kurzen Schilderung der Sitten und Gewohnheiten unsers Sumpfotters das Wichtigste aus den Be- richten der genannten Naturforscher über den amerikanischen Mink vorausgehen zu lassen, da ich es mir versagen muß, die betreffende Beschreibung vollständig zu geben.
Nächst dem Hermelin ist nach Audubons Bericht der Mink das thätigste und zerstörungswüthigste kleine Raubthier, welches um den Bauerhof oder um des Landmanns Ententeich streift, und die An- wesenheit von einem oder zwei dieser Thiere wird an dem plötzlichen Verschwinden verschiedener junger Enten und Küchlein bald bemerkt werden. Der wachsame Bauer sieht vielleicht ein schönes, junges Huhn in einer eigenthümlichen und sehr unwillkürlichen Weise sich bewegen und endlich in irgend einer Höhle oder zwischen dem Gestein verschwinden. Er hat dann einen Mink beobachtet, welcher den unglücklichen Vogel überfallen und seiner Wohnung zugeschleppt hat. Entrüstet über diese That, eilt er nach Haus, sein Gewehr zu holen, kehrt zurück und wartet geduldig, bis es dem Strolche gefällig sein mag, wieder zu erscheinen. Aber gewöhnlich kann er lange harren, ehe es dem listigen Geschöpfe beliebt, wieder zum Vorschein zu kommen. Und doch ist Geduld hier das einzige Mittel, sich des schädlichen Räubers zu entledigen. Audubon erfuhr Dies selbst bei einem Mink, welcher sich unmittelbar neben seinem Hause in dem Steindamm eines kleinen Teiches eingenistet hatte. Der Teich war eigentlich den Enten des Gehöftes zu Liebe aufgestaut worden und bot somit dem Raubthiere ein höchst ergiebiges Jagdgebiet. Sein Schlupfwinkel war mit ebensoviel Kühnheit, als List gewählt; sehr nahe am Hause und noch näher der Stelle, zu welcher die Hühner des Hofes, um zu trinken, herabkommen mußten. Vor der Höhle lagen zwei große Stücke von Granit; sie dienten dem Otter zur Warte, von wo aus er Gehöft und Teich überschauen konnte. Hier lag er tagtäglich stundenlang auf der Lauer, und von hier aus raubte er bei hellem, lichtem Tage Hühner und Enten weg, bis unser Forscher seinem Treiben, obwohl erst nach längerm Anstand, ein Ende machte. "Wir thun zu wissen," sagt Audubon, "daß wir nicht die geringste Absicht haben, irgend Etwas zur Vertheidigung des Mink zu sagen, müssen jedoch hinzufügen, daß, so listig und zerstörungssüchtig er auch ist, er weit hinter seinem nächsten Nachbar, dem Hermelin zurücksteht, weil er sich mit soviel Beute begnügt, als er zur Sättigung bedarf, während das Hermelin bekanntlich in einer Nacht ein ganzes Hühnerhaus veröden kann." Besonders häufig fand Audubon den Mink am Ohio, und hier beobachtete er, daß sich derselbe durch Maus- und Rattenfang auch nützlich zu machen wußte. Neben solcher, dem Menschen nur ersprießlichen Jagd, treibt er freilich allerhand Wilddiebereien und namentlich den Fischfang, zuweilen zum größten Aerger des Anglers, dessen Gebahren das listige Thier mit größter Theilnahme verfolgt, um im entscheidenden Augenblick aus seiner Höhle unter dem Weidicht des Ufers hervorzukommen und den von Jenem erangelten Fisch in Beschlag zu nehmen. Nach den Beobach- tungen unsers Gewährsmanns schwimmt und taucht der Mink mit größter Gewandtheit und jagt, wie der Otter, den schnellsten Fischen, selbst den Lachsen und Forellen mit Erfolg nach. Jm Nothfall be- gnügt er sich freilich auch mit einem Frosch oder Molch; wenn er es aber haben kann, zeigt er sich sehr leckerhaft. Seine feine Nase gestattet ihm, eine Beute mit der Sicherheit eines Jagdhundes zu ver- folgen, und gute Beobachter sahen ihn von dieser Begabung den ausgedehntesten Gebrauch machen. Jn dem Mor verfolgt er die Wasserratten, Rohrsperlinge, Finken und Enten, an dem Ufer der Seen Hasen; im Meere stellt er Austern nach und vom Grunde der Flüsse holt er Muscheln herauf: kurz, er weiß sich überall nach des Ortes Beschaffenheit einzurichten und überall Etwas zu erbeuten. Felsige Ufer bleiben unter allen Umständen sein bevorzugter Aufenthalt, und nicht selten wählt er sich seinen Stand in unmittelbarer Nähe von Stromschnellen und Wasserfällen. Verfolgt flieht er stets ins Wasser und sucht sich hier tauchend und schwimmend zu retten. Auf dem Land läuft er ziemlich rasch, wird jedoch vom Hunde bald eingeholt und dann selbst zum Klettern gezwungen, und wenn auch Dies nicht aushilft, sucht er sich durch List zu retten. Jn der Angst verbreitet er einen sehr widerlichen Geruch, wie der Jltis.
