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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Leben des Mink (nach Audubon und Prinz von Wied) und des Nörz.
Man sieht die brünstigen Männchen längs der Stromufer nach Weibchen suchen, und kann es dabei
vorkommen, daß eine ganze Gesellschaft unserer Thiere, den Flüssen folgend, sich in Gegenden ver-
irrt, in welchen sie sonst selten oder gar nicht mehr vorkommen. Audubon schoß an einem Morgen
sechs alte Männchen, welche unzweifelhaft beabsichtigten, ein Weibchen zu suchen. Jn einer Woche
erhielt der Naturforscher eine große Anzahl von männlichen Minks, jedoch nicht einen einzigen weib-
lichen, und deshalb spricht er seine Meinung dahin aus, daß die weiblichen Minks während der Rollzeit
sich in Höhlen verbergen. Die fünf bis sechs Jungen, welche ein Weibchen wirft, findet man zu Ende
Aprils in Höhlen unter den überhängenden Ufern oder auf kleinen Jnselchen, im Sumpfe und auch
wohl in Baumlöchern. Wenn man sie bald aus dem Neste nimmt, werden sie ungemein zahm und
zu wahren Lieblingen. Richardson sah eins im Besitz einer Canadierin, welches sie bei Tage in
der Tasche ihres Kleides mit sich herumtrug. Audubon besaß eins über ein Jahr lang und durfte
es frei im Haus und Hof umherlassen, ohne daß er Ursache hatte, sich zu beklagen. Es fing wohl
Ratten und Mäuse, Fische und Frösche, griff aber niemals die Hühner an. Mit den Hunden
und Katzen stand es auf bestem Fuße. Am lebendigsten und spiellustigsten zeigte es sich in den
Morgen- und Abendstunden; gegen Mittag wurde es schläfrig. Einen unangenehmen Geruch ver-
breitete es niemals.

Der Mink geht leicht in alle Arten von Fallen und wird ebenso häufig geschossen, als gefangen.
Seine Lebenszähigkeit jedoch macht einen guten Schuß nothwendig.

Prinz von Wied bestätigt Audubons Beschreibung, fügt ihr aber noch hinzu, daß der Mink
zuweilen doch mehr, als ein Huhn auf einmal tödte, daß er sich im Winter oft längere Zeit von
Flußmuscheln nähre und man deshalb viele leere Muschelschalen in der Nähe seines Wohnplatzes
finde, daß er sich im Winter häufig den menschlichen Wohnungen nähere und dann oft gefangen oder
erlegt würde, und endlich, daß er, obwohl er außerordentlich geschickt und schnell mit langausge-
strecktem Körper schwimme, doch nicht lange unter dem Wasser bleiben könne, sondern mit der Nase
bald hervorkomme, um Athem zu holen.

Ueber unsern Nörz sind die Angaben viel dürftiger. Schon Wildungen sagt in seinem 1799
erschienenen "Nenjahrsgeschenk für Forst- und Jagdliebhaber", daß der Sumpfotter ein in Deutsch-
land sehr seltenes, manchem wackern Waidmann wohl gar noch unbekanntes Geschöpfchen sei, daß er
schon länger gewünscht habe, näher mit ihm vertraut zu werden, und die Erfüllung dieses Wunsches
nur der unermüdlichen Fürsorge des Grafen Mellin verdanke. Von diesem Naturforscher theilt er
einige Beobachtungen mit.

"Jn seinem Gang mit gekrümmtem Rücken, in seiner Behendigkeit, durch die kleinsten Oeffnungen
zu schlüpfen, gleicht der Nörz noch ganz dem Marder. Gleich dem Frettchen ist er in unaufhörlicher
Bewegung, alle Winkel und Löcher auszuspähen. Er läuft schlecht, klettert auch nicht auf die Bäume,
ist aber, wie der gemeine Fischotter, ein sehr geübter Schwimmer, welcher sehr lange unter Wasser
ausdauern kann. Den reißenden Wellen starker Ströme zu widerstehen, mag er sich wohl zu schwach
fühlen, da er weniger an großen Flüssen, sondern mehr an kleinen, fließenden Wässern gefunden
wird. Seine Ranz- oder Rollzeit ist im Februar und März, und im April oder Mai findet man an
erhabenen, trockenen Orten, in den Brüchen oder Baumwurzeln, in den eigenen Röhren blind-
geborne Junge."

