Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Schabrackentapir.

Sehr bezeichnend ist die Färbung des höchst gleichmäßigen Haarkleides. Ein reines Tief-
schwarz darf als Grundfarbe angesehen werden; von ihr hebt sich, scharf abgegrenzt, die graulich-
weiße Schabracke lebhaft ab. Kopf, Hals und Vordertheil des Leibes bis hinter die Schulter-
blätter, einschließlich die Beine, ein neun Zoll breiter Streifen, welcher längs der Brust und
Bauchmitte verläuft, die Hinterbeine einschließlich die Oberschenkel, sowie endlich der Schwanz sind
tiefschwarz; alles Uebrige hingegen ist graulichweiß. Die Ohren sind, wie bei dem amerikanischen
Tapir, an der Spitze licht gerändert. Das Schwarz ebensowohl wie das Weiß schillern in eigen-
thümlicher, mit Worten kaum zu beschreibender Weise. Das einzelne Haar ist von der Wurzel bis
zur Spitze gleich gefärbt. Die Klauen sind dunkelhornfarben, die Jris ist dunkelviolett, der runde
Augenstern schwarz.

Da ich so glücklich bin, den in unseren Sammlungen noch äußerst seltenen Dickhäuter gegenwärtig
lebend vor mir zu haben, will ich ausnahmsweise genaue Maße von ihm und zwar von einem Thiere
weiblichen Geschlechts hier folgen lassen. Eine Messung von der Spitze des eingezogenen Rüssels bis
zur Spitze des Schwanzes längs der Mittellinie des Leibes ergibt 8 Fuß 3 Zoll hamburger Maß.
Die Länge des Kopfes von der Rüsselspitze bis hart hinter das Ohr beträgt 2 Fuß; der Rüssel selbst
ist zusammengezogen 21/2 Zoll, ausgestreckt 6 Zoll lang. Der Schwanz mißt nur 3 Zoll. Die Höhe
am Widerrist beträgt 3 Fuß 4 Zoll, die Kreuzhöhe 3 Fuß 6 Zoll. Die Vorderfüße sind bis zum
Kniegelenk 1 Fuß 7 Zoll, die Hinterfüße 1 Fuß 9 Zoll, die letzteren bis zum Hüftengelenk 3 Fuß
2 Zoll hoch; die Länge der Klauen schwankt zwischen 13/4 und 2 Zoll, und zwar sind die äußeren
13/4 Zoll, die mittleren 2 Zoll lang. Die Länge der Schabracke über den Rücken gemessen ist 3 Fuß
10 Zoll. Der Umfang des Leibes beträgt an der dicksten Stelle 6 Fuß, hart vor der Schabracke
5 Fuß 4 Zoll, der Umfang des Kopfes zwischen Auge und Ohr herabgemessen 3 Fuß, der Umfang
des Nüssels 1 Fuß, der Umfang des Vorderbeines am Kniegelenk 1 Fuß 91/2 Zoll, am Fersengelenk
1 Fuß 31/2 Zoll, an der Handwurzel 1 Fuß 1/2 Zoll, der Umfang des Hinterbeines am Kniegelenk
gegen 3 Fuß, am Fersengelenk 1 Fuß 7 Zoll, an der Handwurzel 11/2 Zoll.