Jn Nordamerika fällt die Rollzeit des Mink zu Ende Februars oder zu Anfang März. Der Boden ist um diese Zeit mit Schnee bedeckt, und somit kann man recht deutlich wahrnehmen, wie rastlos er ist.
Die Raubthiere. Sumpfottern. — Mink. Nörz.
kurzen Schilderung der Sitten und Gewohnheiten unſers Sumpfotters das Wichtigſte aus den Be- richten der genannten Naturforſcher über den amerikaniſchen Mink vorausgehen zu laſſen, da ich es mir verſagen muß, die betreffende Beſchreibung vollſtändig zu geben.
Nächſt dem Hermelin iſt nach Audubons Bericht der Mink das thätigſte und zerſtörungswüthigſte kleine Raubthier, welches um den Bauerhof oder um des Landmanns Ententeich ſtreift, und die An- weſenheit von einem oder zwei dieſer Thiere wird an dem plötzlichen Verſchwinden verſchiedener junger Enten und Küchlein bald bemerkt werden. Der wachſame Bauer ſieht vielleicht ein ſchönes, junges Huhn in einer eigenthümlichen und ſehr unwillkürlichen Weiſe ſich bewegen und endlich in irgend einer Höhle oder zwiſchen dem Geſtein verſchwinden. Er hat dann einen Mink beobachtet, welcher den unglücklichen Vogel überfallen und ſeiner Wohnung zugeſchleppt hat. Entrüſtet über dieſe That, eilt er nach Haus, ſein Gewehr zu holen, kehrt zurück und wartet geduldig, bis es dem Strolche gefällig ſein mag, wieder zu erſcheinen. Aber gewöhnlich kann er lange harren, ehe es dem liſtigen Geſchöpfe beliebt, wieder zum Vorſchein zu kommen. Und doch iſt Geduld hier das einzige Mittel, ſich des ſchädlichen Räubers zu entledigen. Audubon erfuhr Dies ſelbſt bei einem Mink, welcher ſich unmittelbar neben ſeinem Hauſe in dem Steindamm eines kleinen Teiches eingeniſtet hatte. Der Teich war eigentlich den Enten des Gehöftes zu Liebe aufgeſtaut worden und bot ſomit dem Raubthiere ein höchſt ergiebiges Jagdgebiet. Sein Schlupfwinkel war mit ebenſoviel Kühnheit, als Liſt gewählt; ſehr nahe am Hauſe und noch näher der Stelle, zu welcher die Hühner des Hofes, um zu trinken, herabkommen mußten. Vor der Höhle lagen zwei große Stücke von Granit; ſie dienten dem Otter zur Warte, von wo aus er Gehöft und Teich überſchauen konnte. Hier lag er tagtäglich ſtundenlang auf der Lauer, und von hier aus raubte er bei hellem, lichtem Tage Hühner und Enten weg, bis unſer Forſcher ſeinem Treiben, obwohl erſt nach längerm Anſtand, ein Ende machte. „Wir thun zu wiſſen,‟ ſagt Audubon, „daß wir nicht die geringſte Abſicht haben, irgend Etwas zur Vertheidigung des Mink zu ſagen, müſſen jedoch hinzufügen, daß, ſo liſtig und zerſtörungsſüchtig er auch iſt, er weit hinter ſeinem nächſten Nachbar, dem Hermelin zurückſteht, weil er ſich mit ſoviel Beute begnügt, als er zur Sättigung bedarf, während das Hermelin bekanntlich in einer Nacht ein ganzes Hühnerhaus veröden kann.