Am meisten dient es zum Tragen der Silberbarren von Potosi zu den Pochwerken, und dazu sind beständig 300,000 Stück auf dem Wege. Rückwärts tragen sie den Bergleuten ihre Speise und an- dere Bedürfnisse zu."
"Vom dritten bis zum zwölften Jahre kann es tragen; dann ist es aber schon alt und steht um. Es ist sehr zahm und für die Jndianer ganz gemacht. Wenn man auf der Reise ruhen will, läßt es sich vorsichtig auf die Knie, damit die Ladung nicht abfalle. Sobald der Führer pfeift, steht es auf und setzt die Reise ruhig fort; es frißt da und dort, wo es kann, aber nicht bei Nacht, denn diese Zeit benutzt es zum Wiederkäuen."
"Unterliegt es der Last, so ist es durch keine Schläge weiter zu bringen und wirft bisweilen den Kopf rechts und links solange auf den Boden, bis ihm die Augen und selbst das Hirn her- ausfallen."
Acosta kennt solche Fabeln nicht. Er erzählt uns, daß die Jndianer ganze Herden "dieser Schafe" wie Saumthiere beladen über das Gebirge führen, oft Banden von drei- bis fünfhundert, ja manchmal von tausend Stück.
"Jch habe mich oft gewundert," sagt er, "diese Schafherden mit zwei- bis dreitausend Silber- barren, welche über 300,000 Dukaten werth sind, beladen zu sehen, ohne eine andere Begleitung, als einige Jndianer, welche die Schafe leiten, beladen und abladen, und dabei höchstens noch einige Spanier. Sie schlafen alle Nächte mitten im Felde, und dennoch hat man auf diesem langen Wege noch nie Etwas verloren; so groß ist die Sicherheit in Peru. An Ruheplätzen, wo es Quellen und Weiden gibt, laden sie die Führer ab, schlagen Zelte auf, kochen und fühlen sich wohl, unge- achtet der langen Reise. Beträgt die Reise nur einen Tag, so tragen diese Schafe acht Arrobas (zwei Centner), und gehen damit acht bis zehn Leguas; das müssen jedoch blos diejenigen thun, welche den armen, durch Peru wandernden Soldaten gehören. Alle diese Thiere lieben die kalte Luft und befinden sich wohl im Gebirge, sterben aber in Ebenen wegen der Hitze. Bisweilen sind sie ganz mit Frost und Eis bedeckt und bleiben doch gesund."
"Die Kurzhaarigen geben oft zu lachen. Manchmal halten sie plötzlich auf dem Wege an, richten den Hals in die Höhe, sehen die Leute sehr aufmerksam an und bleiben unbeweglich lange Zeit, ohne Furcht und Unzufriedenheit zu zeigen. Ein ander Mal werden sie plötzlich schen und rennen mit ihrer Ladung auf die höchsten Felsen, so daß man sie herunterschießen muß, um die Silber- barren nicht zu verlieren."
Meyen schlägt die Wichtigkeit des Lamas für die Peruaner ebensohoch an, wie die des Ren für die Lappländer. Man hält die Thiere in ungeheuren Herden auf den Hochebenen. Nachts sperrt man sie in eine Einfriedung von Steinen, morgens läßt man sie heraus; dann eilen sie im Trabe zur Weide, und zwar ohne Hirten, abends kehren sie wieder zurück. Oft begleiten sie dabei Huanacos oder Vicundas. Reitet Jemand vorbei, so spitzen sie schon von fern die Ohren; die ganze Herde läuft im Galopp auf ihn zu, bleibt dreißig bis funfzig Schritt vor ihm stehen, sieht ihn neugierig an und kehrt dann wieder auf die Weide zurück. Die Menge der Lamas, welche auf der Hochebene von der Tacorra am See Titicaca und am Passe von Puno nach Arequipa gehen, schätzt Meyen auf drei Millionen; Tschudi aber meint, daß der Reiz der Neuheit die Phantasie des gedachten Schriftstellers wohl etwas aufgeregt und er deshalb die Menge dieser Thiere, wie so manches Andere, in falschem Lichte betrachtet habe.
Nur die Männchen werden zum Lasttragen benutzt, die Weibchen dienen ausschließlich zur Zucht.
"Nichts sieht schöner aus," sagt Stevenson, "als ein Zug dieser Thiere, wenn sie mit ihrer etwa einen Centner schweren Ladung auf dem Rücken, eines hinter dem anderen in der größten Ordnung einherschreiten, angeführt von dem Leitthier, welches mit einem geschmackvoll ver- zierten Halfter, einem Glöckchen und einer Fahne auf dem Kopfe geschmückt ist. So ziehen sie die schneebedeckten Gipfel der Cordilleren oder den Seiten der Gebirge entlang, auf Wegen, wo selbst
Die Lamas. — Das Lama.
