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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Frettchen.

Zur Jagd zieht man am Morgen aus. Die Frettchen werden in einem weich ausgelegten Korb oder
Kästchen, unter Umständen auch in der Jagdtasche getragen. Am Bau sucht man alle befahrenen
Röhren auf, legt vor jede ein sackartiges, etwa drei Fuß langes Netz, welches um einen großen Ring
geflochten und an ihm befestigt ist, und läßt nun eins der Frettchen in die Hauptröhre, welche dann
ebenfalls verschlossen wird. Sobald die Kaninchen den eingedrungenen Feind merken, fahren sie
erschreckt heraus, gerathen in das Netz und werden in ihm erschlagen. Wenn die Röhren etwas breiter
sind und sich gerade mehrere Kaninchen in dem Bau aufhalten, rennen die ziemlich geängstigten Thiere
zuweilen am Frett vorüber und zwar so schnell, daß Dieses nicht einmal Zeit hat, sie zu packen. Das
Frettchen selbst wird durch einen kleinen Beißkorb oder durch Abfeilen der Zähne gehindert, ein
Kaninchen im Baue abzuschlachten und bekommt, um seinen Treibern beständig Kunde zu geben, ein
helltönendes Glöckchen um den Hals gehängt. Jn früheren Zeiten war man nämlich in England so
grausam, zu gleichem Behuf die Lippen des armen Jagdgehilfen zusammenzunähen, ehe man ihn in
die Höhle kriechen ließ; glücklicherweise hat man sich überzeugt, daß ein Beißkorb dieselben Dienste
leistet. Sobald das Frettchen wieder an der Mündung der Höhle erscheint, wird es sofort auf-
genommen; denn wenn es zum zweiten Male in den Bau geht, legt es sich in das Nest zur Ruhe und
läßt dann oft stundenlang auf sich warten. Sehr wichtig ist es, wenn man es an einen Pfiff und Ruf
gewöhnt. Kommt es dann nicht heraus, so sucht man es durch allerhand Lockungen wieder in seine
Gewalt zu bringen. So bindet man an eine schwankende Stange ein Kaninchen und schiebt Dieses
in die Röhre. Einer solchen Aufforderung, der das Thier ganz beherrschenden Blutgier Folge zu
leisten, kann kein Frett widerstehen; es beißt sich fest und wird sammt dem Kaninchen herausgezogen.

Jn England benutzt man das Frett häufiger noch, als zur Jagd der Kaninchen, zum Vertreiben
der Ratten und noch lieber zum Kampfe mit diesen bissigen Nagern, welche, wie bekannt, einen echten
Engländer stets zu fesseln wissen. Mein englischer Gewährsmann versichert, daß verhältnißmäßig
wenige Fretts zur Rattenjagd zu gebrauchen sind, zumal, wenn sie einige Male von den Zähnen der
gefräßigen Langschwänze zu leiden gehabt haben. Ein Frett, welches blos an Kaninchenjagd gewöhnt
ist, soll für die Rattenjagd gänzlich unbrauchbar sein, weil es sich vor jeder großen Ratte fürchtet.
Der Rattenjäger muß dazu besonders erzogen werden. Man muß ihn anfangs blos mit jungen
und schwachen Ratten kämpfen lassen und ihn so nach und nach an den Kampf und den Sieg
gewöhnen. Dann thut der angeborne Blutdurst das Seine; der Muth des kleinen Räubers wächst
und zuletzt erlangt er eine solche Fertigkeit in dem Kampfe mit dem schwarzen Wild, daß er wahre
Wunder verrichtet und die edlen Briten mit unsaglichem Entzücken erfüllt. Gewöhnlich ziehen sich
die alten, erfahrenen Ratten, sobald sie angegriffen werden, in eine Ecke zurück und wissen von hier aus
erfolgreiche Ausfälle zu machen und dem unvorsichtigen Jäger gefährliche Wunden beizubringen: einem
gut abgerichteten Frett aber sind sogar solche ausgelernte Fechter kein Hinderniß. Er weiß doch den
richtigen Augenblick, um den tückischen Gegner zu fassen. Rodwell beschreibt mit wenigen Strichen
einen dieser Kämpfe zwischen großen Ratten und einem besonders ausgezeichneten Frette, welches
seine Kunst so weit gebracht hatte, daß es funfzig Ratten in einer Stunde tödten konnte. "Die
Ratten," sagt er, "befanden sich in einem viereckigen Raume von acht bis zehn Fuß im Durchmesser,
welcher mit drei Fuß hohen Planken umgeben war. Das Frett wurde unter sie geworfen, und es war
bewunderungswürdig zu sehen, wie regelrecht das Thier sein Werk begann. Einige von den größten
Ratten waren abscheuliche Feiglinge und übergaben sich, während mehrere von den kleineren, noch
nicht einmal erwachsenen, wie Teufel kämpften. Diese hauptsächlich zogen meine Aufmerksamkeit auf
sich. Das Frett wurde, während es sie angriff, einige Male ganz empfindlich von den Ratten ge-
bissen; allein Das vermehrte nur seine Wuth. Die Augen glühten vor Zorn, und plötzlich hatte es einen
von seinen Feinden am Nacken und setzte hier sein furchtbares Gebiß mit einer solchen Gewalt ein,
daß nur ein kurzer Augstschrei des Opfers noch gehört wurde, bevor es seinen Geist aufgab. Einige Male
trat es geschickt auf die Ratten, hielt sie so am Boden fest und schien sich förmlich über die vergeblichen
Anstrengungen zu freuen, welche das erboßte Schwarzwild machte, um seinem Gegner einen gefähr-

Die Raubthiere. Marder. — Frettchen.