‟ Beſonders häufig fand Audubon den Mink am Ohio, und hier beobachtete er, daß ſich derſelbe durch Maus- und Rattenfang auch nützlich zu machen wußte. Neben ſolcher, dem Menſchen nur erſprießlichen Jagd, treibt er freilich allerhand Wilddiebereien und namentlich den Fiſchfang, zuweilen zum größten Aerger des Anglers, deſſen Gebahren das liſtige Thier mit größter Theilnahme verfolgt, um im entſcheidenden Augenblick aus ſeiner Höhle unter dem Weidicht des Ufers hervorzukommen und den von Jenem erangelten Fiſch in Beſchlag zu nehmen. Nach den Beobach- tungen unſers Gewährsmanns ſchwimmt und taucht der Mink mit größter Gewandtheit und jagt, wie der Otter, den ſchnellſten Fiſchen, ſelbſt den Lachſen und Forellen mit Erfolg nach. Jm Nothfall be- gnügt er ſich freilich auch mit einem Froſch oder Molch; wenn er es aber haben kann, zeigt er ſich ſehr leckerhaft. Seine feine Naſe geſtattet ihm, eine Beute mit der Sicherheit eines Jagdhundes zu ver- folgen, und gute Beobachter ſahen ihn von dieſer Begabung den ausgedehnteſten Gebrauch machen. Jn dem Mor verfolgt er die Waſſerratten, Rohrſperlinge, Finken und Enten, an dem Ufer der Seen Haſen; im Meere ſtellt er Auſtern nach und vom Grunde der Flüſſe holt er Muſcheln herauf: kurz, er weiß ſich überall nach des Ortes Beſchaffenheit einzurichten und überall Etwas zu erbeuten. Felſige Ufer bleiben unter allen Umſtänden ſein bevorzugter Aufenthalt, und nicht ſelten wählt er ſich ſeinen Stand in unmittelbarer Nähe von Stromſchnellen und Waſſerfällen. Verfolgt flieht er ſtets ins Waſſer und ſucht ſich hier tauchend und ſchwimmend zu retten. Auf dem Land läuft er ziemlich raſch, wird jedoch vom Hunde bald eingeholt und dann ſelbſt zum Klettern gezwungen, und wenn auch Dies nicht aushilft, ſucht er ſich durch Liſt zu retten. Jn der Angſt verbreitet er einen ſehr widerlichen Geruch, wie der Jltis.
Jn Nordamerika fällt die Rollzeit des Mink zu Ende Februars oder zu Anfang März. Der Boden iſt um dieſe Zeit mit Schnee bedeckt, und ſomit kann man recht deutlich wahrnehmen, wie raſtlos er iſt.
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[558/0632]
Die Raubthiere. Sumpfottern. — Mink. Nörz.
kurzen Schilderung der Sitten und Gewohnheiten unſers Sumpfotters das Wichtigſte aus den Be-
richten der genannten Naturforſcher über den amerikaniſchen Mink vorausgehen zu laſſen, da ich es
mir verſagen muß, die betreffende Beſchreibung vollſtändig zu geben.
Nächſt dem Hermelin iſt nach Audubons Bericht der Mink das thätigſte und zerſtörungswüthigſte
kleine Raubthier, welches um den Bauerhof oder um des Landmanns Ententeich ſtreift, und die An-
weſenheit von einem oder zwei dieſer Thiere wird an dem plötzlichen Verſchwinden verſchiedener
junger Enten und Küchlein bald bemerkt werden. Der wachſame Bauer ſieht vielleicht ein ſchönes,
junges Huhn in einer eigenthümlichen und ſehr unwillkürlichen Weiſe ſich bewegen und endlich in
irgend einer Höhle oder zwiſchen dem Geſtein verſchwinden. Er hat dann einen Mink beobachtet,
welcher den unglücklichen Vogel überfallen und ſeiner Wohnung zugeſchleppt hat. Entrüſtet über
dieſe That, eilt er nach Haus, ſein Gewehr zu holen, kehrt zurück und wartet geduldig, bis es dem
Strolche gefällig ſein mag, wieder zu erſcheinen. Aber gewöhnlich kann er lange harren, ehe es dem
liſtigen Geſchöpfe beliebt, wieder zum Vorſchein zu kommen. Und doch iſt Geduld hier das einzige
Mittel, ſich des ſchädlichen Räubers zu entledigen. Audubon erfuhr Dies ſelbſt bei einem Mink,
welcher ſich unmittelbar neben ſeinem Hauſe in dem Steindamm eines kleinen Teiches eingeniſtet
hatte. Der Teich war eigentlich den Enten des Gehöftes zu Liebe aufgeſtaut worden und bot ſomit
