Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Raubthiere. Marder. -- Kleines Wiesel.
zweites, da ein drittes: -- jetzt sind sie sämmtlich wieder da, prüfen von neuem, vergewissern sich der
Sicherheit, und bald ist die ganze Gesellschaft wieder vorhanden, und wenn man dann das Erschrecken
forttreibt, bemerkt man gar bald, daß es wenig helfen will; denn die kleinen, muthigen Thierchen
werden immer dreister, immer frecher und treiben sich zuletzt ganz unbekümmert vor den Augen des
Beobachters umher.

Solche junge Wiesel, welche noch bei der Mutter sind, haben das rechte Alter, um gezähmt zu
werden. Die durchaus irrige Ansicht, welche sich unter den Naturforschern von Buffon her fortgeerbt
hat, daß unser Thierchen unzähmbar sei, hat schon oft Widerlegung gefunden, und wir haben ver-
bürgte Beobachtungen genug, welche uns von sehr zahm gewordenen Wieseln berichten. Unter ihnen
allen scheint mir eine von Frauenhand niedergeschriebene, welche Wood in seiner "Natural History"
mittheilt, die anmuthigste zu sein, und deshalb will ich sie im Auszuge wiedergeben.

"Wenn ich etwas Milch in meine Hand gieße," sagt die Dame, "trinkt mein zahmes Wiesel
davon eine gute Menge, schwerlich aber nimmt es einen Tropfen der von ihm so geliebten Flüssigkeit,
wenn ich ihm nicht die Ehre anthue, ihm meine Hand zum Trinkgefäß zu bieten. Sobald es sich
gesättigt hat, geht es schlafen. Mein Zimmer ist sein gewöhnlicher Aufenthaltsort, und ich habe
ein Mittel gefunden, seinen unangenehmen Geruch durch wohlriechende Stoffe vollständig aufzuheben.
Bei Tage schläft es in einem Polster, zu dessen Jnnern es Eingang gefunden hat; während der Nacht
wird es in einer Blechbüchse in einem Käfig verwahrt, geht aber stets ungern in dieses Gefängniß
und verläßt es mit Vergnügen. Wenn man ihm seine Freiheit giebt, ehe ich wach werde, kommt es in
mein Bett und kriecht nach tausend lustigen Streichen unter die Decke, um in meiner Hand oder an
meinem Busen zu ruhen. Bin ich aber bereits munter geworden, wenn es erscheint, so widmet es mir
wohl eine halbe Stunde und liebkost mich auf die verschiedenste Weise. Es spielt mit meinen Fingern,
wie ein kleiner Hund, springt mir auf den Kopf und den Nacken oder klettert um meinen Arm oder
um meinen Leib mit einer Leichtigkeit und Zierlichkeit, welche ich bei keinem andern Thiere gefunden
habe. Halte ich ihm meine Hand vor in einer Entfernung von drei Fuß, so springt es in sie hinein,
ohne jemals zu fallen. Es zeigt große Geschicklichkeit und List, um irgend einen seiner Zwecke zu er-
reichen, und scheint oft das Verboteue aus einer gewissen Lust am Ungehorsam zu thun."

"Bei seinen Bewegungen zeigt es sich stets achtsam auf Alles, was vorgeht. Es schaut jede
hohle Ritze an und dreht sich nach jedem Gegenstande hin, welchen es bemerkt, um ihn zu untersuchen.
Sieht es sich in seinen lustigen Sprüngen beobachtet, so läßt es augenblicklich nach und zieht es ge-
wöhnlich vor, sich schlafen zu legen. Sobald es aber munter geworden ist, zeigt es sofort seine
Lebendigkeit wieder und beginnt seine heiteren Spiele sogleich von neuem. Jch habe es nie schlecht
gelaunt gesehen, außer wenn man es eingesperrt oder zu sehr geplagt hatte. Jn solchen Fällen suchte
es dann sein Mißvergnügen durch kurzes Gemurmel auszudrücken, gänzlich verschieden von dem,
welches es ausstößt, wenn es sich wohl befindet."

