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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Grills Beobachtungen.
ausgetrunken. Dieses saß ganz still am andern Ende des 11/2 Ellen langen Bauers. Es sah aus,
als wäre die Ratte dort schon lange zu Hause und das Hermelin eben erst hineingekommen. Nach
vollendeter Mahlzeit wollte indessen die erstere sich auch soweit wie möglich von dem Hermelin entfernt
halten; aber als ich sie zwang, näher zu kommen, war sie immer die Angreifende, und wären Größe
und Bosheit allein entscheidend gewesen, hätte ich gewiß mit den übrigen Zuschauern geglaubt, daß
der Ausgang sehr ungewiß sei. Das Hermelin schien sogar einige Male zu unterliegen, aber daß es
doch überlegen war, sah man an den schnelleren und sicheren Hieben, womit es sich vertheidigte. Wie
eine Schlange zog es sich nach den Anfällen augenblicklich zurück, die so schnell geschahen, daß man
nicht Zeit hatte, den geöffneten Rachen zu sehen. Es war ein Kampf auf Tod und Leben. Die Ratte
knirschte und piepte beständig, das Hermelin bellte nur bei der Vertheidigung. Beide sprangen um
einander und gegen das Dach des mehr als eine Elle hohen Bauers hinauf. Als ich sie lange gegen
einander aufgereizt hatte und die Ratte weniger kampflustig wurde, begann auch das Hermelin mit
seinen Angriffen. Alle Anfälle geschahen offen, von vorn und nach dem Kopf gerichtet. Keines schlich
sich hinter das Andere. Bei dem letzten Zusammentreffen kam das Hermelin auf den Rücken der Ratte,
preßte die Vorderfüße dicht hinter den Schultern der Ratte fest um ihren Leib zusammen, und da diese sich
folglich nicht mehr vertheidigen konnte, lagen sie beide längere Zeit auf der Seite, wobei der Sieger sich
in den Oberhals der Ratte hineinfraß, bis diese endlich starb. Dann zerquetschte es ihr den Rückgrat
der Länge nach und ließ beim Verzehren fast die ganze Haut, den Kopf, die Füße und den Schwanz
zurück. Ganz auf gleiche Weise verfuhr das Hermelin mit einer andern, eben so großen, lebendigen
Ratte. Jch habe nie gesehen, daß es den Säugethieren oder Vögeln, die es getödtet, das Blut aus-
gesogen hätte, wie man zuweilen angiebt, aber wohl, daß es sie gleich auffraß."

Sehr genau sind Grills Augaben über den Farbenwechsel. Er sagt: "Am 4. März konnte
man zuerst einige dunkle Haare zwischen den Augen bemerken. Am 10. hatte es auf derselben Stelle
einen braunen, hier und da mit Weiß durchbrochenen Flecken, von der Breite der halben Stirne.
Ueber den Augen und um die Nase zeigten sich nun mehrere kleine dunkle Flecke. Wenn es sich krumm
bückte, sah man, daß der Grund längs der Mitte des Rückens, unter den Schultern und auf dem
Scheitel dunkel war. Am 11. war es den ganzen Rückgrat und über die Schultern entlang dunkel.
Am 15. zog sich das Dunkle schon über die Hinter- und Vorderbeine, sowie ein Stück über die
Schwanzwurzel. Am 18. umfaßte das Graubraun den Durchgang zwischen den Ohren, den
Hinterhals, ungefähr zwei Zoll breit, ebenso den Rücken, ein Viertel des Schwanzes und zog sich über
Schultern und Hüften bis zu den Füßen. Ueberall war die dunkle und die weiße Farbe scharf
begreuzt und die erstere durchaus unvermischt mit Weiß, ausgenommen im Gesichte, welches ganz bunt
war. Das Braune war dort am dunkelsten und wurde nach hinten zu allmählich heller, so daß es
über den Lenden und um die Schwanzwurzel gelbbraun oder schmuziggelblich war. Der Schwanz
hatte nun drei Farben, nämlich ein Viertel braungelb, ein Viertel weiß mit schwefelgelbem Anstrich und
die Hälfte schwarz. Auch unter dem Bauche war die schwefelgelbe Farbe jetzt stärker, als vorher.
