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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Bären. -- Gemeiner Waschbär.
hoch. Der Pelz ist gelblichgrau, schwarz gemischt. Das Wollhaar ist einfarbig graubraun; die
Grannen aber sind am Grunde braun, in der Mitte bräunlichgelb und darüber schwarz, wodurch
eben eine höchst eigenthümliche Gesammtfärbung zustandekommt. Blos am Vorderarme sind die
Haare einfarbig gelblichweißgrau; dieselbe Farbe zeigen auch ein Busch in der Ohrengegend, welcher
hinter dem Ohre von einem braunschwarzen Flecken begrenzt wird, die Schnauzenseiten und das Kinn.
Von der Stirne bis zur Nasenspitze zieht sich ein schwarzbrauner Streifen, und auch das Auge ist von
einem schwarzbraunen Flecken umgeben. Ueber die Augen weg zu den Schläfen verläuft eine gelblich-
weiße Binde. Die Vorder- und Hinterpfoten sind bräunlichgelbgrau; die langen Haare des Unter-
schenkels und der Unterarme tief dunkelbraun. Der graugelbe Schwanz ist sechsmal schwarzbraun
geringelt und endet in eine schwarzbraune Spitze. Keine einzige dieser Farben sticht aber besonders
von den anderen ab, und so wird die Gesammtfärbung, schon aus einer geringen Entfernung be-
trachtet, zu einem schwer zu bestimmenden und bezeichnenden Grau, welches sich der Rindenfärbung
ebenso vortrefflich anschließt, wie dem mit frischem oder trocknem Grafe bewachsenen Boden. Jmmerhin
ist das Kleid so ausgeprägt, daß es uns nicht schwer wird, von ihm aus ein ausschließliches oder
wenigstens vorzugsweises Baumleben unsers Thieres sicher zu vermuthen. Ausartungen des Wasch-
bären sind sehr selten, obwohl man sie schon beobachtet hat. So steht im Britischen Museum ein
Weißling, dessen Behaarung mit dem blendenden Felle des Hermelins wetteifern kann.

Die Heimat des gemeinen Waschbären oder Schupp ist Nordamerika und zwar der Süden des
Landes ebensowohl, wie der Norden, wo er wenigstens in den südlichen Pelzgegenden vorkommt.
Heutigen Tages ist er in den bewohnteren Gegenden in Folge der unaufhörlichen Nachstellungen, die
er erleiden mußte, weit seltener geworden, als er es früher war; doch konnte man ihn immerhin auch
hier noch nicht ganz vertreiben. Jm Jnnern des Landes, namentlich in den Waldgegenden, findet er
sich noch in Menge. Wälder mit Flüssen, Seen und Bächen sind seine Lieblingsplätze; hier treibt er
so ziemlich ungestört sein Wesen bei Tag und bei Nacht. Jn der Regel pflegt er seine Jagden erst
mit Einbruch der Dämmerung zu beginnen und den hellen Sonnentag in hohlen Bäumen oder auf
dicken, belaubten Baumästen zu verschlafen: wo er aber ganz ungestört ist, hat er eigentlich keine besondere
Zeit zur Jagd, sondern lustwandelt ebensowohl bei Tage, als bei Nacht durch sein weites Gebiet.

Er ist ein munterer, schmucker Bursch, welcher durch große Regsamkeit und Beweglichkeit sehr
erfreut. Wenn er gleichgiltig dahinschlendert, erkennt man ihn allerdings nicht als Das, was er wirklich
ist. Er senkt dabei den Kopf, wölbt den Rücken, läßt den Schwanz hängen und schleicht nun schiefen
Ganges ziemlich langsam seines Weges fort; sowie er jedoch eine der Theilnahme würdige Entdeckung
macht, z. B. eine Fährte auffindet oder ein unbesorgtes Thierchen in großer Nähe spielen sieht, ver-
ändert sich sein ganzes Wesen. Das gestruppte Fell glättet sich, die breiten Lauscher werden gespitzt,
er stellt sich spähend auf die Hinterbeine und hüpft und läuft nun leicht und behend weiter oder
klettert mit einer Geschicklichkeit, welche man schwerlich vermuthet hätte, nicht blos an schiefen und senk-
rechten Stämmen hinan, sondern auch auf wagrechten Zweigen fort und zwar von oben oder unten.
Oft sieht man ihn wie ein Faulthier oder einen Affen mit gänzlich nach unten hängendem Leibe rasch
an den wagrechten Zweigen fortlaufen, und mit unfehlbarer Sicherheit macht er Sprünge von einem
Aste zum andern, welche eine nicht gewöhnliche Meisterschaft im Klettern bekunden. Auch auf der
Erde ist er vollkommen heimisch und weiß sich durch satzweise Sprünge, bei denen er auf alle vier
Pfoten zugleich tritt, schnell genug fortzubewegen. Jn seinem geistigen Wesen hat er durchaus etwas
Affenartiges. Er ist heiter, munter, neugierig, neckisch und zu lustigen Streichen aller Art geneigt;
aber er ist auch muthig, wenn es sein muß, und zeigt im Beschleichen seiner Beute oft die List des
Fuchses. Mit seines Gleichen verträgt er sich ausgezeichnet und spielt selbst im Alter noch Stunden
lang mit anderen Gesinnungsgenossen oder, in der Gefangenschaft z. B., mit jedem Thiere, welches
sich überhaupt ins Spielen mit ihm einläßt. Doch darauf kommen wir später zurück.