"Das kleine Thier unterscheidet meine Stimme unter zwanzig anderen, sucht mich bald heraus
und springt über Jeden hinweg, um zu mir zu kommen. Es spielt mit mir auf das liebenswürdigste
und liebkost mich in einer Weise, die man sich nicht vorstellen kann. Mit seinen zwei kleinen Pfötchen
streicht es mich oft am Kinn und sieht mich dabei mit einer Miene an, welche sein großes Vergnügen
auf das beste ausdrückt. Aus dieser seiner Liebe und tausend anderen Bevorzugungen meiner Person
ersehe ich, daß seine Zuneigung zu mir eine wahre und nicht eingebildete ist. Wenn es bemerkt, daß
ich mich ankleide, um auszugehen, will es mich gar nicht verlassen, und niemals kann ich mich so ohne
Umstände von ihm befreien. Listig, wie es ist, verkriecht es sich gewöhnlich in ein Zimmer an der
Ausgangsthür, und sobald ich vorbeigehe, springt es plötzlich auf mich und versucht alles Mögliche,
um bei mir zu bleiben."

"Jn seiner Lebendigkeit, Gewandtheit, in der Stimme und in der Art seines Gemurmels ähnelt
es am meisten den Eichhörnchen. Während des Sommers rennt es die ganze Nacht hindurch im
Hause umher, seit Beginn der kältern Zeit aber habe ich Dies nicht mehr beobachtet. Es scheint jetzt

Die Raubthiere. Marder. — Kleines Wieſel.
zweites, da ein drittes: — jetzt ſind ſie ſämmtlich wieder da, prüfen von neuem, vergewiſſern ſich der
Sicherheit, und bald iſt die ganze Geſellſchaft wieder vorhanden, und wenn man dann das Erſchrecken
forttreibt, bemerkt man gar bald, daß es wenig helfen will; denn die kleinen, muthigen Thierchen
werden immer dreiſter, immer frecher und treiben ſich zuletzt ganz unbekümmert vor den Augen des
Beobachters umher.

Solche junge Wieſel, welche noch bei der Mutter ſind, haben das rechte Alter, um gezähmt zu
werden. Die durchaus irrige Anſicht, welche ſich unter den Naturforſchern von Buffon her fortgeerbt
hat, daß unſer Thierchen unzähmbar ſei, hat ſchon oft Widerlegung gefunden, und wir haben ver-
bürgte Beobachtungen genug, welche uns von ſehr zahm gewordenen Wieſeln berichten. Unter ihnen
allen ſcheint mir eine von Frauenhand niedergeſchriebene, welche Wood in ſeiner „Natural Hiſtory‟
mittheilt, die anmuthigſte zu ſein, und deshalb will ich ſie im Auszuge wiedergeben.

„Wenn ich etwas Milch in meine Hand gieße,‟ ſagt die Dame, „trinkt mein zahmes Wieſel
davon eine gute Menge, ſchwerlich aber nimmt es einen Tropfen der von ihm ſo geliebten Flüſſigkeit,
wenn ich ihm nicht die Ehre anthue, ihm meine Hand zum Trinkgefäß zu bieten. Sobald es ſich
geſättigt hat, geht es ſchlafen. Mein Zimmer iſt ſein gewöhnlicher Aufenthaltsort, und ich habe
ein Mittel gefunden, ſeinen unangenehmen Geruch durch wohlriechende Stoffe vollſtändig aufzuheben.
Bei Tage ſchläft es in einem Polſter, zu deſſen Jnnern es Eingang gefunden hat; während der Nacht
wird es in einer Blechbüchſe in einem Käfig verwahrt, geht aber ſtets ungern in dieſes Gefängniß
und verläßt es mit Vergnügen. Wenn man ihm ſeine Freiheit giebt, ehe ich wach werde, kommt es in
mein Bett und kriecht nach tauſend luſtigen Streichen unter die Decke, um in meiner Hand oder an
meinem Buſen zu ruhen. Bin ich aber bereits munter geworden, wenn es erſcheint, ſo widmet es mir
wohl eine halbe Stunde und liebkoſt mich auf die verſchiedenſte Weiſe. Es ſpielt mit meinen Fingern,
wie ein kleiner Hund, ſpringt mir auf den Kopf und den Nacken oder klettert um meinen Arm oder
um meinen Leib mit einer Leichtigkeit und Zierlichkeit, welche ich bei keinem andern Thiere gefunden
habe. Halte ich ihm meine Hand vor in einer Entfernung von drei Fuß, ſo ſpringt es in ſie hinein,
ohne jemals zu fallen. Es zeigt große Geſchicklichkeit und Liſt, um irgend einen ſeiner Zwecke zu er-
reichen, und ſcheint oft das Verboteue aus einer gewiſſen Luſt am Ungehorſam zu thun.‟

