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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. Die Tapire. -- Allgemeines.
und in dem dichten Pflanzendickicht am Ufer verschwanden. Ebenso schnell, wie sie dorthin geeilt,
waren wir dem Ufer zugerudert, so daß wir ziemlich gleichzeitig an dieses sprangen und ihnen mit
Flinten, Pfeil und Bogen nacheilten. So wie wir die waldige Umzäunung durchbrachen, bemerkten
wir, daß sich die beiden Flüchtlinge in den 6 bis 7 Fuß hohen Schneidegräsern und Rohr, das eine
unübersehbare Fläche bedeckte, zu verbergen suchten. Unsere Meute befand sich in dem etwas zurück-
gebliebenen dritten Bote und verdutzt standen wir Europäer vor der gewaltigen Wand, vor der wir
von früheren Erfahrungen her heiligen Respekt bekommen hatten. Unsere Jndianer aber konnte sie
nicht abhalten, und wie die Schlangen verschwanden sie zwischen den gefährlichen Gräsern. Zwei
kurz auf einander fallende Schüsse und das triumphirende Aufjauchzen der Jäger verkündeten ihr
Glück. Alles drängte jetzt der Richtung zu; wir erhielten dadurch einen weniger gefährlichen Weg,
und bald fanden wir die beiden glücklichen Jäger, sich auf ihre Gewehre stützend, vor dem eben ver-
endeten alten Tapir stehen. Pureka's Kugel hatte, wie sich bei dem Zerlegen herausstellte, die
Lunge des Thieres durchbohrt. Es war ein Weibchen von ungewöhnlicher Größe. Noch umstanden
wir in dichtem Kreise die willkommene Beute, als uns das wilde Durchbrechen des Grases und
Rohrs die Ankunft der Hunde bekundete, die gierig den Schweiß des Tapirs aufleckten. Jetzt begann
die Jagd auf das Junge, dessen Spur unsere trefflichen Hunde bald aufgefunden hatten. Sobald
sich das geängstigte Thier entdeckt sah, ließ es einen durchdringenden, pfeifenden Ton hören; noch
aber konnten wir Nichts sehen, bis uns die pfeifenden, gellenden Töne verriethen, daß das Thier
dem Saume des hohen Rohres, dem offenen Felde zugetrieben würde, weshalb wir so schnell als
möglich nach einer nahen Erhöhung eilten, um die Jagd anzusehen. Kaum waren wir dort ange-
kommen, als das Thier aus dem Rohr hervorbrach, hinter ihm die klaffende Meute und unsere
dreißig Jndianer, die im Laufen mit den Hunden gleichen Schritt hielten, und in deren Jauchzen
und Jubeln das Hundegebell und Angstgeschrei des Tapirs fast erstarb. Es war ein eigenthümliches
Schauspiel, eine Jagd, wie ich sie noch nie gesehen! Die Kräfte des gehetzten Wildes ermatteten
sichtbar, und bald hatte es unser trefflicher Jagdhund, Tewanau, gestellt, worauf es die Jndianer
nach einem harten, aber vergeblichen Widerstand, mit gebundenen Füßen, unter betäubendem Jubel
und noch wilderem Hundegebell nach dem Fahrzeug trugen. Es hatte die Größe eines fast ausge-
wachsenen Schweins."

"Jetzt galt es, den alten Tapir nach der Sandbank zu bringen, was uns erst mit Aufwendung
der Gesammtkräfte gelang, indem wir dem Riesen ein langes Seil an die Hinterfüße befestigten und
ihn so unter Jubel und Jauchzen dahinschleppten. -- Bald war das große Thier von vielen rührigen
Händen zerlegt; ein Theil des Fleisches wurde geräuchert, der andere gekocht. Das Fleisch fanden
wir ungemein wohlschmeckend; es hatte nicht allein in Bezug auf den Geschmack, sondern auch in sei-
nem Aussehen viel Aehnlichkeit mit dem Rindfleisch. Als wir das Thier ausweideten, fingen die
Jndianer sorgfältig das Blut auf, mischten klein geschnittene Fleischstücke darunter und füllten die
Masse in die Därme. Sie kochten diese Würste aber nicht, sondern räucherten sie. Jch kostete die
Wurst ein Mal und nicht wieder."