"Der Sumpfotter liebt Stille und Einsamkeit an seinem Wohnorte. So sehr er aber auch
Menschen flieht und mit großer Klugheit deren Nachstellungen zu entgehen weiß, besucht er doch zu-
weilen Federviehställe und erwürgt dann, wie Marder und Jltis, so lange noch Federvieh vorhanden
und er nicht gestört wird; doch geschieht Dies nur in einsamen Fischerwohnungen, und ich habe nie
gehört, daß er in Dörfer gekommen sei, um dort zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung sind
Fische, Frösche, Krebse, Schnecken; wahrscheinlich mögen ihm aber auch manche junge Schnepfen
und Wasserhühnchen zur Beute werden."

"Der anlockende Preis seines Balges, welcher auch im Sommer gut ist, vermehrt die Nach-

Leben des Mink (nach Audubon und Prinz von Wied) und des Nörz.
Man ſieht die brünſtigen Männchen längs der Stromufer nach Weibchen ſuchen, und kann es dabei
vorkommen, daß eine ganze Geſellſchaft unſerer Thiere, den Flüſſen folgend, ſich in Gegenden ver-
irrt, in welchen ſie ſonſt ſelten oder gar nicht mehr vorkommen. Audubon ſchoß an einem Morgen
ſechs alte Männchen, welche unzweifelhaft beabſichtigten, ein Weibchen zu ſuchen. Jn einer Woche
erhielt der Naturforſcher eine große Anzahl von männlichen Minks, jedoch nicht einen einzigen weib-
lichen, und deshalb ſpricht er ſeine Meinung dahin aus, daß die weiblichen Minks während der Rollzeit
ſich in Höhlen verbergen. Die fünf bis ſechs Jungen, welche ein Weibchen wirft, findet man zu Ende
Aprils in Höhlen unter den überhängenden Ufern oder auf kleinen Jnſelchen, im Sumpfe und auch
wohl in Baumlöchern. Wenn man ſie bald aus dem Neſte nimmt, werden ſie ungemein zahm und
zu wahren Lieblingen. Richardſon ſah eins im Beſitz einer Canadierin, welches ſie bei Tage in
der Taſche ihres Kleides mit ſich herumtrug. Audubon beſaß eins über ein Jahr lang und durfte
es frei im Haus und Hof umherlaſſen, ohne daß er Urſache hatte, ſich zu beklagen. Es fing wohl
Ratten und Mäuſe, Fiſche und Fröſche, griff aber niemals die Hühner an. Mit den Hunden
und Katzen ſtand es auf beſtem Fuße. Am lebendigſten und ſpielluſtigſten zeigte es ſich in den
Morgen- und Abendſtunden; gegen Mittag wurde es ſchläfrig. Einen unangenehmen Geruch ver-
breitete es niemals.

Der Mink geht leicht in alle Arten von Fallen und wird ebenſo häufig geſchoſſen, als gefangen.
Seine Lebenszähigkeit jedoch macht einen guten Schuß nothwendig.

Prinz von Wied beſtätigt Audubons Beſchreibung, fügt ihr aber noch hinzu, daß der Mink
zuweilen doch mehr, als ein Huhn auf einmal tödte, daß er ſich im Winter oft längere Zeit von
Flußmuſcheln nähre und man deshalb viele leere Muſchelſchalen in der Nähe ſeines Wohnplatzes
finde, daß er ſich im Winter häufig den menſchlichen Wohnungen nähere und dann oft gefangen oder
erlegt würde, und endlich, daß er, obwohl er außerordentlich geſchickt und ſchnell mit langausge-
ſtrecktem Körper ſchwimme, doch nicht lange unter dem Waſſer bleiben könne, ſondern mit der Naſe
bald hervorkomme, um Athem zu holen.

