deutlich länger, als die Vorderbeine. Alle Füße haben fünf freie, bekrallte Zehen. Mittelgroße, ziemlich breite und aufrechtstehende, an der Spitze abgerundete, dünn behaarte Ohren, mittelgroße Augen, gespaltene Oberlippen zeichnen den Kopf aus, glatte, ungefurchte und spitze Nagezähne, wurzellose Backzähne, deren Kauflächen fast einer arabischen 8 gleichen (daher der Name Octodon) das Gebiß. Die Behaarung des Körpers ist reichlich, wenn auch kurz; das Haar ist trocken und rauh.
Der Degu (Octodon Cummingii) ähnelt entfernt unserer Hafelmaus, zumal was die Färbung anlangt. Oben ist er bräunlichgrau ungleichmäßig gefleckt, unten graubräunlich, an Brust und Nacken dunkler, an der Schwanzwurzel lichter, fast weiß. Die Ohren sind außen dunkelgrau, innen weiß, die Schnurren zum Theil weiß, zum Theil schwarz, der Schwanz ist oben und an der Spitze schwarz, unten bis zum ersten Drittel seiner Länge hellgrau. Die Gesammtlänge beträgt gegen zehn Zoll, wovon etwas mehr als drei Zoll auf den Schwanz kommen. Am Widerrist ist das
[Abbildung]
Der Degu (Octodon Cammingii).
Thierchen drei Zoll hoch. "Der Degu," sagt Pöppig, "gehört zu den häufigsten Thieren der mitt- leren Provinz von Chile; Hunderte bevölkern die Hecken und Büsche; selbst in der unmittelbaren Nähe belebter Städte laufen sie furchtlos an den Heerstraßen umher und brechen ungescheut in Gär- ten und Fruchtfeldern ein, wo sie durch muthwilliges Zernagen den Pflanzen fast ebensoviel Schaden thun, wie durch ihre Gefräßigkeit. Selten entfernen sie sich vom Boden, um die unteren Aeste der Büsche zu erklettern, warten mit herausfordernder Kühnheit die Annäherung ihrer Feinde ab, stür- zen aber dann in buntem Gewimmel und den Schwanz aufrecht tragend in die Mündungen ihrer vielverzweigten Baue, um nach wenigen Augenblicken an einer anderen Stelle wieder hervorzu- kommen. Das Thier gleicht in seinen Sitten viel mehr einem Eichhörnchen, als einer Ratte. Es sammelt, ungeachtet des milden Klimas, Vorräthe ein, verfällt aber nicht in einen Winterschlaf."
Der Degu.
deutlich länger, als die Vorderbeine. Alle Füße haben fünf freie, bekrallte Zehen. Mittelgroße, ziemlich breite und aufrechtſtehende, an der Spitze abgerundete, dünn behaarte Ohren, mittelgroße Augen, geſpaltene Oberlippen zeichnen den Kopf aus, glatte, ungefurchte und ſpitze Nagezähne, wurzelloſe Backzähne, deren Kauflächen faſt einer arabiſchen 8 gleichen (daher der Name Octodon) das Gebiß. Die Behaarung des Körpers iſt reichlich, wenn auch kurz; das Haar iſt trocken und rauh.
Der Degu (Octodon Cummingii) ähnelt entfernt unſerer Hafelmaus, zumal was die Färbung anlangt. Oben iſt er bräunlichgrau ungleichmäßig gefleckt, unten graubräunlich, an Bruſt und Nacken dunkler, an der Schwanzwurzel lichter, faſt weiß. Die Ohren ſind außen dunkelgrau, innen weiß, die Schnurren zum Theil weiß, zum Theil ſchwarz, der Schwanz iſt oben und an der Spitze ſchwarz, unten bis zum erſten Drittel ſeiner Länge hellgrau. Die Geſammtlänge beträgt gegen zehn Zoll, wovon etwas mehr als drei Zoll auf den Schwanz kommen. Am Widerriſt iſt das
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Der Degu (Octodon Cammingii).
