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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die Nabelschweine oder Pekaris.
dem Pflanzenreich, wie aus dem Thierreich. Auf Brach- und Stoppeläckern wird es sehr nützlich;
es vertilgt hier Mäuse, Engerlinge, Schnecken, Regenwürmer, Heuschrecken, Schmetterlings-
puppen und allerlei Unkraut, mästet sich dabei vortrefflich und wühlt auch noch den Boden auf.
Bei wenig Bewegung wird es in sehr kurzer Zeit steif auf dem Rücken und zuletzt so unbeholfen
und gefühllos, daß die Ratten ihm tiefe Löcher in den Rücken fressen können. Man kannte Schweine,
welche das ungeheure Gewicht von 1275 Pfund erlangt haben.

Während man bei den Hausschweinen möglichst darauf hält, daß sie sich nicht bewegen,
muß man den zur Zucht bestimmten viel Spielraum gönnen. Nothwendig ist auch, daß sie
reine und warme Ställe bekommen. Die Paarung findet gewöhnlich zwei Mal im Jahre statt,
Anfangs April oder im September. Nach 16 bis 18 Wochen oder 115 bis 118 Tagen wirft das
Hausschwein vier bis sechs, zuweilen auch zwölf bis funfzehn, und in seltenen Fällen zwanzig bis
vierundzwanzig Junge. Die Mutter hegt für diese wenig Sorgfalt und bereitet sich oft nicht ein-
mal ein Lager vor dem Ferkeln. Nicht selten kommt es vor, daß sie, wenn ihr die große Kinder-
schar lästig wird, einige von den Kleinen auffrißt, gewöhnlich dann, wenn sie dieselben vorher
erdrückt hat. Manche Mutterschweine muß man bewachen und sie schon lange Zeit vor dem Wurf
von thierischer Nahrung abhalten. Die Jungen guter Mütter läßt man vier Wochen saugen, ohne
sich weiter um sie zu bekümmern. Dann nimmt man sie weg und süttert sie mit leichten Nahrungs-
stoffen groß. Das Wachsthum geht sehr rasch vor sich, und bereits mit dem achten Monate ist das
Schwein fortpflanzungsfähig.

Ueber die Benutzung des geschlachteten Thieres brauche ich hier Nichts zu sagen; denn Jedermann
weiß, daß eigentlich kein Theil des ganzen Schweins verloren geht.



Amerika ist arm an Schweinen, und die ihm eigentlichen Arten stehen auch in der Größe
weit hinter den altweltlichen Verwandten zurück.

Sie bilden die Gruppe der Nabelschweine oder Pekaris (Dicotyles), welche sich haupt-
sächlich dadurch auszeichnen, daß ihre Hinterfüße nur dreizehig sind und der Schwanz gänzlich ver-
kümmert ist. Auch die einfachen Eckzähne und eine eigenthümliche Drüse auf dem Rücken tragen
zur Kennzeichnung dieser Thiere bei.

Der oft genannte Pekari (Dicotyles torquatus) ist ein kleines Schwein von 41/2 bis höchstens
5 Fuß Gesammtläuge und 1 bis 11/4 Fuß Höhe. Er hat einen kurzen Kopf und eine stumpfe
Schnauze, ist sonst aber ziemlich schlank gebaut. Die Borsten sind verhältnißmäßig lang und dicht
gestellt. Am Grunde erscheinen sie dunkelbraun, hierauf sind sie falb und schwarz geringelt und
an der Spitze endlich wieder schwarzbraun gefärbt. Zwischen den Ohren und auf der Mittellinie des
Rückens verlängern sie sich, ohne jedoch einen starken Kamm zu bilden. Die allgemeine Färbung
des Thieres ist ein schwärzliches Braun, welches auf den Seiten ins Gelblichbraune übergeht und
mit Weiß sich vermischt. Der Bauch ist braun, die Vorderbrust weiß, und vonhieraus läuft eine
gelblich gefärbte Binde nach vorn und unten und über die Schultern nach hinten und oben. Aus der
Rückendrüse sondert sich zu allen Zeiten eine durchdringend riechende Flüssigkeit ab, welche den Eig-
nern aber sehr zu behagen scheint, weil sie sich gegenseitig mit ihren Schnauzen an den Rücken-
drüsen reiben.

Jn allen waldreichen Gegenden Südamerikas bis gegen 3000 Fuß über dem Meere sind die
Nabel- oder Bisamschweine gewöhnliche Erscheinungen. Jn zahlreichen Trupps durchziehen sie
unter Leitung der stärksten Eber ihrer Art die Wälder, täglich den Aufenthaltsort ändernd und
eigentlich immer auf der Wanderschaft begriffen. Nach Rengger's Versicherungen kann man
ihnen tagelang folgen, ohne sie zu sehen. "Bei ihren Zügen," sagt dieser Forscher, "hält sie weder
das offene Feld, welches sie sonst nur selten besuchen, noch das Wasser auf. Kommen sie zu einem

Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nabelſchweine oder Pekaris.
dem Pflanzenreich, wie aus dem Thierreich. Auf Brach- und Stoppeläckern wird es ſehr nützlich;
es vertilgt hier Mäuſe, Engerlinge, Schnecken, Regenwürmer, Heuſchrecken, Schmetterlings-
puppen und allerlei Unkraut, mäſtet ſich dabei vortrefflich und wühlt auch noch den Boden auf.
Bei wenig Bewegung wird es in ſehr kurzer Zeit ſteif auf dem Rücken und zuletzt ſo unbeholfen
und gefühllos, daß die Ratten ihm tiefe Löcher in den Rücken freſſen können. Man kannte Schweine,
welche das ungeheure Gewicht von 1275 Pfund erlangt haben.

