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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beobachtung des Desman durch Pallas.

Ueber die Fortpflanzung und die Zahl der Jungen des Desman ist bis jetzt noch nichts Sicheres
bekannt; doch scheint es, daß er sich ziemlich zahlreich vermehrt, und hierfür sprechen auch die acht
Zitzen, welche man am Weibchen findet. Wie hänfig das Thier sein muß, geht daraus hervor, daß
man die Felle, welche man zur Verbrämung der Kappen und Hauskleider verbraucht, nur mit einem
oder zwei Kreuzern unsers Geldes bezahlt. Jm Winter werden aus unbekannten Gründen meistens
Männchen, selten Weibchen, gefangen, im Sommer dagegen nur wenig Männchen.

Pallas ist der Einzige, welcher auch über den gefangenen Desman Etwas mittheilt. Das
Thier hält stets nur sehr kurze Zeit in der Gefangenschaft aus, selten länger, als drei Tage. Doch
glaubt genannter Forscher, daß Dies wohl in der üblen Behandlung liegen möchte, welche der
Wychuchol beim Fange Seitens der Fischer erleiden muß. Wenn man ihm in sein Behältniß Wasser
gießt, zeigt er eine besondere Lust, schmatzt, wäscht den Rüssel und schnuppert dann umher. Läßt man
den unruhigen Gesellen gehen, so wälzt er sich unaufhörlich von einer Seite auf die andere, und
indem er sich auf die Sohle der einen Seite stützt, kämmt und kratzt er sich so schnell, als mache er es
mit zitternder Bewegung. Die Sohlen sind wunderbar gelenkig und können selbst die Lenden erreichen,
der Schwanz dagegen bewegt sich wenig und wird fast immer wie eine Sichel gebogen. Der Desman
ergreift alle ihm zugeworfene Beute hastig mit dem Rüssel, wie mit einem Finger, und schiebt sie sich
ins Maul, schnüsselt auch nach allen Seiten hin beständig herum und scheint dieselbe Unersättlichkeit
zu besitzen, wie andere Mitglieder seiner Familie. Abends begiebt er sich zur Ruhe und liegt dann mit
zusammengezogenem Leib, die Vorderfüße auf einer Seite, den Rüssel nach unten, fast unter den
Arm gebogen, auf der flachen Seite. Aber auch im Schlafe ist er unruhig und wechselt oft den Platz.
Nach sehr kurzer Zeit wird das Wasser von seinem Unrathe und von dem Geruch der Schwanzdrüsen
stinkend und muß deshalb beständig erneuert werden. Doch auch bei dieser Sorgfalt hält das arme,
seiner Heimat entzogene Geschöpf nicht lange in der Behausung des Menschen aus.

So angenehm der Desman durch seine Beweglichkeit und Lebendigkeit ist, so unangenehm wird
er durch den Moschusgeruch, welcher so stark ist, daß er nicht nur das ganze Zimmer füllt und ver-
pestet, sondern sich auch allen Thieren, welche jenen fressen, mittheilt und förmlich einprägt. Wie
es scheint, hat der Desman weder unter den Säugethieren, noch unter den Vögeln viele Feinde:
um so eifriger aber stellen ihm die großen Raubfische und namentlich die Hechte nach. Solche Uebel-
thäter sind dann augenblicklich zu erkennen; denn sie stinken so fürchterlich nach Moschus, daß sie voll-
kommen ungenießbar geworden sind. Der Mensch verfolgt das schmucke Thier seines Felles wegen,
welches dem des Bibers und der Zibetratte so ähnelt, daß sich Linne verleiten ließ, den Desman
als Castor moschatus oder "Moschusbiber" unter die Nager zu stellen.



Die am tiefsten stehenden aller Kerfjäger haben sich gänzlich unter die Oberfläche der Erde zurück-
gezogen und führen hier ein in jeder Hinsicht eigenthümliches Leben.

