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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Hamster.
aber niemals mit Erde, wie fälschlich oft behauptet wurde. Jm Wasser bewegt er sich nicht ungeschickt,
obwohl er dasselbe ängstlich meidet. Wirft man ihn in ein damit gefülltes Gefäß, so schwimmt er
rasch umher, knurrt aber wüthend dabei und beweist überhaupt, daß er sich höchst ungemüthlich fühlt.
Das Bad strengt ihn auch derart an, daß er alle ihm sonst eigene Bosheit und Wuth gänzlich ver-
gißt und froh ist, wenn er sich wieder auf dem Trockenen fühlt. Sogleich nach dem Bade beginnt ein
höchst sorgfältiges Putzen. Der Hamster ist mit seinen Vorderfüßen ungemein geschickt; er versteht
sie ganz wie Hände zu benutzen. Mit ihnen führt er die Nahrung zum Munde, mit ihnen hält und
dreht er die Aehren, welche er enthülsen will, um die Körner in seinen Backentaschen aufzuspeichern,
und mit ihrer Hilfe bringt er auch seinen Pelz in Ordnung. Sobald er aus dem Wasser kommt,
schüttelt er sich erst tüchtig ab; dann setzt er sich auf die Hinterbeine und beginnt nun eifrig, zu lecken
und zu putzen. Zuerst kommt der Kopf daran. Er legt beide Hände bis an die Ohren und zieht
sie nach vorwärts über das Gesicht, wie er thut, wenn er sich sonst wäscht; dann nimmt er
einen Haarbüschel nach dem andern und reibt ihn solange zwischen den Händen, bis er den erforder-
lichen Grad von Trockenheit zu haben scheint. Die Haare der Schenkel und des Rückens weiß er auf
sehr sinnreiche Art wieder zu ordnen. Er setzt sich dabei auf die Schenkel und den Hinteren und
leckt und kämmt mit den Zähnen und Pfoten gemeinschaftlich, wobei er letztere außerordentlich rasch
von oben nach unten bewegt; die Hauptarbeit scheint hier aber mit der Zunge zu geschehen. Eine
derartige Reinigung dauert immer eine ziemlich lange Zeit und scheint gleichsam mit sichtlichem Wi-
derstreben ausgeführt zu werden.

Wenn der Hamster überrascht wird, erhebt er sich augenblicklich auf die Hinterbeine und läßt
dabei die Vorderbeine herabhängen, eine Hand gewöhnlich etwas tiefer, als die andere. So starrt
er den Gegenstand, welcher ihn in Aufregung versetzte, scharf an, augenscheinlich bereit, bei einer
sich bietenden Gelegenheit auf ihn loszufahren und von seinen Zähnen Gebrauch zu machen.

Die höheren Sinne des Hamsters scheinen ziemlich gleich ausgebildet zu sein, wenigstens be-
merkt man nicht, daß der eine vor dem andern besonders entwickelt wäre. Die geistigen Eigen-
schaften des Thieres sind nicht gerade geeignet, ihn zu einem Liebling des Menschen zu machen. Der
Zorn beherrscht sein ganzes Wesen in einem Grade, wie bei kaum einem anderen Nager von so ge-
ringer Größe, Ratten oder Lemminge etwa ausgenommen. Bei der geringsten Ursache stellt sich der
Hamster trotzig zur Wehr, knurrt tief und hohl im Jnnern, knirscht mit den Zähnen und schlägt sie
ungemein schnell und heftig auf einander. Ebensogroß als sein Zorn, ist auch sein Muth. Er wehrt
sich gegen jedes Thier, welches ihn angreift, und solange, als er kann. Ungeschickten Hunden gegen-
über bleibt er fast regelmäßig Sieger; nur die klugen Pintscher wissen ihn zu packen und schütteln
ihn, wenn Dies geschehen ist, fast augenblicklich zu Tode. Alle Hunde hassen den Hamster fast
ebenso, wie den Jgel, weil sie sich ärgern, ihre Herrschaft einem so kleinen Thiere nicht immer
aufzwingen zu können. Sie verfolgen ihn mit großem Eifer und bestehen dann die drolligsten
Kämpfe mit dem erbosten Gegner. Es dauert immer einige Zeit, ehe der Hamster überwunden
wird, und sehr oft verkauft er seine Haut theuer genug. "Sobald er merkt," sagt Sulzer, welcher
ein ganzes Buch über den Hamster geschrieben hat, "daß es ein Hund mit ihm zu thun haben will,
leert er, wenn seine Backen mit Getreide vollgestopft sind, solche erstlich aus, alsdann wetzt
er die Zähne, indem er sie sehr geschwind auf einander reibt, athmet schnell und laut mit einem
zornigen Aechzen, das sich mit dem Schnurren eines Schlafenden vergleichen läßt, und bläst zugleich
die Backentaschen dergestalt auf, daß der Kopf und Hals viel dicker aufschwellen, als der hintere
Theil des Leibes. Dabei richtet er sich auf und springt in dieser Stellung wohl zwei Fuß gegen
seinen Feind in die Höhe, und wenn dieser weicht, ist er kühn genug, ihn zu verfolgen, indem er
ihm wie ein Frosch nachhüpft. Die Plumpheit und Heftigkeit seiner Bewegungen sehen dabei so
lustig aus, daß man sich des Lachens kaum erwehren kann. Der Hund wird seiner nicht eher Mei-
ster, als bis er ihm von hinten beikommen kann. Dann faßt er ihn sogleich bei dem Genick oder im
Rücken und schüttelt ihn zu Tode."