Hinsichtlich seiner Nahrung ist der Schupp ein echter Bär. Er frißt Alles, was genießbar ist,
scheint aber ein rechtes Leckermaul zu sein, welches sich, wenn es nur angeht, immer die besten Bissen

Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Waſchbär.
hoch. Der Pelz iſt gelblichgrau, ſchwarz gemiſcht. Das Wollhaar iſt einfarbig graubraun; die
Grannen aber ſind am Grunde braun, in der Mitte bräunlichgelb und darüber ſchwarz, wodurch
eben eine höchſt eigenthümliche Geſammtfärbung zuſtandekommt. Blos am Vorderarme ſind die
Haare einfarbig gelblichweißgrau; dieſelbe Farbe zeigen auch ein Buſch in der Ohrengegend, welcher
hinter dem Ohre von einem braunſchwarzen Flecken begrenzt wird, die Schnauzenſeiten und das Kinn.
Von der Stirne bis zur Naſenſpitze zieht ſich ein ſchwarzbrauner Streifen, und auch das Auge iſt von
einem ſchwarzbraunen Flecken umgeben. Ueber die Augen weg zu den Schläfen verläuft eine gelblich-
weiße Binde. Die Vorder- und Hinterpfoten ſind bräunlichgelbgrau; die langen Haare des Unter-
ſchenkels und der Unterarme tief dunkelbraun. Der graugelbe Schwanz iſt ſechsmal ſchwarzbraun
geringelt und endet in eine ſchwarzbraune Spitze. Keine einzige dieſer Farben ſticht aber beſonders
von den anderen ab, und ſo wird die Geſammtfärbung, ſchon aus einer geringen Entfernung be-
trachtet, zu einem ſchwer zu beſtimmenden und bezeichnenden Grau, welches ſich der Rindenfärbung
ebenſo vortrefflich anſchließt, wie dem mit friſchem oder trocknem Grafe bewachſenen Boden. Jmmerhin
iſt das Kleid ſo ausgeprägt, daß es uns nicht ſchwer wird, von ihm aus ein ausſchließliches oder
wenigſtens vorzugsweiſes Baumleben unſers Thieres ſicher zu vermuthen. Ausartungen des Waſch-
bären ſind ſehr ſelten, obwohl man ſie ſchon beobachtet hat. So ſteht im Britiſchen Muſeum ein
Weißling, deſſen Behaarung mit dem blendenden Felle des Hermelins wetteifern kann.

Die Heimat des gemeinen Waſchbären oder Schupp iſt Nordamerika und zwar der Süden des
Landes ebenſowohl, wie der Norden, wo er wenigſtens in den ſüdlichen Pelzgegenden vorkommt.
Heutigen Tages iſt er in den bewohnteren Gegenden in Folge der unaufhörlichen Nachſtellungen, die
er erleiden mußte, weit ſeltener geworden, als er es früher war; doch konnte man ihn immerhin auch
hier noch nicht ganz vertreiben. Jm Jnnern des Landes, namentlich in den Waldgegenden, findet er
ſich noch in Menge. Wälder mit Flüſſen, Seen und Bächen ſind ſeine Lieblingsplätze; hier treibt er
ſo ziemlich ungeſtört ſein Weſen bei Tag und bei Nacht. Jn der Regel pflegt er ſeine Jagden erſt
mit Einbruch der Dämmerung zu beginnen und den hellen Sonnentag in hohlen Bäumen oder auf
dicken, belaubten Baumäſten zu verſchlafen: wo er aber ganz ungeſtört iſt, hat er eigentlich keine beſondere
Zeit zur Jagd, ſondern luſtwandelt ebenſowohl bei Tage, als bei Nacht durch ſein weites Gebiet.