„Bei ſeinen Bewegungen zeigt es ſich ſtets achtſam auf Alles, was vorgeht. Es ſchaut jede
hohle Ritze an und dreht ſich nach jedem Gegenſtande hin, welchen es bemerkt, um ihn zu unterſuchen.
Sieht es ſich in ſeinen luſtigen Sprüngen beobachtet, ſo läßt es augenblicklich nach und zieht es ge-
wöhnlich vor, ſich ſchlafen zu legen. Sobald es aber munter geworden iſt, zeigt es ſofort ſeine
Lebendigkeit wieder und beginnt ſeine heiteren Spiele ſogleich von neuem. Jch habe es nie ſchlecht
gelaunt geſehen, außer wenn man es eingeſperrt oder zu ſehr geplagt hatte. Jn ſolchen Fällen ſuchte
es dann ſein Mißvergnügen durch kurzes Gemurmel auszudrücken, gänzlich verſchieden von dem,
welches es ausſtößt, wenn es ſich wohl befindet.‟

„Das kleine Thier unterſcheidet meine Stimme unter zwanzig anderen, ſucht mich bald heraus
und ſpringt über Jeden hinweg, um zu mir zu kommen. Es ſpielt mit mir auf das liebenswürdigſte
und liebkoſt mich in einer Weiſe, die man ſich nicht vorſtellen kann. Mit ſeinen zwei kleinen Pfötchen
ſtreicht es mich oft am Kinn und ſieht mich dabei mit einer Miene an, welche ſein großes Vergnügen
auf das beſte ausdrückt. Aus dieſer ſeiner Liebe und tauſend anderen Bevorzugungen meiner Perſon
erſehe ich, daß ſeine Zuneigung zu mir eine wahre und nicht eingebildete iſt. Wenn es bemerkt, daß
ich mich ankleide, um auszugehen, will es mich gar nicht verlaſſen, und niemals kann ich mich ſo ohne
Umſtände von ihm befreien. Liſtig, wie es iſt, verkriecht es ſich gewöhnlich in ein Zimmer an der
Ausgangsthür, und ſobald ich vorbeigehe, ſpringt es plötzlich auf mich und verſucht alles Mögliche,
um bei mir zu bleiben.‟