Am meiſten dient es zum Tragen der Silberbarren von Potoſi zu den Pochwerken, und dazu ſind beſtändig 300,000 Stück auf dem Wege. Rückwärts tragen ſie den Bergleuten ihre Speiſe und an- dere Bedürfniſſe zu.‟
„Vom dritten bis zum zwölften Jahre kann es tragen; dann iſt es aber ſchon alt und ſteht um. Es iſt ſehr zahm und für die Jndianer ganz gemacht. Wenn man auf der Reiſe ruhen will, läßt es ſich vorſichtig auf die Knie, damit die Ladung nicht abfalle. Sobald der Führer pfeift, ſteht es auf und ſetzt die Reiſe ruhig fort; es frißt da und dort, wo es kann, aber nicht bei Nacht, denn dieſe Zeit benutzt es zum Wiederkäuen.‟
„Unterliegt es der Laſt, ſo iſt es durch keine Schläge weiter zu bringen und wirft bisweilen den Kopf rechts und links ſolange auf den Boden, bis ihm die Augen und ſelbſt das Hirn her- ausfallen.‟
Acoſta kennt ſolche Fabeln nicht. Er erzählt uns, daß die Jndianer ganze Herden „dieſer Schafe‟ wie Saumthiere beladen über das Gebirge führen, oft Banden von drei- bis fünfhundert, ja manchmal von tauſend Stück.
„Jch habe mich oft gewundert,‟ ſagt er, „dieſe Schafherden mit zwei- bis dreitauſend Silber- barren, welche über 300,000 Dukaten werth ſind, beladen zu ſehen, ohne eine andere Begleitung, als einige Jndianer, welche die Schafe leiten, beladen und abladen, und dabei höchſtens noch einige Spanier. Sie ſchlafen alle Nächte mitten im Felde, und dennoch hat man auf dieſem langen Wege noch nie Etwas verloren; ſo groß iſt die Sicherheit in Peru. An Ruheplätzen, wo es Quellen und Weiden gibt, laden ſie die Führer ab, ſchlagen Zelte auf, kochen und fühlen ſich wohl, unge- achtet der langen Reiſe. Beträgt die Reiſe nur einen Tag, ſo tragen dieſe Schafe acht Arrobas (zwei Centner), und gehen damit acht bis zehn Leguas; das müſſen jedoch blos diejenigen thun, welche den armen, durch Peru wandernden Soldaten gehören. Alle dieſe Thiere lieben die kalte Luft und befinden ſich wohl im Gebirge, ſterben aber in Ebenen wegen der Hitze. Bisweilen ſind ſie ganz mit Froſt und Eis bedeckt und bleiben doch geſund.‟
„Die Kurzhaarigen geben oft zu lachen. Manchmal halten ſie plötzlich auf dem Wege an, richten den Hals in die Höhe, ſehen die Leute ſehr aufmerkſam an und bleiben unbeweglich lange Zeit, ohne Furcht und Unzufriedenheit zu zeigen. Ein ander Mal werden ſie plötzlich ſchen und rennen mit ihrer Ladung auf die höchſten Felſen, ſo daß man ſie herunterſchießen muß, um die Silber- barren nicht zu verlieren.‟
Meyen ſchlägt die Wichtigkeit des Lamas für die Peruaner ebenſohoch an, wie die des Ren für die Lappländer. Man hält die Thiere in ungeheuren Herden auf den Hochebenen. Nachts ſperrt man ſie in eine Einfriedung von Steinen, morgens läßt man ſie heraus; dann eilen ſie im Trabe zur Weide, und zwar ohne Hirten, abends kehren ſie wieder zurück. Oft begleiten ſie dabei Huanacos oder Vicuñas. Reitet Jemand vorbei, ſo ſpitzen ſie ſchon von fern die Ohren; die ganze Herde läuft im Galopp auf ihn zu, bleibt dreißig bis funfzig Schritt vor ihm ſtehen, ſieht ihn neugierig an und kehrt dann wieder auf die Weide zurück. Die Menge der Lamas, welche auf der Hochebene von der Tacorra am See Titicaca und am Paſſe von Puno nach Arequipa gehen, ſchätzt Meyen auf drei Millionen; Tſchudi aber meint, daß der Reiz der Neuheit die Phantaſie des gedachten Schriftſtellers wohl etwas aufgeregt und er deshalb die Menge dieſer Thiere, wie ſo manches Andere, in falſchem Lichte betrachtet habe.
Nur die Männchen werden zum Laſttragen benutzt, die Weibchen dienen ausſchließlich zur Zucht.
„Nichts ſieht ſchöner aus,‟ ſagt Stevenſon, „als ein Zug dieſer Thiere, wenn ſie mit ihrer etwa einen Centner ſchweren Ladung auf dem Rücken, eines hinter dem anderen in der größten Ordnung einherſchreiten, angeführt von dem Leitthier, welches mit einem geſchmackvoll ver- zierten Halfter, einem Glöckchen und einer Fahne auf dem Kopfe geſchmückt iſt. So ziehen ſie die ſchneebedeckten Gipfel der Cordilleren oder den Seiten der Gebirge entlang, auf Wegen, wo ſelbſt
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[406/0430]
Die Lamas. — Das Lama.