Der Farbenwechsel ging sehr schnell vor sich, besonders im Anfang, so daß man ihn täglich, ja sogar
halbtäglich bemerken konnte. Am 3. April war nur noch weiß: die untere Seite des Halses und
der Kehle, der ganze Bauch, die Ohren und von da zu den Augen, welche mit einem kleinen Ring
umgeben waren, ein halber Zoll vor der schwarzen Hälfte des Schwanzes und die ganze Unterseite
seiner vordern Hälfte, die ganzen Füße, sowie die innere Seite der Vorder- und Hinterbeine und die
Hinterseite der Schenkel. -- Am 19. waren auch die Ohren, bis auf einen kleinen Theil des untern
Randes, braun. -- Es ist an keiner Stelle stachelhaarig gewesen, außer an der Stirn, wo mehrere
weiße Haare neben einander sitzen und kleine Flecken bilden. Erst wuchsen die dunklen Haare auf
einmal
hervor, und ehe sie mit den weißen gleich hoch waren, waren diese schon ausgefallen. Man
kann annehmen, daß der eigentliche Wechsel in der ersten Hälfte des März vor sich ging; nach dem
19. März hat das braune Kleid sich nur mehr ausgebreitet und allmählich das weiße
verdrängt."

Grills Beobachtungen.
ausgetrunken. Dieſes ſaß ganz ſtill am andern Ende des 1½ Ellen langen Bauers. Es ſah aus,
als wäre die Ratte dort ſchon lange zu Hauſe und das Hermelin eben erſt hineingekommen. Nach
vollendeter Mahlzeit wollte indeſſen die erſtere ſich auch ſoweit wie möglich von dem Hermelin entfernt
halten; aber als ich ſie zwang, näher zu kommen, war ſie immer die Angreifende, und wären Größe
und Bosheit allein entſcheidend geweſen, hätte ich gewiß mit den übrigen Zuſchauern geglaubt, daß
der Ausgang ſehr ungewiß ſei. Das Hermelin ſchien ſogar einige Male zu unterliegen, aber daß es
doch überlegen war, ſah man an den ſchnelleren und ſicheren Hieben, womit es ſich vertheidigte. Wie
eine Schlange zog es ſich nach den Anfällen augenblicklich zurück, die ſo ſchnell geſchahen, daß man
nicht Zeit hatte, den geöffneten Rachen zu ſehen. Es war ein Kampf auf Tod und Leben. Die Ratte
knirſchte und piepte beſtändig, das Hermelin bellte nur bei der Vertheidigung. Beide ſprangen um
einander und gegen das Dach des mehr als eine Elle hohen Bauers hinauf. Als ich ſie lange gegen
einander aufgereizt hatte und die Ratte weniger kampfluſtig wurde, begann auch das Hermelin mit
ſeinen Angriffen. Alle Anfälle geſchahen offen, von vorn und nach dem Kopf gerichtet. Keines ſchlich
ſich hinter das Andere. Bei dem letzten Zuſammentreffen kam das Hermelin auf den Rücken der Ratte,
preßte die Vorderfüße dicht hinter den Schultern der Ratte feſt um ihren Leib zuſammen, und da dieſe ſich
folglich nicht mehr vertheidigen konnte, lagen ſie beide längere Zeit auf der Seite, wobei der Sieger ſich
in den Oberhals der Ratte hineinfraß, bis dieſe endlich ſtarb. Dann zerquetſchte es ihr den Rückgrat
der Länge nach und ließ beim Verzehren faſt die ganze Haut, den Kopf, die Füße und den Schwanz
zurück. Ganz auf gleiche Weiſe verfuhr das Hermelin mit einer andern, eben ſo großen, lebendigen
Ratte. Jch habe nie geſehen, daß es den Säugethieren oder Vögeln, die es getödtet, das Blut aus-
geſogen hätte, wie man zuweilen angiebt, aber wohl, daß es ſie gleich auffraß.‟

Sehr genau ſind Grills Augaben über den Farbenwechſel. Er ſagt: „Am 4. März konnte
man zuerſt einige dunkle Haare zwiſchen den Augen bemerken. Am 10. hatte es auf derſelben Stelle
einen braunen, hier und da mit Weiß durchbrochenen Flecken, von der Breite der halben Stirne.
