Die Raubthiere. Spitzmäuse. -- Bisamspitzmaus. -- Maulwürfe.
Der Desman bewohnt den Südosten Enropas und zwar hauptsächlich die Flußgebiete der Ströme Wolga und Don; in Asien findet er sich blos in der Bucharei. Sein Leben ist an das Wasser gebunden, und nur höchst ungern unternimmt er kleine Wanderungen von einem Bache zum andern. Ueberall, wo er vorkommt, ist er häufig.
Sein Leben ist sehr eigenthümlich, dem des Fischotters ähnlich. Es verfließt halb unter der Erde, halb im Wasser. Stehende oder langsam fließende Gewässer mit hohen Ufern, in welchen er sich leicht Gänge graben kann, sagen ihm am meisten zu. Hier findet man ihn auch einzeln oder paarweise in großer Anzahl. Die Röhren sind künstlich und ebenfalls nach Art des Fischotterbaues angelegt. Unterhalb der Oberfläche des Wassers beginnt ein schief nach aufwärts steigender Gang, welcher unter Umständen eine Länge von zwanzig und mehreren Fuß erreichen kann; dieser führt in einen Kessel, welcher regelmäßig vier oder fünf Fuß hoch über dem Wasserspiegel und jedenfalls über dem höchsten Wasserstand liegt, somit auch unter allen Umständen trocken bleibt. Ein Luftgang nach oben hin findet sich nicht; dennoch ist die Angabe, daß der Desman im Winter oft in seinen Bauen ersticken müsse, als alberne Fabel anzusehen. Es wäre zu unsinnig, wenn das von Luftmangel ge- quälte Thier nicht sein eigentliches Element, das Wasser, aufsuchen und in ihm nach einer Oeffnung im Eise spähen sollte, welche ihm den nöthigen Sauerstoff zuführen muß.
Als vortrefflicher Schwimmer und Taucher bringt der Desman den größten Theil seines Lebens im Wasser zu, und nur wenn ihn Ueberschwemmungen aus seinen unterirdischen Gängen vertreiben, betritt er die Oberfläche der Erde, aber auch dann entfernt er sich nur gezwungen auf kurze Strecken von dem Wasser. Hier treibt er sich Tag und Nacht, Sommer und Winter herum: denn wenn auch Eis die Flüsse deckt, er geht unter ihm seinem Gewerbe nach und zieht sich blos, wenn er gesättigt und ermüdet ist, nach seiner Höhle zurück, deren Mündung immer so tief angelegt ist, daß auch das dickste Eis sie nicht verschließen kann. Seine Nahrung besteht aus Blutegeln, Würmern, Wasser- schnecken, Schnaken, Wassermotten und Larven anderer Kerbthiere. Die Fischer sagen freilich, daß er Wurzeln und Blätter vom Kalmus fresse, haben sich aber zu solchem Glauben nur von dem Umstande verleiten lassen, daß der Desman gerade diese Pflanzen als vorzügliche Jagdgebiete besonders oft nach Beute absucht.
So plump und unbeholfen der Wychuchol auch erscheint, so behend und gewandt ist er. Sobald das Eis aufgeht, sieht man ihn in dem Schilfe und in dem Gesträuch des Ufers unter dem Wasser hin spazieren, sich hin- und herwenden, mit schnellen Bewegungen des Rüssels Gewürm suchen und oft, um zu athmen, an die Oberfläche kommen. Bei heiterm Wetter spielt er im Wasser und sonnt sich am Ufer. Der Rüssel wird nach allen Seiten gekrümmt und mit ihm betastet er Alles: er scheint ihm auch vollkommen die übrigen Sinne zu ersetzen. Oft steckt er ihn in das Maul und läßt dann schnatternde Töne hören, welche denen einer Ente ähneln. Reizt man ihn oder greift man ihn an, so pfeist und quiekt er, wie die Spitzmaus, sucht sich auch durch Beißen zu vertheidigen. Mit dem Rüssel vermag er, wie man anfänglich beobachtet hat, sehr hübsch und geschickt Regenwürmer und andere kleine Thiere zu erhaschen und nach Elefantenart in das Maul zu schieben. Somit verdient er eigentlich den Namen Elefantenspitzmaus, welcher, wie wir sahen, den Rohrrüßlern gegeben wurde. Jm Trocknen wird er sehr unruhig und sucht zu entkommen; sobald er dann in das Wasser gelangt, scheint er sich ordentlich beglückt zu fühlen und wälzt sich vor Vergnügen hin und her.
