zwölf bis zwanzig Schüsse, bevor er getödtet wird. Häufig entkommt er dennoch, wenn nicht ein Jagdhund bei der Hand ist. Mit einer Kugel würde man das ermüdete Thier in einer kleinen Ent- fernung sehr sicher erlegen können; allein die Brasilianer bedienen sich niemals dieses Geschosses, weil sie im vorkommenden Fall mit ihren groben, schweren Schroten ebenso wohl einen Tapir, als ein Wildhuhn erlegen können."
Die Wilden suchen den Tapir nach seiner Fährte auf, umstellen ihn, nachdem sie seinen Aufent- halt erspäht und treiben ihn dann den Schützen zu. Azara sagt, daß dieses Wild einen starken Schuß vertrüge und selbst dann, wenn ihm eine Kugel durch das Herz gedrungen wäre, noch mehrere hundert Schritte zurücklege, bevor es stürze.
Jn Paraguay haben die Jäger eine eigene Art, einen lebendig gefangenen junzen Tapir, wel- cher zu groß ist, als daß sie ihn aufs Pferd nehmen könnten, mit sich zu führen. Sie durchstechen ihm nämlich von einem der Nasenlöcher aus den Obertheil des Rüssels und ziehen einen Lederriemen durch die Oeffnung. Jede zerrende Bewegung verursacht nun dem Tapir einen heftigen Schmerz; deshalb folgt er zuletzt seinem Führer ohne Widerstreben.
Schlimmere Feinde noch, als die Menschen es sind, mögen die Tapire auch in den großen Katzen haben, welche mit ihnen dieselbe Heimat bewohnen. Daß die amerikanischen Arten vom Ja- guar arg befehdet werden, versichern alle Reisenden; das Gleiche wird wohl vom Schabrackentapir hinsichtlich des Tigers anzunehmen sein. Es wird erzählt, daß der Tapir, wenn der Jaguar ihm auf den Nacken springe, sich so eiligst, als möglich in das verschlungenste Dickicht stürze, um den bösen Feind von sich abzustreifen und daß er, da seine Haut die Krallen des Raubthieres kaum durchdringen lasse, oft auch glücklich davon käme. Die Angabe dürfte nicht so unglaublich sein, als sie scheint; Schomburgk versichert wenigstens, daß er viele Tapire erlegt habe, welche bedeutende, von ihrem Zusammentreffen mit den Katzen herrührende Narben an sich trugen.
Jn wilden, steinigten Gebirgen Afrikas und Asiens bemerkt man an manchen Orten ein gar reges Leben. Kaninchengroße Thiere, welche auf irgend einer Felsplatte oder auf einem Block sich sonnten, huschen, erschreckt durch die Ankunft eines Menschen, mit affenähnlichem Schreien rasch an den Wänden dahin, verschwinden in einer der unzähligen Klüfte und schauen dann neugierig und harmlos, wie sie sind, auf die ungewöhnliche Erscheinung herab. Dies sind die Klippschliefer (Hyrax), die kleinsten aller jetzt lebenden Dickhäuter.
Wenige Thiere haben den Naturforschern so viel Mühe hinsichtlich ihrer Einordnung in der Thierreihe gemacht, als sie. Anfangs vereinigte man die Klippschliefer mit den Nagethieren, mit welchen sie auch in ihrem ganzen Wesen und Sein unzweifelhaft die meiste Aehnlichkeit haben. Oken stellte sie zu den Beutelthieren in der Nähe des Wombats; denn diesen ähneln sie bis auf den Beutel ebenfalls nicht wenig. Wir haben sie nach Cuvier's Vorgange unter den Dickhäutern auf- genommen. Um uns der Aehnlichkeit zwischen ihnen und den riesigen Gestalten des Elefanten, Nashorns oder Flußpferdes bewußt zu werden, müssen wir allerdings längst ausgestorbene Arten der Ordnung zu Hilfe nehmen; denn auf den ersten Blick hin will es scheinen, als ob beide Gruppen mit einander gar Nichts gemein hätten. Ein kaninchengroßes Thier mit weichem feinen Pelz, kurzen Beinen, dicken Nagezähnen, mit gespaltener Oberlippe, stummelhaft im Pelze verstecktem Schwanz, welches, wie eine Eidechse, an den Felsen umherspringt, hat doch wahrlich keine Aehnlichkeit mit den erwähnten massigen Landbewohnern, welche das schwere Gebäude ihres Leibes scheinbar nur mühsam fortbewegen. Allein, wenn wir uns erinnern, daß die vorweltlichen Mammuths und Nashörner zum Theil auch einen dicken Pelz trugen und bedenken, daß die Paläotherien und Anoplotherien, Dickhäuter ihrem Wesen nach, ebenfalls nur Hasen- oder Kaninchen groß
Brehm, Thierleben. II. 46
Die Klippſchliefer.
