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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Balgerei zwischen Fuchs und Jltis. Eigenthümlichkeit und Abrichtung des Frettchens.
aus über Europa verbreitet habe. Sie sind aber nicht im Stande, diese Meinung durch irgend welche
Beobachtung zu unterstützen. Das Frett findet sich also blos in der Gefangenschaft, als Hausthier,
und wird von uns einzig und allein zur Kaninchenjagd gehalten; die Engländer gebrauchen es auch
zur Rattenjagd und achten diejenigen Frette, welche Rattenschläger genannt werden, weit höher,
als die, welche sie blos zur Kaninchenjagd gebrauchen können. Man hält die kleinen Thiere in Kisten
und Käfigen, giebt ihnen oft frisches Heu und Stroh und bewahrt sie im Winter vor der Kälte. Sie
werden gewöhnlich mit Semmel oder Milch gefüttert; doch ist es ihrer Gesundheit weit zuträglicher,
wenn man ihnen zartes Fleisch von frisch getödteten Thieren reicht. Mit Fröschen, Eidechsen und
Schlangen kann man sie nach den Beobachtungen unsers Lenz ganz billig erhalten; denn sie fressen
alle Lurche gern.

Jn seinem Wesen ähnelt das Frettchen ganz dem Jltis, nur ist es nicht so munter, wie dieser; an
Blutgier und Raublust aber steht es seinem wilden Bruder gar nicht nach. Selbst wenn das Thier
schon ziemlich satt ist, fällt es über Kaninchen, Tauben oder Hühner wie rasend her, packt sie im Genick
und läßt sie nicht eher los, als bis seine Beute sich nicht mehr rührt. Das aus den Wunden hervor-
fließende Blut leckt es mit einer unglaublichen Gier auf, und auch das Gehirn scheint ihm ein Lecker-
bissen zu sein. Lurche gehen die Frettchen mit größerer Vorsicht an, als andere Thiere, und die Ge-
fährlichkeit der Kreuzotter scheinen sie instinktmäßig zu kennen. Ringelnattern und Blindschleichen
greifen sie nach Lenz ohne weiteres an, auch wenn sie diese Thiere noch niemals gesehen haben, packen
sie trotz ihrer heftigen Windungen, zerreißen ihnen das Rückgrat und verzehren dann von ihnen ein
gutes Stück. Den Kreuzottern aber nahen sie sich äußerst vorsichtig und versuchen, diesem tückischen
Gewürm derbe Bisse in die Mitte des Leibes zu versetzen. Sind sie erst einmal von einer Otter ge-
bissen worden, so gebrauchen sie alle nur denkbare List, um die Giftzähne zu meiden, werden aber zu-
weilen so ängstlich, daß sie sich von dem Kampfe zurückziehen und der Otter das Feld überlassen. Der
Biß der Otter tödtet das Frett nicht, macht es aber krank und muthlos.

Selten gelingt es, ein Frettchen ganz zu zähmen; doch sind Beispiele bekannt, daß einzelne ihrem
Herrn wie ein Hund auf Schritt und Tritt nachgingen und ohne Besorgniß ganz frei gelassen werden
konnten. Manche aber wissen, wenn sie einmal ihrem Käfig entwischen konnten, die erlangte Freiheit
zu benutzen. Sie laufen in den Wald hinaus und beziehen dort eine Kaninchenhöhle, welche ihnen
nun während des Sommers als Lager und Zufluchtsort dienen muß. Hier entwöhnen sie sich nach
kurzer Frist vollkommen des Menschen; sie gehen jedoch, wenn sie nicht zufällig wieder eingefangen
werden, im Winter regelmäßig zu Grunde, weil sie viel zu zart sind, als daß sie der Kälte widerstehen
könnten. Nur sehr wenige suchen nach längeren Streifzügen das Haus ihrer Pfleger wieder auf oder
unternehmen regelmäßig von hier aus Jagden nach ihnen bekannten Orten. Auf den Kanaren ver-
wildern sie, nach Bolle, oft vollständig.

Die Stimme des Fretts ist ein dumpfes Gemurr, bei Schmerz ein helles Gekreisch. Man hört
sie aber selten; gewöhnlich liegt das Frett ganz stille in sich zusammengerollt auf seinem Lager, und
nur, wenn es seine Raubgier bethätigen kann, wird es munter und lebendig.

