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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Das Schnabelthier.
aber des Nachts stets seine Versuche, herauszukommen. Störte ich die Thiere im Schlafe, so erfolgte
stets ein allgemeines Murren."

"Meine kleine Schuabelthierfamilie lebte noch einige Zeit, und ich konnte so ihre Gewohnheiten
beobachten. Oft schienen die Thierchen vom Schwimmen zu träumen; denn ihre Vorderpfoten waren
häufig in der entsprechenden Bewegung. Setzte ich sie am Tage auf den Boden, so suchten sie ein
dunkles Ruheplätzchen, und in diesem oder in ihrem Gefängnisse schliefen sie bald zusammengerollt
ein, zogen jedoch ihren gewöhnlichen Ruheplatz jeder anderen Stelle vor. Andererseits geschah es
wieder, daß sie ein Bett, nachdem sie es tagelang inne gehabt, aus einem launischen Einfalle ver-
ließen, und hinter einer Kiste oder sonst an einer dunkeln Stelle blieben. Schliefen sie recht fest, so
konnte man sie betasten, ohne daß sie sich stören ließen."

"Eines Abends kamen meine beiden kleinen Lieblinge gegen die Dämmerungsstunde hervor und
fraßen wie gewöhnlich ihr Futter, dann aber begannen sie zu spielen, wie ein Paar junge Hunde,
indem sie einander mit ihrem Schnabel angriffen, ihre Vorderpfoten erhoben, über einander weg-
kletterten u. s. w. Fiel bei diesem Kampfe einer nieder, und man erwartete mit Bestimmtheit, daß er
sich schleunigst erheben und den Kampf erneuern würde, so kam ihm wohl der Gedanke, ganz ruhig
liegen zu bleiben und sich zu kratzen, und sein Mitkämpe sah dann ruhig zu und wartete, bis das
Spiel wieder anfing. Beim Herumlaufen waren sie außerordentlich lebendig; ihre Aeuglein strahlten,
und die Oeffnungen ihrer Ohren öffneten und schlossen sich ungemein schnell; dann ließen sie sich aber
auch nicht gern in die Hand nehmen."

"Sie können, da ihre Augen sehr hoch im Kopfe stehen, nicht gut in gerader Linie vor sich
sehen, stoßen daher an alles Mögliche im Zimmer an und werfen häufig leichte Gegenstände um.
Oft sah ich sie den Kopf erheben, als ob sie die Gegenstände um sich her betrachten wollten; mitunter
ließen sie sich sogar mit mir ein: ich streichelte oder kratzte sie, und sie ihrerseits ließen sich diese Lieb-
kosungen gern gefallen. Sie bissen spielend nach meinem Finger und benahmen sich überhaupt auch
hierin ganz wie Hündchen. Wenn ihr Fell naß war, kämmten sie nicht nur, sondern putzten es
ganz so, wie eine Ente ihre Federn. Es wurde dann auch immer viel schöner und glänzender.
That ich sie in ein tiefes Gefäß voll Wasser, so suchten sie sehr bald herauszukommen; war dagegen
das Wasser seicht und ein Rasenstück in einer Ecke, so gefiel es ihnen ausnehmend. Sie wiederholten
im Wasser ganz dieselben Spiele, wie auf dem Fußboden, und wenn sie müde waren, legten sie sich
auf den Rasen und kämmten sich. Nach der Reinigung pflegten sie im Zimmer ein Weilchen auf und
ab zu gehen und sich dann zur Ruhe zu begeben. Selten blieben sie länger als 10 bis 15 Minuten
im Wasser. Auch in der Nacht hörte ich sie manchmal knurren, und es schien, als wenn sie spielten
oder sich balgten, aber am Morgen fand ich sie dann immer ruhig schlafend in ihrem Neste."