Ueber unſern Nörz ſind die Angaben viel dürftiger. Schon Wildungen ſagt in ſeinem 1799
erſchienenen „Nenjahrsgeſchenk für Forſt- und Jagdliebhaber‟, daß der Sumpfotter ein in Deutſch-
land ſehr ſeltenes, manchem wackern Waidmann wohl gar noch unbekanntes Geſchöpfchen ſei, daß er
ſchon länger gewünſcht habe, näher mit ihm vertraut zu werden, und die Erfüllung dieſes Wunſches
nur der unermüdlichen Fürſorge des Grafen Mellin verdanke. Von dieſem Naturforſcher theilt er
einige Beobachtungen mit.

„Jn ſeinem Gang mit gekrümmtem Rücken, in ſeiner Behendigkeit, durch die kleinſten Oeffnungen
zu ſchlüpfen, gleicht der Nörz noch ganz dem Marder. Gleich dem Frettchen iſt er in unaufhörlicher
Bewegung, alle Winkel und Löcher auszuſpähen. Er läuft ſchlecht, klettert auch nicht auf die Bäume,
iſt aber, wie der gemeine Fiſchotter, ein ſehr geübter Schwimmer, welcher ſehr lange unter Waſſer
ausdauern kann. Den reißenden Wellen ſtarker Ströme zu widerſtehen, mag er ſich wohl zu ſchwach
fühlen, da er weniger an großen Flüſſen, ſondern mehr an kleinen, fließenden Wäſſern gefunden
wird. Seine Ranz- oder Rollzeit iſt im Februar und März, und im April oder Mai findet man an
erhabenen, trockenen Orten, in den Brüchen oder Baumwurzeln, in den eigenen Röhren blind-
geborne Junge.‟

„Der Sumpfotter liebt Stille und Einſamkeit an ſeinem Wohnorte. So ſehr er aber auch
Menſchen flieht und mit großer Klugheit deren Nachſtellungen zu entgehen weiß, beſucht er doch zu-
weilen Federviehſtälle und erwürgt dann, wie Marder und Jltis, ſo lange noch Federvieh vorhanden
und er nicht geſtört wird; doch geſchieht Dies nur in einſamen Fiſcherwohnungen, und ich habe nie
gehört, daß er in Dörfer gekommen ſei, um dort zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung ſind
Fiſche, Fröſche, Krebſe, Schnecken; wahrſcheinlich mögen ihm aber auch manche junge Schnepfen
und Waſſerhühnchen zur Beute werden.‟