Die Maulwürfe sind fast über ganz Europa und einen großen Theil von Asien, sowie Süd-
afrika und Nordamerika verbreitet. Jhre Artenzahl ist nicht eben groß, doch ist es wahrscheinlich,
daß es noch viele den Naturforschern unbekannte Maulwürfe giebt. Alle Arten sind so auffallend
gestaltet und ausgerüstet, daß sie ohne alle Schwierigkeit zu erkennen sind. Der gedrungene Leib ist
ganz walzeuförmig geworden und geht ohne abgesetzten Hals in den Kopf über, welcher sich seinerseits
zu einem Rüssel verlängert und zuspitzt. An dieser Leibeswalze stehen vier kurze Beine, von denen
die vorderen als verhältnißmäßig riesige Grabwerkzeuge erscheinen. Die Hinterpfoten sind schmal,
gestreckt und rattenartig; der Schwanz ist ganz kurz. Augen und Ohren sind fast gänzlich verkümmert
und vollständig in dem ungemein feinen, weichen, kurzen und dichten Pelze verborgen. Letzterer ist
auch besonders dadurch ausgezeichnet, daß die Haare einen wirklichen Metallglanz haben; denn diese
Eigenthümlichkeit findet man sonst bei keinem Säugethiere weiter. Mit diesen äußerlichen Merkmalen

Beobachtung des Desman durch Pallas.

Ueber die Fortpflanzung und die Zahl der Jungen des Desman iſt bis jetzt noch nichts Sicheres
bekannt; doch ſcheint es, daß er ſich ziemlich zahlreich vermehrt, und hierfür ſprechen auch die acht
Zitzen, welche man am Weibchen findet. Wie hänfig das Thier ſein muß, geht daraus hervor, daß
man die Felle, welche man zur Verbrämung der Kappen und Hauskleider verbraucht, nur mit einem
oder zwei Kreuzern unſers Geldes bezahlt. Jm Winter werden aus unbekannten Gründen meiſtens
Männchen, ſelten Weibchen, gefangen, im Sommer dagegen nur wenig Männchen.

Pallas iſt der Einzige, welcher auch über den gefangenen Desman Etwas mittheilt. Das
Thier hält ſtets nur ſehr kurze Zeit in der Gefangenſchaft aus, ſelten länger, als drei Tage. Doch
glaubt genannter Forſcher, daß Dies wohl in der üblen Behandlung liegen möchte, welche der
Wychuchol beim Fange Seitens der Fiſcher erleiden muß. Wenn man ihm in ſein Behältniß Waſſer
gießt, zeigt er eine beſondere Luſt, ſchmatzt, wäſcht den Rüſſel und ſchnuppert dann umher. Läßt man
den unruhigen Geſellen gehen, ſo wälzt er ſich unaufhörlich von einer Seite auf die andere, und
indem er ſich auf die Sohle der einen Seite ſtützt, kämmt und kratzt er ſich ſo ſchnell, als mache er es
mit zitternder Bewegung. Die Sohlen ſind wunderbar gelenkig und können ſelbſt die Lenden erreichen,
der Schwanz dagegen bewegt ſich wenig und wird faſt immer wie eine Sichel gebogen. Der Desman
ergreift alle ihm zugeworfene Beute haſtig mit dem Rüſſel, wie mit einem Finger, und ſchiebt ſie ſich
ins Maul, ſchnüſſelt auch nach allen Seiten hin beſtändig herum und ſcheint dieſelbe Unerſättlichkeit
zu beſitzen, wie andere Mitglieder ſeiner Familie. Abends begiebt er ſich zur Ruhe und liegt dann mit
zuſammengezogenem Leib, die Vorderfüße auf einer Seite, den Rüſſel nach unten, faſt unter den
Arm gebogen, auf der flachen Seite. Aber auch im Schlafe iſt er unruhig und wechſelt oft den Platz.
Nach ſehr kurzer Zeit wird das Waſſer von ſeinem Unrathe und von dem Geruch der Schwanzdrüſen
ſtinkend und muß deshalb beſtändig erneuert werden. Doch auch bei dieſer Sorgfalt hält das arme,
ſeiner Heimat entzogene Geſchöpf nicht lange in der Behauſung des Menſchen aus.

