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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Verwendung zur Kaninchenjagd und zum Rattenkampf. Schlacht zwischen Frett und Jltis.
lichen Biß beizubringen. Dann sah man es schneller als der Blitz zufahren, und die Zähne vergruben
sich einen Augenblick lang im Genick. Ein verzweifelter Schrei wurde gehört, und ein neues Opfer
lag regungslos bei den übrigen. Während das blutgierige Geschöpf im besten Kampfe war, nahte sich
plötzlich eine alte, erfahrene Ratte vorsichtig dem Feinde und schien über einen gefährlichen Gedanken
zu brüten. Sie war augenscheinlich entsetzt über das Blutbad, welches das Frett unter ihren Genossen
angerichtet hatte, und schien sich rächen zu wollen. Eben hatte das Frett eine neue Ratte am Genick
gepackt und war beschäftigt, ihr den Lebensnero zu zerschneiden, da stürzte sich die andere nach ihm hin
und versetzte ihm einen furchtbaren Biß in den Kopf, welchem alsbald ein Blutstrom folgte. Das
Frett, welches glauben mochte, daß die empfangene Wunde von seinem eben gefaßten Gegner her-
rühre, biß die bereits getödtete Ratte mit dem fürchterlichsten Zorn, ohne den wahren Thäter zu
erkennen, und erhielt von ihm einen neuen Biß. Endlich aber erkannte es seinen eigentlichen Feind
und stürzte sich mit einer unglaublichen Wuth auf ihn. Ein unbeschreibliches Getümmel entstand.
Man sah Nichts mehr, als einen verworrenen Knäuel von schwarzen Gestalten und ab und zu
das lichtgefärbte Raubthier vorleuchten. Man hörte dessen Knurren und das Quiken der Ratten
und das ängstliche Geschrei der vom Frett ergriffenen Thiere. Viele von den gehetzten Langschwänzen
suchten sich zu retten, und immer toller wurde die Verwirrung: aber weniger und weniger Ratten
bewegten sich; der Haufen der Leichen wurde immer größer, und lange, bevor die Stunde abgelaufen
war, lagen wirklich alle funfzig Ratten auf dem Boden, der wackere Kämpe, welcher in der Ver-
wirrung den Blicken entgangen war, natürlich auch mit."

Jch habe schon bemerkt, daß das Frett bei seinen Kaninchenjagden zuweilen auch auf andere
Feinde trifft, welche in einem verlassenen Kaninchenbau Zuflucht gefunden haben. So ereignet es sich
zuweilen, daß es in einer Kaninchenhöhle auf einen Jltis stößt. Dann beginnt ein furchtbarer
Kampf zwischen beiden, gleich starken und gewandten Thieren, keineswegs zur Freude des Besitzers des
gezähmten Mitgliedes der Marderfamilie, weil er alle Ursache hat, für das Leben seines Jagdgehilfen
zu fürchten. "Ein Frett, welches in eine Kaninchenhöhle gesandt wurde," erzählt ein Jäger, "ver-
blieb solange Zeit darin, daß ich ungeduldig wurde und bereits glauben wollte, daß mein Thier sich
in das warme Nest gelegt habe und dort schlafe. Jch stampfte deshalb heftig auf den Boden, um es
zu erwecken und wieder zu mir zu bringen. Freilich erfuhr ich bald, daß mein Thierchen sich keiner
Unterlassungssünde schuldig gemacht hatte. Jch hörte ein ganz eigenthümliches Geschrei, welches dem
Murren und Kreischen meines Frettchens glich, aber doch noch von Tönen begleitet war, die ich mir
nicht enträthseln konnte. Der Lärm wurde lauter und bald konnte ich unterscheiden, daß er von zwei
Thieren herrühren mußte. Endlich sah ich in dem Dunkel der Höhle den Schwanz meines Frettchens
und entdeckte nun zu gleicher Zeit, daß es mit einem Thiere im Kampfe lag. Das Frett bemühte sich
nach Kräften, seine Beute nach der Mündung der Höhle zu schleppen, stieß aber auf einen bedeutenden
Widerstand. Endlich kam es doch hervor, und ich entdeckte nun zu meiner nicht geringen Ueberraschung,