Zur Jagd zieht man am Morgen aus. Die Frettchen werden in einem weich ausgelegten Korb oder
Käſtchen, unter Umſtänden auch in der Jagdtaſche getragen. Am Bau ſucht man alle befahrenen
Röhren auf, legt vor jede ein ſackartiges, etwa drei Fuß langes Netz, welches um einen großen Ring
geflochten und an ihm befeſtigt iſt, und läßt nun eins der Frettchen in die Hauptröhre, welche dann
ebenfalls verſchloſſen wird. Sobald die Kaninchen den eingedrungenen Feind merken, fahren ſie
erſchreckt heraus, gerathen in das Netz und werden in ihm erſchlagen. Wenn die Röhren etwas breiter
ſind und ſich gerade mehrere Kaninchen in dem Bau aufhalten, rennen die ziemlich geängſtigten Thiere
zuweilen am Frett vorüber und zwar ſo ſchnell, daß Dieſes nicht einmal Zeit hat, ſie zu packen. Das
Frettchen ſelbſt wird durch einen kleinen Beißkorb oder durch Abfeilen der Zähne gehindert, ein
Kaninchen im Baue abzuſchlachten und bekommt, um ſeinen Treibern beſtändig Kunde zu geben, ein
helltönendes Glöckchen um den Hals gehängt. Jn früheren Zeiten war man nämlich in England ſo
grauſam, zu gleichem Behuf die Lippen des armen Jagdgehilfen zuſammenzunähen, ehe man ihn in
die Höhle kriechen ließ; glücklicherweiſe hat man ſich überzeugt, daß ein Beißkorb dieſelben Dienſte
leiſtet. Sobald das Frettchen wieder an der Mündung der Höhle erſcheint, wird es ſofort auf-
genommen; denn wenn es zum zweiten Male in den Bau geht, legt es ſich in das Neſt zur Ruhe und
läßt dann oft ſtundenlang auf ſich warten. Sehr wichtig iſt es, wenn man es an einen Pfiff und Ruf
gewöhnt. Kommt es dann nicht heraus, ſo ſucht man es durch allerhand Lockungen wieder in ſeine
Gewalt zu bringen. So bindet man an eine ſchwankende Stange ein Kaninchen und ſchiebt Dieſes
in die Röhre. Einer ſolchen Aufforderung, der das Thier ganz beherrſchenden Blutgier Folge zu
leiſten, kann kein Frett widerſtehen; es beißt ſich feſt und wird ſammt dem Kaninchen herausgezogen.

Jn England benutzt man das Frett häufiger noch, als zur Jagd der Kaninchen, zum Vertreiben
der Ratten und noch lieber zum Kampfe mit dieſen biſſigen Nagern, welche, wie bekannt, einen echten
Engländer ſtets zu feſſeln wiſſen. Mein engliſcher Gewährsmann verſichert, daß verhältnißmäßig
wenige Fretts zur Rattenjagd zu gebrauchen ſind, zumal, wenn ſie einige Male von den Zähnen der
gefräßigen Langſchwänze zu leiden gehabt haben. Ein Frett, welches blos an Kaninchenjagd gewöhnt
iſt, ſoll für die Rattenjagd gänzlich unbrauchbar ſein, weil es ſich vor jeder großen Ratte fürchtet.
