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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Einhufer. -- Südamerikanische Wildpferde.

Die Cimarrones, wie diese Pferde genannt werden, leben jetzt in allen Theilen der Pampas
in zahlreichen Herden, von denen manche ungefähr 12,000 Stück zählen mögen. Sie belästigen und
schaden, weil sie nicht nur unnützer Weise gute Weide abfressen, sondern auch die Hauspferde ent-
führen.

Wenn die Cimarrones Hauspferde sehen, eilen sie in vollem Laufe auf dieselben zu, begrüßen sie
freundlich mit Gewieher, schmeicheln ihnen und verleiben die Willfährigen ohne großen Widerstand
ihren Gesellschaften ein. Reisende kommen oft in große Verlegenheit durch jene, ihren Reitthieren
gefährlichen Entführer. Deshalb ist auch immer Jemand auf der Hut und verscheucht die herantra-
benden Wildlinge. Sie erscheinen nicht in Schlachtlinie, sondern, wie die Jndianer, eins hinter
dem anderen, aber so dicht, daß die Reihe niemals unterbrochen wird. Manchmal laufen sie in
weiten Kreisen um den Menschen und seine Pferde herum und lassen sich nicht leicht verscheuchen; ein
anderes Mal gehen sie vorüber und kehren nicht zurück. Manche rennen wie Blinde heran, oft wie
toll zwischen die Wagen hinein. Zum Glück erscheinen sie nicht bei Nacht, sei es, weil sie nicht gut
sehen, oder die zahmen Pferde nicht verspüren. Mit Verwunderung bemerkt man, daß die Wege,
welche sie überschreiten, oft auf eine Meile hin mit ihrem Mist bedeckt sind. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß sie die Straßen aufsuchen, um ihre Nothdurft zu verrichten. Und weil nun alle Pferde die
Eigenheit haben, den Koth anderer ihrer Art zu beriechen und durch ihren eigenen zu vermehren, wach-
sen diese Miststätten zu förmlichen Bergen an.

Die Wilden in den Pampas essen das Fleisch der Cimarrones, namentlich das von Fohlen und
Stuten herrührende. Sie fangen sich auch manche, um sie zu zähmen; die Spanier hingegen machen
kaum Gebrauch von ihnen. Nur da, wo Holzmangel ist, tödten sie bisweilen eine fette Stute, um
das Lagerfeuer mit dem Knochenfett des Thieres zu verstärken. Höchst selten fängt man einen Wild-
ling, um ihn zu zähmen. Zu diesem Behufe bindet man ihn an einen Pfahl, läßt ihn drei Tage
hungern und dürsten und reitet ihn dann; doch muß man ihn vorher auch gleich verschneiden, weil nur
die Wallachen wirklich zahm werden. Um Cimarrones zu fangen, reitet man in die Steppe hinaus, an
eine Herde heran und wirft die Bolas unter sie, gewöhnlich so, daß man die Beine des Erwählten
verwickelt und es so zu Falle bringt. Dann wird das Thier gefesselt und an einer 20 bis 30 Ellen
langen, festen Schnur nach Hause geführt. Die Güterbesitzer verfolgen die Wildlinge, wo sie nur
können, weil sie sonst ihrer eigenen Pferde nicht sicher sind. Man hält Treibjagden auf jene ab,
tödtet sie durch Lanzen, mattet sie ab, bis sie stürzen, kurz, vertilgt sie nach Kräften.

Die Cimarrones sind ebensogroß und stark, als die Hauspferde, aber nicht so schön; denn der
Kopf und die Beine sind dicker, der Hals und die Ohren länger. Alle diese Pferde sind braun oder
schwarz, nie gescheckt, und die schwarzen unter ihnen sind so selten, daß man wohl annehmen darf,
Braun müsse ihre eigentliche Farbe gewesen sein. Jeder Hengst sammelt sich so viele Stuten, als er
kann, bleibt aber mit ihnen in der gemeinschaftlichen Herde. Einen Oberanführer hat diese nicht.