Der Hamſter.
aber niemals mit Erde, wie fälſchlich oft behauptet wurde. Jm Waſſer bewegt er ſich nicht ungeſchickt,
obwohl er daſſelbe ängſtlich meidet. Wirft man ihn in ein damit gefülltes Gefäß, ſo ſchwimmt er
raſch umher, knurrt aber wüthend dabei und beweiſt überhaupt, daß er ſich höchſt ungemüthlich fühlt.
Das Bad ſtrengt ihn auch derart an, daß er alle ihm ſonſt eigene Bosheit und Wuth gänzlich ver-
gißt und froh iſt, wenn er ſich wieder auf dem Trockenen fühlt. Sogleich nach dem Bade beginnt ein
höchſt ſorgfältiges Putzen. Der Hamſter iſt mit ſeinen Vorderfüßen ungemein geſchickt; er verſteht
ſie ganz wie Hände zu benutzen. Mit ihnen führt er die Nahrung zum Munde, mit ihnen hält und
dreht er die Aehren, welche er enthülſen will, um die Körner in ſeinen Backentaſchen aufzuſpeichern,
und mit ihrer Hilfe bringt er auch ſeinen Pelz in Ordnung. Sobald er aus dem Waſſer kommt,
ſchüttelt er ſich erſt tüchtig ab; dann ſetzt er ſich auf die Hinterbeine und beginnt nun eifrig, zu lecken
und zu putzen. Zuerſt kommt der Kopf daran. Er legt beide Hände bis an die Ohren und zieht
ſie nach vorwärts über das Geſicht, wie er thut, wenn er ſich ſonſt wäſcht; dann nimmt er
einen Haarbüſchel nach dem andern und reibt ihn ſolange zwiſchen den Händen, bis er den erforder-
lichen Grad von Trockenheit zu haben ſcheint. Die Haare der Schenkel und des Rückens weiß er auf
ſehr ſinnreiche Art wieder zu ordnen. Er ſetzt ſich dabei auf die Schenkel und den Hinteren und
leckt und kämmt mit den Zähnen und Pfoten gemeinſchaftlich, wobei er letztere außerordentlich raſch
von oben nach unten bewegt; die Hauptarbeit ſcheint hier aber mit der Zunge zu geſchehen. Eine
derartige Reinigung dauert immer eine ziemlich lange Zeit und ſcheint gleichſam mit ſichtlichem Wi-
derſtreben ausgeführt zu werden.

Wenn der Hamſter überraſcht wird, erhebt er ſich augenblicklich auf die Hinterbeine und läßt
dabei die Vorderbeine herabhängen, eine Hand gewöhnlich etwas tiefer, als die andere. So ſtarrt
er den Gegenſtand, welcher ihn in Aufregung verſetzte, ſcharf an, augenſcheinlich bereit, bei einer
ſich bietenden Gelegenheit auf ihn loszufahren und von ſeinen Zähnen Gebrauch zu machen.