Das Weibchen wirft zweimal im Jahre fünf bis acht Junge, welche zwei bis drei Wochen blind
bleiben. Sie werden mit großer Sorgfalt von der Mutter gepflegt und nach zwei Monaten etwa
entwöhnt; dann sind sie geeignet, abgesondert aufgezogen zu werden.

So gute Dienste das Frett bei der Kaninchenjagd auch leistet, so gering ist der wirkliche Nutzen,
den es bringt, im Vergleich zu den Kosten, welche es verursacht. Man darf die Kaninchenjagd mit
dem Frett eben nur während der gewöhnlichen Jagdzeit, vom Oktober bis zum Februar, betreiben
und muß das ganze übrige Jahr hindurch das Thierchen ernähren, ohne den geringsten Nutzen von
ihm zu erzielen; zudem ist das Frettchen blos gegen halb oder ganz erwachsene Kaninchen zu gebrauchen,
weil es Junge, die es im Bau findet, augenblicklich tödtet und auffrißt, worauf es sich gewöhnlich
in das weiche, warme Nest legt und nun den Herrn Gebieter draußen warten läßt, so lange es
ihm behagt.

Balgerei zwiſchen Fuchs und Jltis. Eigenthümlichkeit und Abrichtung des Frettchens.
aus über Europa verbreitet habe. Sie ſind aber nicht im Stande, dieſe Meinung durch irgend welche
Beobachtung zu unterſtützen. Das Frett findet ſich alſo blos in der Gefangenſchaft, als Hausthier,
und wird von uns einzig und allein zur Kaninchenjagd gehalten; die Engländer gebrauchen es auch
zur Rattenjagd und achten diejenigen Frette, welche Rattenſchläger genannt werden, weit höher,
als die, welche ſie blos zur Kaninchenjagd gebrauchen können. Man hält die kleinen Thiere in Kiſten
und Käfigen, giebt ihnen oft friſches Heu und Stroh und bewahrt ſie im Winter vor der Kälte. Sie
werden gewöhnlich mit Semmel oder Milch gefüttert; doch iſt es ihrer Geſundheit weit zuträglicher,
wenn man ihnen zartes Fleiſch von friſch getödteten Thieren reicht. Mit Fröſchen, Eidechſen und
Schlangen kann man ſie nach den Beobachtungen unſers Lenz ganz billig erhalten; denn ſie freſſen
alle Lurche gern.

Jn ſeinem Weſen ähnelt das Frettchen ganz dem Jltis, nur iſt es nicht ſo munter, wie dieſer; an
Blutgier und Raubluſt aber ſteht es ſeinem wilden Bruder gar nicht nach. Selbſt wenn das Thier
ſchon ziemlich ſatt iſt, fällt es über Kaninchen, Tauben oder Hühner wie raſend her, packt ſie im Genick
und läßt ſie nicht eher los, als bis ſeine Beute ſich nicht mehr rührt. Das aus den Wunden hervor-
fließende Blut leckt es mit einer unglaublichen Gier auf, und auch das Gehirn ſcheint ihm ein Lecker-
biſſen zu ſein. Lurche gehen die Frettchen mit größerer Vorſicht an, als andere Thiere, und die Ge-
fährlichkeit der Kreuzotter ſcheinen ſie inſtinktmäßig zu kennen. Ringelnattern und Blindſchleichen
greifen ſie nach Lenz ohne weiteres an, auch wenn ſie dieſe Thiere noch niemals geſehen haben, packen
ſie trotz ihrer heftigen Windungen, zerreißen ihnen das Rückgrat und verzehren dann von ihnen ein
gutes Stück. Den Kreuzottern aber nahen ſie ſich äußerſt vorſichtig und verſuchen, dieſem tückiſchen
Gewürm derbe Biſſe in die Mitte des Leibes zu verſetzen. Sind ſie erſt einmal von einer Otter ge-
biſſen worden, ſo gebrauchen ſie alle nur denkbare Liſt, um die Giftzähne zu meiden, werden aber zu-
weilen ſo ängſtlich, daß ſie ſich von dem Kampfe zurückziehen und der Otter das Feld überlaſſen. Der
Biß der Otter tödtet das Frett nicht, macht es aber krank und muthlos.