Jn Paraguay finden sich keine verwilderten Pferde, wie Rengger vermuthet, wegen einer in
den Pampas von Buenos Ayres fehlenden Schmeißfliege, welche ihre Eier in den blutigen Nabel der
Füllen legt und hierdurch ein Geschwür verursacht, an welchem das Thier, wenn es sich selbst über-
lassen wird, zu Grunde gehen muß. Auch ist in den Pampas das Futter reichlicher, als in Para-
guay. Der Zustand der Pferde des letzteren Landes ist aber nicht sehr verschieden von dem jener
Wildlinge. Die Thiere, welche man Mustangs nennt, werden so vernachlässigt, daß sie förmlich
ausarteten. Sie sind mittelhoch, haben einen großen Kopf, lange Ohren und dicke Gelenke; nur der
Hals und der Rumpf sind ziemlich regelmäßig gebaut. Die Behaarung ist im Sommer kurz, im Win-
ter lang. Mähne und Schwanz sind immer dünn und kurz. Nur in einzelnen Meiereien findet
man noch Pferde, welche an ihre edlen Ahnen erinnern. An Schnelligkeit und Gewandtheit stehen
die einen wie die anderen den andalusischen Pferden nicht im geringsten nach, und an Ausdauer
übertreffen sie diese bei weitem. Rengger versichert, oft und selbst während der Hitze mit einem

Einhufer. — Südamerikaniſche Wildpferde.

Die Cimarrones, wie dieſe Pferde genannt werden, leben jetzt in allen Theilen der Pampas
in zahlreichen Herden, von denen manche ungefähr 12,000 Stück zählen mögen. Sie beläſtigen und
ſchaden, weil ſie nicht nur unnützer Weiſe gute Weide abfreſſen, ſondern auch die Hauspferde ent-
führen.

Wenn die Cimarrones Hauspferde ſehen, eilen ſie in vollem Laufe auf dieſelben zu, begrüßen ſie
freundlich mit Gewieher, ſchmeicheln ihnen und verleiben die Willfährigen ohne großen Widerſtand
ihren Geſellſchaften ein. Reiſende kommen oft in große Verlegenheit durch jene, ihren Reitthieren
gefährlichen Entführer. Deshalb iſt auch immer Jemand auf der Hut und verſcheucht die herantra-
benden Wildlinge. Sie erſcheinen nicht in Schlachtlinie, ſondern, wie die Jndianer, eins hinter
dem anderen, aber ſo dicht, daß die Reihe niemals unterbrochen wird. Manchmal laufen ſie in
weiten Kreiſen um den Menſchen und ſeine Pferde herum und laſſen ſich nicht leicht verſcheuchen; ein
anderes Mal gehen ſie vorüber und kehren nicht zurück. Manche rennen wie Blinde heran, oft wie
toll zwiſchen die Wagen hinein. Zum Glück erſcheinen ſie nicht bei Nacht, ſei es, weil ſie nicht gut
ſehen, oder die zahmen Pferde nicht verſpüren. Mit Verwunderung bemerkt man, daß die Wege,
welche ſie überſchreiten, oft auf eine Meile hin mit ihrem Miſt bedeckt ſind. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß ſie die Straßen aufſuchen, um ihre Nothdurft zu verrichten. Und weil nun alle Pferde die
Eigenheit haben, den Koth anderer ihrer Art zu beriechen und durch ihren eigenen zu vermehren, wach-
ſen dieſe Miſtſtätten zu förmlichen Bergen an.

Die Wilden in den Pampas eſſen das Fleiſch der Cimarrones, namentlich das von Fohlen und
Stuten herrührende. Sie fangen ſich auch manche, um ſie zu zähmen; die Spanier hingegen machen
kaum Gebrauch von ihnen. Nur da, wo Holzmangel iſt, tödten ſie bisweilen eine fette Stute, um
das Lagerfeuer mit dem Knochenfett des Thieres zu verſtärken. Höchſt ſelten fängt man einen Wild-
ling, um ihn zu zähmen. Zu dieſem Behufe bindet man ihn an einen Pfahl, läßt ihn drei Tage
hungern und dürſten und reitet ihn dann; doch muß man ihn vorher auch gleich verſchneiden, weil nur
die Wallachen wirklich zahm werden. Um Cimarrones zu fangen, reitet man in die Steppe hinaus, an
eine Herde heran und wirft die Bolas unter ſie, gewöhnlich ſo, daß man die Beine des Erwählten
verwickelt und es ſo zu Falle bringt. Dann wird das Thier gefeſſelt und an einer 20 bis 30 Ellen
langen, feſten Schnur nach Hauſe geführt. Die Güterbeſitzer verfolgen die Wildlinge, wo ſie nur
können, weil ſie ſonſt ihrer eigenen Pferde nicht ſicher ſind. Man hält Treibjagden auf jene ab,
tödtet ſie durch Lanzen, mattet ſie ab, bis ſie ſtürzen, kurz, vertilgt ſie nach Kräften.