Der Rattenjäger muß dazu beſonders erzogen werden. Man muß ihn anfangs blos mit jungen
und ſchwachen Ratten kämpfen laſſen und ihn ſo nach und nach an den Kampf und den Sieg
gewöhnen. Dann thut der angeborne Blutdurſt das Seine; der Muth des kleinen Räubers wächſt
und zuletzt erlangt er eine ſolche Fertigkeit in dem Kampfe mit dem ſchwarzen Wild, daß er wahre
Wunder verrichtet und die edlen Briten mit unſaglichem Entzücken erfüllt. Gewöhnlich ziehen ſich
die alten, erfahrenen Ratten, ſobald ſie angegriffen werden, in eine Ecke zurück und wiſſen von hier aus
erfolgreiche Ausfälle zu machen und dem unvorſichtigen Jäger gefährliche Wunden beizubringen: einem
gut abgerichteten Frett aber ſind ſogar ſolche ausgelernte Fechter kein Hinderniß. Er weiß doch den
richtigen Augenblick, um den tückiſchen Gegner zu faſſen. Rodwell beſchreibt mit wenigen Strichen
einen dieſer Kämpfe zwiſchen großen Ratten und einem beſonders ausgezeichneten Frette, welches
ſeine Kunſt ſo weit gebracht hatte, daß es funfzig Ratten in einer Stunde tödten konnte. „Die
Ratten,‟ ſagt er, „befanden ſich in einem viereckigen Raume von acht bis zehn Fuß im Durchmeſſer,
welcher mit drei Fuß hohen Planken umgeben war. Das Frett wurde unter ſie geworfen, und es war
bewunderungswürdig zu ſehen, wie regelrecht das Thier ſein Werk begann. Einige von den größten
Ratten waren abſcheuliche Feiglinge und übergaben ſich, während mehrere von den kleineren, noch
nicht einmal erwachſenen, wie Teufel kämpften. Dieſe hauptſächlich zogen meine Aufmerkſamkeit auf
ſich. Das Frett wurde, während es ſie angriff, einige Male ganz empfindlich von den Ratten ge-
biſſen; allein Das vermehrte nur ſeine Wuth. Die Augen glühten vor Zorn, und plötzlich hatte es einen
von ſeinen Feinden am Nacken und ſetzte hier ſein furchtbares Gebiß mit einer ſolchen Gewalt ein,
daß nur ein kurzer Augſtſchrei des Opfers noch gehört wurde, bevor es ſeinen Geiſt aufgab. Einige Male
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Anſtrengungen zu freuen, welche das erboßte Schwarzwild machte, um ſeinem Gegner einen gefähr-

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[542/0616] Die Raubthiere. Marder. — Frettchen. Zur Jagd zieht man am Morgen aus. Die Frettchen werden in einem weich ausgelegten Korb oder Käſtchen, unter Umſtänden auch in der Jagdtaſche getragen. Am Bau ſucht man alle befahrenen Röhren auf, legt vor jede ein ſackartiges, etwa drei Fuß langes Netz, welches um einen großen Ring geflochten und an ihm befeſtigt iſt, und läßt nun eins der Frettchen in die Hauptröhre, welche dann ebenfalls verſchloſſen wird. Sobald die Kaninchen den eingedrungenen Feind merken, fahren ſie erſchreckt heraus, gerathen in das Netz und werden in ihm erſchlagen. Wenn die Röhren etwas breiter ſind und ſich gerade mehrere Kaninchen in dem Bau aufhalten, rennen die ziemlich geängſtigten Thiere zuweilen am Frett vorüber und zwar ſo ſchnell, daß Dieſes nicht einmal Zeit hat, ſie zu packen. Das Frettchen ſelbſt wird durch einen kleinen Beißkorb oder durch Abfeilen der Zähne gehindert, ein Kaninchen im Baue abzuſchlachten und bekommt, um ſeinen Treibern beſtändig Kunde zu geben, ein helltönendes Glöckchen um den Hals gehängt. Jn früheren Zeiten war man nämlich in England ſo grauſam, zu gleichem Behuf die Lippen des armen Jagdgehilfen zuſammenzunähen, ehe man ihn in die Höhle kriechen ließ; glücklicherweiſe hat man ſich überzeugt, daß ein Beißkorb dieſelben Dienſte leiſtet. Sobald das Frettchen