Während man bei den Hausſchweinen möglichſt darauf hält, daß ſie ſich nicht bewegen,
muß man den zur Zucht beſtimmten viel Spielraum gönnen. Nothwendig iſt auch, daß ſie
reine und warme Ställe bekommen. Die Paarung findet gewöhnlich zwei Mal im Jahre ſtatt,
Anfangs April oder im September. Nach 16 bis 18 Wochen oder 115 bis 118 Tagen wirft das
Hausſchwein vier bis ſechs, zuweilen auch zwölf bis funfzehn, und in ſeltenen Fällen zwanzig bis
vierundzwanzig Junge. Die Mutter hegt für dieſe wenig Sorgfalt und bereitet ſich oft nicht ein-
mal ein Lager vor dem Ferkeln. Nicht ſelten kommt es vor, daß ſie, wenn ihr die große Kinder-
ſchar läſtig wird, einige von den Kleinen auffrißt, gewöhnlich dann, wenn ſie dieſelben vorher
erdrückt hat. Manche Mutterſchweine muß man bewachen und ſie ſchon lange Zeit vor dem Wurf
von thieriſcher Nahrung abhalten. Die Jungen guter Mütter läßt man vier Wochen ſaugen, ohne
ſich weiter um ſie zu bekümmern. Dann nimmt man ſie weg und ſüttert ſie mit leichten Nahrungs-
ſtoffen groß. Das Wachsthum geht ſehr raſch vor ſich, und bereits mit dem achten Monate iſt das
Schwein fortpflanzungsfähig.

Ueber die Benutzung des geſchlachteten Thieres brauche ich hier Nichts zu ſagen; denn Jedermann
weiß, daß eigentlich kein Theil des ganzen Schweins verloren geht.



Amerika iſt arm an Schweinen, und die ihm eigentlichen Arten ſtehen auch in der Größe
weit hinter den altweltlichen Verwandten zurück.

Sie bilden die Gruppe der Nabelſchweine oder Pekaris (Dicotyles), welche ſich haupt-
ſächlich dadurch auszeichnen, daß ihre Hinterfüße nur dreizehig ſind und der Schwanz gänzlich ver-
kümmert iſt. Auch die einfachen Eckzähne und eine eigenthümliche Drüſe auf dem Rücken tragen
zur Kennzeichnung dieſer Thiere bei.

Der oft genannte Pekari (Dicotyles torquatus) iſt ein kleines Schwein von 4½ bis höchſtens
5 Fuß Geſammtläuge und 1 bis 1¼ Fuß Höhe. Er hat einen kurzen Kopf und eine ſtumpfe
Schnauze, iſt ſonſt aber ziemlich ſchlank gebaut. Die Borſten ſind verhältnißmäßig lang und dicht
geſtellt. Am Grunde erſcheinen ſie dunkelbraun, hierauf ſind ſie falb und ſchwarz geringelt und
an der Spitze endlich wieder ſchwarzbraun gefärbt. Zwiſchen den Ohren und auf der Mittellinie des
Rückens verlängern ſie ſich, ohne jedoch einen ſtarken Kamm zu bilden. Die allgemeine Färbung
des Thieres iſt ein ſchwärzliches Braun, welches auf den Seiten ins Gelblichbraune übergeht und
mit Weiß ſich vermiſcht. Der Bauch iſt braun, die Vorderbruſt weiß, und vonhieraus läuft eine
gelblich gefärbte Binde nach vorn und unten und über die Schultern nach hinten und oben. Aus der
Rückendrüſe ſondert ſich zu allen Zeiten eine durchdringend riechende Flüſſigkeit ab, welche den Eig-
nern aber ſehr zu behagen ſcheint, weil ſie ſich gegenſeitig mit ihren Schnauzen an den Rücken-
drüſen reiben.