„Jn ſeiner Lebendigkeit, Gewandtheit, in der Stimme und in der Art ſeines Gemurmels ähnelt
es am meiſten den Eichhörnchen. Während des Sommers rennt es die ganze Nacht hindurch im
Hauſe umher, ſeit Beginn der kältern Zeit aber habe ich Dies nicht mehr beobachtet. Es ſcheint jetzt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0622" n="548"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Marder. &#x2014; <hi rendition="#g">Kleines Wie&#x017F;el.</hi></fw><lb/>
zweites, da ein drittes: &#x2014; jetzt &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;ämmtlich wieder da, prüfen von neuem, vergewi&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ich der<lb/>
Sicherheit, und bald i&#x017F;t die ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft wieder vorhanden, und wenn man dann das Er&#x017F;chrecken<lb/>
forttreibt, bemerkt man gar bald, daß es wenig helfen will; denn die kleinen, muthigen Thierchen<lb/>
werden immer drei&#x017F;ter, immer frecher und treiben &#x017F;ich zuletzt ganz unbekümmert vor den Augen des<lb/>
Beobachters umher.</p><lb/>
          <p>Solche junge Wie&#x017F;el, welche noch bei der Mutter &#x017F;ind, haben das rechte Alter, um gezähmt zu<lb/>
werden. Die durchaus irrige An&#x017F;icht, welche &#x017F;ich unter den Naturfor&#x017F;chern von <hi rendition="#g">Buffon</hi> her fortgeerbt<lb/>
hat, daß un&#x017F;er Thierchen unzähmbar &#x017F;ei, hat &#x017F;chon oft Widerlegung gefunden, und wir haben ver-<lb/>
bürgte Beobachtungen genug, welche uns von &#x017F;ehr zahm gewordenen Wie&#x017F;eln berichten. Unter ihnen<lb/>
allen &#x017F;cheint mir eine von Frauenhand niederge&#x017F;chriebene, welche <hi rendition="#g">Wood</hi> in &#x017F;einer &#x201E;Natural Hi&#x017F;tory&#x201F;<lb/>
mittheilt, die anmuthig&#x017F;te zu &#x017F;ein, und deshalb will ich &#x017F;ie im Auszuge wiedergeben.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wenn ich etwas Milch in meine Hand gieße,&#x201F; &#x017F;agt die Dame, &#x201E;trinkt mein zahmes Wie&#x017F;el<lb/>
davon eine gute Menge, &#x017F;chwerlich aber nimmt es einen Tropfen der von ihm &#x017F;o geliebten Flü&#x017F;&#x017F;igkeit,<lb/>
wenn ich ihm nicht die Ehre anthue, ihm meine Hand zum Trinkgefäß zu bieten. Sobald es &#x017F;ich<lb/>
ge&#x017F;ättigt hat, geht es &#x017F;chlafen. Mein Zimmer i&#x017F;t &#x017F;ein gewöhnlicher Aufenthaltsort, und ich habe<lb/>
ein Mittel gefunden, &#x017F;einen unangenehmen Geruch durch wohlriechende Stoffe voll&#x017F;tändig aufzuheben.<lb/>
Bei Tage &#x017F;chläft es in einem Pol&#x017F;ter, zu de&#x017F;&#x017F;en Jnnern es Eingang gefunden hat; während der Nacht<lb/>
wird es in einer Blechbüch&#x017F;e in einem Käfig verwahrt, geht aber &#x017F;tets ungern in die&#x017F;es Gefängniß<lb/>
und verläßt es mit Vergnügen. Wenn man ihm &#x017F;eine Freiheit giebt, ehe ich wach werde, kommt es in<lb/>
mein Bett und kriecht nach tau&#x017F;end lu&#x017F;tigen Streichen unter die Decke, um in meiner Hand oder an<lb/>
meinem Bu&#x017F;en zu ruhen. Bin ich aber bereits munter geworden, wenn es er&#x017F;cheint, &#x017F;o widmet es mir<lb/>
wohl eine halbe Stunde und liebko&#x017F;t mich auf die ver&#x017F;chieden&#x017F;te Wei&#x017F;e. Es &#x017F;pielt mit meinen Fingern,<lb/>
wie ein kleiner Hund, &#x017F;pringt mir auf den Kopf und den Nacken oder klettert um meinen Arm oder<lb/>
um meinen Leib mit einer Leichtigkeit und Zierlichkeit, welche ich bei keinem andern Thiere gefunden<lb/>
habe. Halte ich ihm meine Hand vor in einer Entfernung von drei Fuß, &#x017F;o &#x017F;pringt es in &#x017F;ie hinein,<lb/>
ohne jemals zu fallen. Es zeigt große Ge&#x017F;chicklichkeit und Li&#x017F;t, um irgend einen &#x017F;einer Zwecke zu er-<lb/>
