Grunzen wieder nieder und die ganze Gesellschaft schrie dann ihr: "Honn, honn, honn" auf eine so närrische Weise, daß der König sich doch des Lachens nicht enthalten konnte.
Andere abgerichtete Schweine hat man auch auf der Messe von St. Germain und auf dem Theater Aestley zu Paris gesehen. Jn London stellte man ein gelehrtes Schwein aus. Es konnte lesen. Man ließ es in einem Saale sehen, in welchem viele Menschen sich versammelten. Zwei Alphabete großer Buchstaben auf Karten lagen auf dem Boden. Einer aus der Gesellschaft wurde gebeten, ein Wort zu sagen. Der Herr und Besitzer des Schweins wiederholte es seinem Zögling und dieser hob sofort die zu dem Worte nöthigen Buchstaben mit den Zähnen auf und legte sie in die gehörige Ordnung. Auch die Zeit verstand es anzugeben, wenn man ihm eine Uhr vor- hielt u. s. w.
Die Engländer hatten ein Schwein sogar zur Jagd abgerichtet, und es leistete, wie Wood uns mittheilt, Vorzügliches. Slud, wie das Thier genannt wurde, war ein großer Freund von der Jagd und gesellte sich augenblicklich zu jedem Jäger. Er eignete sich für alle Arten der Jagd, mit Ausnahme der auf Hasen, welche er gar nicht zu beachten schien. Obgleich er sich sehr gut mit den Hunden vertrug, waren diese doch so ärgerlich über solchen Jagdgenossen, daß sie ihre Dienste zu thun verweigerten, wenn das Schwein irgend ein Wild vor ihnen aufgespürt hatte, und schließlich konnte man die Hunde gar nicht mehr mitnehmen, sondern mußte den Slud allein gebrauchen. Seine Nase war so fein, daß er einen Vogel schon in einer Entfernung von vierzig Ellen wahrnahm. Wenn derselbe sich erhob und wegflog, ging er gewöhnlich zu dem Platze, wo er gesessen hatte, und wühlte dort die Erde auf, um den Jägern diesen Ort gehörig anzuzeigen. Lief aber der Vogel weg, ohne sich zu erheben, so folgte ihm Slud langsam nach und stellte ihn, ganz nach Art eines guten Vorstehhundes. Man gebrauchte Slud mehrere Jahre, mußte ihn aber zuletzt tödten, weil er die Schafe nicht leiden konnte und unter den Herden viel Schrecken verursachte.
Andere Schweine hatte man abgerichtet, den Wagen zu ziehen. Ein Bauer in der Nähe der Marktstadt St. Alban kam oft mit seinen vier Schweinen gefahren, jagte in einem sonderbaren Galopp ein oder zwei Mal um den Marktplatz herum, fütterte sein Gespann und kehrte einige Stunden später wieder nach Hause zurück. Ein anderer Bauer wettete, daß er auf seinem Schweine in einer Stunde von seinem Hause vier Meilen weit nach Norfolk reiten wollte und gewann seine Wette.
Diese Geschichten beweisen wenigstens, daß das Schwein der Abrichtung fähig ist.
Sonderbar ist die Thatsache, daß die Schweine einen großen Abschen gegen Hunde zeigen. Wilde und zahme Schweine machen sich kein Gewissen daraus, unter Umständen Aas zu fressen, niemals aber gehen sie Hundefleisch an. "Jn dem bei Koburg gelegenen Saugarten," sagt Lenz, "werden den Wildschweinen oft todte Pferde vorgeworfen, welche sie ohne Umstände gierig auf- fressen; wird aber ein todter Hund hingelegt, so genießen sie keinen Bissen davon. -- Viele unga- rische Schweineherden werden ohne Hunde von den Hirten gelenkt und zerreißen jeden Hund, der unter sie kommt. Jm Jahre 1848 hatte einer meiner Verwandten auf der dem Baron Sina ge- hörigen Pusta Also Besuyö bei Erezin einen Hund, den er los sein, aber nicht gern selbst tödten wollte. Da erbot sich der Schweinehirt, die Hinrichtung zu übernehmen, band den Hund an einem Stricke fest und führte ihn zu seiner Herde. Diese überfiel ihn sogleich mit lautem und grimmigem Grunzen, riß und biß ihn nieder, bearbeitete ihn, bis er wie eine Wurst aussah, fraß aber keinen Bissen davon. Nun wurden die Schweine weggetrieben, wie sie aber nach einer Stunde wieder- kamen, fielen sie nochmals mit gleicher Wuth über den Hund her, fraßen jedoch wieder Nichts von ihm."