Die Ansiedler jagen den Tapir regelmäßig, entweder mit Hunden, welche ihn aus dem Wald
ins Freie und den Reitern zutreiben, oder indem sie in der Nähe seiner Wechsel auf ihn austehen,
oder endlich, indem sie ihn im Wasser verfolgen. Hierüber gibt Prinz von Wied Auskunft.
"Die Brasilianer," sagt er, "betreiben die Jagd des Tapir so unzweckmäßig als möglich. Um ein so
großes Thier zu erlegen, bedienen sie sich nicht der Kugeln, sondern schießen es mit Schrot, gewöhn-
lich, wenn sie es schwimmend in den Flüssen am frühen Morgen oder gegen Abend überraschen. Der
Tapir sucht durch dieses Mittel seinen Verfolgern im Wasser zu entrinnen. Allein die Brasilianer
rudern mit ihren Böten äußerst schnell heran und pflegen das Thier einzuschließen. Dies taucht dann
sehr geschickt und häufig unter, selbst unter den Boten hindurch, bleibt lange unter Wasser und
kommt blos zuweilen mit dem Kopfe an die Oberfläche, um Luft zu schöpfen. Dann zielen sogleich
alle Rohre nach diesem Theile, besonders nach der Ohrgegend, und ein Tapir erhält auf diese Art

Die Vielhufer oder Dickhäuter. Die Tapire. — Allgemeines.
und in dem dichten Pflanzendickicht am Ufer verſchwanden. Ebenſo ſchnell, wie ſie dorthin geeilt,
waren wir dem Ufer zugerudert, ſo daß wir ziemlich gleichzeitig an dieſes ſprangen und ihnen mit
Flinten, Pfeil und Bogen nacheilten. So wie wir die waldige Umzäunung durchbrachen, bemerkten
wir, daß ſich die beiden Flüchtlinge in den 6 bis 7 Fuß hohen Schneidegräſern und Rohr, das eine
unüberſehbare Fläche bedeckte, zu verbergen ſuchten. Unſere Meute befand ſich in dem etwas zurück-
gebliebenen dritten Bote und verdutzt ſtanden wir Europäer vor der gewaltigen Wand, vor der wir
von früheren Erfahrungen her heiligen Reſpekt bekommen hatten. Unſere Jndianer aber konnte ſie
nicht abhalten, und wie die Schlangen verſchwanden ſie zwiſchen den gefährlichen Gräſern. Zwei
kurz auf einander fallende Schüſſe und das triumphirende Aufjauchzen der Jäger verkündeten ihr
Glück. Alles drängte jetzt der Richtung zu; wir erhielten dadurch einen weniger gefährlichen Weg,
und bald fanden wir die beiden glücklichen Jäger, ſich auf ihre Gewehre ſtützend, vor dem eben ver-
endeten alten Tapir ſtehen. Pureka’s Kugel hatte, wie ſich bei dem Zerlegen herausſtellte, die
Lunge des Thieres durchbohrt. Es war ein Weibchen von ungewöhnlicher Größe. Noch umſtanden
wir in dichtem Kreiſe die willkommene Beute, als uns das wilde Durchbrechen des Graſes und
Rohrs die Ankunft der Hunde bekundete, die gierig den Schweiß des Tapirs aufleckten. Jetzt begann
die Jagd auf das Junge, deſſen Spur unſere trefflichen Hunde bald aufgefunden hatten. Sobald
ſich das geängſtigte Thier entdeckt ſah, ließ es einen durchdringenden, pfeifenden Ton hören; noch
aber konnten wir Nichts ſehen, bis uns die pfeifenden, gellenden Töne verriethen, daß das Thier
dem Saume des hohen Rohres, dem offenen Felde zugetrieben würde, weshalb wir ſo ſchnell als
möglich nach einer nahen Erhöhung eilten, um die Jagd anzuſehen. Kaum waren wir dort ange-
kommen, als das Thier aus dem Rohr hervorbrach, hinter ihm die klaffende Meute und unſere
dreißig Jndianer, die im Laufen mit den Hunden gleichen Schritt hielten, und in deren Jauchzen
und Jubeln das Hundegebell und Angſtgeſchrei des Tapirs faſt erſtarb. Es war ein eigenthümliches
Schauſpiel, eine Jagd, wie ich ſie noch nie geſehen! Die Kräfte des gehetzten Wildes ermatteten