Man kann den Wychuchol ziemlich leicht fangen, zumal im Frühling und zur Zeit der Begattung, wo die Verliebten mit einander spielen. Jn einem großen Netze, welches man durch das Wasser zieht, findet man dann regelmäßig mehrere verwickelt. Aber man muß dabei natürlich die Vorsicht ge- brauchen, immer nur kürzere Strecken auf einmal durchzufischen, damit die Thiere, welche durch die Netze in ihren Bewegungen gehindert werden, nicht unter dem Wasser ersticken. Jn den Reußen und Netzen, welche die Fischer ausstellen, werden sehr viele von ihnen aufgefunden, welche auf diese Weise ums Leben gekommen sind. Jm Herbst betreibt man eine förmliche Jagd auf den Wychuchol, weil um diese Zeit seine Jungen erwachfen sind und die Ausbente dann ergiebig wird.
Die Raubthiere. Spitzmäuſe. — Biſamſpitzmaus. — Maulwürfe.
Der Desman bewohnt den Südoſten Enropas und zwar hauptſächlich die Flußgebiete der Ströme Wolga und Don; in Aſien findet er ſich blos in der Bucharei. Sein Leben iſt an das Waſſer gebunden, und nur höchſt ungern unternimmt er kleine Wanderungen von einem Bache zum andern. Ueberall, wo er vorkommt, iſt er häufig.
Sein Leben iſt ſehr eigenthümlich, dem des Fiſchotters ähnlich. Es verfließt halb unter der Erde, halb im Waſſer. Stehende oder langſam fließende Gewäſſer mit hohen Ufern, in welchen er ſich leicht Gänge graben kann, ſagen ihm am meiſten zu. Hier findet man ihn auch einzeln oder paarweiſe in großer Anzahl. Die Röhren ſind künſtlich und ebenfalls nach Art des Fiſchotterbaues angelegt. Unterhalb der Oberfläche des Waſſers beginnt ein ſchief nach aufwärts ſteigender Gang, welcher unter Umſtänden eine Länge von zwanzig und mehreren Fuß erreichen kann; dieſer führt in einen Keſſel, welcher regelmäßig vier oder fünf Fuß hoch über dem Waſſerſpiegel und jedenfalls über dem höchſten Waſſerſtand liegt, ſomit auch unter allen Umſtänden trocken bleibt. Ein Luftgang nach oben hin findet ſich nicht; dennoch iſt die Angabe, daß der Desman im Winter oft in ſeinen Bauen erſticken müſſe, als alberne Fabel anzuſehen. Es wäre zu unſinnig, wenn das von Luftmangel ge- quälte Thier nicht ſein eigentliches Element, das Waſſer, aufſuchen und in ihm nach einer Oeffnung im Eiſe ſpähen ſollte, welche ihm den nöthigen Sauerſtoff zuführen muß.
Als vortrefflicher Schwimmer und Taucher bringt der Desman den größten Theil ſeines Lebens im Waſſer zu, und nur wenn ihn Ueberſchwemmungen aus ſeinen unterirdiſchen Gängen vertreiben, betritt er die Oberfläche der Erde, aber auch dann entfernt er ſich nur gezwungen auf kurze Strecken von dem Waſſer. Hier treibt er ſich Tag und Nacht, Sommer und Winter herum: denn wenn auch Eis die Flüſſe deckt, er geht unter ihm ſeinem Gewerbe nach und zieht ſich blos, wenn er geſättigt und ermüdet iſt, nach ſeiner Höhle zurück, deren Mündung immer ſo tief angelegt iſt, daß auch das dickſte Eis ſie nicht verſchließen kann. Seine Nahrung beſteht aus Blutegeln, Würmern, Waſſer- ſchnecken, Schnaken, Waſſermotten und Larven anderer Kerbthiere. Die Fiſcher ſagen freilich, daß er Wurzeln und Blätter vom Kalmus freſſe, haben ſich aber zu ſolchem Glauben nur von dem Umſtande verleiten laſſen, daß der Desman gerade dieſe Pflanzen als vorzügliche Jagdgebiete beſonders oft nach Beute abſucht.