Es ist eigenthümlich genug, daß über den Schabrackentapir trotz unseres lebhaften Verkehrs mit
Jndien und Südchina überhaupt, erst im Jahre 1819 und zwar durch Cuvier etwas Bestimmtes be-
kannt wurde. Der berühmte Forscher hatte kurz vorher ausgesprochen, daß zu unserer Zeit ein großes
Säugethier schwerlich noch entdeckt werden dürfte, und erfuhr durch Diard, einen seiner Schüler, den
schlagendsten Beweis des Gegentheils. Diard sandte zunächst nur eine Abbildung des Thieres nach
Europa und begleitete dieselbe mit den Worten: "Als ich den Tapir, dessen Abbildung ich Jhnen
sende, zum ersten Male zu Barakpoore sah, wunderte ich mich, daß ein so großes Thier noch nicht
entdeckt worden, ja, ich wunderte mich darüber noch mehr, als ich in der asiatischen Gesellschaft den
Kopf eines ähnlichen Thieres sah, welchen am 29. April des Jahres 1806 der Statthalter Farquhar
gesendet hatte, mit der Bemerkung, daß dieser Tapir in den Wäldern der Halbinsel ebenso gemein
sei, wie Nashorn und Elefant." Der Mann hat aber Unrecht, wenn er annahm, daß wirklich
Niemand etwas von dem Schabrackentapir wisse; denn nicht blos die Chinesen, sondern auch euro-
päische Forscher hatten das Thier lange vor Diard schon beschrieben. Was die braven Chinesen an-
langt, so muß freilich bemerkt werden, daß ihre Artbeschreibung des Schabrackentapirs Einiges zu
wünschen übrig läßt. Jn dem sehr alten Wörterbuche "Eul-Ya" wird das Wort Me, der Name
unseres Thieres, auf einen weißen Panther gedentet, jedoch hinzugefügt, daß der Me auch einem
Bären gleiche, aber einen kleinen Kopf und kurze Füße habe; die Haut sei weiß und schwarz gefleckt,
halte auch sehr gut die Nässe ab. -- Aus einem zweiten Wörterhuche "Chuen-Wen" betitelt, erfahren
wir dagegen, daß der Me zwar einem Bären gleicht, aber gelblich aussieht, auch nur im Lande Lhu
vorkommt. -- Ungleich vollständiger und genauer schildert das Pen-thsaokana-mou, ein Buch, wel-
ches etwa der Raff'schen Naturgeschichte entspricht, unseren Vielhufer: "Der Me", so belehrt es
uns: "gleicht einem Bären. Sein Kopf ist klein und seine Beine sind niedrig. Das kurze, glän-
zende Haar ist schwarz und weiß gefleckt, obwohl Einige sagen, daß das Thier gelblichweiß, und An-

Der Schabrackentapir.

Sehr bezeichnend iſt die Färbung des höchſt gleichmäßigen Haarkleides. Ein reines Tief-
ſchwarz darf als Grundfarbe angeſehen werden; von ihr hebt ſich, ſcharf abgegrenzt, die graulich-
weiße Schabracke lebhaft ab. Kopf, Hals und Vordertheil des Leibes bis hinter die Schulter-
blätter, einſchließlich die Beine, ein neun Zoll breiter Streifen, welcher längs der Bruſt und
Bauchmitte verläuft, die Hinterbeine einſchließlich die Oberſchenkel, ſowie endlich der Schwanz ſind
tiefſchwarz; alles Uebrige hingegen iſt graulichweiß. Die Ohren ſind, wie bei dem amerikaniſchen
Tapir, an der Spitze licht gerändert. Das Schwarz ebenſowohl wie das Weiß ſchillern in eigen-
thümlicher, mit Worten kaum zu beſchreibender Weiſe. Das einzelne Haar iſt von der Wurzel bis
zur Spitze gleich gefärbt. Die Klauen ſind dunkelhornfarben, die Jris iſt dunkelviolett, der runde
Augenſtern ſchwarz.

Da ich ſo glücklich bin, den in unſeren Sammlungen noch äußerſt ſeltenen Dickhäuter gegenwärtig
lebend vor mir zu haben, will ich ausnahmsweiſe genaue Maße von ihm und zwar von einem Thiere
weiblichen Geſchlechts hier folgen laſſen. Eine Meſſung von der Spitze des eingezogenen Rüſſels bis
zur Spitze des Schwanzes längs der Mittellinie des Leibes ergibt 8 Fuß 3 Zoll hamburger Maß.