Er iſt ein munterer, ſchmucker Burſch, welcher durch große Regſamkeit und Beweglichkeit ſehr
erfreut. Wenn er gleichgiltig dahinſchlendert, erkennt man ihn allerdings nicht als Das, was er wirklich
iſt. Er ſenkt dabei den Kopf, wölbt den Rücken, läßt den Schwanz hängen und ſchleicht nun ſchiefen
Ganges ziemlich langſam ſeines Weges fort; ſowie er jedoch eine der Theilnahme würdige Entdeckung
macht, z. B. eine Fährte auffindet oder ein unbeſorgtes Thierchen in großer Nähe ſpielen ſieht, ver-
ändert ſich ſein ganzes Weſen. Das geſtruppte Fell glättet ſich, die breiten Lauſcher werden geſpitzt,
er ſtellt ſich ſpähend auf die Hinterbeine und hüpft und läuft nun leicht und behend weiter oder
klettert mit einer Geſchicklichkeit, welche man ſchwerlich vermuthet hätte, nicht blos an ſchiefen und ſenk-
rechten Stämmen hinan, ſondern auch auf wagrechten Zweigen fort und zwar von oben oder unten.
Oft ſieht man ihn wie ein Faulthier oder einen Affen mit gänzlich nach unten hängendem Leibe raſch
an den wagrechten Zweigen fortlaufen, und mit unfehlbarer Sicherheit macht er Sprünge von einem
Aſte zum andern, welche eine nicht gewöhnliche Meiſterſchaft im Klettern bekunden. Auch auf der
Erde iſt er vollkommen heimiſch und weiß ſich durch ſatzweiſe Sprünge, bei denen er auf alle vier
Pfoten zugleich tritt, ſchnell genug fortzubewegen. Jn ſeinem geiſtigen Weſen hat er durchaus etwas
Affenartiges. Er iſt heiter, munter, neugierig, neckiſch und zu luſtigen Streichen aller Art geneigt;
aber er iſt auch muthig, wenn es ſein muß, und zeigt im Beſchleichen ſeiner Beute oft die Liſt des
Fuchſes. Mit ſeines Gleichen verträgt er ſich ausgezeichnet und ſpielt ſelbſt im Alter noch Stunden
lang mit anderen Geſinnungsgenoſſen oder, in der Gefangenſchaft z. B., mit jedem Thiere, welches
ſich überhaupt ins Spielen mit ihm einläßt. Doch darauf kommen wir ſpäter zurück.

Hinſichtlich ſeiner Nahrung iſt der Schupp ein echter Bär. Er frißt Alles, was genießbar iſt,
ſcheint aber ein rechtes Leckermaul zu ſein, welches ſich, wenn es nur angeht, immer die beſten Biſſen