daß es sich mit einem männlichen Jltis in den Kampf eingelassen hatte. Beide hatten sich in einander
verbissen, eins hatte das andere am Nacken gefaßt und keines schien gewillt zu sein, seinen Gegner so
leichten Kampfes davon zu lassen. Plötzlich erblickte mich der Jltis und versuchte nun, mein armes
Frettchen nach der Tiefe der Höhle zu schleppen, um den Kampf dort weiter auszufechten. Mein
vorzügliches Thier hielt jedoch trefflich Stand und brachte seinen Feind nach kurzer Zeit nochmals an
die Mündung der Höhle zurück. Aber es war zu schwach, um ihn vollends bis an das Tageslicht zu
bringen. Der Jltis gewann wieder die Oberhand und beide verschwanden von neuem. Nun sah und
hörte ich wieder lange Zeit Nichts von ihnen, und meine Aengstlichkeit nahm begreiflicherweise mit jeder
Minute zu. Aber zum dritten Male sah ich das Frett, welches seinen Feind an das Tageslicht zu
schleppen versuchte. An der Mündung der Höhle entstand ein verzweifeltes Ringen; das Frettchen
kämpfte mit unübertrefflichem Geschicke, und ich hoffte schon die Niederlage des Jltis zu sehen, als
plötzlich mein Frett den Kampf aufgab und mit zerfetzter Brust auf mich zusprang. Sein Feind
erkühnte sich nicht, ihm zu folgen, sondern blieb vorsichtig schnüffelnd in der Mündung der Röhre

Verwendung zur Kaninchenjagd und zum Rattenkampf. Schlacht zwiſchen Frett und Jltis.
lichen Biß beizubringen. Dann ſah man es ſchneller als der Blitz zufahren, und die Zähne vergruben
ſich einen Augenblick lang im Genick. Ein verzweifelter Schrei wurde gehört, und ein neues Opfer
lag regungslos bei den übrigen. Während das blutgierige Geſchöpf im beſten Kampfe war, nahte ſich
plötzlich eine alte, erfahrene Ratte vorſichtig dem Feinde und ſchien über einen gefährlichen Gedanken
zu brüten. Sie war augenſcheinlich entſetzt über das Blutbad, welches das Frett unter ihren Genoſſen
angerichtet hatte, und ſchien ſich rächen zu wollen. Eben hatte das Frett eine neue Ratte am Genick
gepackt und war beſchäftigt, ihr den Lebensnero zu zerſchneiden, da ſtürzte ſich die andere nach ihm hin
und verſetzte ihm einen furchtbaren Biß in den Kopf, welchem alsbald ein Blutſtrom folgte. Das
Frett, welches glauben mochte, daß die empfangene Wunde von ſeinem eben gefaßten Gegner her-
rühre, biß die bereits getödtete Ratte mit dem fürchterlichſten Zorn, ohne den wahren Thäter zu
erkennen, und erhielt von ihm einen neuen Biß. Endlich aber erkannte es ſeinen eigentlichen Feind
und ſtürzte ſich mit einer unglaublichen Wuth auf ihn. Ein unbeſchreibliches Getümmel entſtand.
Man ſah Nichts mehr, als einen verworrenen Knäuel von ſchwarzen Geſtalten und ab und zu
das lichtgefärbte Raubthier vorleuchten. Man hörte deſſen Knurren und das Quiken der Ratten
und das ängſtliche Geſchrei der vom Frett ergriffenen Thiere. Viele von den gehetzten Langſchwänzen
ſuchten ſich zu retten, und immer toller wurde die Verwirrung: aber weniger und weniger Ratten
bewegten ſich; der Haufen der Leichen wurde immer größer, und lange, bevor die Stunde abgelaufen
war, lagen wirklich alle funfzig Ratten auf dem Boden, der wackere Kämpe, welcher in der Ver-
wirrung den Blicken entgangen war, natürlich auch mit.‟

Jch habe ſchon bemerkt, daß das Frett bei ſeinen Kaninchenjagden zuweilen auch auf andere
Feinde trifft, welche in einem verlaſſenen Kaninchenbau Zuflucht gefunden haben. So ereignet es ſich
zuweilen, daß es in einer Kaninchenhöhle auf einen Jltis ſtößt. Dann beginnt ein furchtbarer
Kampf zwiſchen beiden, gleich ſtarken und gewandten Thieren, keineswegs zur Freude des Beſitzers des
gezähmten Mitgliedes der Marderfamilie, weil er alle Urſache hat, für das Leben ſeines Jagdgehilfen