Die Länge des Kopfes von der Rüſſelſpitze bis hart hinter das Ohr beträgt 2 Fuß; der Rüſſel ſelbſt
iſt zuſammengezogen 2½ Zoll, ausgeſtreckt 6 Zoll lang. Der Schwanz mißt nur 3 Zoll. Die Höhe
am Widerriſt beträgt 3 Fuß 4 Zoll, die Kreuzhöhe 3 Fuß 6 Zoll. Die Vorderfüße ſind bis zum
Kniegelenk 1 Fuß 7 Zoll, die Hinterfüße 1 Fuß 9 Zoll, die letzteren bis zum Hüftengelenk 3 Fuß
2 Zoll hoch; die Länge der Klauen ſchwankt zwiſchen 1¾ und 2 Zoll, und zwar ſind die äußeren
1¾ Zoll, die mittleren 2 Zoll lang. Die Länge der Schabracke über den Rücken gemeſſen iſt 3 Fuß
10 Zoll. Der Umfang des Leibes beträgt an der dickſten Stelle 6 Fuß, hart vor der Schabracke
5 Fuß 4 Zoll, der Umfang des Kopfes zwiſchen Auge und Ohr herabgemeſſen 3 Fuß, der Umfang
des Nüſſels 1 Fuß, der Umfang des Vorderbeines am Kniegelenk 1 Fuß 9½ Zoll, am Ferſengelenk
1 Fuß 3½ Zoll, an der Handwurzel 1 Fuß ½ Zoll, der Umfang des Hinterbeines am Kniegelenk
gegen 3 Fuß, am Ferſengelenk 1 Fuß 7 Zoll, an der Handwurzel 1½ Zoll.

Es iſt eigenthümlich genug, daß über den Schabrackentapir trotz unſeres lebhaften Verkehrs mit
Jndien und Südchina überhaupt, erſt im Jahre 1819 und zwar durch Cuvier etwas Beſtimmtes be-
kannt wurde. Der berühmte Forſcher hatte kurz vorher ausgeſprochen, daß zu unſerer Zeit ein großes
Säugethier ſchwerlich noch entdeckt werden dürfte, und erfuhr durch Diard, einen ſeiner Schüler, den
ſchlagendſten Beweis des Gegentheils. Diard ſandte zunächſt nur eine Abbildung des Thieres nach
Europa und begleitete dieſelbe mit den Worten: „Als ich den Tapir, deſſen Abbildung ich Jhnen
ſende, zum erſten Male zu Barakpoore ſah, wunderte ich mich, daß ein ſo großes Thier noch nicht
entdeckt worden, ja, ich wunderte mich darüber noch mehr, als ich in der aſiatiſchen Geſellſchaft den
Kopf eines ähnlichen Thieres ſah, welchen am 29. April des Jahres 1806 der Statthalter Farquhar
geſendet hatte, mit der Bemerkung, daß dieſer Tapir in den Wäldern der Halbinſel ebenſo gemein
ſei, wie Nashorn und Elefant.‟ Der Mann hat aber Unrecht, wenn er annahm, daß wirklich
Niemand etwas von dem Schabrackentapir wiſſe; denn nicht blos die Chineſen, ſondern auch euro-
päiſche Forſcher hatten das Thier lange vor Diard ſchon beſchrieben. Was die braven Chineſen an-
langt, ſo muß freilich bemerkt werden, daß ihre Artbeſchreibung des Schabrackentapirs Einiges zu
wünſchen übrig läßt. Jn dem ſehr alten Wörterbuche „Eul-Ya‟ wird das Wort Me, der Name
unſeres Thieres, auf einen weißen Panther gedentet, jedoch hinzugefügt, daß der Me auch einem
Bären gleiche, aber einen kleinen Kopf und kurze Füße habe; die Haut ſei weiß und ſchwarz gefleckt,
halte auch ſehr gut die Näſſe ab. — Aus einem zweiten Wörterhuche „Chuen-Wen‟ betitelt, erfahren
wir dagegen, daß der Me zwar einem Bären gleicht, aber gelblich ausſieht, auch nur im Lande Lhu