zwölf bis zwanzig Schüſſe, bevor er getödtet wird. Häufig entkommt er dennoch, wenn nicht ein Jagdhund bei der Hand iſt. Mit einer Kugel würde man das ermüdete Thier in einer kleinen Ent- fernung ſehr ſicher erlegen können; allein die Braſilianer bedienen ſich niemals dieſes Geſchoſſes, weil ſie im vorkommenden Fall mit ihren groben, ſchweren Schroten ebenſo wohl einen Tapir, als ein Wildhuhn erlegen können.‟
Die Wilden ſuchen den Tapir nach ſeiner Fährte auf, umſtellen ihn, nachdem ſie ſeinen Aufent- halt erſpäht und treiben ihn dann den Schützen zu. Azara ſagt, daß dieſes Wild einen ſtarken Schuß vertrüge und ſelbſt dann, wenn ihm eine Kugel durch das Herz gedrungen wäre, noch mehrere hundert Schritte zurücklege, bevor es ſtürze.
Jn Paraguay haben die Jäger eine eigene Art, einen lebendig gefangenen junzen Tapir, wel- cher zu groß iſt, als daß ſie ihn aufs Pferd nehmen könnten, mit ſich zu führen. Sie durchſtechen ihm nämlich von einem der Naſenlöcher aus den Obertheil des Rüſſels und ziehen einen Lederriemen durch die Oeffnung. Jede zerrende Bewegung verurſacht nun dem Tapir einen heftigen Schmerz; deshalb folgt er zuletzt ſeinem Führer ohne Widerſtreben.
Schlimmere Feinde noch, als die Menſchen es ſind, mögen die Tapire auch in den großen Katzen haben, welche mit ihnen dieſelbe Heimat bewohnen. Daß die amerikaniſchen Arten vom Ja- guar arg befehdet werden, verſichern alle Reiſenden; das Gleiche wird wohl vom Schabrackentapir hinſichtlich des Tigers anzunehmen ſein. Es wird erzählt, daß der Tapir, wenn der Jaguar ihm auf den Nacken ſpringe, ſich ſo eiligſt, als möglich in das verſchlungenſte Dickicht ſtürze, um den böſen Feind von ſich abzuſtreifen und daß er, da ſeine Haut die Krallen des Raubthieres kaum durchdringen laſſe, oft auch glücklich davon käme. Die Angabe dürfte nicht ſo unglaublich ſein, als ſie ſcheint; Schomburgk verſichert wenigſtens, daß er viele Tapire erlegt habe, welche bedeutende, von ihrem Zuſammentreffen mit den Katzen herrührende Narben an ſich trugen.
Jn wilden, ſteinigten Gebirgen Afrikas und Aſiens bemerkt man an manchen Orten ein gar reges Leben. Kaninchengroße Thiere, welche auf irgend einer Felsplatte oder auf einem Block ſich ſonnten, huſchen, erſchreckt durch die Ankunft eines Menſchen, mit affenähnlichem Schreien raſch an den Wänden dahin, verſchwinden in einer der unzähligen Klüfte und ſchauen dann neugierig und harmlos, wie ſie ſind, auf die ungewöhnliche Erſcheinung herab. Dies ſind die Klippſchliefer (Hyrax), die kleinſten aller jetzt lebenden Dickhäuter.
Wenige Thiere haben den Naturforſchern ſo viel Mühe hinſichtlich ihrer Einordnung in der Thierreihe gemacht, als ſie. Anfangs vereinigte man die Klippſchliefer mit den Nagethieren, mit welchen ſie auch in ihrem ganzen Weſen und Sein unzweifelhaft die meiſte Aehnlichkeit haben. Oken ſtellte ſie zu den Beutelthieren in der Nähe des Wombats; denn dieſen ähneln ſie bis auf den Beutel ebenfalls nicht wenig. Wir haben ſie nach Cuvier’s Vorgange unter den Dickhäutern auf- genommen. Um uns der Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den rieſigen Geſtalten des Elefanten, Nashorns oder Flußpferdes bewußt zu werden, müſſen wir allerdings längſt ausgeſtorbene Arten der Ordnung zu Hilfe nehmen; denn auf den erſten Blick hin will es ſcheinen, als ob beide Gruppen mit einander gar Nichts gemein hätten. Ein kaninchengroßes Thier mit weichem feinen Pelz, kurzen Beinen, dicken Nagezähnen, mit geſpaltener Oberlippe, ſtummelhaft im Pelze verſtecktem Schwanz, welches, wie eine Eidechſe, an den Felſen umherſpringt, hat doch wahrlich keine Aehnlichkeit mit den erwähnten maſſigen Landbewohnern, welche das ſchwere Gebäude ihres Leibes ſcheinbar nur mühſam fortbewegen. Allein, wenn wir uns erinnern, daß die vorweltlichen Mammuths und Nashörner zum Theil auch einen dicken Pelz trugen und bedenken, daß die Paläotherien und Anoplotherien, Dickhäuter ihrem Weſen nach, ebenfalls nur Haſen- oder Kaninchen groß
Brehm, Thierleben. II. 46
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Die Klippſchliefer.