Die höheren Sinne des Hamſters ſcheinen ziemlich gleich ausgebildet zu ſein, wenigſtens be-
merkt man nicht, daß der eine vor dem andern beſonders entwickelt wäre. Die geiſtigen Eigen-
ſchaften des Thieres ſind nicht gerade geeignet, ihn zu einem Liebling des Menſchen zu machen. Der
Zorn beherrſcht ſein ganzes Weſen in einem Grade, wie bei kaum einem anderen Nager von ſo ge-
ringer Größe, Ratten oder Lemminge etwa ausgenommen. Bei der geringſten Urſache ſtellt ſich der
Hamſter trotzig zur Wehr, knurrt tief und hohl im Jnnern, knirſcht mit den Zähnen und ſchlägt ſie
ungemein ſchnell und heftig auf einander. Ebenſogroß als ſein Zorn, iſt auch ſein Muth. Er wehrt
ſich gegen jedes Thier, welches ihn angreift, und ſolange, als er kann. Ungeſchickten Hunden gegen-
über bleibt er faſt regelmäßig Sieger; nur die klugen Pintſcher wiſſen ihn zu packen und ſchütteln
ihn, wenn Dies geſchehen iſt, faſt augenblicklich zu Tode. Alle Hunde haſſen den Hamſter faſt
ebenſo, wie den Jgel, weil ſie ſich ärgern, ihre Herrſchaft einem ſo kleinen Thiere nicht immer
aufzwingen zu können. Sie verfolgen ihn mit großem Eifer und beſtehen dann die drolligſten
Kämpfe mit dem erboſten Gegner. Es dauert immer einige Zeit, ehe der Hamſter überwunden
wird, und ſehr oft verkauft er ſeine Haut theuer genug. „Sobald er merkt,‟ ſagt Sulzer, welcher
ein ganzes Buch über den Hamſter geſchrieben hat, „daß es ein Hund mit ihm zu thun haben will,
leert er, wenn ſeine Backen mit Getreide vollgeſtopft ſind, ſolche erſtlich aus, alsdann wetzt
er die Zähne, indem er ſie ſehr geſchwind auf einander reibt, athmet ſchnell und laut mit einem
zornigen Aechzen, das ſich mit dem Schnurren eines Schlafenden vergleichen läßt, und bläſt zugleich
die Backentaſchen dergeſtalt auf, daß der Kopf und Hals viel dicker aufſchwellen, als der hintere
Theil des Leibes. Dabei richtet er ſich auf und ſpringt in dieſer Stellung wohl zwei Fuß gegen
ſeinen Feind in die Höhe, und wenn dieſer weicht, iſt er kühn genug, ihn zu verfolgen, indem er
ihm wie ein Froſch nachhüpft. Die Plumpheit und Heftigkeit ſeiner Bewegungen ſehen dabei ſo
luſtig aus, daß man ſich des Lachens kaum erwehren kann. Der Hund wird ſeiner nicht eher Mei-
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[143/0159] Der Hamſter. aber niemals mit Erde, wie fälſchlich oft behauptet wurde. Jm Waſſer bewegt er ſich nicht ungeſchickt, obwohl er daſſelbe ängſtlich meidet. Wirft man ihn in ein damit gefülltes Gefäß, ſo ſchwimmt er raſch umher, knurrt aber wüthend dabei und beweiſt überhaupt, daß er ſich höchſt ungemüthlich fühlt. Das Bad ſtrengt ihn auch derart an, daß er alle ihm ſonſt eigene Bosheit und Wuth gänzlich ver- gißt und froh iſt, wenn er ſich wieder auf dem Trockenen fühlt. Sogleich nach dem Bade beginnt ein höchſt ſorgfältiges Putzen. Der Hamſter iſt mit ſeinen Vorderfüßen ungemein geſchickt; er verſteht ſie ganz wie Hände zu benutzen. Mit ihnen führt er die Nahrung zum Munde, mit ihnen hält und dreht er die Aehren, welche er enthülſen will, um die Körner in ſeinen Backentaſchen aufzuſpeichern, und mit ihrer Hilfe bringt er auch ſeinen Pelz in Ordnung. Sobald er aus dem Waſſer kommt, ſchüttelt er ſich erſt tüchtig ab; dann ſetzt er ſich auf die Hinterbeine und beginnt nun eifrig, zu lecken und zu putzen. Zuerſt kommt der Kopf daran. Er legt beide Hände bis an die Ohren und zieht ſie nach vorwärts über das Geſicht, wie er thut, wenn er ſich ſonſt