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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Knacker. Die Papageien.
förmlich erpicht auf dasselbe. Auch die Jndianer Amerika's oder die Wilden Australiens stellen den
Papageien ihres Fleisches wegen eifrig nach.

Noch öfterer werden die Vögel ihrer schönen Federn halber gejagt. "Es ist Nichts natürlicher",
sagt der Prinz, "als diese einfachste und schönste Art des Putzes, worauf der Wilde sogleich verfallen
mußte. Wie schön sind die rohen Federarbeiten völlig ungebildeter Völker, wovon die Reisenden in
den verschiedenen Theilen unserer Erde Nachricht gegeben haben! Viele der Urvölker von Brasilien
haben sich in dieser Hinsicht ganz besonders ausgezeichnet! Man hat ihnen die Kraft zugeschrieben,
das Gesieder der Papageien mit Hilfe des Blutes eines Frosches bunt zu machen". Der Prinz hält
diese Angabe jedoch für ein Märchen, das möglicherweise auf Unwahrheiten fußen mag, welche die
Wilden selbst erfanden und gläubigen Europäern erzählten. Die Vorliebe der Urvölker für Papa-
geienfedern ist uralt und allgemein. "Jn lang vergangenen Zeiten", berichtet Pöppig, "brachten die
Bewohner der wärmeren Waldgegenden den Jnkas die Federn der Araras als Frohngabe zur
Schmückung ihrer Paläste, und die früheren Geschichtsschreiber Perus melden, daß diese Federn und
die Koka die einzigen Erzeugnisse waren, welche die Urbarmachung und Anvölkerung der gefürchteten
heißen Wälder ehemals veranlaßten." So wurden die Papageien Ursache zu einer weltgeschichtlichen
Begebenheit. Und dieser Fall steht nicht vereinzelt da; denn gerade diese Vögel wirkten, unwillentlich
freilich, später noch einmal bedeutungsvoll ein auf eine der weltgestaltenden Umwälzungen. Ein Flug
Papageien half Amerika entdecken. Pinzon,
der Begleiter und Untergebene des großen
Genuesers, hatte diesen dringend gebeten, den bisher festgehaltenen Lauf der Schiffe zu ändern. "Es
ist mir", versicherte er, "wie eine Eingebung, daß wir anders steuern müssen." "Die Eingebung aber
und was das Herz ihm sagte", so belehrt uns Humboldt in seinem Kosmos, "verdankte Pinzon,
wie den Erben des Kolumbus ein alter Matrose erzählt, einem Flug Papageien, den er abends hatte
gegen Südwesten fliegen sehen, um, wie er vermuthen konnte, in einem Gebüsch am Lande zu schlafen.
Niemals hat der Flug der Vögel gewichtigere Folgen gehabt. Man konnte sagen, er habe entschieden
über die ersten Ansiedelungen im neuen Kontinent über die ursprüngliche Vertheilung romanischer
und germanischer Menschenrassen."

Es liegt mir fern, diese zufällige Großthat der Papageien ihnen zuschreiben und auf Rechnung
ihres Nutzens für die Menschheit stellen zu wollen; ich habe nur gemeint, daß die Erwähnung jenes
Geschehnisses in ihrer Geschichte nicht fehlen dürfe. Der Nutzen, welchen die Papageien uns bringen,
ist genau derselbe, welchen wir den Affen abzugewinnen wissen. Außer der Verwendung des Fleisches
und Kleides der Vögel dienen sie uns als gern gesehene Gesellschafter im Zimmer. Wir gewinnen
sie lieb, trotz ihrer Unarten; wir vergeben ihnen die Beleidigungen unseres Gehörs und den nur
zu häufigen Mißbrauch ihres zerstörungsfähigen Schnabels, welcher, so unglaublich Das auch klin-
gen mag, nicht einmal das Eisen verschont, weil wir uns durch ihr schönes Gefieder bestechen, durch
ihre Klugheit einnehmen lassen.