vorkommt. — Ungleich vollſtändiger und genauer ſchildert das Pen-thſaokana-mou, ein Buch, wel-
ches etwa der Raff’ſchen Naturgeſchichte entſpricht, unſeren Vielhufer: „Der Me‟, ſo belehrt es
uns: „gleicht einem Bären. Sein Kopf iſt klein und ſeine Beine ſind niedrig. Das kurze, glän-
zende Haar iſt ſchwarz und weiß gefleckt, obwohl Einige ſagen, daß das Thier gelblichweiß, und An-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0751" n="713"/>
              <fw place="top" type="header">Der Schabrackentapir.</fw><lb/>
              <p>Sehr bezeichnend i&#x017F;t die Färbung des höch&#x017F;t gleichmäßigen Haarkleides. Ein reines Tief-<lb/>
&#x017F;chwarz darf als Grundfarbe ange&#x017F;ehen werden; von ihr hebt &#x017F;ich, &#x017F;charf abgegrenzt, die graulich-<lb/>
weiße Schabracke lebhaft ab. Kopf, Hals und Vordertheil des Leibes bis hinter die Schulter-<lb/>
blätter, ein&#x017F;chließlich die Beine, ein neun Zoll breiter Streifen, welcher längs der Bru&#x017F;t und<lb/>
Bauchmitte verläuft, die Hinterbeine ein&#x017F;chließlich die Ober&#x017F;chenkel, &#x017F;owie endlich der Schwanz &#x017F;ind<lb/>
tief&#x017F;chwarz; alles Uebrige hingegen i&#x017F;t graulichweiß. Die Ohren &#x017F;ind, wie bei dem amerikani&#x017F;chen<lb/>
Tapir, an der Spitze licht gerändert. Das Schwarz eben&#x017F;owohl wie das Weiß &#x017F;chillern in eigen-<lb/>
thümlicher, mit Worten kaum zu be&#x017F;chreibender Wei&#x017F;e. Das einzelne Haar i&#x017F;t von der Wurzel bis<lb/>
zur Spitze gleich gefärbt. Die Klauen &#x017F;ind dunkelhornfarben, die Jris i&#x017F;t dunkelviolett, der runde<lb/>
Augen&#x017F;tern &#x017F;chwarz.</p><lb/>
              <p>Da ich &#x017F;o glücklich bin, den in un&#x017F;eren Sammlungen noch äußer&#x017F;t &#x017F;eltenen Dickhäuter gegenwärtig<lb/>
lebend vor mir zu haben, will ich ausnahmswei&#x017F;e genaue Maße von ihm und zwar von einem Thiere<lb/>
weiblichen Ge&#x017F;chlechts hier folgen la&#x017F;&#x017F;en. Eine Me&#x017F;&#x017F;ung von der Spitze des eingezogenen Rü&#x017F;&#x017F;els bis<lb/>
zur Spitze des Schwanzes längs der Mittellinie des Leibes ergibt 8 Fuß 3 Zoll hamburger Maß.<lb/>
Die Länge des Kopfes von der Rü&#x017F;&#x017F;el&#x017F;pitze bis hart hinter das Ohr beträgt 2 Fuß; der Rü&#x017F;&#x017F;el &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t zu&#x017F;ammengezogen 2½ Zoll, ausge&#x017F;treckt 6 Zoll lang. Der Schwanz mißt nur 3 Zoll. Die Höhe<lb/>
am Widerri&#x017F;t beträgt 3 Fuß 4 Zoll, die Kreuzhöhe 3 Fuß 6 Zoll. Die Vorderfüße &#x017F;ind bis zum<lb/>
Kniegelenk 1 Fuß 7 Zoll, die Hinterfüße 1 Fuß 9 Zoll, die letzteren bis zum Hüftengelenk 3 Fuß<lb/>
2 Zoll hoch; die Länge der Klauen &#x017F;chwankt zwi&#x017F;chen 1¾ und 2 Zoll, und zwar &#x017F;ind die äußeren<lb/>