Ueber den Augen und um die Naſe zeigten ſich nun mehrere kleine dunkle Flecke. Wenn es ſich krumm
bückte, ſah man, daß der Grund längs der Mitte des Rückens, unter den Schultern und auf dem
Scheitel dunkel war. Am 11. war es den ganzen Rückgrat und über die Schultern entlang dunkel.
Am 15. zog ſich das Dunkle ſchon über die Hinter- und Vorderbeine, ſowie ein Stück über die
Schwanzwurzel. Am 18. umfaßte das Graubraun den Durchgang zwiſchen den Ohren, den
Hinterhals, ungefähr zwei Zoll breit, ebenſo den Rücken, ein Viertel des Schwanzes und zog ſich über
Schultern und Hüften bis zu den Füßen. Ueberall war die dunkle und die weiße Farbe ſcharf
begreuzt und die erſtere durchaus unvermiſcht mit Weiß, ausgenommen im Geſichte, welches ganz bunt
war. Das Braune war dort am dunkelſten und wurde nach hinten zu allmählich heller, ſo daß es
über den Lenden und um die Schwanzwurzel gelbbraun oder ſchmuziggelblich war. Der Schwanz
hatte nun drei Farben, nämlich ein Viertel braungelb, ein Viertel weiß mit ſchwefelgelbem Anſtrich und
die Hälfte ſchwarz. Auch unter dem Bauche war die ſchwefelgelbe Farbe jetzt ſtärker, als vorher.
Der Farbenwechſel ging ſehr ſchnell vor ſich, beſonders im Anfang, ſo daß man ihn täglich, ja ſogar
halbtäglich bemerken konnte. Am 3. April war nur noch weiß: die untere Seite des Halſes und
der Kehle, der ganze Bauch, die Ohren und von da zu den Augen, welche mit einem kleinen Ring
umgeben waren, ein halber Zoll vor der ſchwarzen Hälfte des Schwanzes und die ganze Unterſeite
ſeiner vordern Hälfte, die ganzen Füße, ſowie die innere Seite der Vorder- und Hinterbeine und die
Hinterſeite der Schenkel. — Am 19. waren auch die Ohren, bis auf einen kleinen Theil des untern
Randes, braun. — Es iſt an keiner Stelle ſtachelhaarig geweſen, außer an der Stirn, wo mehrere
weiße Haare neben einander ſitzen und kleine Flecken bilden. Erſt wuchſen die dunklen Haare auf
einmal
hervor, und ehe ſie mit den weißen gleich hoch waren, waren dieſe ſchon ausgefallen. Man
kann annehmen, daß der eigentliche Wechſel in der erſten Hälfte des März vor ſich ging; nach dem
19. März hat das braune Kleid ſich nur mehr ausgebreitet und allmählich das weiße
verdrängt.‟

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[555/0629] Grills Beobachtungen. ausgetrunken. Dieſes ſaß ganz ſtill am andern Ende des 1½ Ellen langen Bauers. Es ſah aus, als wäre die Ratte dort ſchon lange zu Hauſe und das Hermelin eben erſt hineingekommen. Nach vollendeter Mahlzeit wollte indeſſen die erſtere ſich auch ſoweit wie möglich von dem Hermelin entfernt halten; aber als ich ſie zwang, näher zu kommen, war ſie immer die Angreifende, und wären Größe und Bosheit allein entſcheidend geweſen, hätte ich gewiß mit den übrigen Zuſchauern geglaubt, daß der Ausgang ſehr ungewiß ſei. Das Hermelin ſchien ſogar einige Male zu unterliegen, aber daß es doch überlegen war, ſah man an den ſchnelleren und ſicheren Hieben, womit es ſich vertheidigte. Wie eine Schlange zog es ſich nach den Anfällen augenblicklich zurück, die ſo ſchnell geſchahen, daß man nicht Zeit hatte, den geöffneten Rachen zu ſehen. Es war ein Kampf auf Tod und Leben. Die Ratte knirſchte und piepte beſtändig, das Hermelin bellte nur bei der Vertheidigung. Beide ſprangen um einander und gegen das Dach des mehr als eine Elle hohen Bauers hinauf. Als ich ſie lange gegen einander aufgereizt hatte und die Ratte weniger kampfluſtig wurde, begann auch das Hermelin