Jm allgemeinen zeigt sich das zahme Schwein als vollständiger Allesfresser. Es gibt wirklich kaum einen Nahrungsstoff, welchen dieses Thier verschmäht. Einige Pflanzen werden von ihm nicht berührt, und scharfe Gewürze können ihm den Tod bringen: im übrigen verzehrt es Alles, was der Mensch genießt, und noch hundert andere Dinge mehr. Es wählt seine Nahrung ebensogern aus
47*
Das Hausſchwein.
Grunzen wieder nieder und die ganze Geſellſchaft ſchrie dann ihr: „Honn, honn, honn‟ auf eine ſo närriſche Weiſe, daß der König ſich doch des Lachens nicht enthalten konnte.
Andere abgerichtete Schweine hat man auch auf der Meſſe von St. Germain und auf dem Theater Aeſtley zu Paris geſehen. Jn London ſtellte man ein gelehrtes Schwein aus. Es konnte leſen. Man ließ es in einem Saale ſehen, in welchem viele Menſchen ſich verſammelten. Zwei Alphabete großer Buchſtaben auf Karten lagen auf dem Boden. Einer aus der Geſellſchaft wurde gebeten, ein Wort zu ſagen. Der Herr und Beſitzer des Schweins wiederholte es ſeinem Zögling und dieſer hob ſofort die zu dem Worte nöthigen Buchſtaben mit den Zähnen auf und legte ſie in die gehörige Ordnung. Auch die Zeit verſtand es anzugeben, wenn man ihm eine Uhr vor- hielt u. ſ. w.
Die Engländer hatten ein Schwein ſogar zur Jagd abgerichtet, und es leiſtete, wie Wood uns mittheilt, Vorzügliches. Slud, wie das Thier genannt wurde, war ein großer Freund von der Jagd und geſellte ſich augenblicklich zu jedem Jäger. Er eignete ſich für alle Arten der Jagd, mit Ausnahme der auf Haſen, welche er gar nicht zu beachten ſchien. Obgleich er ſich ſehr gut mit den Hunden vertrug, waren dieſe doch ſo ärgerlich über ſolchen Jagdgenoſſen, daß ſie ihre Dienſte zu thun verweigerten, wenn das Schwein irgend ein Wild vor ihnen aufgeſpürt hatte, und ſchließlich konnte man die Hunde gar nicht mehr mitnehmen, ſondern mußte den Slud allein gebrauchen. Seine Naſe war ſo fein, daß er einen Vogel ſchon in einer Entfernung von vierzig Ellen wahrnahm. Wenn derſelbe ſich erhob und wegflog, ging er gewöhnlich zu dem Platze, wo er geſeſſen hatte, und wühlte dort die Erde auf, um den Jägern dieſen Ort gehörig anzuzeigen. Lief aber der Vogel weg, ohne ſich zu erheben, ſo folgte ihm Slud langſam nach und ſtellte ihn, ganz nach Art eines guten Vorſtehhundes. Man gebrauchte Slud mehrere Jahre, mußte ihn aber zuletzt tödten, weil er die Schafe nicht leiden konnte und unter den Herden viel Schrecken verurſachte.