zu fürchten. „Ein Frett, welches in eine Kaninchenhöhle geſandt wurde,‟ erzählt ein Jäger, „ver-
blieb ſolange Zeit darin, daß ich ungeduldig wurde und bereits glauben wollte, daß mein Thier ſich
in das warme Neſt gelegt habe und dort ſchlafe. Jch ſtampfte deshalb heftig auf den Boden, um es
zu erwecken und wieder zu mir zu bringen. Freilich erfuhr ich bald, daß mein Thierchen ſich keiner
Unterlaſſungsſünde ſchuldig gemacht hatte. Jch hörte ein ganz eigenthümliches Geſchrei, welches dem
Murren und Kreiſchen meines Frettchens glich, aber doch noch von Tönen begleitet war, die ich mir
nicht enträthſeln konnte. Der Lärm wurde lauter und bald konnte ich unterſcheiden, daß er von zwei
Thieren herrühren mußte. Endlich ſah ich in dem Dunkel der Höhle den Schwanz meines Frettchens
und entdeckte nun zu gleicher Zeit, daß es mit einem Thiere im Kampfe lag. Das Frett bemühte ſich
nach Kräften, ſeine Beute nach der Mündung der Höhle zu ſchleppen, ſtieß aber auf einen bedeutenden
Widerſtand. Endlich kam es doch hervor, und ich entdeckte nun zu meiner nicht geringen Ueberraſchung,
daß es ſich mit einem männlichen Jltis in den Kampf eingelaſſen hatte. Beide hatten ſich in einander
verbiſſen, eins hatte das andere am Nacken gefaßt und keines ſchien gewillt zu ſein, ſeinen Gegner ſo
leichten Kampfes davon zu laſſen. Plötzlich erblickte mich der Jltis und verſuchte nun, mein armes
Frettchen nach der Tiefe der Höhle zu ſchleppen, um den Kampf dort weiter auszufechten. Mein
vorzügliches Thier hielt jedoch trefflich Stand und brachte ſeinen Feind nach kurzer Zeit nochmals an
die Mündung der Höhle zurück. Aber es war zu ſchwach, um ihn vollends bis an das Tageslicht zu
bringen. Der Jltis gewann wieder die Oberhand und beide verſchwanden von neuem. Nun ſah und
hörte ich wieder lange Zeit Nichts von ihnen, und meine Aengſtlichkeit nahm begreiflicherweiſe mit jeder
Minute zu. Aber zum dritten Male ſah ich das Frett, welches ſeinen Feind an das Tageslicht zu
ſchleppen verſuchte. An der Mündung der Höhle entſtand ein verzweifeltes Ringen; das Frettchen
kämpfte mit unübertrefflichem Geſchicke, und ich hoffte ſchon die Niederlage des Jltis zu ſehen, als
plötzlich mein Frett den Kampf aufgab und mit zerfetzter Bruſt auf mich zuſprang. Sein Feind
erkühnte ſich nicht, ihm zu folgen, ſondern blieb vorſichtig ſchnüffelnd in der Mündung der Röhre

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[543/0617] Verwendung zur Kaninchenjagd und zum Rattenkampf. Schlacht zwiſchen Frett und Jltis. lichen Biß beizubringen. Dann ſah man es ſchneller als der Blitz zufahren, und die Zähne vergruben ſich einen Augenblick lang im Genick. Ein verzweifelter Schrei wurde gehört, und ein neues Opfer lag regungslos bei den übrigen. Während das blutgierige Geſchöpf im beſten Kampfe war, nahte ſich plötzlich eine alte, erfahrene Ratte vorſichtig dem Feinde und ſchien über einen gefährlichen Gedanken zu brüten. Sie war augenſcheinlich entſetzt über das Blutbad, welches das Frett unter ihren Genoſſen angerichtet hatte, und ſchien ſich rächen zu wollen. Eben hatte das Frett eine neue Ratte am Genick gepackt und war beſchäftigt, ihr den Lebensnero zu zerſchneiden, da ſtürzte ſich die andere nach ihm hin und verſetzte ihm einen furchtbaren Biß in den Kopf, welchem alsbald ein Blutſtrom folgte. Das Frett, welches glauben mochte, daß die empfangene Wunde von ſeinem eben gefaßten Gegner her- rühre, biß die bereits getödtete Ratte mit dem fürchterlichſten Zorn, ohne den wahren Thäter zu erkennen, und erhielt von ihm einen neuen Biß. Endlich aber erkannte es ſeinen eigentlichen Feind und ſtürzte ſich mit einer