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[559/0633] Leben des Mink (nach Audubon und Prinz von Wied) und des Nörz. Man ſieht die brünſtigen Männchen längs der Stromufer nach Weibchen ſuchen, und kann es dabei vorkommen, daß eine ganze Geſellſchaft unſerer Thiere, den Flüſſen folgend, ſich in Gegenden ver- irrt, in welchen ſie ſonſt ſelten oder gar nicht mehr vorkommen. Audubon ſchoß an einem Morgen ſechs alte Männchen, welche unzweifelhaft beabſichtigten, ein Weibchen zu ſuchen. Jn einer Woche erhielt der Naturforſcher eine große Anzahl von männlichen Minks, jedoch nicht einen einzigen weib- lichen, und deshalb ſpricht er ſeine Meinung dahin aus, daß die weiblichen Minks während der Rollzeit ſich in Höhlen verbergen. Die fünf bis ſechs Jungen, welche ein Weibchen wirft, findet man zu Ende Aprils in Höhlen unter den überhängenden Ufern oder auf kleinen Jnſelchen, im Sumpfe und auch wohl in Baumlöchern. Wenn man ſie bald aus dem Neſte nimmt, werden ſie ungemein zahm und zu wahren Lieblingen. Richardſon ſah eins im Beſitz einer Canadierin, welches ſie bei Tage in der Taſche ihres Kleides mit ſich herumtrug. Audubon beſaß eins über ein Jahr lang und durfte es frei im Haus und Hof umherlaſſen, ohne daß er Urſache hatte, ſich zu beklagen. Es fing wohl Ratten und Mäuſe, Fiſche und Fröſche, griff aber niemals die Hühner an. Mit den Hunden und Katzen ſtand es auf beſtem Fuße. Am lebendigſten und ſpielluſtigſten zeigte es ſich in den Morgen- und Abendſtunden; gegen Mittag wurde es ſchläfrig. Einen unangenehmen Geruch ver- breitete es niemals. Der Mink geht leicht in alle Arten von Fallen und wird ebenſo häufig geſchoſſen, als gefangen. Seine Lebenszähigkeit jedoch macht einen guten Schuß nothwendig. Prinz von Wied beſtätigt Audubons Beſchreibung, fügt ihr aber noch hinzu, daß der Mink zuweilen doch mehr, als ein Huhn auf einmal tödte, daß er ſich im Winter oft längere Zeit von Flußmuſcheln nähre und man deshalb viele leere Muſchelſchalen in der Nähe ſeines Wohnplatzes finde, daß er ſich im Winter häufig den menſchlichen Wohnungen nähere und dann oft gefangen oder erlegt würde, und endlich, daß er, obwohl er außerordentlich geſchickt und ſchnell mit langausge- ſtrecktem Körper ſchwimme, doch nicht lange unter dem Waſſer bleiben könne, ſondern mit der Naſe bald hervorkomme, um Athem zu holen. Ueber unſern Nörz ſind die Angaben viel dürftiger. Schon Wildungen ſagt in ſeinem 1799 erſchienenen „Nenjahrsgeſchenk für Forſt- und Jagdliebhaber‟, daß der Sumpfotter ein in Deutſch- land ſehr ſeltenes, manchem wackern Waidmann wohl gar noch unbekanntes Geſchöpfchen ſei, daß er ſchon länger gewünſcht habe, näher mit ihm vertraut zu werden, und die Erfüllung dieſes Wunſches nur der unermüdlichen Fürſorge des Grafen Mellin verdanke. Von dieſem Naturforſcher theilt er einige Beobachtungen mit. „Jn ſeinem Gang mit gekrümmtem Rücken, in ſeiner Behendigkeit, durch die kleinſten Oeffnungen zu ſchlüpfen, gleicht der Nörz noch ganz dem Marder. Gleich dem Frettchen iſt er in unaufhörlicher Bewegung, alle Winkel und Löcher auszuſpähen. Er läuft ſchlecht, klettert auch nicht auf die Bäume, iſt aber, wie der gemeine Fiſchotter, ein ſehr geübter Schwimmer, welcher ſehr lange unter Waſſer ausdauern kann. Den reißenden Wellen ſtarker Ströme zu widerſtehen, mag er ſich wohl zu ſchwach fühlen, da er weniger an großen Flüſſen, ſondern mehr an kleinen, fließenden Wäſſern gefunden wird. Seine Ranz- oder Rollzeit iſt im Februar und März, und im April oder Mai findet man an erhabenen, trockenen Orten, in den Brüchen oder Baumwurzeln, in den eigenen Röhren blind- geborne Junge.‟ „Der Sumpfotter liebt Stille und Einſamkeit an ſeinem Wohnorte. So ſehr er aber auch Menſchen flieht und mit großer Klugheit deren Nachſtellungen zu entgehen weiß, beſucht er doch zu- weilen Federviehſtälle und erwürgt dann, wie Marder und Jltis, ſo lange noch Federvieh vorhanden und er nicht geſtört wird; doch geſchieht Dies nur in einſamen Fiſcherwohnungen, und ich habe nie gehört, daß er in Dörfer gekommen ſei, um dort zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung ſind Fiſche, Fröſche, Krebſe, Schnecken; wahrſcheinlich mögen ihm aber auch manche junge Schnepfen und Waſſerhühnchen zur Beute werden.‟ „Der anlockende Preis ſeines Balges, welcher auch im Sommer gut iſt, vermehrt die Nach-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/633>, abgerufen am 24.11.2024.