Andere Schweine hatte man abgerichtet, den Wagen zu ziehen. Ein Bauer in der Nähe der Marktſtadt St. Alban kam oft mit ſeinen vier Schweinen gefahren, jagte in einem ſonderbaren Galopp ein oder zwei Mal um den Marktplatz herum, fütterte ſein Geſpann und kehrte einige Stunden ſpäter wieder nach Hauſe zurück. Ein anderer Bauer wettete, daß er auf ſeinem Schweine in einer Stunde von ſeinem Hauſe vier Meilen weit nach Norfolk reiten wollte und gewann ſeine Wette.
Dieſe Geſchichten beweiſen wenigſtens, daß das Schwein der Abrichtung fähig iſt.
Sonderbar iſt die Thatſache, daß die Schweine einen großen Abſchen gegen Hunde zeigen. Wilde und zahme Schweine machen ſich kein Gewiſſen daraus, unter Umſtänden Aas zu freſſen, niemals aber gehen ſie Hundefleiſch an. „Jn dem bei Koburg gelegenen Saugarten,‟ ſagt Lenz, „werden den Wildſchweinen oft todte Pferde vorgeworfen, welche ſie ohne Umſtände gierig auf- freſſen; wird aber ein todter Hund hingelegt, ſo genießen ſie keinen Biſſen davon. — Viele unga- riſche Schweineherden werden ohne Hunde von den Hirten gelenkt und zerreißen jeden Hund, der unter ſie kommt. Jm Jahre 1848 hatte einer meiner Verwandten auf der dem Baron Sina ge- hörigen Puſta Alſo Beſuyö bei Erezin einen Hund, den er los ſein, aber nicht gern ſelbſt tödten wollte. Da erbot ſich der Schweinehirt, die Hinrichtung zu übernehmen, band den Hund an einem Stricke feſt und führte ihn zu ſeiner Herde. Dieſe überfiel ihn ſogleich mit lautem und grimmigem Grunzen, riß und biß ihn nieder, bearbeitete ihn, bis er wie eine Wurſt ausſah, fraß aber keinen Biſſen davon. Nun wurden die Schweine weggetrieben, wie ſie aber nach einer Stunde wieder- kamen, fielen ſie nochmals mit gleicher Wuth über den Hund her, fraßen jedoch wieder Nichts von ihm.‟
Jm allgemeinen zeigt ſich das zahme Schwein als vollſtändiger Allesfreſſer. Es gibt wirklich kaum einen Nahrungsſtoff, welchen dieſes Thier verſchmäht. Einige Pflanzen werden von ihm nicht berührt, und ſcharfe Gewürze können ihm den Tod bringen: im übrigen verzehrt es Alles, was der Menſch genießt, und noch hundert andere Dinge mehr. Es wählt ſeine Nahrung ebenſogern aus
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Das Hausſchwein.
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närriſche Weiſe, daß der König ſich doch des Lachens nicht enthalten konnte.
Andere abgerichtete Schweine hat man auch auf der Meſſe von St. Germain und auf dem
Theater Aeſtley zu Paris geſehen. Jn London ſtellte man ein gelehrtes Schwein aus. Es konnte
leſen. Man ließ es in einem Saale ſehen, in welchem viele Menſchen ſich verſammelten. Zwei
Alphabete großer Buchſtaben auf Karten lagen auf dem Boden. Einer aus der Geſellſchaft wurde
gebeten, ein Wort zu ſagen. Der Herr und Beſitzer des Schweins wiederholte es ſeinem Zögling
und dieſer hob ſofort die zu dem Worte nöthigen Buchſtaben mit den Zähnen auf und legte ſie in
die gehörige Ordnung. Auch die Zeit verſtand es anzugeben, wenn man ihm eine Uhr vor-
hielt u. ſ. w.
Die Engländer hatten ein Schwein ſogar zur Jagd abgerichtet, und es leiſtete, wie Wood
uns mittheilt, Vorzügliches. Slud, wie das Thier genannt wurde, war ein großer Freund von der
Jagd und geſellte ſich augenblicklich zu jedem Jäger. Er eignete ſich für alle Arten der Jagd, mit
Ausnahme der auf Haſen, welche er gar nicht zu beachten ſchien. Obgleich er ſich ſehr gut mit den
Hunden vertrug, waren dieſe doch ſo ärgerlich über ſolchen Jagdgenoſſen, daß ſie ihre Dienſte zu
thun verweigerten, wenn das Schwein irgend ein Wild vor ihnen aufgeſpürt hatte, und ſchließlich
konnte man die Hunde gar nicht mehr mitnehmen, ſondern mußte den Slud allein gebrauchen. Seine
Naſe war ſo fein, daß er einen Vogel ſchon in einer Entfernung von vierzig Ellen wahrnahm.