Selten gelingt es, ein Frettchen ganz zu zähmen; doch ſind Beiſpiele bekannt, daß einzelne ihrem
Herrn wie ein Hund auf Schritt und Tritt nachgingen und ohne Beſorgniß ganz frei gelaſſen werden
konnten. Manche aber wiſſen, wenn ſie einmal ihrem Käfig entwiſchen konnten, die erlangte Freiheit
zu benutzen. Sie laufen in den Wald hinaus und beziehen dort eine Kaninchenhöhle, welche ihnen
nun während des Sommers als Lager und Zufluchtsort dienen muß. Hier entwöhnen ſie ſich nach
kurzer Friſt vollkommen des Menſchen; ſie gehen jedoch, wenn ſie nicht zufällig wieder eingefangen
werden, im Winter regelmäßig zu Grunde, weil ſie viel zu zart ſind, als daß ſie der Kälte widerſtehen
könnten. Nur ſehr wenige ſuchen nach längeren Streifzügen das Haus ihrer Pfleger wieder auf oder
unternehmen regelmäßig von hier aus Jagden nach ihnen bekannten Orten. Auf den Kanaren ver-
wildern ſie, nach Bolle, oft vollſtändig.

Die Stimme des Fretts iſt ein dumpfes Gemurr, bei Schmerz ein helles Gekreiſch. Man hört
ſie aber ſelten; gewöhnlich liegt das Frett ganz ſtille in ſich zuſammengerollt auf ſeinem Lager, und
nur, wenn es ſeine Raubgier bethätigen kann, wird es munter und lebendig.

Das Weibchen wirft zweimal im Jahre fünf bis acht Junge, welche zwei bis drei Wochen blind
bleiben. Sie werden mit großer Sorgfalt von der Mutter gepflegt und nach zwei Monaten etwa
entwöhnt; dann ſind ſie geeignet, abgeſondert aufgezogen zu werden.

So gute Dienſte das Frett bei der Kaninchenjagd auch leiſtet, ſo gering iſt der wirkliche Nutzen,
den es bringt, im Vergleich zu den Koſten, welche es verurſacht. Man darf die Kaninchenjagd mit
dem Frett eben nur während der gewöhnlichen Jagdzeit, vom Oktober bis zum Februar, betreiben
und muß das ganze übrige Jahr hindurch das Thierchen ernähren, ohne den geringſten Nutzen von
ihm zu erzielen; zudem iſt das Frettchen blos gegen halb oder ganz erwachſene Kaninchen zu gebrauchen,
weil es Junge, die es im Bau findet, augenblicklich tödtet und auffrißt, worauf es ſich gewöhnlich
in das weiche, warme Neſt legt und nun den Herrn Gebieter draußen warten läßt, ſo lange es
ihm behagt.