wäſcht; dann nimmt er einen Haarbüſchel nach dem andern und reibt ihn ſolange zwiſchen den Händen, bis er den erforder- lichen Grad von Trockenheit zu haben ſcheint. Die Haare der Schenkel und des Rückens weiß er auf ſehr ſinnreiche Art wieder zu ordnen. Er ſetzt ſich dabei auf die Schenkel und den Hinteren und leckt und kämmt mit den Zähnen und Pfoten gemeinſchaftlich, wobei er letztere außerordentlich raſch von oben nach unten bewegt; die Hauptarbeit ſcheint hier aber mit der Zunge zu geſchehen. Eine derartige Reinigung dauert immer eine ziemlich lange Zeit und ſcheint gleichſam mit ſichtlichem Wi- derſtreben ausgeführt zu werden. Wenn der Hamſter überraſcht wird, erhebt er ſich augenblicklich auf die Hinterbeine und läßt dabei die Vorderbeine herabhängen, eine Hand gewöhnlich etwas tiefer, als die andere. So ſtarrt er den Gegenſtand, welcher ihn in Aufregung verſetzte, ſcharf an, augenſcheinlich bereit, bei einer ſich bietenden Gelegenheit auf ihn loszufahren und von ſeinen Zähnen Gebrauch zu machen. Die höheren Sinne des Hamſters ſcheinen ziemlich gleich ausgebildet zu ſein, wenigſtens be- merkt man nicht, daß der eine vor dem andern beſonders entwickelt wäre. Die geiſtigen Eigen- ſchaften des Thieres ſind nicht gerade geeignet, ihn zu einem Liebling des Menſchen zu machen. Der Zorn beherrſcht ſein ganzes Weſen in einem Grade, wie bei kaum einem anderen Nager von ſo ge- ringer Größe, Ratten oder Lemminge etwa ausgenommen. Bei der geringſten Urſache ſtellt ſich der Hamſter trotzig zur Wehr, knurrt tief und hohl im Jnnern, knirſcht mit den Zähnen und ſchlägt ſie ungemein ſchnell und heftig auf einander. Ebenſogroß als ſein Zorn, iſt auch ſein Muth. Er wehrt ſich gegen jedes Thier, welches ihn angreift, und ſolange, als er kann. Ungeſchickten Hunden gegen- über bleibt er faſt regelmäßig Sieger; nur die klugen Pintſcher wiſſen ihn zu packen und ſchütteln ihn, wenn Dies geſchehen iſt, faſt augenblicklich zu Tode. Alle Hunde haſſen den Hamſter faſt ebenſo, wie den Jgel, weil ſie ſich ärgern, ihre Herrſchaft einem ſo kleinen Thiere nicht immer aufzwingen zu können. Sie verfolgen ihn mit großem Eifer und beſtehen dann die drolligſten Kämpfe mit dem erboſten Gegner. Es dauert immer einige Zeit, ehe der Hamſter überwunden wird, und ſehr oft verkauft er ſeine Haut theuer genug. „Sobald er merkt,‟ ſagt Sulzer, welcher ein ganzes Buch über den Hamſter geſchrieben hat, „daß es ein Hund mit ihm zu thun haben will, leert er, wenn ſeine Backen mit Getreide vollgeſtopft ſind, ſolche erſtlich aus, alsdann wetzt er die Zähne, indem er ſie ſehr geſchwind auf einander reibt, athmet ſchnell und laut mit einem zornigen Aechzen, das ſich mit dem Schnurren eines Schlafenden vergleichen läßt, und bläſt zugleich die Backentaſchen dergeſtalt auf, daß der Kopf und Hals viel dicker aufſchwellen, als der hintere Theil des Leibes. Dabei richtet er ſich auf und ſpringt in dieſer Stellung wohl zwei Fuß gegen ſeinen Feind in die Höhe, und wenn dieſer weicht, iſt er kühn genug, ihn zu verfolgen, indem er ihm wie ein Froſch nachhüpft. Die Plumpheit und Heftigkeit ſeiner Bewegungen ſehen dabei ſo luſtig aus, daß man ſich des Lachens kaum erwehren kann. Der Hund wird ſeiner nicht eher Mei- ſter, als bis er ihm von hinten beikommen kann. Dann faßt er ihn ſogleich bei dem Genick oder im Rücken und ſchüttelt ihn zu Tode.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/159>, abgerufen am 02.05.2024.