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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Kloaken- oder Gabelthiere. -- Das Schnabelthier.
der auf. Endlich ließ es sich von mir sanft über den Rücken streicheln, wollte sich aber nicht gern
angreifen lassen."

"Einige Tage später ließ ich es wiederum ein Bad nehmen, diesmal in einem klaren Flusse,
wo ich seine Bewegungen deutlich wahrnehmen konnte. Rasch tauchte es bis auf den Boden, blieb dort
eine kurze Weile und stieg wieder empor. Es schweifte am Ufer entlang, indem es sich von den
Gefühlseindrücken seines Schnabels leiten ließ, der als ein sehr zartes Tastwerkzeug vielfach benutzt
zu werden scheint. Es schien sich ganz wohl zu nähren, und so oft es den Schnabel aus dem
Schlamme zurückzog, hatte es sicherlich etwas Freßbares darin; denn die Freßwerkzeuge waren dann
in der ihm beim Kauen eigenen Bewegung nach seitwärts. Verschiedene Kerbthiere, welche dicht um
das Thier herumflatterten, ließ es unbelästigt, entweder, weil es sie nicht sah, oder weil es die
Speise vorzog, welche der Schlamm gewährte. Nach seiner Mahlzeit pflegte es manchmal auf dem
grasigen Ufer, halb außer dem Wasser, sich niederzulegen oder sich rückwärts zu biegen, indem es
seinen Pelz kämmte und reinigte. Jn sein Gefängniß kehrte es sehr ungern zurück, und diesmal
wollte es sich durchaus nicht beruhigen. Jn der Nacht hörte ich kein Kratzen in seiner Kiste, welche
in meinem Schlafzimmer stand, und siehe: am nächsten Morgen fand ich sie leer. Das Schnabel-
thier hatte glücklich eine Latte losgelöst und seine Flucht ausgeführt. So waren alle meine Hoffnun-
gen fernerer Beobachtungen vereitelt."

Auf einer neuen Reise gelang es Bennett, sich wieder ein Weibchen zu verschaffen, welches er
noch genauer untersuchen konnte. Er fand, daß die Brustdrüsen kaum noch zu bemerken waren, ob-
gleich das Thier in der linken Gebärmutter deutlich entwickelte Eier hatte, konnte aber wiederum
nichts Genaues entdecken. Einige Zeit später erhielt er nach langer Mühe ein anderes Weibchen,
fand aber bei der Untersuchung, daß es eben geworfen hatte. Hier waren die Brustdrüsen sehr groß;
doch ließ sich aus ihnen keine Milch mehr ausdrücken. Eine hervorragende Saugwarze war noch
nicht zu bemerken, und selbst das Pelzwerk war an der Stelle, wo die Drüsen sind, nicht mehr ab-
gerieben, als sonst wo anders. Endlich gelang es dem unermüdlichen Forscher, einen Bau mit drei
Jungen zu entdecken, welche etwa 1 7/8 Zoll lang waren. Nirgends fand man Etwas auf, was auf
die Vermuthung hätte führen können, daß die Jungen aus Eiern gekommen, und die Eier von
den Alten weggetragen worden wären. Man konnte nicht mehr im Zweifel sein, daß das
Schnabelthier lebendige Junge gebiert. Bennett glaubt auch nicht, daß die Eingeborenen die
Mutter jemals säugend gesehen, und entschuldigt sie deshalb wegen ihrer lügenhaften Erzählung
hinsichtlich des Eierlegens. Sobald man im Bau zu graben anfängt, wird das Thier natürlich
gestört und verläßt dann sein Nest, um nach dem Feinde zu sehen. "Als wir das Nest mit Jungen
fanden," sagt Bennett, "und sie auf den Boden setzten, liefen sie zwar umher, machten aber nicht
solche wilde Fluchtversuche, wie die Alten. Die Eingeborenen, denen der Mund nach diesen fetten
jungen Thieren sehr wässerte, sagten, daß dieselben bereits acht Monate alt wären, und fügten hinzu,
daß die jungen Schnabelthiere blos im Anfange mit Milch, später mit Kerbthieren, kleinen Muscheln
und Schlamm von der Alten gefüttert würden."