Die Zähmung der Papageien erinnert in gewisser Hinsicht an die Unterjochung unserer Haus-
thiere. Sie ist uralt. Bereits Alerander der Große, der bekannte Thierfreund, oder möglicher-
weise einer seiner Feldherren, brachte von seinem Weltzuge zahme Papageien mit aus Jndien. Er
fand sie dort also jedenfalls schon als Hausgenossen der Eingeborenen vor. Später kamen die Vögel
häufig nach Rom. Jhre Schönheit und Klugheit befreundete sie den Römern so, daß diese Lieb-
haberei auf öffentlichem Markte gerügt wurde. "O unglückliches Rom", rief der strenge Censor
Marcus Portius Cato aus, "in welche Zeiten sind wir verfallen, da die Weiber Hunde auf
ihrem Schose ernähren und die Männer Papageien auf der Hand tragen!" Man setzte sie in Käfige
von Silber, Schildpatt und Elfenbein, ließ sie von eigens bestellten Lehrern unterrichten, lehrte sie
hauptsächlich, das Wort "Cäsar" auszusprechen und bediente sich eines besonderen Werkzeuges zu
ihrem Unterrichte. Der Preis eines sprechenden Sittichs überstieg oft den Werth eines Sklaven
Ovid fand einen Papagei würdig, von ihm besungen zu werden; Heliogabal glaubte, seinen
Gästen nichts Köstlicheres vorsetzen zu können, als Papageiköpfe. Noch unter Nero's Regierung

Knacker. Die Papageien.
förmlich erpicht auf daſſelbe. Auch die Jndianer Amerika’s oder die Wilden Auſtraliens ſtellen den
Papageien ihres Fleiſches wegen eifrig nach.

Noch öfterer werden die Vögel ihrer ſchönen Federn halber gejagt. „Es iſt Nichts natürlicher‟,
ſagt der Prinz, „als dieſe einfachſte und ſchönſte Art des Putzes, worauf der Wilde ſogleich verfallen
mußte. Wie ſchön ſind die rohen Federarbeiten völlig ungebildeter Völker, wovon die Reiſenden in
den verſchiedenen Theilen unſerer Erde Nachricht gegeben haben! Viele der Urvölker von Braſilien
haben ſich in dieſer Hinſicht ganz beſonders ausgezeichnet! Man hat ihnen die Kraft zugeſchrieben,
das Geſieder der Papageien mit Hilfe des Blutes eines Froſches bunt zu machen‟. Der Prinz hält
dieſe Angabe jedoch für ein Märchen, das möglicherweiſe auf Unwahrheiten fußen mag, welche die
Wilden ſelbſt erfanden und gläubigen Europäern erzählten. Die Vorliebe der Urvölker für Papa-
geienfedern iſt uralt und allgemein. „Jn lang vergangenen Zeiten‟, berichtet Pöppig, „brachten die
Bewohner der wärmeren Waldgegenden den Jnkas die Federn der Araras als Frohngabe zur
Schmückung ihrer Paläſte, und die früheren Geſchichtsſchreiber Perus melden, daß dieſe Federn und
die Koka die einzigen Erzeugniſſe waren, welche die Urbarmachung und Anvölkerung der gefürchteten
heißen Wälder ehemals veranlaßten.‟ So wurden die Papageien Urſache zu einer weltgeſchichtlichen
Begebenheit. Und dieſer Fall ſteht nicht vereinzelt da; denn gerade dieſe Vögel wirkten, unwillentlich
freilich, ſpäter noch einmal bedeutungsvoll ein auf eine der weltgeſtaltenden Umwälzungen. Ein Flug
Papageien half Amerika entdecken. Pinzon,
der Begleiter und Untergebene des großen
Genueſers, hatte dieſen dringend gebeten, den bisher feſtgehaltenen Lauf der Schiffe zu ändern. „Es
iſt mir‟, verſicherte er, „wie eine Eingebung, daß wir anders ſteuern müſſen.‟ „Die Eingebung aber
und was das Herz ihm ſagte‟, ſo belehrt uns Humboldt in ſeinem Kosmos, „verdankte Pinzon,
wie den Erben des Kolumbus ein alter Matroſe erzählt, einem Flug Papageien, den er abends hatte
gegen Südweſten fliegen ſehen, um, wie er vermuthen konnte, in einem Gebüſch am Lande zu ſchlafen.
Niemals hat der Flug der Vögel gewichtigere Folgen gehabt. Man konnte ſagen, er habe entſchieden
über die erſten Anſiedelungen im neuen Kontinent über die urſprüngliche Vertheilung romaniſcher
und germaniſcher Menſchenraſſen.‟