mit ſeinen Angriffen. Alle Anfälle geſchahen offen, von vorn und nach dem Kopf gerichtet. Keines ſchlich ſich hinter das Andere. Bei dem letzten Zuſammentreffen kam das Hermelin auf den Rücken der Ratte, preßte die Vorderfüße dicht hinter den Schultern der Ratte feſt um ihren Leib zuſammen, und da dieſe ſich folglich nicht mehr vertheidigen konnte, lagen ſie beide längere Zeit auf der Seite, wobei der Sieger ſich in den Oberhals der Ratte hineinfraß, bis dieſe endlich ſtarb. Dann zerquetſchte es ihr den Rückgrat der Länge nach und ließ beim Verzehren faſt die ganze Haut, den Kopf, die Füße und den Schwanz zurück. Ganz auf gleiche Weiſe verfuhr das Hermelin mit einer andern, eben ſo großen, lebendigen Ratte. Jch habe nie geſehen, daß es den Säugethieren oder Vögeln, die es getödtet, das Blut aus- geſogen hätte, wie man zuweilen angiebt, aber wohl, daß es ſie gleich auffraß.‟ Sehr genau ſind Grills Augaben über den Farbenwechſel. Er ſagt: „Am 4. März konnte man zuerſt einige dunkle Haare zwiſchen den Augen bemerken. Am 10. hatte es auf derſelben Stelle einen braunen, hier und da mit Weiß durchbrochenen Flecken, von der Breite der halben Stirne. Ueber den Augen und um die Naſe zeigten ſich nun mehrere kleine dunkle Flecke. Wenn es ſich krumm bückte, ſah man, daß der Grund längs der Mitte des Rückens, unter den Schultern und auf dem Scheitel dunkel war. Am 11. war es den ganzen Rückgrat und über die Schultern entlang dunkel. Am 15. zog ſich das Dunkle ſchon über die Hinter- und Vorderbeine, ſowie ein Stück über die Schwanzwurzel. Am 18. umfaßte das Graubraun den Durchgang zwiſchen den Ohren, den Hinterhals, ungefähr zwei Zoll breit, ebenſo den Rücken, ein Viertel des Schwanzes und zog ſich über Schultern und Hüften bis zu den Füßen. Ueberall war die dunkle und die weiße Farbe ſcharf begreuzt und die erſtere durchaus unvermiſcht mit Weiß, ausgenommen im Geſichte, welches ganz bunt war. Das Braune war dort am dunkelſten und wurde nach hinten zu allmählich heller, ſo daß es über den Lenden und um die Schwanzwurzel gelbbraun oder ſchmuziggelblich war. Der Schwanz hatte nun drei Farben, nämlich ein Viertel braungelb, ein Viertel weiß mit ſchwefelgelbem Anſtrich und die Hälfte ſchwarz. Auch unter dem Bauche war die ſchwefelgelbe Farbe jetzt ſtärker, als vorher. Der Farbenwechſel ging ſehr ſchnell vor ſich, beſonders im Anfang, ſo daß man ihn täglich, ja ſogar halbtäglich bemerken konnte. Am 3. April war nur noch weiß: die untere Seite des Halſes und der Kehle, der ganze Bauch, die Ohren und von da zu den Augen, welche mit einem kleinen Ring umgeben waren, ein halber Zoll vor der ſchwarzen Hälfte des Schwanzes und die ganze Unterſeite ſeiner vordern Hälfte, die ganzen Füße, ſowie die innere Seite der Vorder- und Hinterbeine und die Hinterſeite der Schenkel. — Am 19. waren auch die Ohren, bis auf einen kleinen Theil des untern Randes, braun. — Es iſt an keiner Stelle ſtachelhaarig geweſen, außer an der Stirn, wo mehrere weiße Haare neben einander ſitzen und kleine Flecken bilden. Erſt wuchſen die dunklen Haare auf einmal hervor, und ehe ſie mit den weißen gleich hoch waren, waren dieſe ſchon ausgefallen. Man kann annehmen, daß der eigentliche Wechſel in der erſten Hälfte des März vor ſich ging; nach dem 19. März hat das braune Kleid ſich nur mehr ausgebreitet und allmählich das weiße verdrängt.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/629>, abgerufen am 24.11.2024.