Wenn derſelbe ſich erhob und wegflog, ging er gewöhnlich zu dem Platze, wo er geſeſſen hatte,
und wühlte dort die Erde auf, um den Jägern dieſen Ort gehörig anzuzeigen. Lief aber der Vogel
weg, ohne ſich zu erheben, ſo folgte ihm Slud langſam nach und ſtellte ihn, ganz nach Art eines
guten Vorſtehhundes. Man gebrauchte Slud mehrere Jahre, mußte ihn aber zuletzt tödten, weil er
die Schafe nicht leiden konnte und unter den Herden viel Schrecken verurſachte.
Andere Schweine hatte man abgerichtet, den Wagen zu ziehen. Ein Bauer in der Nähe der
Marktſtadt St. Alban kam oft mit ſeinen vier Schweinen gefahren, jagte in einem ſonderbaren
Galopp ein oder zwei Mal um den Marktplatz herum, fütterte ſein Geſpann und kehrte einige
Stunden ſpäter wieder nach Hauſe zurück. Ein anderer Bauer wettete, daß er auf ſeinem Schweine
in einer Stunde von ſeinem Hauſe vier Meilen weit nach Norfolk reiten wollte und gewann
ſeine Wette.
Dieſe Geſchichten beweiſen wenigſtens, daß das Schwein der Abrichtung fähig iſt.
Sonderbar iſt die Thatſache, daß die Schweine einen großen Abſchen gegen Hunde zeigen.
Wilde und zahme Schweine machen ſich kein Gewiſſen daraus, unter Umſtänden Aas zu freſſen,
niemals aber gehen ſie Hundefleiſch an. „Jn dem bei Koburg gelegenen Saugarten,‟ ſagt Lenz,
„werden den Wildſchweinen oft todte Pferde vorgeworfen, welche ſie ohne Umſtände gierig auf-
freſſen; wird aber ein todter Hund hingelegt, ſo genießen ſie keinen Biſſen davon. — Viele unga-
riſche Schweineherden werden ohne Hunde von den Hirten gelenkt und zerreißen jeden Hund, der
unter ſie kommt. Jm Jahre 1848 hatte einer meiner Verwandten auf der dem Baron Sina ge-
hörigen Puſta Alſo Beſuyö bei Erezin einen Hund, den er los ſein, aber nicht gern ſelbſt tödten
wollte. Da erbot ſich der Schweinehirt, die Hinrichtung zu übernehmen, band den Hund an einem
Stricke feſt und führte ihn zu ſeiner Herde. Dieſe überfiel ihn ſogleich mit lautem und grimmigem
Grunzen, riß und biß ihn nieder, bearbeitete ihn, bis er wie eine Wurſt ausſah, fraß aber keinen
Biſſen davon. Nun wurden die Schweine weggetrieben, wie ſie aber nach einer Stunde wieder-
kamen, fielen ſie nochmals mit gleicher Wuth über den Hund her, fraßen jedoch wieder Nichts
von ihm.‟
Jm allgemeinen zeigt ſich das zahme Schwein als vollſtändiger Allesfreſſer. Es gibt wirklich
kaum einen Nahrungsſtoff, welchen dieſes Thier verſchmäht. Einige Pflanzen werden von ihm nicht
berührt, und ſcharfe Gewürze können ihm den Tod bringen: im übrigen verzehrt es Alles, was der
Menſch genießt, und noch hundert andere Dinge mehr. Es wählt ſeine Nahrung ebenſogern aus
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/781>, abgerufen am 23.11.2024.
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