1¾ Zoll, die mittleren 2 Zoll lang. Die Länge der Schabracke über den Rücken geme&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t 3 Fuß<lb/>
10 Zoll. Der Umfang des Leibes beträgt an der dick&#x017F;ten Stelle 6 Fuß, hart vor der Schabracke<lb/>
5 Fuß 4 Zoll, der Umfang des Kopfes zwi&#x017F;chen Auge und Ohr herabgeme&#x017F;&#x017F;en 3 Fuß, der Umfang<lb/>
des Nü&#x017F;&#x017F;els 1 Fuß, der Umfang des Vorderbeines am Kniegelenk 1 Fuß 9½ Zoll, am Fer&#x017F;engelenk<lb/>
1 Fuß 3½ Zoll, an der Handwurzel 1 Fuß ½ Zoll, der Umfang des Hinterbeines am Kniegelenk<lb/>
gegen 3 Fuß, am Fer&#x017F;engelenk 1 Fuß 7 Zoll, an der Handwurzel 1½ Zoll.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t eigenthümlich genug, daß über den Schabrackentapir trotz un&#x017F;eres lebhaften Verkehrs mit<lb/>
Jndien und Südchina überhaupt, er&#x017F;t im Jahre 1819 und zwar durch <hi rendition="#g">Cuvier</hi> etwas Be&#x017F;timmtes be-<lb/>
kannt wurde. Der berühmte For&#x017F;cher hatte kurz vorher ausge&#x017F;prochen, daß zu un&#x017F;erer Zeit ein großes<lb/>
Säugethier &#x017F;chwerlich noch entdeckt werden dürfte, und erfuhr durch <hi rendition="#g">Diard,</hi> einen &#x017F;einer Schüler, den<lb/>
&#x017F;chlagend&#x017F;ten Beweis des Gegentheils. <hi rendition="#g">Diard</hi> &#x017F;andte zunäch&#x017F;t nur eine Abbildung des Thieres nach<lb/>
Europa und begleitete die&#x017F;elbe mit den Worten: &#x201E;Als ich den Tapir, de&#x017F;&#x017F;en Abbildung ich Jhnen<lb/>
&#x017F;ende, zum er&#x017F;ten Male zu Barakpoore &#x017F;ah, wunderte ich mich, daß ein &#x017F;o großes Thier noch nicht<lb/>
entdeckt worden, ja, ich wunderte mich darüber noch mehr, als ich in der a&#x017F;iati&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft den<lb/>
Kopf eines ähnlichen Thieres &#x017F;ah, welchen am 29. April des Jahres 1806 der Statthalter <hi rendition="#g">Farquhar</hi><lb/>
ge&#x017F;endet hatte, mit der Bemerkung, daß die&#x017F;er Tapir in den Wäldern der Halbin&#x017F;el eben&#x017F;o gemein<lb/>
&#x017F;ei, wie Nashorn und Elefant.&#x201F; Der Mann hat aber Unrecht, wenn er annahm, daß wirklich<lb/>
Niemand etwas von dem Schabrackentapir wi&#x017F;&#x017F;e; denn nicht blos die Chine&#x017F;en, &#x017F;ondern auch euro-<lb/>
päi&#x017F;che For&#x017F;cher hatten das Thier lange vor <hi rendition="#g">Diard</hi> &#x017F;chon be&#x017F;chrieben. Was die braven Chine&#x017F;en an-<lb/>
langt, &#x017F;o muß freilich bemerkt werden, daß ihre Artbe&#x017F;chreibung des Schabrackentapirs Einiges zu<lb/>
wün&#x017F;chen übrig läßt. Jn dem &#x017F;ehr alten Wörterbuche &#x201E;Eul-Ya&#x201F; wird das Wort Me, der Name<lb/>
un&#x017F;eres Thieres, auf einen weißen Panther gedentet, jedoch hinzugefügt, daß der Me auch einem<lb/>