So angenehm der Desman durch ſeine Beweglichkeit und Lebendigkeit iſt, ſo unangenehm wird
er durch den Moſchusgeruch, welcher ſo ſtark iſt, daß er nicht nur das ganze Zimmer füllt und ver-
peſtet, ſondern ſich auch allen Thieren, welche jenen freſſen, mittheilt und förmlich einprägt. Wie
es ſcheint, hat der Desman weder unter den Säugethieren, noch unter den Vögeln viele Feinde:
um ſo eifriger aber ſtellen ihm die großen Raubfiſche und namentlich die Hechte nach. Solche Uebel-
thäter ſind dann augenblicklich zu erkennen; denn ſie ſtinken ſo fürchterlich nach Moſchus, daß ſie voll-
kommen ungenießbar geworden ſind. Der Menſch verfolgt das ſchmucke Thier ſeines Felles wegen,
welches dem des Bibers und der Zibetratte ſo ähnelt, daß ſich Linné verleiten ließ, den Desman
als Castor moschatus oder „Moſchusbiber‟ unter die Nager zu ſtellen.



Die am tiefſten ſtehenden aller Kerfjäger haben ſich gänzlich unter die Oberfläche der Erde zurück-
gezogen und führen hier ein in jeder Hinſicht eigenthümliches Leben.

Die Maulwürfe ſind faſt über ganz Europa und einen großen Theil von Aſien, ſowie Süd-
afrika und Nordamerika verbreitet. Jhre Artenzahl iſt nicht eben groß, doch iſt es wahrſcheinlich,
daß es noch viele den Naturforſchern unbekannte Maulwürfe giebt. Alle Arten ſind ſo auffallend
geſtaltet und ausgerüſtet, daß ſie ohne alle Schwierigkeit zu erkennen ſind. Der gedrungene Leib iſt
ganz walzeuförmig geworden und geht ohne abgeſetzten Hals in den Kopf über, welcher ſich ſeinerſeits
zu einem Rüſſel verlängert und zuſpitzt. An dieſer Leibeswalze ſtehen vier kurze Beine, von denen
die vorderen als verhältnißmäßig rieſige Grabwerkzeuge erſcheinen. Die Hinterpfoten ſind ſchmal,
geſtreckt und rattenartig; der Schwanz iſt ganz kurz. Augen und Ohren ſind faſt gänzlich verkümmert
und vollſtändig in dem ungemein feinen, weichen, kurzen und dichten Pelze verborgen. Letzterer iſt
auch beſonders dadurch ausgezeichnet, daß die Haare einen wirklichen Metallglanz haben; denn dieſe
Eigenthümlichkeit findet man ſonſt bei keinem Säugethiere weiter. Mit dieſen äußerlichen Merkmalen