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beſtändig 300,000 Stück auf dem Wege. Rückwärts tragen ſie den Bergleuten ihre Speiſe und an-
dere Bedürfniſſe zu.‟
„Vom dritten bis zum zwölften Jahre kann es tragen; dann iſt es aber ſchon alt und ſteht
um. Es iſt ſehr zahm und für die Jndianer ganz gemacht. Wenn man auf der Reiſe ruhen will,
läßt es ſich vorſichtig auf die Knie, damit die Ladung nicht abfalle. Sobald der Führer pfeift,
ſteht es auf und ſetzt die Reiſe ruhig fort; es frißt da und dort, wo es kann, aber nicht bei Nacht,
denn dieſe Zeit benutzt es zum Wiederkäuen.‟
„Unterliegt es der Laſt, ſo iſt es durch keine Schläge weiter zu bringen und wirft bisweilen
den Kopf rechts und links ſolange auf den Boden, bis ihm die Augen und ſelbſt das Hirn her-
ausfallen.‟
Acoſta kennt ſolche Fabeln nicht. Er erzählt uns, daß die Jndianer ganze Herden „dieſer
Schafe‟ wie Saumthiere beladen über das Gebirge führen, oft Banden von drei- bis fünfhundert,
ja manchmal von tauſend Stück.
„Jch habe mich oft gewundert,‟ ſagt er, „dieſe Schafherden mit zwei- bis dreitauſend Silber-
barren, welche über 300,000 Dukaten werth ſind, beladen zu ſehen, ohne eine andere Begleitung,
als einige Jndianer, welche die Schafe leiten, beladen und abladen, und dabei höchſtens noch
einige Spanier. Sie ſchlafen alle Nächte mitten im Felde, und dennoch hat man auf dieſem langen
Wege noch nie Etwas verloren; ſo groß iſt die Sicherheit in Peru. An Ruheplätzen, wo es Quellen
und Weiden gibt, laden ſie die Führer ab, ſchlagen Zelte auf, kochen und fühlen ſich wohl, unge-
achtet der langen Reiſe. Beträgt die Reiſe nur einen Tag, ſo tragen dieſe Schafe acht Arrobas
(zwei Centner), und gehen damit acht bis zehn Leguas; das müſſen jedoch blos diejenigen thun,
welche den armen, durch Peru wandernden Soldaten gehören. Alle dieſe Thiere lieben die kalte
Luft und befinden ſich wohl im Gebirge, ſterben aber in Ebenen wegen der Hitze. Bisweilen ſind
ſie ganz mit Froſt und Eis bedeckt und bleiben doch geſund.‟
„Die Kurzhaarigen geben oft zu lachen. Manchmal halten ſie plötzlich auf dem Wege an,
richten den Hals in die Höhe, ſehen die Leute ſehr aufmerkſam an und bleiben unbeweglich lange
Zeit, ohne Furcht und Unzufriedenheit zu zeigen. Ein ander Mal werden ſie plötzlich ſchen und
rennen mit ihrer Ladung auf die höchſten Felſen, ſo daß man ſie herunterſchießen muß, um die Silber-
barren nicht zu verlieren.‟
Meyen ſchlägt die Wichtigkeit des Lamas für die Peruaner ebenſohoch an, wie die des
Ren für die Lappländer. Man hält die Thiere in ungeheuren Herden auf den Hochebenen.
Nachts ſperrt man ſie in eine Einfriedung von Steinen, morgens läßt man ſie heraus; dann eilen
ſie im Trabe zur Weide, und zwar ohne Hirten, abends kehren ſie wieder zurück. Oft begleiten ſie
dabei Huanacos oder Vicuñas. Reitet Jemand vorbei, ſo ſpitzen ſie ſchon von fern die Ohren; die
ganze Herde läuft im Galopp auf ihn zu, bleibt dreißig bis funfzig Schritt vor ihm ſtehen, ſieht ihn
neugierig an und kehrt dann wieder auf die Weide zurück. Die Menge der Lamas, welche auf der
Hochebene von der Tacorra am See Titicaca und am Paſſe von Puno nach Arequipa gehen, ſchätzt
Meyen auf drei Millionen; Tſchudi aber meint, daß der Reiz der Neuheit die Phantaſie des
gedachten Schriftſtellers wohl etwas aufgeregt und er deshalb die Menge dieſer Thiere, wie ſo manches
Andere, in falſchem Lichte betrachtet habe.
Nur die Männchen werden zum Laſttragen benutzt, die Weibchen dienen ausſchließlich
zur Zucht.
„Nichts ſieht ſchöner aus,‟ ſagt Stevenſon, „als ein Zug dieſer Thiere, wenn ſie mit
ihrer etwa einen Centner ſchweren Ladung auf dem Rücken, eines hinter dem anderen in der
größten Ordnung einherſchreiten, angeführt von dem Leitthier, welches mit einem geſchmackvoll ver-
zierten Halfter, einem Glöckchen und einer Fahne auf dem Kopfe geſchmückt iſt. So ziehen ſie die
ſchneebedeckten Gipfel der Cordilleren oder den Seiten der Gebirge entlang, auf Wegen, wo ſelbſt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/430>, abgerufen am 23.11.2024.
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