Es liegt mir fern, dieſe zufällige Großthat der Papageien ihnen zuſchreiben und auf Rechnung
ihres Nutzens für die Menſchheit ſtellen zu wollen; ich habe nur gemeint, daß die Erwähnung jenes
Geſchehniſſes in ihrer Geſchichte nicht fehlen dürfe. Der Nutzen, welchen die Papageien uns bringen,
iſt genau derſelbe, welchen wir den Affen abzugewinnen wiſſen. Außer der Verwendung des Fleiſches
und Kleides der Vögel dienen ſie uns als gern geſehene Geſellſchafter im Zimmer. Wir gewinnen
ſie lieb, trotz ihrer Unarten; wir vergeben ihnen die Beleidigungen unſeres Gehörs und den nur
zu häufigen Mißbrauch ihres zerſtörungsfähigen Schnabels, welcher, ſo unglaublich Das auch klin-
gen mag, nicht einmal das Eiſen verſchont, weil wir uns durch ihr ſchönes Gefieder beſtechen, durch
ihre Klugheit einnehmen laſſen.

Die Zähmung der Papageien erinnert in gewiſſer Hinſicht an die Unterjochung unſerer Haus-
thiere. Sie iſt uralt. Bereits Alerander der Große, der bekannte Thierfreund, oder möglicher-
weiſe einer ſeiner Feldherren, brachte von ſeinem Weltzuge zahme Papageien mit aus Jndien. Er
fand ſie dort alſo jedenfalls ſchon als Hausgenoſſen der Eingeborenen vor. Später kamen die Vögel
häufig nach Rom. Jhre Schönheit und Klugheit befreundete ſie den Römern ſo, daß dieſe Lieb-
haberei auf öffentlichem Markte gerügt wurde. „O unglückliches Rom‟, rief der ſtrenge Cenſor
Marcus Portius Cato aus, „in welche Zeiten ſind wir verfallen, da die Weiber Hunde auf
ihrem Schoſe ernähren und die Männer Papageien auf der Hand tragen!‟ Man ſetzte ſie in Käfige
von Silber, Schildpatt und Elfenbein, ließ ſie von eigens beſtellten Lehrern unterrichten, lehrte ſie
hauptſächlich, das Wort „Cäſar‟ auszuſprechen und bediente ſich eines beſonderen Werkzeuges zu
ihrem Unterrichte. Der Preis eines ſprechenden Sittichs überſtieg oft den Werth eines Sklaven
Ovid fand einen Papagei würdig, von ihm beſungen zu werden; Heliogabal glaubte, ſeinen
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[16/0028] Knacker. Die Papageien. förmlich erpicht auf daſſelbe. Auch die Jndianer Amerika’s oder die Wilden Auſtraliens ſtellen den Papageien ihres Fleiſches wegen eifrig nach. Noch öfterer werden die Vögel ihrer ſchönen Federn halber gejagt. „Es iſt Nichts natürlicher‟, ſagt der Prinz, „als dieſe einfachſte und ſchönſte Art des Putzes, worauf der Wilde ſogleich verfallen mußte. Wie ſchön ſind die rohen Federarbeiten völlig ungebildeter Völker, wovon die Reiſenden in den verſchiedenen Theilen unſerer Erde Nachricht gegeben haben! Viele der Urvölker von Braſilien haben ſich in dieſer Hinſicht ganz beſonders ausgezeichnet! Man hat ihnen die Kraft zugeſchrieben, das Geſieder der Papageien mit Hilfe des Blutes eines Froſches bunt zu machen‟. Der Prinz hält dieſe Angabe jedoch für ein Märchen, das möglicherweiſe auf Unwahrheiten fußen mag, welche die Wilden ſelbſt erfanden und gläubigen Europäern erzählten. Die Vorliebe der Urvölker für Papa- geienfedern iſt uralt und allgemein. „Jn lang vergangenen Zeiten‟, berichtet Pöppig, „brachten die Bewohner der wärmeren Waldgegenden den Jnkas die Federn der Araras als Frohngabe zur Schmückung ihrer Paläſte, und die früheren Geſchichtsſchreiber Perus melden, daß dieſe Federn und die Koka die einzigen Erzeugniſſe waren, welche die Urbarmachung und Anvölkerung der gefürchteten heißen Wälder ehemals veranlaßten.