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[681/0759] Beobachtung des Desman durch Pallas. Ueber die Fortpflanzung und die Zahl der Jungen des Desman iſt bis jetzt noch nichts Sicheres bekannt; doch ſcheint es, daß er ſich ziemlich zahlreich vermehrt, und hierfür ſprechen auch die acht Zitzen, welche man am Weibchen findet. Wie hänfig das Thier ſein muß, geht daraus hervor, daß man die Felle, welche man zur Verbrämung der Kappen und Hauskleider verbraucht, nur mit einem oder zwei Kreuzern unſers Geldes bezahlt. Jm Winter werden aus unbekannten Gründen meiſtens Männchen, ſelten Weibchen, gefangen, im Sommer dagegen nur wenig Männchen. Pallas iſt der Einzige, welcher auch über den gefangenen Desman Etwas mittheilt. Das Thier hält ſtets nur ſehr kurze Zeit in der Gefangenſchaft aus, ſelten länger, als drei Tage. Doch glaubt genannter Forſcher, daß Dies wohl in der üblen Behandlung liegen möchte, welche der Wychuchol beim Fange Seitens der Fiſcher erleiden muß. Wenn man ihm in ſein Behältniß Waſſer gießt, zeigt er eine beſondere Luſt, ſchmatzt, wäſcht den Rüſſel und ſchnuppert dann umher. Läßt man den unruhigen Geſellen gehen, ſo wälzt er ſich unaufhörlich von einer Seite auf die andere, und indem er ſich auf die Sohle der einen Seite ſtützt, kämmt und kratzt er ſich ſo ſchnell, als mache er es mit zitternder Bewegung. Die Sohlen ſind wunderbar gelenkig und können ſelbſt die Lenden erreichen, der Schwanz dagegen bewegt ſich wenig und wird faſt immer wie eine Sichel gebogen. Der Desman ergreift alle ihm zugeworfene Beute haſtig mit dem Rüſſel, wie mit einem Finger, und ſchiebt ſie ſich ins Maul, ſchnüſſelt auch nach allen Seiten hin beſtändig herum und ſcheint dieſelbe Unerſättlichkeit zu beſitzen, wie andere Mitglieder ſeiner Familie. Abends begiebt er ſich zur Ruhe und liegt dann mit zuſammengezogenem Leib, die Vorderfüße auf einer Seite, den Rüſſel nach unten, faſt unter den Arm gebogen, auf der flachen Seite. Aber auch im Schlafe iſt er unruhig und wechſelt oft den Platz. Nach ſehr kurzer Zeit wird das Waſſer von ſeinem Unrathe und von dem Geruch der Schwanzdrüſen ſtinkend und muß deshalb beſtändig erneuert werden. Doch auch bei dieſer Sorgfalt hält das arme, ſeiner Heimat entzogene Geſchöpf nicht lange in der Behauſung des Menſchen aus. So angenehm der Desman durch ſeine Beweglichkeit und Lebendigkeit iſt, ſo unangenehm wird er durch den Moſchusgeruch, welcher ſo ſtark iſt, daß er nicht nur das ganze Zimmer füllt und ver- peſtet, ſondern ſich auch allen Thieren, welche jenen freſſen, mittheilt und förmlich einprägt. Wie es ſcheint, hat der Desman weder unter den Säugethieren, noch unter den Vögeln viele Feinde: um ſo eifriger aber ſtellen ihm die großen Raubfiſche und namentlich die Hechte nach. Solche Uebel- thäter ſind dann augenblicklich zu erkennen; denn ſie ſtinken ſo fürchterlich nach Moſchus, daß ſie voll- kommen ungenießbar geworden ſind. Der Menſch verfolgt das ſchmucke Thier ſeines Felles wegen, welches dem des Bibers und der Zibetratte ſo ähnelt, daß ſich Linné verleiten ließ, den Desman als Castor moschatus oder „Moſchusbiber‟ unter die Nager zu ſtellen. Die am tiefſten ſtehenden aller Kerfjäger haben ſich gänzlich unter die Oberfläche der Erde zurück- gezogen und führen hier ein in jeder Hinſicht eigenthümliches Leben. Die Maulwürfe ſind faſt über ganz Europa und einen großen Theil von Aſien, ſowie Süd- afrika und Nordamerika verbreitet. Jhre Artenzahl iſt nicht eben groß, doch iſt es wahrſcheinlich, daß es noch viele den Naturforſchern unbekannte Maulwürfe giebt. Alle Arten ſind ſo auffallend geſtaltet und ausgerüſtet, daß ſie ohne alle Schwierigkeit zu erkennen ſind. Der gedrungene Leib iſt ganz walzeuförmig geworden und geht ohne abgeſetzten Hals in den Kopf über, welcher ſich ſeinerſeits zu einem Rüſſel verlängert und zuſpitzt. An dieſer Leibeswalze ſtehen vier kurze Beine, von denen die vorderen als verhältnißmäßig rieſige Grabwerkzeuge erſcheinen. Die Hinterpfoten ſind ſchmal, geſtreckt und rattenartig; der Schwanz iſt ganz kurz. Augen und Ohren ſind faſt gänzlich verkümmert und vollſtändig in dem ungemein feinen, weichen, kurzen und dichten Pelze verborgen. Letzterer iſt auch beſonders dadurch ausgezeichnet, daß die Haare einen wirklichen Metallglanz haben; denn dieſe Eigenthümlichkeit findet man ſonſt bei keinem Säugethiere weiter. Mit dieſen äußerlichen Merkmalen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/759>, abgerufen am 24.11.2024.