ſichtbar, und bald hatte es unſer trefflicher Jagdhund, Tewanau, geſtellt, worauf es die Jndianer
nach einem harten, aber vergeblichen Widerſtand, mit gebundenen Füßen, unter betäubendem Jubel
und noch wilderem Hundegebell nach dem Fahrzeug trugen. Es hatte die Größe eines faſt ausge-
wachſenen Schweins.‟

„Jetzt galt es, den alten Tapir nach der Sandbank zu bringen, was uns erſt mit Aufwendung
der Geſammtkräfte gelang, indem wir dem Rieſen ein langes Seil an die Hinterfüße befeſtigten und
ihn ſo unter Jubel und Jauchzen dahinſchleppten. — Bald war das große Thier von vielen rührigen
Händen zerlegt; ein Theil des Fleiſches wurde geräuchert, der andere gekocht. Das Fleiſch fanden
wir ungemein wohlſchmeckend; es hatte nicht allein in Bezug auf den Geſchmack, ſondern auch in ſei-
nem Ausſehen viel Aehnlichkeit mit dem Rindfleiſch. Als wir das Thier ausweideten, fingen die
Jndianer ſorgfältig das Blut auf, miſchten klein geſchnittene Fleiſchſtücke darunter und füllten die
Maſſe in die Därme. Sie kochten dieſe Würſte aber nicht, ſondern räucherten ſie. Jch koſtete die
Wurſt ein Mal und nicht wieder.‟

Die Anſiedler jagen den Tapir regelmäßig, entweder mit Hunden, welche ihn aus dem Wald
ins Freie und den Reitern zutreiben, oder indem ſie in der Nähe ſeiner Wechſel auf ihn auſtehen,
oder endlich, indem ſie ihn im Waſſer verfolgen. Hierüber gibt Prinz von Wied Auskunft.
„Die Braſilianer,‟ ſagt er, „betreiben die Jagd des Tapir ſo unzweckmäßig als möglich. Um ein ſo
großes Thier zu erlegen, bedienen ſie ſich nicht der Kugeln, ſondern ſchießen es mit Schrot, gewöhn-
lich, wenn ſie es ſchwimmend in den Flüſſen am frühen Morgen oder gegen Abend überraſchen. Der
Tapir ſucht durch dieſes Mittel ſeinen Verfolgern im Waſſer zu entrinnen. Allein die Braſilianer
rudern mit ihren Böten äußerſt ſchnell heran und pflegen das Thier einzuſchließen. Dies taucht dann
ſehr geſchickt und häufig unter, ſelbſt unter den Boten hindurch, bleibt lange unter Waſſer und
kommt blos zuweilen mit dem Kopfe an die Oberfläche, um Luft zu ſchöpfen. Dann zielen ſogleich
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[720/0758] Die Vielhufer oder Dickhäuter. Die Tapire. — Allgemeines. und in dem dichten Pflanzendickicht am Ufer verſchwanden. Ebenſo ſchnell, wie ſie dorthin geeilt, waren wir dem Ufer zugerudert, ſo daß wir ziemlich gleichzeitig an dieſes ſprangen und ihnen mit Flinten, Pfeil und Bogen nacheilten. So wie wir die waldige Umzäunung durchbrachen, bemerkten wir, daß ſich die beiden Flüchtlinge in den 6 bis 7 Fuß hohen Schneidegräſern und Rohr, das eine unüberſehbare Fläche bedeckte, zu verbergen ſuchten. Unſere Meute befand ſich in dem etwas zurück- gebliebenen dritten Bote und verdutzt ſtanden wir Europäer vor der gewaltigen Wand, vor der wir von früheren Erfahrungen her heiligen Reſpekt bekommen hatten. Unſere Jndianer aber konnte ſie nicht abhalten, und wie die Schlangen verſchwanden ſie zwiſchen den gefährlichen Gräſern. Zwei kurz auf einander fallende Schüſſe und das triumphirende Aufjauchzen der Jäger verkündeten ihr Glück. Alles drängte jetzt der Richtung zu; wir erhielten dadurch einen weniger gefährlichen Weg, und bald fanden wir die beiden glücklichen Jäger, ſich auf ihre Gewehre ſtützend, vor dem eben ver- endeten alten Tapir ſtehen. Pureka’s Kugel hatte, wie ſich bei dem Zerlegen herausſtellte, die