Thierchen drei Zoll hoch. „Der Degu,‟ ſagt Pöppig, „gehört zu den häufigſten Thieren der mitt- leren Provinz von Chile; Hunderte bevölkern die Hecken und Büſche; ſelbſt in der unmittelbaren Nähe belebter Städte laufen ſie furchtlos an den Heerſtraßen umher und brechen ungeſcheut in Gär- ten und Fruchtfeldern ein, wo ſie durch muthwilliges Zernagen den Pflanzen faſt ebenſoviel Schaden thun, wie durch ihre Gefräßigkeit. Selten entfernen ſie ſich vom Boden, um die unteren Aeſte der Büſche zu erklettern, warten mit herausfordernder Kühnheit die Annäherung ihrer Feinde ab, ſtür- zen aber dann in buntem Gewimmel und den Schwanz aufrecht tragend in die Mündungen ihrer vielverzweigten Baue, um nach wenigen Augenblicken an einer anderen Stelle wieder hervorzu- kommen. Das Thier gleicht in ſeinen Sitten viel mehr einem Eichhörnchen, als einer Ratte. Es ſammelt, ungeachtet des milden Klimas, Vorräthe ein, verfällt aber nicht in einen Winterſchlaf.‟
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Der Degu.
deutlich länger, als die Vorderbeine. Alle Füße haben fünf freie, bekrallte Zehen. Mittelgroße, ziemlich
breite und aufrechtſtehende, an der Spitze abgerundete, dünn behaarte Ohren, mittelgroße Augen,
geſpaltene Oberlippen zeichnen den Kopf aus, glatte, ungefurchte und ſpitze Nagezähne, wurzelloſe
Backzähne, deren Kauflächen faſt einer arabiſchen 8 gleichen (daher der Name Octodon) das Gebiß.
Die Behaarung des Körpers iſt reichlich, wenn auch kurz; das Haar iſt trocken und rauh.
Der Degu (Octodon Cummingii) ähnelt entfernt unſerer Hafelmaus, zumal was die Färbung
anlangt. Oben iſt er bräunlichgrau ungleichmäßig gefleckt, unten graubräunlich, an Bruſt und
Nacken dunkler, an der Schwanzwurzel lichter, faſt weiß. Die Ohren ſind außen dunkelgrau,
innen weiß, die Schnurren zum Theil weiß, zum Theil ſchwarz, der Schwanz iſt oben und an der
Spitze ſchwarz, unten bis zum erſten Drittel ſeiner Länge hellgrau. Die Geſammtlänge beträgt
gegen zehn Zoll, wovon etwas mehr als drei Zoll auf den Schwanz kommen. Am Widerriſt iſt das
[Abbildung Der Degu (Octodon Cammingii).]
Thierchen drei Zoll hoch. „Der Degu,‟ ſagt Pöppig, „gehört zu den häufigſten Thieren der mitt-
leren Provinz von Chile; Hunderte bevölkern die Hecken und Büſche; ſelbſt in der unmittelbaren
Nähe belebter Städte laufen ſie furchtlos an den Heerſtraßen umher und brechen ungeſcheut in Gär-
ten und Fruchtfeldern ein, wo ſie durch muthwilliges Zernagen den Pflanzen faſt ebenſoviel Schaden
thun, wie durch ihre Gefräßigkeit. Selten entfernen ſie ſich vom Boden, um die unteren Aeſte der
Büſche zu erklettern, warten mit herausfordernder Kühnheit die Annäherung ihrer Feinde ab, ſtür-
zen aber dann in buntem Gewimmel und den Schwanz aufrecht tragend in die Mündungen ihrer
vielverzweigten Baue, um nach wenigen Augenblicken an einer anderen Stelle wieder hervorzu-
kommen. Das Thier gleicht in ſeinen Sitten viel mehr einem Eichhörnchen, als einer Ratte. Es
ſammelt, ungeachtet des milden Klimas, Vorräthe ein, verfällt aber nicht in einen Winterſchlaf.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/223>, abgerufen am 23.11.2024.
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