So plump und unbeholfen der Wychuchol auch erſcheint, ſo behend und gewandt iſt er. Sobald das Eis aufgeht, ſieht man ihn in dem Schilfe und in dem Geſträuch des Ufers unter dem Waſſer hin ſpazieren, ſich hin- und herwenden, mit ſchnellen Bewegungen des Rüſſels Gewürm ſuchen und oft, um zu athmen, an die Oberfläche kommen. Bei heiterm Wetter ſpielt er im Waſſer und ſonnt ſich am Ufer. Der Rüſſel wird nach allen Seiten gekrümmt und mit ihm betaſtet er Alles: er ſcheint ihm auch vollkommen die übrigen Sinne zu erſetzen. Oft ſteckt er ihn in das Maul und läßt dann ſchnatternde Töne hören, welche denen einer Ente ähneln. Reizt man ihn oder greift man ihn an, ſo pfeiſt und quiekt er, wie die Spitzmaus, ſucht ſich auch durch Beißen zu vertheidigen. Mit dem Rüſſel vermag er, wie man anfänglich beobachtet hat, ſehr hübſch und geſchickt Regenwürmer und andere kleine Thiere zu erhaſchen und nach Elefantenart in das Maul zu ſchieben. Somit verdient er eigentlich den Namen Elefantenſpitzmaus, welcher, wie wir ſahen, den Rohrrüßlern gegeben wurde. Jm Trocknen wird er ſehr unruhig und ſucht zu entkommen; ſobald er dann in das Waſſer gelangt, ſcheint er ſich ordentlich beglückt zu fühlen und wälzt ſich vor Vergnügen hin und her.
Man kann den Wychuchol ziemlich leicht fangen, zumal im Frühling und zur Zeit der Begattung, wo die Verliebten mit einander ſpielen. Jn einem großen Netze, welches man durch das Waſſer zieht, findet man dann regelmäßig mehrere verwickelt. Aber man muß dabei natürlich die Vorſicht ge- brauchen, immer nur kürzere Strecken auf einmal durchzufiſchen, damit die Thiere, welche durch die Netze in ihren Bewegungen gehindert werden, nicht unter dem Waſſer erſticken. Jn den Reußen und Netzen, welche die Fiſcher ausſtellen, werden ſehr viele von ihnen aufgefunden, welche auf dieſe Weiſe ums Leben gekommen ſind. Jm Herbſt betreibt man eine förmliche Jagd auf den Wychuchol, weil um dieſe Zeit ſeine Jungen erwachfen ſind und die Ausbente dann ergiebig wird.
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Der Desman bewohnt den Südoſten Enropas und zwar hauptſächlich die Flußgebiete der
Ströme Wolga und Don; in Aſien findet er ſich blos in der Bucharei. Sein Leben iſt an das
Waſſer gebunden, und nur höchſt ungern unternimmt er kleine Wanderungen von einem Bache zum
andern. Ueberall, wo er vorkommt, iſt er häufig.
Sein Leben iſt ſehr eigenthümlich, dem des Fiſchotters ähnlich. Es verfließt halb unter der
Erde, halb im Waſſer. Stehende oder langſam fließende Gewäſſer mit hohen Ufern, in welchen er
ſich leicht Gänge graben kann, ſagen ihm am meiſten zu. Hier findet man ihn auch einzeln oder
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angelegt. Unterhalb der Oberfläche des Waſſers beginnt ein ſchief nach aufwärts ſteigender Gang,
welcher unter Umſtänden eine Länge von zwanzig und mehreren Fuß erreichen kann; dieſer führt in
einen Keſſel, welcher regelmäßig vier oder fünf Fuß hoch über dem Waſſerſpiegel und jedenfalls über
dem höchſten Waſſerſtand liegt, ſomit auch unter allen Umſtänden trocken bleibt. Ein Luftgang nach
oben hin findet ſich nicht; dennoch iſt die Angabe, daß der Desman im Winter oft in ſeinen Bauen
erſticken müſſe, als alberne Fabel anzuſehen. Es wäre zu unſinnig, wenn das von Luftmangel ge-
quälte Thier nicht ſein eigentliches Element, das Waſſer, aufſuchen und in ihm nach einer Oeffnung
im Eiſe ſpähen ſollte, welche ihm den nöthigen Sauerſtoff zuführen muß.