Jn allen waldreichen Gegenden Südamerikas bis gegen 3000 Fuß über dem Meere ſind die
Nabel- oder Biſamſchweine gewöhnliche Erſcheinungen. Jn zahlreichen Trupps durchziehen ſie
unter Leitung der ſtärkſten Eber ihrer Art die Wälder, täglich den Aufenthaltsort ändernd und
eigentlich immer auf der Wanderſchaft begriffen. Nach Rengger’s Verſicherungen kann man
ihnen tagelang folgen, ohne ſie zu ſehen. „Bei ihren Zügen,‟ ſagt dieſer Forſcher, „hält ſie weder
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[740/0782] Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nabelſchweine oder Pekaris. dem Pflanzenreich, wie aus dem Thierreich. Auf Brach- und Stoppeläckern wird es ſehr nützlich; es vertilgt hier Mäuſe, Engerlinge, Schnecken, Regenwürmer, Heuſchrecken, Schmetterlings- puppen und allerlei Unkraut, mäſtet ſich dabei vortrefflich und wühlt auch noch den Boden auf. Bei wenig Bewegung wird es in ſehr kurzer Zeit ſteif auf dem Rücken und zuletzt ſo unbeholfen und gefühllos, daß die Ratten ihm tiefe Löcher in den Rücken freſſen können. Man kannte Schweine, welche das ungeheure Gewicht von 1275 Pfund erlangt haben. Während man bei den Hausſchweinen möglichſt darauf hält, daß ſie ſich nicht bewegen, muß man den zur Zucht beſtimmten viel Spielraum gönnen. Nothwendig iſt auch, daß ſie reine und warme Ställe bekommen. Die Paarung findet gewöhnlich zwei Mal im Jahre ſtatt, Anfangs April oder im September. Nach 16 bis 18 Wochen oder 115 bis 118 Tagen wirft das Hausſchwein vier bis ſechs, zuweilen auch zwölf bis funfzehn, und in ſeltenen Fällen zwanzig bis vierundzwanzig Junge. Die Mutter hegt für dieſe wenig Sorgfalt und bereitet ſich oft nicht ein- mal ein Lager vor dem Ferkeln. Nicht ſelten kommt es vor, daß ſie, wenn ihr die große Kinder- ſchar läſtig wird, einige von den Kleinen auffrißt, gewöhnlich dann, wenn ſie dieſelben vorher erdrückt hat. Manche Mutterſchweine muß man bewachen und ſie ſchon lange Zeit vor dem Wurf von thieriſcher Nahrung abhalten. Die Jungen guter Mütter läßt man vier Wochen ſaugen, ohne ſich weiter um ſie zu bekümmern. Dann nimmt man ſie weg und ſüttert ſie mit leichten Nahrungs- ſtoffen groß. Das Wachsthum geht ſehr raſch vor ſich, und bereits mit dem achten Monate iſt das Schwein fortpflanzungsfähig. Ueber die Benutzung des geſchlachteten Thieres brauche ich hier Nichts zu ſagen; denn Jedermann weiß, daß eigentlich kein Theil des ganzen Schweins verloren geht. Amerika iſt arm an Schweinen, und die ihm eigentlichen Arten ſtehen auch in der Größe weit hinter den altweltlichen Verwandten zurück. Sie bilden die Gruppe der Nabelſchweine oder Pekaris (Dicotyles), welche ſich haupt- ſächlich dadurch auszeichnen, daß ihre Hinterfüße nur dreizehig ſind und der Schwanz gänzlich ver- kümmert iſt. Auch die einfachen Eckzähne und eine eigenthümliche Drüſe auf dem Rücken tragen zur Kennzeichnung dieſer Thiere bei. Der oft genannte Pekari (Dicotyles torquatus) iſt ein kleines Schwein von 4½ bis höchſtens 5 Fuß Geſammtläuge und 1 bis 1¼ Fuß Höhe. Er hat einen kurzen Kopf und eine ſtumpfe Schnauze, iſt ſonſt aber ziemlich ſchlank gebaut. Die Borſten ſind verhältnißmäßig lang und dicht geſtellt. Am Grunde erſcheinen ſie dunkelbraun, hierauf ſind ſie falb und ſchwarz geringelt und an der Spitze endlich wieder ſchwarzbraun gefärbt. Zwiſchen den Ohren und auf der Mittellinie des Rückens verlängern ſie ſich, ohne jedoch einen ſtarken Kamm zu bilden. Die allgemeine Färbung des Thieres iſt ein ſchwärzliches Braun, welches auf den Seiten ins Gelblichbraune übergeht und mit Weiß ſich vermiſcht. Der Bauch iſt braun, die Vorderbruſt weiß, und vonhieraus läuft eine gelblich gefärbte Binde nach vorn und unten und über die Schultern nach hinten und oben. Aus der Rückendrüſe ſondert ſich zu allen Zeiten eine durchdringend riechende Flüſſigkeit ab, welche den Eig- nern aber ſehr zu behagen ſcheint, weil ſie ſich gegenſeitig mit ihren Schnauzen an den Rücken- drüſen reiben. Jn allen waldreichen Gegenden Südamerikas bis gegen 3000 Fuß über dem Meere ſind die Nabel- oder Biſamſchweine gewöhnliche Erſcheinungen. Jn zahlreichen Trupps durchziehen ſie unter Leitung der ſtärkſten Eber ihrer Art die Wälder, täglich den Aufenthaltsort ändernd und eigentlich immer auf der Wanderſchaft begriffen. Nach Rengger’s Verſicherungen kann man ihnen tagelang folgen, ohne ſie zu ſehen. „Bei ihren Zügen,‟ ſagt dieſer Forſcher, „hält ſie weder das offene Feld, welches ſie ſonſt nur ſelten beſuchen, noch das Waſſer auf. Kommen ſie zu einem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/782>, abgerufen am 23.11.2024.