Die Cimarrones ſind ebenſogroß und ſtark, als die Hauspferde, aber nicht ſo ſchön; denn der
Kopf und die Beine ſind dicker, der Hals und die Ohren länger. Alle dieſe Pferde ſind braun oder
ſchwarz, nie geſcheckt, und die ſchwarzen unter ihnen ſind ſo ſelten, daß man wohl annehmen darf,
Braun müſſe ihre eigentliche Farbe geweſen ſein. Jeder Hengſt ſammelt ſich ſo viele Stuten, als er
kann, bleibt aber mit ihnen in der gemeinſchaftlichen Herde. Einen Oberanführer hat dieſe nicht.

Jn Paraguay finden ſich keine verwilderten Pferde, wie Rengger vermuthet, wegen einer in
den Pampas von Buenos Ayres fehlenden Schmeißfliege, welche ihre Eier in den blutigen Nabel der
Füllen legt und hierdurch ein Geſchwür verurſacht, an welchem das Thier, wenn es ſich ſelbſt über-
laſſen wird, zu Grunde gehen muß. Auch iſt in den Pampas das Futter reichlicher, als in Para-
guay. Der Zuſtand der Pferde des letzteren Landes iſt aber nicht ſehr verſchieden von dem jener
Wildlinge. Die Thiere, welche man Muſtangs nennt, werden ſo vernachläſſigt, daß ſie förmlich
ausarteten. Sie ſind mittelhoch, haben einen großen Kopf, lange Ohren und dicke Gelenke; nur der
Hals und der Rumpf ſind ziemlich regelmäßig gebaut. Die Behaarung iſt im Sommer kurz, im Win-
ter lang. Mähne und Schwanz ſind immer dünn und kurz. Nur in einzelnen Meiereien findet
man noch Pferde, welche an ihre edlen Ahnen erinnern. An Schnelligkeit und Gewandtheit ſtehen
die einen wie die anderen den andaluſiſchen Pferden nicht im geringſten nach, und an Ausdauer
übertreffen ſie dieſe bei weitem. Rengger verſichert, oft und ſelbſt während der Hitze mit einem