"Anfangs war ich geneigt, sie als Nachtthiere zu betrachten; ich fand jedoch bald, daß ihr Leben
sehr unregelmäßig ist, indem sie sowohl bei Tage, als bei Nacht ihre Ruhestätte zu ganz verschiedenen
Zeiten verließen; mit dem Dunkelwerden schienen sie jedoch lebendiger und lauflustiger zu werden.
Nur zu dem sicheren Schlusse konnte ich kommen, daß sie sowohl Tagthiere, als Nachtthiere wären,
welche immerhin den kühlen, düsteren Abend der Hitze und dem grellen Lichte des Mittags vorziehen.
Es war nicht blos mit den Jungen so; auch die Alten waren gleich unzuverlässig. Manchmal schliefen
sie den ganzen Tag und wurden in der Nacht lebendig, manchmal war es umgekehrt. Oft schlief das
eine, während das andere umherlief. Manchmal verließ das Männchen zuerst das Nest, das Weib-
chen schlief fort. War jenes des Laufens und des Fressens satt, so rollte es sich wieder zum Schlafen
zusammen, und dann kam die Reihe an das Weibchen; ein andermal jedoch kamen sie plötzlich zu-
sammen hervor. Eines Abends, als beide umherliefen, stieß das Weibchen ein Quieken aus, als
wenn es seinen Gefährten riefe, der irgendwo im Zimmer hinter einem Hausgeräth versteckt war.
Er antwortete augenblicklich in ähnlichem Tone, und das Weibchen lief nach der Stelle, von welcher
die Antwort kam."

Das Schnabelthier.
aber des Nachts ſtets ſeine Verſuche, herauszukommen. Störte ich die Thiere im Schlafe, ſo erfolgte
ſtets ein allgemeines Murren.‟

„Meine kleine Schuabelthierfamilie lebte noch einige Zeit, und ich konnte ſo ihre Gewohnheiten
beobachten. Oft ſchienen die Thierchen vom Schwimmen zu träumen; denn ihre Vorderpfoten waren
häufig in der entſprechenden Bewegung. Setzte ich ſie am Tage auf den Boden, ſo ſuchten ſie ein
dunkles Ruheplätzchen, und in dieſem oder in ihrem Gefängniſſe ſchliefen ſie bald zuſammengerollt
ein, zogen jedoch ihren gewöhnlichen Ruheplatz jeder anderen Stelle vor. Andererſeits geſchah es
wieder, daß ſie ein Bett, nachdem ſie es tagelang inne gehabt, aus einem launiſchen Einfalle ver-
ließen, und hinter einer Kiſte oder ſonſt an einer dunkeln Stelle blieben. Schliefen ſie recht feſt, ſo
konnte man ſie betaſten, ohne daß ſie ſich ſtören ließen.‟

„Eines Abends kamen meine beiden kleinen Lieblinge gegen die Dämmerungsſtunde hervor und
fraßen wie gewöhnlich ihr Futter, dann aber begannen ſie zu ſpielen, wie ein Paar junge Hunde,
indem ſie einander mit ihrem Schnabel angriffen, ihre Vorderpfoten erhoben, über einander weg-
kletterten u. ſ. w. Fiel bei dieſem Kampfe einer nieder, und man erwartete mit Beſtimmtheit, daß er
ſich ſchleunigſt erheben und den Kampf erneuern würde, ſo kam ihm wohl der Gedanke, ganz ruhig
liegen zu bleiben und ſich zu kratzen, und ſein Mitkämpe ſah dann ruhig zu und wartete, bis das
Spiel wieder anfing. Beim Herumlaufen waren ſie außerordentlich lebendig; ihre Aeuglein ſtrahlten,
und die Oeffnungen ihrer Ohren öffneten und ſchloſſen ſich ungemein ſchnell; dann ließen ſie ſich aber
auch nicht gern in die Hand nehmen.‟