‟ So wurden die Papageien Urſache zu einer weltgeſchichtlichen Begebenheit. Und dieſer Fall ſteht nicht vereinzelt da; denn gerade dieſe Vögel wirkten, unwillentlich freilich, ſpäter noch einmal bedeutungsvoll ein auf eine der weltgeſtaltenden Umwälzungen. Ein Flug Papageien half Amerika entdecken. Pinzon, der Begleiter und Untergebene des großen Genueſers, hatte dieſen dringend gebeten, den bisher feſtgehaltenen Lauf der Schiffe zu ändern. „Es iſt mir‟, verſicherte er, „wie eine Eingebung, daß wir anders ſteuern müſſen.‟ „Die Eingebung aber und was das Herz ihm ſagte‟, ſo belehrt uns Humboldt in ſeinem Kosmos, „verdankte Pinzon, wie den Erben des Kolumbus ein alter Matroſe erzählt, einem Flug Papageien, den er abends hatte gegen Südweſten fliegen ſehen, um, wie er vermuthen konnte, in einem Gebüſch am Lande zu ſchlafen. Niemals hat der Flug der Vögel gewichtigere Folgen gehabt. Man konnte ſagen, er habe entſchieden über die erſten Anſiedelungen im neuen Kontinent über die urſprüngliche Vertheilung romaniſcher und germaniſcher Menſchenraſſen.‟ Es liegt mir fern, dieſe zufällige Großthat der Papageien ihnen zuſchreiben und auf Rechnung ihres Nutzens für die Menſchheit ſtellen zu wollen; ich habe nur gemeint, daß die Erwähnung jenes Geſchehniſſes in ihrer Geſchichte nicht fehlen dürfe. Der Nutzen, welchen die Papageien uns bringen, iſt genau derſelbe, welchen wir den Affen abzugewinnen wiſſen. Außer der Verwendung des Fleiſches und Kleides der Vögel dienen ſie uns als gern geſehene Geſellſchafter im Zimmer. Wir gewinnen ſie lieb, trotz ihrer Unarten; wir vergeben ihnen die Beleidigungen unſeres Gehörs und den nur zu häufigen Mißbrauch ihres zerſtörungsfähigen Schnabels, welcher, ſo unglaublich Das auch klin- gen mag, nicht einmal das Eiſen verſchont, weil wir uns durch ihr ſchönes Gefieder beſtechen, durch ihre Klugheit einnehmen laſſen. Die Zähmung der Papageien erinnert in gewiſſer Hinſicht an die Unterjochung unſerer Haus- thiere. Sie iſt uralt. Bereits Alerander der Große, der bekannte Thierfreund, oder möglicher- weiſe einer ſeiner Feldherren, brachte von ſeinem Weltzuge zahme Papageien mit aus Jndien. Er fand ſie dort alſo jedenfalls ſchon als Hausgenoſſen der Eingeborenen vor. Später kamen die Vögel häufig nach Rom. Jhre Schönheit und Klugheit befreundete ſie den Römern ſo, daß dieſe Lieb- haberei auf öffentlichem Markte gerügt wurde. „O unglückliches Rom‟, rief der ſtrenge Cenſor Marcus Portius Cato aus, „in welche Zeiten ſind wir verfallen, da die Weiber Hunde auf ihrem Schoſe ernähren und die Männer Papageien auf der Hand tragen!‟ Man ſetzte ſie in Käfige von Silber, Schildpatt und Elfenbein, ließ ſie von eigens beſtellten Lehrern unterrichten, lehrte ſie hauptſächlich, das Wort „Cäſar‟ auszuſprechen und bediente ſich eines beſonderen Werkzeuges zu ihrem Unterrichte. Der Preis eines ſprechenden Sittichs überſtieg oft den Werth eines Sklaven Ovid fand einen Papagei würdig, von ihm beſungen zu werden; Heliogabal glaubte, ſeinen Gäſten nichts Köſtlicheres vorſetzen zu können, als Papageiköpfe. Noch unter Nero’s Regierung

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/28>, abgerufen am 24.11.2024.