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[338/0358] Einhufer. — Südamerikaniſche Wildpferde. Die Cimarrones, wie dieſe Pferde genannt werden, leben jetzt in allen Theilen der Pampas in zahlreichen Herden, von denen manche ungefähr 12,000 Stück zählen mögen. Sie beläſtigen und ſchaden, weil ſie nicht nur unnützer Weiſe gute Weide abfreſſen, ſondern auch die Hauspferde ent- führen. Wenn die Cimarrones Hauspferde ſehen, eilen ſie in vollem Laufe auf dieſelben zu, begrüßen ſie freundlich mit Gewieher, ſchmeicheln ihnen und verleiben die Willfährigen ohne großen Widerſtand ihren Geſellſchaften ein. Reiſende kommen oft in große Verlegenheit durch jene, ihren Reitthieren gefährlichen Entführer. Deshalb iſt auch immer Jemand auf der Hut und verſcheucht die herantra- benden Wildlinge. Sie erſcheinen nicht in Schlachtlinie, ſondern, wie die Jndianer, eins hinter dem anderen, aber ſo dicht, daß die Reihe niemals unterbrochen wird. Manchmal laufen ſie in weiten Kreiſen um den Menſchen und ſeine Pferde herum und laſſen ſich nicht leicht verſcheuchen; ein anderes Mal gehen ſie vorüber und kehren nicht zurück. Manche rennen wie Blinde heran, oft wie toll zwiſchen die Wagen hinein. Zum Glück erſcheinen ſie nicht bei Nacht, ſei es, weil ſie nicht gut ſehen, oder die zahmen Pferde nicht verſpüren. Mit Verwunderung bemerkt man, daß die Wege, welche ſie überſchreiten, oft auf eine Meile hin mit ihrem Miſt bedeckt ſind. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ſie die Straßen aufſuchen, um ihre Nothdurft zu verrichten. Und weil nun alle Pferde die Eigenheit haben, den Koth anderer ihrer Art zu beriechen und durch ihren eigenen zu vermehren, wach- ſen dieſe Miſtſtätten zu förmlichen Bergen an. Die Wilden in den Pampas eſſen das Fleiſch der Cimarrones, namentlich das von Fohlen und Stuten herrührende. Sie fangen ſich auch manche, um ſie zu zähmen; die Spanier hingegen machen kaum Gebrauch von ihnen. Nur da, wo Holzmangel iſt, tödten ſie bisweilen eine fette Stute, um das Lagerfeuer mit dem Knochenfett des Thieres zu verſtärken. Höchſt ſelten fängt man einen Wild- ling, um ihn zu zähmen. Zu dieſem Behufe bindet man ihn an einen Pfahl, läßt ihn drei Tage hungern und dürſten und reitet ihn dann; doch muß man ihn vorher auch gleich verſchneiden, weil nur die Wallachen wirklich zahm werden. Um Cimarrones zu fangen, reitet man in die Steppe hinaus, an eine Herde heran und wirft die Bolas unter ſie, gewöhnlich ſo, daß man die Beine des Erwählten verwickelt und es ſo zu Falle bringt. Dann wird das Thier gefeſſelt und an einer 20 bis 30 Ellen langen, feſten Schnur nach Hauſe geführt. Die Güterbeſitzer verfolgen die Wildlinge, wo ſie nur können, weil ſie ſonſt ihrer eigenen Pferde nicht ſicher ſind. Man hält Treibjagden auf jene ab, tödtet ſie durch Lanzen, mattet ſie ab, bis ſie ſtürzen, kurz, vertilgt ſie nach Kräften. Die Cimarrones ſind ebenſogroß und ſtark, als die Hauspferde, aber nicht ſo ſchön; denn der Kopf und die Beine ſind dicker, der Hals und die Ohren länger. Alle dieſe Pferde ſind braun oder ſchwarz, nie geſcheckt, und die ſchwarzen unter ihnen ſind ſo ſelten, daß man wohl annehmen darf, Braun müſſe ihre eigentliche Farbe geweſen ſein. Jeder Hengſt ſammelt ſich ſo viele Stuten, als er kann, bleibt aber mit ihnen in der gemeinſchaftlichen Herde. Einen Oberanführer hat dieſe nicht. Jn Paraguay finden ſich keine verwilderten Pferde, wie Rengger vermuthet, wegen einer in den Pampas von Buenos Ayres fehlenden Schmeißfliege, welche ihre Eier in den blutigen Nabel der Füllen legt und hierdurch ein Geſchwür verurſacht, an welchem das Thier, wenn es ſich ſelbſt über- laſſen wird, zu Grunde gehen muß. Auch iſt in den Pampas das Futter reichlicher, als in Para- guay. Der Zuſtand der Pferde des letzteren Landes iſt aber nicht ſehr verſchieden von dem jener Wildlinge. Die Thiere, welche man Muſtangs nennt, werden ſo vernachläſſigt, daß ſie förmlich ausarteten. Sie ſind mittelhoch, haben einen großen Kopf, lange Ohren und dicke Gelenke; nur der Hals und der Rumpf ſind ziemlich regelmäßig gebaut. Die Behaarung iſt im Sommer kurz, im Win- ter lang. Mähne und Schwanz ſind immer dünn und kurz. Nur in einzelnen Meiereien findet man noch Pferde, welche an ihre edlen Ahnen erinnern. An Schnelligkeit und Gewandtheit ſtehen die einen wie die anderen den andaluſiſchen Pferden nicht im geringſten nach, und an Ausdauer übertreffen ſie dieſe bei weitem. Rengger verſichert, oft und ſelbſt während der Hitze mit einem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/358>, abgerufen am 25.06.2024.