Lunge des Thieres durchbohrt. Es war ein Weibchen von ungewöhnlicher Größe. Noch umſtanden wir in dichtem Kreiſe die willkommene Beute, als uns das wilde Durchbrechen des Graſes und Rohrs die Ankunft der Hunde bekundete, die gierig den Schweiß des Tapirs aufleckten. Jetzt begann die Jagd auf das Junge, deſſen Spur unſere trefflichen Hunde bald aufgefunden hatten. Sobald ſich das geängſtigte Thier entdeckt ſah, ließ es einen durchdringenden, pfeifenden Ton hören; noch aber konnten wir Nichts ſehen, bis uns die pfeifenden, gellenden Töne verriethen, daß das Thier dem Saume des hohen Rohres, dem offenen Felde zugetrieben würde, weshalb wir ſo ſchnell als möglich nach einer nahen Erhöhung eilten, um die Jagd anzuſehen. Kaum waren wir dort ange- kommen, als das Thier aus dem Rohr hervorbrach, hinter ihm die klaffende Meute und unſere dreißig Jndianer, die im Laufen mit den Hunden gleichen Schritt hielten, und in deren Jauchzen und Jubeln das Hundegebell und Angſtgeſchrei des Tapirs faſt erſtarb. Es war ein eigenthümliches Schauſpiel, eine Jagd, wie ich ſie noch nie geſehen! Die Kräfte des gehetzten Wildes ermatteten ſichtbar, und bald hatte es unſer trefflicher Jagdhund, Tewanau, geſtellt, worauf es die Jndianer nach einem harten, aber vergeblichen Widerſtand, mit gebundenen Füßen, unter betäubendem Jubel und noch wilderem Hundegebell nach dem Fahrzeug trugen. Es hatte die Größe eines faſt ausge- wachſenen Schweins.‟ „Jetzt galt es, den alten Tapir nach der Sandbank zu bringen, was uns erſt mit Aufwendung der Geſammtkräfte gelang, indem wir dem Rieſen ein langes Seil an die Hinterfüße befeſtigten und ihn ſo unter Jubel und Jauchzen dahinſchleppten. — Bald war das große Thier von vielen rührigen Händen zerlegt; ein Theil des Fleiſches wurde geräuchert, der andere gekocht. Das Fleiſch fanden wir ungemein wohlſchmeckend; es hatte nicht allein in Bezug auf den Geſchmack, ſondern auch in ſei- nem Ausſehen viel Aehnlichkeit mit dem Rindfleiſch. Als wir das Thier ausweideten, fingen die Jndianer ſorgfältig das Blut auf, miſchten klein geſchnittene Fleiſchſtücke darunter und füllten die Maſſe in die Därme. Sie kochten dieſe Würſte aber nicht, ſondern räucherten ſie. Jch koſtete die Wurſt ein Mal und nicht wieder.‟ Die Anſiedler jagen den Tapir regelmäßig, entweder mit Hunden, welche ihn aus dem Wald ins Freie und den Reitern zutreiben, oder indem ſie in der Nähe ſeiner Wechſel auf ihn auſtehen, oder endlich, indem ſie ihn im Waſſer verfolgen. Hierüber gibt Prinz von Wied Auskunft. „Die Braſilianer,‟ ſagt er, „betreiben die Jagd des Tapir ſo unzweckmäßig als möglich. Um ein ſo großes Thier zu erlegen, bedienen ſie ſich nicht der Kugeln, ſondern ſchießen es mit Schrot, gewöhn- lich, wenn ſie es ſchwimmend in den Flüſſen am frühen Morgen oder gegen Abend überraſchen. Der Tapir ſucht durch dieſes Mittel ſeinen Verfolgern im Waſſer zu entrinnen. Allein die Braſilianer rudern mit ihren Böten äußerſt ſchnell heran und pflegen das Thier einzuſchließen. Dies taucht dann ſehr geſchickt und häufig unter, ſelbſt unter den Boten hindurch, bleibt lange unter Waſſer und kommt blos zuweilen mit dem Kopfe an die Oberfläche, um Luft zu ſchöpfen. Dann zielen ſogleich alle Rohre nach dieſem Theile, beſonders nach der Ohrgegend, und ein Tapir erhält auf dieſe Art

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/758>, abgerufen am 23.11.2024.