unglaublichen Wuth auf ihn. Ein unbeſchreibliches Getümmel entſtand. Man ſah Nichts mehr, als einen verworrenen Knäuel von ſchwarzen Geſtalten und ab und zu das lichtgefärbte Raubthier vorleuchten. Man hörte deſſen Knurren und das Quiken der Ratten und das ängſtliche Geſchrei der vom Frett ergriffenen Thiere. Viele von den gehetzten Langſchwänzen ſuchten ſich zu retten, und immer toller wurde die Verwirrung: aber weniger und weniger Ratten bewegten ſich; der Haufen der Leichen wurde immer größer, und lange, bevor die Stunde abgelaufen war, lagen wirklich alle funfzig Ratten auf dem Boden, der wackere Kämpe, welcher in der Ver- wirrung den Blicken entgangen war, natürlich auch mit.‟ Jch habe ſchon bemerkt, daß das Frett bei ſeinen Kaninchenjagden zuweilen auch auf andere Feinde trifft, welche in einem verlaſſenen Kaninchenbau Zuflucht gefunden haben. So ereignet es ſich zuweilen, daß es in einer Kaninchenhöhle auf einen Jltis ſtößt. Dann beginnt ein furchtbarer Kampf zwiſchen beiden, gleich ſtarken und gewandten Thieren, keineswegs zur Freude des Beſitzers des gezähmten Mitgliedes der Marderfamilie, weil er alle Urſache hat, für das Leben ſeines Jagdgehilfen zu fürchten. „Ein Frett, welches in eine Kaninchenhöhle geſandt wurde,‟ erzählt ein Jäger, „ver- blieb ſolange Zeit darin, daß ich ungeduldig wurde und bereits glauben wollte, daß mein Thier ſich in das warme Neſt gelegt habe und dort ſchlafe. Jch ſtampfte deshalb heftig auf den Boden, um es zu erwecken und wieder zu mir zu bringen. Freilich erfuhr ich bald, daß mein Thierchen ſich keiner Unterlaſſungsſünde ſchuldig gemacht hatte. Jch hörte ein ganz eigenthümliches Geſchrei, welches dem Murren und Kreiſchen meines Frettchens glich, aber doch noch von Tönen begleitet war, die ich mir nicht enträthſeln konnte. Der Lärm wurde lauter und bald konnte ich unterſcheiden, daß er von zwei Thieren herrühren mußte. Endlich ſah ich in dem Dunkel der Höhle den Schwanz meines Frettchens und entdeckte nun zu gleicher Zeit, daß es mit einem Thiere im Kampfe lag. Das Frett bemühte ſich nach Kräften, ſeine Beute nach der Mündung der Höhle zu ſchleppen, ſtieß aber auf einen bedeutenden Widerſtand. Endlich kam es doch hervor, und ich entdeckte nun zu meiner nicht geringen Ueberraſchung, daß es ſich mit einem männlichen Jltis in den Kampf eingelaſſen hatte. Beide hatten ſich in einander verbiſſen, eins hatte das andere am Nacken gefaßt und keines ſchien gewillt zu ſein, ſeinen Gegner ſo leichten Kampfes davon zu laſſen. Plötzlich erblickte mich der Jltis und verſuchte nun, mein armes Frettchen nach der Tiefe der Höhle zu ſchleppen, um den Kampf dort weiter auszufechten. Mein vorzügliches Thier hielt jedoch trefflich Stand und brachte ſeinen Feind nach kurzer Zeit nochmals an die Mündung der Höhle zurück. Aber es war zu ſchwach, um ihn vollends bis an das Tageslicht zu bringen. Der Jltis gewann wieder die Oberhand und beide verſchwanden von neuem. Nun ſah und hörte ich wieder lange Zeit Nichts von ihnen, und meine Aengſtlichkeit nahm begreiflicherweiſe mit jeder Minute zu. Aber zum dritten Male ſah ich das Frett, welches ſeinen Feind an das Tageslicht zu ſchleppen verſuchte. An der Mündung der Höhle entſtand ein verzweifeltes Ringen; das Frettchen kämpfte mit unübertrefflichem Geſchicke, und ich hoffte ſchon die Niederlage des Jltis zu ſehen, als plötzlich mein Frett den Kampf aufgab und mit zerfetzter Bruſt auf mich zuſprang. Sein Feind erkühnte ſich nicht, ihm zu folgen, ſondern blieb vorſichtig ſchnüffelnd in der Mündung der Röhre

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/617>, abgerufen am 17.05.2024.