„Sie können, da ihre Augen ſehr hoch im Kopfe ſtehen, nicht gut in gerader Linie vor ſich
ſehen, ſtoßen daher an alles Mögliche im Zimmer an und werfen häufig leichte Gegenſtände um.
Oft ſah ich ſie den Kopf erheben, als ob ſie die Gegenſtände um ſich her betrachten wollten; mitunter
ließen ſie ſich ſogar mit mir ein: ich ſtreichelte oder kratzte ſie, und ſie ihrerſeits ließen ſich dieſe Lieb-
koſungen gern gefallen. Sie biſſen ſpielend nach meinem Finger und benahmen ſich überhaupt auch
hierin ganz wie Hündchen. Wenn ihr Fell naß war, kämmten ſie nicht nur, ſondern putzten es
ganz ſo, wie eine Ente ihre Federn. Es wurde dann auch immer viel ſchöner und glänzender.
That ich ſie in ein tiefes Gefäß voll Waſſer, ſo ſuchten ſie ſehr bald herauszukommen; war dagegen
das Waſſer ſeicht und ein Raſenſtück in einer Ecke, ſo gefiel es ihnen ausnehmend. Sie wiederholten
im Waſſer ganz dieſelben Spiele, wie auf dem Fußboden, und wenn ſie müde waren, legten ſie ſich
auf den Raſen und kämmten ſich. Nach der Reinigung pflegten ſie im Zimmer ein Weilchen auf und
ab zu gehen und ſich dann zur Ruhe zu begeben. Selten blieben ſie länger als 10 bis 15 Minuten
im Waſſer. Auch in der Nacht hörte ich ſie manchmal knurren, und es ſchien, als wenn ſie ſpielten
oder ſich balgten, aber am Morgen fand ich ſie dann immer ruhig ſchlafend in ihrem Neſte.‟

„Anfangs war ich geneigt, ſie als Nachtthiere zu betrachten; ich fand jedoch bald, daß ihr Leben
ſehr unregelmäßig iſt, indem ſie ſowohl bei Tage, als bei Nacht ihre Ruheſtätte zu ganz verſchiedenen
Zeiten verließen; mit dem Dunkelwerden ſchienen ſie jedoch lebendiger und laufluſtiger zu werden.
Nur zu dem ſicheren Schluſſe konnte ich kommen, daß ſie ſowohl Tagthiere, als Nachtthiere wären,
welche immerhin den kühlen, düſteren Abend der Hitze und dem grellen Lichte des Mittags vorziehen.
Es war nicht blos mit den Jungen ſo; auch die Alten waren gleich unzuverläſſig. Manchmal ſchliefen
ſie den ganzen Tag und wurden in der Nacht lebendig, manchmal war es umgekehrt. Oft ſchlief das
eine, während das andere umherlief. Manchmal verließ das Männchen zuerſt das Neſt, das Weib-
chen ſchlief fort. War jenes des Laufens und des Freſſens ſatt, ſo rollte es ſich wieder zum Schlafen
zuſammen, und dann kam die Reihe an das Weibchen; ein andermal jedoch kamen ſie plötzlich zu-
ſammen hervor. Eines Abends, als beide umherliefen, ſtieß das Weibchen ein Quieken aus, als
wenn es ſeinen Gefährten riefe, der irgendwo im Zimmer hinter einem Hausgeräth verſteckt war.
Er antwortete augenblicklich in ähnlichem Tone, und das Weibchen lief nach der Stelle, von welcher
die Antwort kam.‟