dem Raubthiere ein höchſt ergiebiges Jagdgebiet. Sein Schlupfwinkel war mit ebenſoviel Kühnheit,
als Liſt gewählt; ſehr nahe am Hauſe und noch näher der Stelle, zu welcher die Hühner des Hofes,
um zu trinken, herabkommen mußten. Vor der Höhle lagen zwei große Stücke von Granit; ſie dienten
dem Otter zur Warte, von wo aus er Gehöft und Teich überſchauen konnte. Hier lag er tagtäglich
ſtundenlang auf der Lauer, und von hier aus raubte er bei hellem, lichtem Tage Hühner und Enten weg,
bis unſer Forſcher ſeinem Treiben, obwohl erſt nach längerm Anſtand, ein Ende machte. „Wir thun
zu wiſſen,‟ ſagt Audubon, „daß wir nicht die geringſte Abſicht haben, irgend Etwas zur Vertheidigung
des Mink zu ſagen, müſſen jedoch hinzufügen, daß, ſo liſtig und zerſtörungsſüchtig er auch iſt, er weit
hinter ſeinem nächſten Nachbar, dem Hermelin zurückſteht, weil er ſich mit ſoviel Beute begnügt, als
er zur Sättigung bedarf, während das Hermelin bekanntlich in einer Nacht ein ganzes Hühnerhaus
veröden kann.‟ Beſonders häufig fand Audubon den Mink am Ohio, und hier beobachtete er, daß
ſich derſelbe durch Maus- und Rattenfang auch nützlich zu machen wußte. Neben ſolcher, dem
Menſchen nur erſprießlichen Jagd, treibt er freilich allerhand Wilddiebereien und namentlich den
Fiſchfang, zuweilen zum größten Aerger des Anglers, deſſen Gebahren das liſtige Thier mit größter
Theilnahme verfolgt, um im entſcheidenden Augenblick aus ſeiner Höhle unter dem Weidicht des Ufers
hervorzukommen und den von Jenem erangelten Fiſch in Beſchlag zu nehmen. Nach den Beobach-
tungen unſers Gewährsmanns ſchwimmt und taucht der Mink mit größter Gewandtheit und jagt, wie
der Otter, den ſchnellſten Fiſchen, ſelbſt den Lachſen und Forellen mit Erfolg nach. Jm Nothfall be-
gnügt er ſich freilich auch mit einem Froſch oder Molch; wenn er es aber haben kann, zeigt er ſich ſehr
leckerhaft. Seine feine Naſe geſtattet ihm, eine Beute mit der Sicherheit eines Jagdhundes zu ver-
folgen, und gute Beobachter ſahen ihn von dieſer Begabung den ausgedehnteſten Gebrauch machen.
Jn dem Mor verfolgt er die Waſſerratten, Rohrſperlinge, Finken und Enten, an dem Ufer der Seen
Haſen; im Meere ſtellt er Auſtern nach und vom Grunde der Flüſſe holt er Muſcheln herauf: kurz, er
weiß ſich überall nach des Ortes Beſchaffenheit einzurichten und überall Etwas zu erbeuten. Felſige
Ufer bleiben unter allen Umſtänden ſein bevorzugter Aufenthalt, und nicht ſelten wählt er ſich ſeinen
Stand in unmittelbarer Nähe von Stromſchnellen und Waſſerfällen. Verfolgt flieht er ſtets ins
Waſſer und ſucht ſich hier tauchend und ſchwimmend zu retten. Auf dem Land läuft er ziemlich raſch,
wird jedoch vom Hunde bald eingeholt und dann ſelbſt zum Klettern gezwungen, und wenn auch Dies
nicht aushilft, ſucht er ſich durch Liſt zu retten. Jn der Angſt verbreitet er einen ſehr widerlichen
Geruch, wie der Jltis.
Jn Nordamerika fällt die Rollzeit des Mink zu Ende Februars oder zu Anfang März. Der Boden
iſt um dieſe Zeit mit Schnee bedeckt, und ſomit kann man recht deutlich wahrnehmen, wie raſtlos er iſt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/632>, abgerufen am 24.11.2024.
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