"Jn ihrem Gefängnisse nahmen die kleinen Thiere höchst verschiedene Stellungen beim Schlafen
an. Das eine rollte sich zusammen, wie ein Hund, und deckte seinen Schnabel warm mit dem
Schwanze zu, das andere lag auf dem Rücken mit ausgestreckten Pfoten, ein drittes auf der Seite,
ein viertes im Knaul, wie ein Jgel. Waren sie eine Lage überdrüssig, so legten sie sich anders zu-
recht; am liebsten aber rollten sie sich wie eine Kugel zusammen, indem sie die Vorderpfoten unter
den Schnabel legten, den Kopf gegen den Schwanz hinabbeugten, die Hinterpfoten über die Freß-
werkzeuge kreuzten und den Schwanz aufrichteten. Obschon mit einem dicken Pelze versehen, wollten
sie doch gemüthlich warm gehalten sein. Jhr Fell ließen sie mich berühren, nicht aber den Schnabel: --
ein neuer Beweis, wie empfindlich er ist."

"Die Jungen konnte ich ruhig in der Stube umherlaufen lassen, ein Altes aber grub so unver-
drossen an der Mauer, daß ich es einsperren mußte. Dann lag es den ganzen Tag über ruhig, erneuerte

Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Das Schnabelthier.
der auf. Endlich ließ es ſich von mir ſanft über den Rücken ſtreicheln, wollte ſich aber nicht gern
angreifen laſſen.‟

„Einige Tage ſpäter ließ ich es wiederum ein Bad nehmen, diesmal in einem klaren Fluſſe,
wo ich ſeine Bewegungen deutlich wahrnehmen konnte. Raſch tauchte es bis auf den Boden, blieb dort
eine kurze Weile und ſtieg wieder empor. Es ſchweifte am Ufer entlang, indem es ſich von den
Gefühlseindrücken ſeines Schnabels leiten ließ, der als ein ſehr zartes Taſtwerkzeug vielfach benutzt
zu werden ſcheint. Es ſchien ſich ganz wohl zu nähren, und ſo oft es den Schnabel aus dem
Schlamme zurückzog, hatte es ſicherlich etwas Freßbares darin; denn die Freßwerkzeuge waren dann
in der ihm beim Kauen eigenen Bewegung nach ſeitwärts. Verſchiedene Kerbthiere, welche dicht um
das Thier herumflatterten, ließ es unbeläſtigt, entweder, weil es ſie nicht ſah, oder weil es die
Speiſe vorzog, welche der Schlamm gewährte. Nach ſeiner Mahlzeit pflegte es manchmal auf dem
graſigen Ufer, halb außer dem Waſſer, ſich niederzulegen oder ſich rückwärts zu biegen, indem es
ſeinen Pelz kämmte und reinigte. Jn ſein Gefängniß kehrte es ſehr ungern zurück, und diesmal
wollte es ſich durchaus nicht beruhigen. Jn der Nacht hörte ich kein Kratzen in ſeiner Kiſte, welche
in meinem Schlafzimmer ſtand, und ſiehe: am nächſten Morgen fand ich ſie leer. Das Schnabel-
thier hatte glücklich eine Latte losgelöſt und ſeine Flucht ausgeführt. So waren alle meine Hoffnun-
gen fernerer Beobachtungen vereitelt.‟