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[541/0615] Balgerei zwiſchen Fuchs und Jltis. Eigenthümlichkeit und Abrichtung des Frettchens. aus über Europa verbreitet habe. Sie ſind aber nicht im Stande, dieſe Meinung durch irgend welche Beobachtung zu unterſtützen. Das Frett findet ſich alſo blos in der Gefangenſchaft, als Hausthier, und wird von uns einzig und allein zur Kaninchenjagd gehalten; die Engländer gebrauchen es auch zur Rattenjagd und achten diejenigen Frette, welche Rattenſchläger genannt werden, weit höher, als die, welche ſie blos zur Kaninchenjagd gebrauchen können. Man hält die kleinen Thiere in Kiſten und Käfigen, giebt ihnen oft friſches Heu und Stroh und bewahrt ſie im Winter vor der Kälte. Sie werden gewöhnlich mit Semmel oder Milch gefüttert; doch iſt es ihrer Geſundheit weit zuträglicher, wenn man ihnen zartes Fleiſch von friſch getödteten Thieren reicht. Mit Fröſchen, Eidechſen und Schlangen kann man ſie nach den Beobachtungen unſers Lenz ganz billig erhalten; denn ſie freſſen alle Lurche gern. Jn ſeinem Weſen ähnelt das Frettchen ganz dem Jltis, nur iſt es nicht ſo munter, wie dieſer; an Blutgier und Raubluſt aber ſteht es ſeinem wilden Bruder gar nicht nach. Selbſt wenn das Thier ſchon ziemlich ſatt iſt, fällt es über Kaninchen, Tauben oder Hühner wie raſend her, packt ſie im Genick und läßt ſie nicht eher los, als bis ſeine Beute ſich nicht mehr rührt. Das aus den Wunden hervor- fließende Blut leckt es mit einer unglaublichen Gier auf, und auch das Gehirn ſcheint ihm ein Lecker- biſſen zu ſein. Lurche gehen die Frettchen mit größerer Vorſicht an, als andere Thiere, und die Ge- fährlichkeit der Kreuzotter ſcheinen ſie inſtinktmäßig zu kennen. Ringelnattern und Blindſchleichen greifen ſie nach Lenz ohne weiteres an, auch wenn ſie dieſe Thiere noch niemals geſehen haben, packen ſie trotz ihrer heftigen Windungen, zerreißen ihnen das Rückgrat und verzehren dann von ihnen ein gutes Stück. Den Kreuzottern aber nahen ſie ſich äußerſt vorſichtig und verſuchen, dieſem tückiſchen Gewürm derbe Biſſe in die Mitte des Leibes zu verſetzen. Sind ſie erſt einmal von einer Otter ge- biſſen worden, ſo gebrauchen ſie alle nur denkbare Liſt, um die Giftzähne zu meiden, werden aber zu- weilen ſo ängſtlich, daß ſie ſich von dem Kampfe zurückziehen und der Otter das Feld überlaſſen. Der Biß der Otter tödtet das Frett nicht, macht es aber krank und muthlos. Selten gelingt es, ein Frettchen ganz zu zähmen; doch ſind Beiſpiele bekannt, daß einzelne ihrem Herrn wie ein Hund auf Schritt und Tritt nachgingen und ohne Beſorgniß ganz frei gelaſſen werden konnten. Manche aber wiſſen, wenn ſie einmal ihrem Käfig entwiſchen konnten, die erlangte Freiheit zu benutzen. Sie laufen in den Wald hinaus und beziehen dort eine Kaninchenhöhle, welche ihnen nun während des Sommers als Lager und Zufluchtsort dienen muß. Hier entwöhnen ſie ſich nach kurzer Friſt vollkommen des Menſchen; ſie gehen jedoch, wenn ſie nicht zufällig wieder eingefangen werden, im Winter regelmäßig zu Grunde, weil ſie viel zu zart ſind, als daß ſie der Kälte widerſtehen könnten. Nur ſehr wenige ſuchen nach längeren Streifzügen das Haus ihrer Pfleger wieder auf oder unternehmen regelmäßig von hier aus Jagden nach ihnen bekannten Orten. Auf den Kanaren ver- wildern ſie, nach Bolle, oft vollſtändig. Die Stimme des Fretts iſt ein dumpfes Gemurr, bei Schmerz ein helles Gekreiſch. Man hört ſie aber ſelten; gewöhnlich liegt das Frett ganz ſtille in ſich zuſammengerollt auf ſeinem Lager, und nur, wenn es ſeine Raubgier bethätigen kann, wird es munter und lebendig. Das Weibchen wirft zweimal im Jahre fünf bis acht Junge, welche zwei bis drei Wochen blind bleiben. Sie werden mit großer Sorgfalt von der Mutter gepflegt und nach zwei Monaten etwa entwöhnt; dann ſind ſie geeignet, abgeſondert aufgezogen zu werden. So gute Dienſte das Frett bei der Kaninchenjagd auch leiſtet, ſo gering iſt der wirkliche Nutzen, den es bringt, im Vergleich zu den Koſten, welche es verurſacht. Man darf die Kaninchenjagd mit dem Frett eben nur während der gewöhnlichen Jagdzeit, vom Oktober bis zum Februar, betreiben und muß das ganze übrige Jahr hindurch das Thierchen ernähren, ohne den geringſten Nutzen von ihm zu erzielen; zudem iſt das Frettchen blos gegen halb oder ganz erwachſene Kaninchen zu gebrauchen, weil es Junge, die es im Bau findet, augenblicklich tödtet und auffrißt, worauf es ſich gewöhnlich in das weiche, warme Neſt legt und nun den Herrn Gebieter draußen warten läßt, ſo lange es ihm behagt.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/615>, abgerufen am 16.07.2024.