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[329/0349] Das Schnabelthier. aber des Nachts ſtets ſeine Verſuche, herauszukommen. Störte ich die Thiere im Schlafe, ſo erfolgte ſtets ein allgemeines Murren.‟ „Meine kleine Schuabelthierfamilie lebte noch einige Zeit, und ich konnte ſo ihre Gewohnheiten beobachten. Oft ſchienen die Thierchen vom Schwimmen zu träumen; denn ihre Vorderpfoten waren häufig in der entſprechenden Bewegung. Setzte ich ſie am Tage auf den Boden, ſo ſuchten ſie ein dunkles Ruheplätzchen, und in dieſem oder in ihrem Gefängniſſe ſchliefen ſie bald zuſammengerollt ein, zogen jedoch ihren gewöhnlichen Ruheplatz jeder anderen Stelle vor. Andererſeits geſchah es wieder, daß ſie ein Bett, nachdem ſie es tagelang inne gehabt, aus einem launiſchen Einfalle ver- ließen, und hinter einer Kiſte oder ſonſt an einer dunkeln Stelle blieben. Schliefen ſie recht feſt, ſo konnte man ſie betaſten, ohne daß ſie ſich ſtören ließen.‟ „Eines Abends kamen meine beiden kleinen Lieblinge gegen die Dämmerungsſtunde hervor und fraßen wie gewöhnlich ihr Futter, dann aber begannen ſie zu ſpielen, wie ein Paar junge Hunde, indem ſie einander mit ihrem Schnabel angriffen, ihre Vorderpfoten erhoben, über einander weg- kletterten u. ſ. w. Fiel bei dieſem Kampfe einer nieder, und man erwartete mit Beſtimmtheit, daß er ſich ſchleunigſt erheben und den Kampf erneuern würde, ſo kam ihm wohl der Gedanke, ganz ruhig liegen zu bleiben und ſich zu kratzen, und ſein Mitkämpe ſah dann ruhig zu und wartete, bis das Spiel wieder anfing. Beim Herumlaufen waren ſie außerordentlich lebendig; ihre Aeuglein ſtrahlten, und die Oeffnungen ihrer Ohren öffneten und ſchloſſen ſich ungemein ſchnell; dann ließen ſie ſich aber auch nicht gern in die Hand nehmen.‟ „Sie können, da ihre Augen ſehr hoch im Kopfe ſtehen, nicht gut in gerader Linie vor ſich ſehen, ſtoßen daher an alles Mögliche im Zimmer an und werfen häufig leichte Gegenſtände um. Oft ſah ich ſie den Kopf erheben, als ob ſie die Gegenſtände um ſich her betrachten wollten; mitunter ließen ſie ſich ſogar mit mir ein: ich ſtreichelte oder kratzte ſie, und ſie ihrerſeits ließen ſich dieſe Lieb- koſungen gern gefallen. Sie biſſen ſpielend nach meinem Finger und benahmen ſich überhaupt auch hierin ganz wie Hündchen. Wenn ihr Fell naß war, kämmten ſie nicht nur, ſondern putzten es ganz ſo, wie eine Ente ihre Federn. Es wurde dann auch immer viel ſchöner und glänzender. That ich ſie in ein tiefes Gefäß voll Waſſer, ſo ſuchten ſie ſehr bald herauszukommen; war dagegen das Waſſer ſeicht und ein Raſenſtück in einer Ecke, ſo gefiel es ihnen ausnehmend. Sie wiederholten im Waſſer ganz dieſelben Spiele, wie auf dem Fußboden, und wenn ſie müde waren, legten ſie ſich auf den Raſen und kämmten ſich. Nach der Reinigung pflegten ſie im Zimmer ein Weilchen auf und ab zu gehen und ſich dann zur Ruhe zu begeben. Selten blieben ſie länger als 10 bis 15 Minuten im Waſſer. Auch in der Nacht hörte ich ſie manchmal knurren, und es ſchien, als wenn ſie ſpielten oder ſich balgten, aber am Morgen fand ich ſie dann immer ruhig ſchlafend in ihrem Neſte.‟ „Anfangs war ich geneigt, ſie als Nachtthiere zu betrachten; ich fand jedoch bald, daß ihr Leben ſehr unregelmäßig iſt, indem ſie ſowohl bei Tage, als bei Nacht ihre Ruheſtätte zu ganz verſchiedenen Zeiten verließen; mit dem Dunkelwerden ſchienen ſie jedoch lebendiger und laufluſtiger zu werden. Nur zu dem ſicheren Schluſſe konnte ich kommen, daß ſie ſowohl Tagthiere, als Nachtthiere wären, welche immerhin den kühlen, düſteren Abend der Hitze und dem grellen Lichte des Mittags vorziehen. Es war nicht blos mit den Jungen ſo; auch die Alten waren gleich unzuverläſſig. Manchmal ſchliefen ſie den ganzen Tag und wurden in der Nacht lebendig, manchmal war es umgekehrt. Oft ſchlief das eine, während das andere umherlief. Manchmal verließ das Männchen zuerſt das Neſt, das Weib- chen ſchlief fort. War jenes des Laufens und des Freſſens ſatt, ſo rollte es ſich wieder zum Schlafen zuſammen, und dann kam die Reihe an das Weibchen; ein andermal jedoch kamen ſie plötzlich zu- ſammen hervor. Eines Abends, als beide umherliefen, ſtieß das Weibchen ein Quieken aus, als wenn es ſeinen Gefährten riefe, der irgendwo im Zimmer hinter einem Hausgeräth verſteckt war. Er antwortete augenblicklich in ähnlichem Tone, und das Weibchen lief nach der Stelle, von welcher die Antwort kam.‟

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/349>, abgerufen am 27.11.2024.