reichen, und &#x017F;cheint oft das Verboteue aus einer gewi&#x017F;&#x017F;en Lu&#x017F;t am Ungehor&#x017F;am zu thun.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Bei &#x017F;einen Bewegungen zeigt es &#x017F;ich &#x017F;tets acht&#x017F;am auf Alles, was vorgeht. Es &#x017F;chaut jede<lb/>
hohle Ritze an und dreht &#x017F;ich nach jedem Gegen&#x017F;tande hin, welchen es bemerkt, um ihn zu unter&#x017F;uchen.<lb/>
Sieht es &#x017F;ich in &#x017F;einen lu&#x017F;tigen Sprüngen beobachtet, &#x017F;o läßt es augenblicklich nach und zieht es ge-<lb/>
wöhnlich vor, &#x017F;ich &#x017F;chlafen zu legen. Sobald es aber munter geworden i&#x017F;t, zeigt es &#x017F;ofort &#x017F;eine<lb/>
Lebendigkeit wieder und beginnt &#x017F;eine heiteren Spiele &#x017F;ogleich von neuem. Jch habe es nie &#x017F;chlecht<lb/>
gelaunt ge&#x017F;ehen, außer wenn man es einge&#x017F;perrt oder zu &#x017F;ehr geplagt hatte. Jn &#x017F;olchen Fällen &#x017F;uchte<lb/>
es dann &#x017F;ein Mißvergnügen durch kurzes Gemurmel auszudrücken, gänzlich ver&#x017F;chieden von dem,<lb/>
welches es aus&#x017F;tößt, wenn es &#x017F;ich wohl befindet.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das kleine Thier unter&#x017F;cheidet meine Stimme unter zwanzig anderen, &#x017F;ucht mich bald heraus<lb/>
und &#x017F;pringt über Jeden hinweg, um zu mir zu kommen. Es &#x017F;pielt mit mir auf das liebenswürdig&#x017F;te<lb/>
und liebko&#x017F;t mich in einer Wei&#x017F;e, die man &#x017F;ich nicht vor&#x017F;tellen kann. Mit &#x017F;einen zwei kleinen Pfötchen<lb/>
&#x017F;treicht es mich oft am Kinn und &#x017F;ieht mich dabei mit einer Miene an, welche &#x017F;ein großes Vergnügen<lb/>
auf das be&#x017F;te ausdrückt. Aus die&#x017F;er &#x017F;einer Liebe und tau&#x017F;end anderen Bevorzugungen meiner Per&#x017F;on<lb/>
er&#x017F;ehe ich, daß &#x017F;eine Zuneigung zu mir eine wahre und nicht eingebildete i&#x017F;t. Wenn es bemerkt, daß<lb/>
ich mich ankleide, um auszugehen, will es mich gar nicht verla&#x017F;&#x017F;en, und niemals kann ich mich &#x017F;o ohne<lb/>
Um&#x017F;tände von ihm befreien. Li&#x017F;tig, wie es i&#x017F;t, verkriecht es &#x017F;ich gewöhnlich in ein Zimmer an der<lb/>
Ausgangsthür, und &#x017F;obald ich vorbeigehe, &#x017F;pringt es plötzlich auf mich und ver&#x017F;ucht alles Mögliche,<lb/>
um bei mir zu bleiben.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jn &#x017F;einer Lebendigkeit, Gewandtheit, in der Stimme und in der Art &#x017F;eines Gemurmels ähnelt<lb/>
es am mei&#x017F;ten den <hi rendition="#g">Eichhörnchen.</hi> Während des Sommers rennt es die ganze Nacht hindurch im<lb/>
Hau&#x017F;e umher, &#x017F;eit Beginn der kältern Zeit aber habe ich Dies nicht mehr beobachtet. Es &#x017F;cheint jetzt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0622] Die Raubthiere. Marder. — Kleines Wieſel. zweites, da ein drittes: — jetzt ſind ſie ſämmtlich wieder da, prüfen von neuem, vergewiſſern ſich der Sicherheit, und bald iſt die ganze Geſellſchaft wieder vorhanden, und wenn man dann das Erſchrecken forttreibt, bemerkt man gar bald, daß es wenig helfen will; denn die kleinen, muthigen Thierchen werden immer dreiſter, immer frecher und treiben ſich zuletzt ganz unbekümmert vor den Augen des Beobachters umher. Solche junge Wieſel, welche noch bei der Mutter ſind, haben das rechte Alter, um gezähmt zu werden. Die durchaus irrige Anſicht, welche ſich unter den Naturforſchern von Buffon her fortgeerbt hat, daß unſer Thierchen unzähmbar ſei, hat ſchon oft Widerlegung gefunden, und wir haben ver- bürgte Beobachtungen genug, welche uns von ſehr zahm gewordenen Wieſeln berichten. Unter ihnen allen ſcheint mir eine von Frauenhand niedergeſchriebene, welche