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[624/0702] Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Waſchbär. hoch. Der Pelz iſt gelblichgrau, ſchwarz gemiſcht. Das Wollhaar iſt einfarbig graubraun; die Grannen aber ſind am Grunde braun, in der Mitte bräunlichgelb und darüber ſchwarz, wodurch eben eine höchſt eigenthümliche Geſammtfärbung zuſtandekommt. Blos am Vorderarme ſind die Haare einfarbig gelblichweißgrau; dieſelbe Farbe zeigen auch ein Buſch in der Ohrengegend, welcher hinter dem Ohre von einem braunſchwarzen Flecken begrenzt wird, die Schnauzenſeiten und das Kinn. Von der Stirne bis zur Naſenſpitze zieht ſich ein ſchwarzbrauner Streifen, und auch das Auge iſt von einem ſchwarzbraunen Flecken umgeben. Ueber die Augen weg zu den Schläfen verläuft eine gelblich- weiße Binde. Die Vorder- und Hinterpfoten ſind bräunlichgelbgrau; die langen Haare des Unter- ſchenkels und der Unterarme tief dunkelbraun. Der graugelbe Schwanz iſt ſechsmal ſchwarzbraun geringelt und endet in eine ſchwarzbraune Spitze. Keine einzige dieſer Farben ſticht aber beſonders von den anderen ab, und ſo wird die Geſammtfärbung, ſchon aus einer geringen Entfernung be- trachtet, zu einem ſchwer zu beſtimmenden und bezeichnenden Grau, welches ſich der Rindenfärbung ebenſo vortrefflich anſchließt, wie dem mit friſchem oder trocknem Grafe bewachſenen Boden. Jmmerhin iſt das Kleid ſo ausgeprägt, daß es uns nicht ſchwer wird, von ihm aus ein ausſchließliches oder wenigſtens vorzugsweiſes Baumleben unſers Thieres ſicher zu vermuthen. Ausartungen des Waſch- bären ſind ſehr ſelten, obwohl man ſie ſchon beobachtet hat. So ſteht im Britiſchen Muſeum ein Weißling, deſſen Behaarung mit dem blendenden Felle des Hermelins wetteifern kann. Die Heimat des gemeinen Waſchbären oder Schupp iſt Nordamerika und zwar der Süden des Landes ebenſowohl, wie der Norden, wo er wenigſtens in den ſüdlichen Pelzgegenden vorkommt. Heutigen Tages iſt er in den bewohnteren Gegenden in Folge der unaufhörlichen Nachſtellungen, die er erleiden mußte, weit ſeltener geworden, als er es früher war; doch konnte man ihn immerhin auch hier noch nicht ganz vertreiben. Jm Jnnern des Landes, namentlich in den Waldgegenden, findet er ſich noch in Menge. Wälder mit Flüſſen, Seen und Bächen ſind ſeine Lieblingsplätze; hier treibt er ſo ziemlich ungeſtört ſein Weſen bei Tag und bei Nacht. Jn der Regel pflegt er ſeine Jagden erſt mit Einbruch der Dämmerung zu beginnen und den hellen Sonnentag in hohlen Bäumen oder auf dicken, belaubten Baumäſten zu verſchlafen: wo er aber ganz ungeſtört iſt, hat er eigentlich keine beſondere Zeit zur Jagd, ſondern luſtwandelt ebenſowohl bei Tage, als bei Nacht durch ſein weites Gebiet. Er iſt ein munterer, ſchmucker Burſch, welcher durch große Regſamkeit und Beweglichkeit ſehr erfreut. Wenn er gleichgiltig dahinſchlendert, erkennt man ihn allerdings nicht als Das, was er wirklich iſt. Er ſenkt dabei den Kopf, wölbt den Rücken, läßt den Schwanz hängen und ſchleicht nun ſchiefen Ganges ziemlich langſam ſeines Weges fort; ſowie er jedoch eine der Theilnahme würdige Entdeckung macht, z. B. eine Fährte auffindet oder ein unbeſorgtes Thierchen in großer Nähe ſpielen ſieht, ver- ändert ſich ſein ganzes Weſen. Das geſtruppte Fell glättet ſich, die breiten Lauſcher werden geſpitzt, er ſtellt ſich ſpähend auf die Hinterbeine und hüpft und läuft nun leicht und behend weiter oder klettert mit einer Geſchicklichkeit, welche man ſchwerlich vermuthet hätte, nicht blos an ſchiefen und ſenk- rechten Stämmen hinan, ſondern auch auf wagrechten Zweigen fort und zwar von oben oder unten. Oft ſieht man ihn wie ein Faulthier oder einen Affen mit gänzlich nach unten hängendem Leibe raſch an den wagrechten Zweigen fortlaufen, und mit unfehlbarer Sicherheit macht er Sprünge von einem Aſte zum andern, welche eine nicht gewöhnliche Meiſterſchaft im Klettern bekunden. Auch auf der Erde iſt er vollkommen heimiſch und weiß ſich durch ſatzweiſe Sprünge, bei denen er auf alle vier Pfoten zugleich tritt, ſchnell genug fortzubewegen. Jn ſeinem geiſtigen Weſen hat er durchaus etwas Affenartiges. Er iſt heiter, munter, neugierig, neckiſch und zu luſtigen Streichen aller Art geneigt; aber er iſt auch muthig, wenn es ſein muß, und zeigt im Beſchleichen ſeiner Beute oft die Liſt des Fuchſes. Mit ſeines Gleichen verträgt er ſich ausgezeichnet und ſpielt ſelbſt im Alter noch Stunden lang mit anderen Geſinnungsgenoſſen oder, in der Gefangenſchaft z. B., mit jedem Thiere, welches ſich überhaupt ins Spielen mit ihm einläßt. Doch darauf kommen wir ſpäter zurück. Hinſichtlich ſeiner Nahrung iſt der Schupp ein echter Bär. Er frißt Alles, was genießbar iſt, ſcheint aber ein rechtes Leckermaul zu ſein, welches ſich, wenn es nur angeht, immer die beſten Biſſen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/702>, abgerufen am 22.11.2024.