Als vortrefflicher Schwimmer und Taucher bringt der Desman den größten Theil ſeines Lebens
im Waſſer zu, und nur wenn ihn Ueberſchwemmungen aus ſeinen unterirdiſchen Gängen vertreiben,
betritt er die Oberfläche der Erde, aber auch dann entfernt er ſich nur gezwungen auf kurze Strecken
von dem Waſſer. Hier treibt er ſich Tag und Nacht, Sommer und Winter herum: denn wenn auch
Eis die Flüſſe deckt, er geht unter ihm ſeinem Gewerbe nach und zieht ſich blos, wenn er geſättigt und
ermüdet iſt, nach ſeiner Höhle zurück, deren Mündung immer ſo tief angelegt iſt, daß auch das dickſte
Eis ſie nicht verſchließen kann. Seine Nahrung beſteht aus Blutegeln, Würmern, Waſſer-
ſchnecken, Schnaken, Waſſermotten und Larven anderer Kerbthiere. Die Fiſcher ſagen freilich,
daß er Wurzeln und Blätter vom Kalmus freſſe, haben ſich aber zu ſolchem Glauben nur von
dem Umſtande verleiten laſſen, daß der Desman gerade dieſe Pflanzen als vorzügliche Jagdgebiete
beſonders oft nach Beute abſucht.
So plump und unbeholfen der Wychuchol auch erſcheint, ſo behend und gewandt iſt er. Sobald
das Eis aufgeht, ſieht man ihn in dem Schilfe und in dem Geſträuch des Ufers unter dem Waſſer
hin ſpazieren, ſich hin- und herwenden, mit ſchnellen Bewegungen des Rüſſels Gewürm ſuchen und
oft, um zu athmen, an die Oberfläche kommen. Bei heiterm Wetter ſpielt er im Waſſer und ſonnt
ſich am Ufer. Der Rüſſel wird nach allen Seiten gekrümmt und mit ihm betaſtet er Alles: er ſcheint
ihm auch vollkommen die übrigen Sinne zu erſetzen. Oft ſteckt er ihn in das Maul und läßt dann
ſchnatternde Töne hören, welche denen einer Ente ähneln. Reizt man ihn oder greift man ihn an,
ſo pfeiſt und quiekt er, wie die Spitzmaus, ſucht ſich auch durch Beißen zu vertheidigen. Mit dem
Rüſſel vermag er, wie man anfänglich beobachtet hat, ſehr hübſch und geſchickt Regenwürmer und
andere kleine Thiere zu erhaſchen und nach Elefantenart in das Maul zu ſchieben. Somit verdient
er eigentlich den Namen Elefantenſpitzmaus, welcher, wie wir ſahen, den Rohrrüßlern gegeben
wurde. Jm Trocknen wird er ſehr unruhig und ſucht zu entkommen; ſobald er dann in das Waſſer
gelangt, ſcheint er ſich ordentlich beglückt zu fühlen und wälzt ſich vor Vergnügen hin und her.
Man kann den Wychuchol ziemlich leicht fangen, zumal im Frühling und zur Zeit der Begattung,
wo die Verliebten mit einander ſpielen. Jn einem großen Netze, welches man durch das Waſſer zieht,
findet man dann regelmäßig mehrere verwickelt. Aber man muß dabei natürlich die Vorſicht ge-
brauchen, immer nur kürzere Strecken auf einmal durchzufiſchen, damit die Thiere, welche durch die
Netze in ihren Bewegungen gehindert werden, nicht unter dem Waſſer erſticken. Jn den Reußen und
Netzen, welche die Fiſcher ausſtellen, werden ſehr viele von ihnen aufgefunden, welche auf dieſe
Weiſe ums Leben gekommen ſind. Jm Herbſt betreibt man eine förmliche Jagd auf den Wychuchol,
weil um dieſe Zeit ſeine Jungen erwachfen ſind und die Ausbente dann ergiebig wird.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/758>, abgerufen am 24.11.2024.
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