Wood in ſeiner „Natural Hiſtory‟ mittheilt, die anmuthigſte zu ſein, und deshalb will ich ſie im Auszuge wiedergeben. „Wenn ich etwas Milch in meine Hand gieße,‟ ſagt die Dame, „trinkt mein zahmes Wieſel davon eine gute Menge, ſchwerlich aber nimmt es einen Tropfen der von ihm ſo geliebten Flüſſigkeit, wenn ich ihm nicht die Ehre anthue, ihm meine Hand zum Trinkgefäß zu bieten. Sobald es ſich geſättigt hat, geht es ſchlafen. Mein Zimmer iſt ſein gewöhnlicher Aufenthaltsort, und ich habe ein Mittel gefunden, ſeinen unangenehmen Geruch durch wohlriechende Stoffe vollſtändig aufzuheben. Bei Tage ſchläft es in einem Polſter, zu deſſen Jnnern es Eingang gefunden hat; während der Nacht wird es in einer Blechbüchſe in einem Käfig verwahrt, geht aber ſtets ungern in dieſes Gefängniß und verläßt es mit Vergnügen. Wenn man ihm ſeine Freiheit giebt, ehe ich wach werde, kommt es in mein Bett und kriecht nach tauſend luſtigen Streichen unter die Decke, um in meiner Hand oder an meinem Buſen zu ruhen. Bin ich aber bereits munter geworden, wenn es erſcheint, ſo widmet es mir wohl eine halbe Stunde und liebkoſt mich auf die verſchiedenſte Weiſe. Es ſpielt mit meinen Fingern, wie ein kleiner Hund, ſpringt mir auf den Kopf und den Nacken oder klettert um meinen Arm oder um meinen Leib mit einer Leichtigkeit und Zierlichkeit, welche ich bei keinem andern Thiere gefunden habe. Halte ich ihm meine Hand vor in einer Entfernung von drei Fuß, ſo ſpringt es in ſie hinein, ohne jemals zu fallen. Es zeigt große Geſchicklichkeit und Liſt, um irgend einen ſeiner Zwecke zu er- reichen, und ſcheint oft das Verboteue aus einer gewiſſen Luſt am Ungehorſam zu thun.‟ „Bei ſeinen Bewegungen zeigt es ſich ſtets achtſam auf Alles, was vorgeht. Es ſchaut jede hohle Ritze an und dreht ſich nach jedem Gegenſtande hin, welchen es bemerkt, um ihn zu unterſuchen. Sieht es ſich in ſeinen luſtigen Sprüngen beobachtet, ſo läßt es augenblicklich nach und zieht es ge- wöhnlich vor, ſich ſchlafen zu legen. Sobald es aber munter geworden iſt, zeigt es ſofort ſeine Lebendigkeit wieder und beginnt ſeine heiteren Spiele ſogleich von neuem. Jch habe es nie ſchlecht gelaunt geſehen, außer wenn man es eingeſperrt oder zu ſehr geplagt hatte. Jn ſolchen Fällen ſuchte es dann ſein Mißvergnügen durch kurzes Gemurmel auszudrücken, gänzlich verſchieden von dem, welches es ausſtößt, wenn es ſich wohl befindet.‟ „Das kleine Thier unterſcheidet meine Stimme unter zwanzig anderen, ſucht mich bald heraus und ſpringt über Jeden hinweg, um zu mir zu kommen. Es ſpielt mit mir auf das liebenswürdigſte und liebkoſt mich in einer Weiſe, die man ſich nicht vorſtellen kann. Mit ſeinen zwei kleinen Pfötchen ſtreicht es mich oft am Kinn und ſieht mich dabei mit einer Miene an, welche ſein großes Vergnügen auf das beſte ausdrückt. Aus dieſer ſeiner Liebe und tauſend anderen Bevorzugungen meiner Perſon erſehe ich, daß ſeine Zuneigung zu mir eine wahre und nicht eingebildete iſt. Wenn es bemerkt, daß ich mich ankleide, um auszugehen, will es mich gar nicht verlaſſen, und niemals kann ich mich ſo ohne Umſtände von ihm befreien. Liſtig, wie es iſt, verkriecht es ſich gewöhnlich in ein Zimmer an der Ausgangsthür, und ſobald ich vorbeigehe, ſpringt es plötzlich auf mich und verſucht alles Mögliche, um bei mir zu bleiben.‟ „Jn ſeiner Lebendigkeit, Gewandtheit, in der Stimme und in der Art ſeines Gemurmels ähnelt es am meiſten den Eichhörnchen. Während des Sommers rennt es die ganze Nacht hindurch im Hauſe umher, ſeit Beginn der kältern Zeit aber habe ich Dies nicht mehr beobachtet. Es ſcheint jetzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/622
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/622>, abgerufen am 17.05.2024.