Bären gleiche, aber einen kleinen Kopf und kurze Füße habe; die Haut &#x017F;ei weiß und &#x017F;chwarz gefleckt,<lb/>
halte auch &#x017F;ehr gut die Nä&#x017F;&#x017F;e ab. &#x2014; Aus einem zweiten Wörterhuche &#x201E;Chuen-Wen&#x201F; betitelt, erfahren<lb/>
wir dagegen, daß der Me zwar einem Bären gleicht, aber gelblich aus&#x017F;ieht, auch nur im Lande Lhu<lb/>
vorkommt. &#x2014; Ungleich voll&#x017F;tändiger und genauer &#x017F;childert das Pen-th&#x017F;aokana-mou, ein Buch, wel-<lb/>
ches etwa der <hi rendition="#g">Raff</hi>&#x2019;&#x017F;chen Naturge&#x017F;chichte ent&#x017F;pricht, un&#x017F;eren Vielhufer: &#x201E;Der Me&#x201F;, &#x017F;o belehrt es<lb/>
uns: &#x201E;gleicht einem Bären. Sein Kopf i&#x017F;t klein und &#x017F;eine Beine &#x017F;ind niedrig. Das kurze, glän-<lb/>
zende Haar i&#x017F;t &#x017F;chwarz und weiß gefleckt, obwohl Einige &#x017F;agen, daß das Thier gelblichweiß, und An-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[713/0751] Der Schabrackentapir. Sehr bezeichnend iſt die Färbung des höchſt gleichmäßigen Haarkleides. Ein reines Tief- ſchwarz darf als Grundfarbe angeſehen werden; von ihr hebt ſich, ſcharf abgegrenzt, die graulich- weiße Schabracke lebhaft ab. Kopf, Hals und Vordertheil des Leibes bis hinter die Schulter- blätter, einſchließlich die Beine, ein neun Zoll breiter Streifen, welcher längs der Bruſt und Bauchmitte verläuft, die Hinterbeine einſchließlich die Oberſchenkel, ſowie endlich der Schwanz ſind tiefſchwarz; alles Uebrige hingegen iſt graulichweiß. Die Ohren ſind, wie bei dem amerikaniſchen Tapir, an der Spitze licht gerändert. Das Schwarz ebenſowohl wie das Weiß ſchillern in eigen- thümlicher, mit Worten kaum zu beſchreibender Weiſe. Das einzelne Haar iſt von der Wurzel bis zur Spitze gleich gefärbt. Die Klauen ſind dunkelhornfarben, die Jris iſt dunkelviolett, der runde Augenſtern ſchwarz. Da ich ſo glücklich bin, den in unſeren Sammlungen noch äußerſt ſeltenen Dickhäuter gegenwärtig lebend vor mir zu haben, will ich ausnahmsweiſe genaue Maße von ihm und zwar von einem Thiere weiblichen Geſchlechts hier folgen laſſen. Eine Meſſung von der Spitze des eingezogenen Rüſſels bis zur Spitze des Schwanzes längs der Mittellinie des Leibes ergibt 8 Fuß 3 Zoll hamburger Maß. Die Länge des Kopfes von der Rüſſelſpitze bis hart hinter das Ohr beträgt 2 Fuß; der Rüſſel ſelbſt iſt zuſammengezogen 2½ Zoll, ausgeſtreckt 6 Zoll lang. Der Schwanz mißt nur 3 Zoll. Die Höhe am Widerriſt beträgt 3 Fuß 4 Zoll, die Kreuzhöhe 3 Fuß 6 Zoll. Die Vorderfüße ſind bis zum Kniegelenk 1 Fuß 7 Zoll, die Hinterfüße 1 Fuß 9 Zoll, die letzteren bis zum Hüftengelenk 3 Fuß 2 Zoll hoch; die Länge der Klauen ſchwankt zwiſchen 1¾ und 2 Zoll, und zwar ſind die äußeren 1¾ Zoll, die mittleren 2 Zoll lang. Die Länge der Schabracke über den Rücken