegen dem erſten Schuſſe. Die Ueberlebenden erheben ſich, ſchreien laut auf, fliegen vier oder fünf Minuten lang in Kreiſen umher, kehren zu den Leichen der Gefallenen zurück, umſchwärmen ſie mit lautem klagenden Geſchrei und fal- len als Opfer ihrer Anhänglichkeit, bis ſchließlich ſo wenige übrig bleiben, daß ſie der Bauer nicht für zahlreich genug hält, fein Kraut und Loth fernerhin an ſie zu wenden. Jch habe im Laufe weniger Stunden mehrere Hunderte von ihnen in dieſer Weiſe vertilgt und Körbe mit den Erbeuteten gefüllt. Die Angeſchoſſenen wiſſen übrigens ſich ihrer Haut zu wehren; ſie bringen mit ihrem ſchar- fen Schnabel gefährliche Wunden bei.‟ Die Chileſen ſprengen, wenn ſich die Vögel auf den Feldern niedergelaſſen haben, mit größter Schnelligkeit unter ſie, und ſchlagen mit Ruthen unter den aufflie- genden Schwarm. Die Auſtralier ſcheuchen ſie von ihren Schlafplätzen auf und ſchleudern ihre Wurf- hölzer in die umherwirbelnden Scharen. Kühne Waghälſe laſſen ſich an den Felſenwänden, in denen ſüdamerikaniſche Arten brüten, herab und ziehen die Jungen mit Haken aus den Neſthöhlen. Sonntags- ſchützen und zünftige Jäger verſuchen ſie zu beſchleichen, während ſie freſſen. Die Jungen werden, wenn die Neſtbäume unerſteiglich ſind, durch Fällen derſelben gewonnen; es werden Netze, Leim- ruthen und dergleichen geſtellt ꝛc. Das Fleiſch der erbeuteten Papageien wird, obgleich es hart und zäh iſt, doch gern gegeſſen, mindeſtens zur Herſtellung kräftiger Brühen verwendet. Schomburgk rühmt die Papageiſuppen nach eigener Erfahrung als ein ganz vorzügliches Gericht; die Chilefen ſind

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/27>, abgerufen am 24.11.2024.