Auf einer neuen Reiſe gelang es Bennett, ſich wieder ein Weibchen zu verſchaffen, welches er
noch genauer unterſuchen konnte. Er fand, daß die Bruſtdrüſen kaum noch zu bemerken waren, ob-
gleich das Thier in der linken Gebärmutter deutlich entwickelte Eier hatte, konnte aber wiederum
nichts Genaues entdecken. Einige Zeit ſpäter erhielt er nach langer Mühe ein anderes Weibchen,
fand aber bei der Unterſuchung, daß es eben geworfen hatte. Hier waren die Bruſtdrüſen ſehr groß;
doch ließ ſich aus ihnen keine Milch mehr ausdrücken. Eine hervorragende Saugwarze war noch
nicht zu bemerken, und ſelbſt das Pelzwerk war an der Stelle, wo die Drüſen ſind, nicht mehr ab-
gerieben, als ſonſt wo anders. Endlich gelang es dem unermüdlichen Forſcher, einen Bau mit drei
Jungen zu entdecken, welche etwa 1⅞ Zoll lang waren. Nirgends fand man Etwas auf, was auf
die Vermuthung hätte führen können, daß die Jungen aus Eiern gekommen, und die Eier von
den Alten weggetragen worden wären. Man konnte nicht mehr im Zweifel ſein, daß das
Schnabelthier lebendige Junge gebiert. Bennett glaubt auch nicht, daß die Eingeborenen die
Mutter jemals ſäugend geſehen, und entſchuldigt ſie deshalb wegen ihrer lügenhaften Erzählung
hinſichtlich des Eierlegens. Sobald man im Bau zu graben anfängt, wird das Thier natürlich
geſtört und verläßt dann ſein Neſt, um nach dem Feinde zu ſehen. „Als wir das Neſt mit Jungen
fanden,‟ ſagt Bennett, „und ſie auf den Boden ſetzten, liefen ſie zwar umher, machten aber nicht
ſolche wilde Fluchtverſuche, wie die Alten. Die Eingeborenen, denen der Mund nach dieſen fetten
jungen Thieren ſehr wäſſerte, ſagten, daß dieſelben bereits acht Monate alt wären, und fügten hinzu,
daß die jungen Schnabelthiere blos im Anfange mit Milch, ſpäter mit Kerbthieren, kleinen Muſcheln
und Schlamm von der Alten gefüttert würden.‟

„Jn ihrem Gefängniſſe nahmen die kleinen Thiere höchſt verſchiedene Stellungen beim Schlafen
an. Das eine rollte ſich zuſammen, wie ein Hund, und deckte ſeinen Schnabel warm mit dem
Schwanze zu, das andere lag auf dem Rücken mit ausgeſtreckten Pfoten, ein drittes auf der Seite,
ein viertes im Knaul, wie ein Jgel. Waren ſie eine Lage überdrüſſig, ſo legten ſie ſich anders zu-
recht; am liebſten aber rollten ſie ſich wie eine Kugel zuſammen, indem ſie die Vorderpfoten unter
den Schnabel legten, den Kopf gegen den Schwanz hinabbeugten, die Hinterpfoten über die Freß-
werkzeuge kreuzten und den Schwanz aufrichteten. Obſchon mit einem dicken Pelze verſehen, wollten
ſie doch gemüthlich warm gehalten ſein. Jhr Fell ließen ſie mich berühren, nicht aber den Schnabel: —
ein neuer Beweis, wie empfindlich er iſt.‟

„Die Jungen konnte ich ruhig in der Stube umherlaufen laſſen, ein Altes aber grub ſo unver-
droſſen an der Mauer, daß ich es einſperren mußte. Dann lag es den ganzen Tag über ruhig, erneuerte