gemeſſen iſt 3 Fuß 10 Zoll. Der Umfang des Leibes beträgt an der dickſten Stelle 6 Fuß, hart vor der Schabracke 5 Fuß 4 Zoll, der Umfang des Kopfes zwiſchen Auge und Ohr herabgemeſſen 3 Fuß, der Umfang des Nüſſels 1 Fuß, der Umfang des Vorderbeines am Kniegelenk 1 Fuß 9½ Zoll, am Ferſengelenk 1 Fuß 3½ Zoll, an der Handwurzel 1 Fuß ½ Zoll, der Umfang des Hinterbeines am Kniegelenk gegen 3 Fuß, am Ferſengelenk 1 Fuß 7 Zoll, an der Handwurzel 1½ Zoll. Es iſt eigenthümlich genug, daß über den Schabrackentapir trotz unſeres lebhaften Verkehrs mit Jndien und Südchina überhaupt, erſt im Jahre 1819 und zwar durch Cuvier etwas Beſtimmtes be- kannt wurde. Der berühmte Forſcher hatte kurz vorher ausgeſprochen, daß zu unſerer Zeit ein großes Säugethier ſchwerlich noch entdeckt werden dürfte, und erfuhr durch Diard, einen ſeiner Schüler, den ſchlagendſten Beweis des Gegentheils. Diard ſandte zunächſt nur eine Abbildung des Thieres nach Europa und begleitete dieſelbe mit den Worten: „Als ich den Tapir, deſſen Abbildung ich Jhnen ſende, zum erſten Male zu Barakpoore ſah, wunderte ich mich, daß ein ſo großes Thier noch nicht entdeckt worden, ja, ich wunderte mich darüber noch mehr, als ich in der aſiatiſchen Geſellſchaft den Kopf eines ähnlichen Thieres ſah, welchen am 29. April des Jahres 1806 der Statthalter Farquhar geſendet hatte, mit der Bemerkung, daß dieſer Tapir in den Wäldern der Halbinſel ebenſo gemein ſei, wie Nashorn und Elefant.‟ Der Mann hat aber Unrecht, wenn er annahm, daß wirklich Niemand etwas von dem Schabrackentapir wiſſe; denn nicht blos die Chineſen, ſondern auch euro- päiſche Forſcher hatten das Thier lange vor Diard ſchon beſchrieben. Was die braven Chineſen an- langt, ſo muß freilich bemerkt werden, daß ihre Artbeſchreibung des Schabrackentapirs Einiges zu wünſchen übrig läßt. Jn dem ſehr alten Wörterbuche „Eul-Ya‟ wird das Wort Me, der Name unſeres Thieres, auf einen weißen Panther gedentet, jedoch hinzugefügt, daß der Me auch einem Bären gleiche, aber einen kleinen Kopf und kurze Füße habe; die Haut ſei weiß und ſchwarz gefleckt, halte auch ſehr gut die Näſſe ab. — Aus einem zweiten Wörterhuche „Chuen-Wen‟ betitelt, erfahren wir dagegen, daß der Me zwar einem Bären gleicht, aber gelblich ausſieht, auch nur im Lande Lhu vorkommt. — Ungleich vollſtändiger und genauer ſchildert das Pen-thſaokana-mou, ein Buch, wel- ches etwa der Raff’ſchen Naturgeſchichte entſpricht, unſeren Vielhufer: „Der Me‟, ſo belehrt es uns: „gleicht einem Bären. Sein Kopf iſt klein und ſeine Beine ſind niedrig. Das kurze, glän- zende Haar iſt ſchwarz und weiß gefleckt, obwohl Einige ſagen, daß das Thier gelblichweiß, und An-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/751
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/751>, abgerufen am 11.05.2024.