wieder an der Mündung der Höhle erſcheint, wird es ſofort auf- genommen; denn wenn es zum zweiten Male in den Bau geht, legt es ſich in das Neſt zur Ruhe und läßt dann oft ſtundenlang auf ſich warten. Sehr wichtig iſt es, wenn man es an einen Pfiff und Ruf gewöhnt. Kommt es dann nicht heraus, ſo ſucht man es durch allerhand Lockungen wieder in ſeine Gewalt zu bringen. So bindet man an eine ſchwankende Stange ein Kaninchen und ſchiebt Dieſes in die Röhre. Einer ſolchen Aufforderung, der das Thier ganz beherrſchenden Blutgier Folge zu leiſten, kann kein Frett widerſtehen; es beißt ſich feſt und wird ſammt dem Kaninchen herausgezogen. Jn England benutzt man das Frett häufiger noch, als zur Jagd der Kaninchen, zum Vertreiben der Ratten und noch lieber zum Kampfe mit dieſen biſſigen Nagern, welche, wie bekannt, einen echten Engländer ſtets zu feſſeln wiſſen. Mein engliſcher Gewährsmann verſichert, daß verhältnißmäßig wenige Fretts zur Rattenjagd zu gebrauchen ſind, zumal, wenn ſie einige Male von den Zähnen der gefräßigen Langſchwänze zu leiden gehabt haben. Ein Frett, welches blos an Kaninchenjagd gewöhnt iſt, ſoll für die Rattenjagd gänzlich unbrauchbar ſein, weil es ſich vor jeder großen Ratte fürchtet. Der Rattenjäger muß dazu beſonders erzogen werden. Man muß ihn anfangs blos mit jungen und ſchwachen Ratten kämpfen laſſen und ihn ſo nach und nach an den Kampf und den Sieg gewöhnen. Dann thut der angeborne Blutdurſt das Seine; der Muth des kleinen Räubers wächſt und zuletzt erlangt er eine ſolche Fertigkeit in dem Kampfe mit dem ſchwarzen Wild, daß er wahre Wunder verrichtet und die edlen Briten mit unſaglichem Entzücken erfüllt. Gewöhnlich ziehen ſich die alten, erfahrenen Ratten, ſobald ſie angegriffen werden, in eine Ecke zurück und wiſſen von hier aus erfolgreiche Ausfälle zu machen und dem unvorſichtigen Jäger gefährliche Wunden beizubringen: einem gut abgerichteten Frett aber ſind ſogar ſolche ausgelernte Fechter kein Hinderniß. Er weiß doch den richtigen Augenblick, um den tückiſchen Gegner zu faſſen. Rodwell beſchreibt mit wenigen Strichen einen dieſer Kämpfe zwiſchen großen Ratten und einem beſonders ausgezeichneten Frette, welches ſeine Kunſt ſo weit gebracht hatte, daß es funfzig Ratten in einer Stunde tödten konnte. „Die Ratten,‟ ſagt er, „befanden ſich in einem viereckigen Raume von acht bis zehn Fuß im Durchmeſſer, welcher mit drei Fuß hohen Planken umgeben war. Das Frett wurde unter ſie geworfen, und es war bewunderungswürdig zu ſehen, wie regelrecht das Thier ſein Werk begann. Einige von den größten Ratten waren abſcheuliche Feiglinge und übergaben ſich, während mehrere von den kleineren, noch nicht einmal erwachſenen, wie Teufel kämpften. Dieſe hauptſächlich zogen meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Das Frett wurde, während es ſie angriff, einige Male ganz empfindlich von den Ratten ge- biſſen; allein Das vermehrte nur ſeine Wuth. Die Augen glühten vor Zorn, und plötzlich hatte es einen von ſeinen Feinden am Nacken und ſetzte hier ſein furchtbares Gebiß mit einer ſolchen Gewalt ein, daß nur ein kurzer Augſtſchrei des Opfers noch gehört wurde, bevor es ſeinen Geiſt aufgab. Einige Male trat es geſchickt auf die Ratten, hielt ſie ſo am Boden feſt und ſchien ſich förmlich über die vergeblichen Anſtrengungen zu freuen, welche das erboßte Schwarzwild machte, um ſeinem Gegner einen gefähr-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/616>, abgerufen am 17.05.2024.