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[328/0348] Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Das Schnabelthier. der auf. Endlich ließ es ſich von mir ſanft über den Rücken ſtreicheln, wollte ſich aber nicht gern angreifen laſſen.‟ „Einige Tage ſpäter ließ ich es wiederum ein Bad nehmen, diesmal in einem klaren Fluſſe, wo ich ſeine Bewegungen deutlich wahrnehmen konnte. Raſch tauchte es bis auf den Boden, blieb dort eine kurze Weile und ſtieg wieder empor. Es ſchweifte am Ufer entlang, indem es ſich von den Gefühlseindrücken ſeines Schnabels leiten ließ, der als ein ſehr zartes Taſtwerkzeug vielfach benutzt zu werden ſcheint. Es ſchien ſich ganz wohl zu nähren, und ſo oft es den Schnabel aus dem Schlamme zurückzog, hatte es ſicherlich etwas Freßbares darin; denn die Freßwerkzeuge waren dann in der ihm beim Kauen eigenen Bewegung nach ſeitwärts. Verſchiedene Kerbthiere, welche dicht um das Thier herumflatterten, ließ es unbeläſtigt, entweder, weil es ſie nicht ſah, oder weil es die Speiſe vorzog, welche der Schlamm gewährte. Nach ſeiner Mahlzeit pflegte es manchmal auf dem graſigen Ufer, halb außer dem Waſſer, ſich niederzulegen oder ſich rückwärts zu biegen, indem es ſeinen Pelz kämmte und reinigte. Jn ſein Gefängniß kehrte es ſehr ungern zurück, und diesmal wollte es ſich durchaus nicht beruhigen. Jn der Nacht hörte ich kein Kratzen in ſeiner Kiſte, welche in meinem Schlafzimmer ſtand, und ſiehe: am nächſten Morgen fand ich ſie leer. Das Schnabel- thier hatte glücklich eine Latte losgelöſt und ſeine Flucht ausgeführt. So waren alle meine Hoffnun- gen fernerer Beobachtungen vereitelt.‟ Auf einer neuen Reiſe gelang es Bennett, ſich wieder ein Weibchen zu verſchaffen, welches er noch genauer unterſuchen konnte. Er fand, daß die Bruſtdrüſen kaum noch zu bemerken waren, ob- gleich das Thier in der linken Gebärmutter deutlich entwickelte Eier hatte, konnte aber wiederum nichts Genaues entdecken. Einige Zeit ſpäter erhielt er nach langer Mühe ein anderes Weibchen, fand aber bei der Unterſuchung, daß es eben geworfen hatte. Hier waren die Bruſtdrüſen ſehr groß; doch ließ ſich aus ihnen keine Milch mehr ausdrücken. Eine hervorragende Saugwarze war noch nicht zu bemerken, und ſelbſt das Pelzwerk war an der Stelle, wo die Drüſen ſind, nicht mehr ab- gerieben, als ſonſt wo anders. Endlich gelang es dem unermüdlichen Forſcher, einen Bau mit drei Jungen zu entdecken, welche etwa 1⅞ Zoll lang waren. Nirgends fand man Etwas auf, was auf die Vermuthung hätte führen können, daß die Jungen aus Eiern gekommen, und die Eier von den Alten weggetragen worden wären. Man konnte nicht mehr im Zweifel ſein, daß das Schnabelthier lebendige Junge gebiert. Bennett glaubt auch nicht, daß die Eingeborenen die Mutter jemals ſäugend geſehen, und entſchuldigt ſie deshalb wegen ihrer lügenhaften Erzählung hinſichtlich des Eierlegens. Sobald man im Bau zu graben anfängt, wird das Thier natürlich geſtört und verläßt dann ſein Neſt, um nach dem Feinde zu ſehen. „Als wir das Neſt mit Jungen fanden,‟ ſagt Bennett, „und ſie auf den Boden ſetzten, liefen ſie zwar umher, machten aber nicht ſolche wilde Fluchtverſuche, wie die Alten. Die Eingeborenen, denen der Mund nach dieſen fetten jungen Thieren ſehr wäſſerte, ſagten, daß dieſelben bereits acht Monate alt wären, und fügten hinzu, daß die jungen Schnabelthiere blos im Anfange mit Milch, ſpäter mit Kerbthieren, kleinen Muſcheln und Schlamm von der Alten gefüttert würden.‟ „Jn ihrem Gefängniſſe nahmen die kleinen Thiere höchſt verſchiedene Stellungen beim Schlafen an. Das eine rollte ſich zuſammen, wie ein Hund, und deckte ſeinen Schnabel warm mit dem Schwanze zu, das andere lag auf dem Rücken mit ausgeſtreckten Pfoten, ein drittes auf der Seite, ein viertes im Knaul, wie ein Jgel. Waren ſie eine Lage überdrüſſig, ſo legten ſie ſich anders zu- recht; am liebſten aber rollten ſie ſich wie eine Kugel zuſammen, indem ſie die Vorderpfoten unter den Schnabel legten, den Kopf gegen den Schwanz hinabbeugten, die Hinterpfoten über die Freß- werkzeuge kreuzten und den Schwanz aufrichteten. Obſchon mit einem dicken Pelze verſehen, wollten ſie doch gemüthlich warm gehalten ſein. Jhr Fell ließen ſie mich berühren, nicht aber den Schnabel: — ein neuer Beweis, wie empfindlich er iſt.‟ „Die Jungen konnte ich ruhig in der Stube umherlaufen laſſen, ein Altes aber grub ſo unver- droſſen an der Mauer, daß ich es einſperren mußte. Dann lag es den ganzen Tag über ruhig, erneuerte

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/348>, abgerufen am 22.05.2024.