zwölf bis zwanzig Schüſſe, bevor er getödtet wird. Häufig entkommt er dennoch, wenn nicht ein
Jagdhund bei der Hand iſt. Mit einer Kugel würde man das ermüdete Thier in einer kleinen Ent-
fernung ſehr ſicher erlegen können; allein die Braſilianer bedienen ſich niemals dieſes Geſchoſſes, weil
ſie im vorkommenden Fall mit ihren groben, ſchweren Schroten ebenſo wohl einen Tapir, als ein
Wildhuhn erlegen können.‟
Die Wilden ſuchen den Tapir nach ſeiner Fährte auf, umſtellen ihn, nachdem ſie ſeinen Aufent-
halt erſpäht und treiben ihn dann den Schützen zu. Azara ſagt, daß dieſes Wild einen ſtarken
Schuß vertrüge und ſelbſt dann, wenn ihm eine Kugel durch das Herz gedrungen wäre, noch mehrere
hundert Schritte zurücklege, bevor es ſtürze.
Jn Paraguay haben die Jäger eine eigene Art, einen lebendig gefangenen junzen Tapir, wel-
cher zu groß iſt, als daß ſie ihn aufs Pferd nehmen könnten, mit ſich zu führen. Sie durchſtechen
ihm nämlich von einem der Naſenlöcher aus den Obertheil des Rüſſels und ziehen einen Lederriemen
durch die Oeffnung. Jede zerrende Bewegung verurſacht nun dem Tapir einen heftigen Schmerz;
deshalb folgt er zuletzt ſeinem Führer ohne Widerſtreben.
Schlimmere Feinde noch, als die Menſchen es ſind, mögen die Tapire auch in den großen
Katzen haben, welche mit ihnen dieſelbe Heimat bewohnen. Daß die amerikaniſchen Arten vom Ja-
guar arg befehdet werden, verſichern alle Reiſenden; das Gleiche wird wohl vom Schabrackentapir
hinſichtlich des Tigers anzunehmen ſein. Es wird erzählt, daß der Tapir, wenn der Jaguar ihm
auf den Nacken ſpringe, ſich ſo eiligſt, als möglich in das verſchlungenſte Dickicht ſtürze, um den
böſen Feind von ſich abzuſtreifen und daß er, da ſeine Haut die Krallen des Raubthieres kaum
durchdringen laſſe, oft auch glücklich davon käme. Die Angabe dürfte nicht ſo unglaublich ſein, als
ſie ſcheint; Schomburgk verſichert wenigſtens, daß er viele Tapire erlegt habe, welche bedeutende,
von ihrem Zuſammentreffen mit den Katzen herrührende Narben an ſich trugen.
Jn wilden, ſteinigten Gebirgen Afrikas und Aſiens bemerkt man an manchen Orten ein gar
reges Leben. Kaninchengroße Thiere, welche auf irgend einer Felsplatte oder auf einem Block ſich
ſonnten, huſchen, erſchreckt durch die Ankunft eines Menſchen, mit affenähnlichem Schreien raſch an den
Wänden dahin, verſchwinden in einer der unzähligen Klüfte und ſchauen dann neugierig und harmlos,
wie ſie ſind, auf die ungewöhnliche Erſcheinung herab. Dies ſind die Klippſchliefer (Hyrax),
die kleinſten aller jetzt lebenden Dickhäuter.
Wenige Thiere haben den Naturforſchern ſo viel Mühe hinſichtlich ihrer Einordnung in der
Thierreihe gemacht, als ſie. Anfangs vereinigte man die Klippſchliefer mit den Nagethieren, mit
welchen ſie auch in ihrem ganzen Weſen und Sein unzweifelhaft die meiſte Aehnlichkeit haben. Oken
ſtellte ſie zu den Beutelthieren in der Nähe des Wombats; denn dieſen ähneln ſie bis auf den
Beutel ebenfalls nicht wenig. Wir haben ſie nach Cuvier’s Vorgange unter den Dickhäutern auf-
genommen. Um uns der Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und den rieſigen Geſtalten des Elefanten,
Nashorns oder Flußpferdes bewußt zu werden, müſſen wir allerdings längſt ausgeſtorbene
Arten der Ordnung zu Hilfe nehmen; denn auf den erſten Blick hin will es ſcheinen, als ob beide
Gruppen mit einander gar Nichts gemein hätten. Ein kaninchengroßes Thier mit weichem feinen
Pelz, kurzen Beinen, dicken Nagezähnen, mit geſpaltener Oberlippe, ſtummelhaft im Pelze verſtecktem
Schwanz, welches, wie eine Eidechſe, an den Felſen umherſpringt, hat doch wahrlich keine Aehnlichkeit
mit den erwähnten maſſigen Landbewohnern, welche das ſchwere Gebäude ihres Leibes ſcheinbar nur
mühſam fortbewegen. Allein, wenn wir uns erinnern, daß die vorweltlichen Mammuths und
Nashörner zum Theil auch einen dicken Pelz trugen und bedenken, daß die Paläotherien und
Anoplotherien, Dickhäuter ihrem Weſen nach, ebenfalls nur Haſen- oder Kaninchen groß
Brehm, Thierleben. II. 46
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/759>, abgerufen am 23.11.2024.
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