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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Jltis. Frettchen.
ergötzlicher Weise, wie der Fuchs einem Jltis mitspielt: "Der Fuchs, welcher nach seinem Fleisch durchaus
nicht leckert und es, wenn der Jltis todt ist, gar nicht einmal fressen mag, kann doch gegen den lebenden
Ratz seine Tücke nicht lassen. Er schleicht heran, liegt lauernd auf dem Bauche, springt plötzlich zu,
wirft den Ratz übern Haufen und ist schon weit entfernt, wenn jener sich wüthend erhebt und ihm
die Zähne weist. Der Fuchs kommt wieder, springt ihm mit großen Sätzen entgegen und versetzt ihm
den Augenblick, wo er ihn zu Boden wirft, einen Biß in den Rücken, hat aber schon wieder losgelassen,
ehe jener sich rächen kann. Jetzt streicht er in der Ferne im Kreise um den Ratz herum, der sich immer
hindrehen muß, endlich schlüpft der Fuchs an ihm vorüber und hält den Schwanz nach ihm hin. Der
Ratz will hineinbeißen, der Fuchs hat ihn schon eiligst weggezogen und jener beißt in die Luft. Jetzt
thut der Fuchs, als ob er ihn nicht beobachte; der Ratz wird ruhig, schnuppert umher und beginnt an
einem Kaninchenschenkel zu nagen. Das ist dem bösen Feind ganz Recht. Auf dem Bauche kriechend
kommt er von neuem herbei, seine Augen funkeln, die Ohren sind gespitzt, der Schwanz in sanft
wedelnder Bewegung; plötzlich springt er zu, packt den schmausenden Ratz beim Kragen, schüttelt ihn
tüchtig und ist verschwunden. Der Ratz, um nicht länger geschabernackt zu werden, wühlt in die
Erde und sucht einen Ausweg. Vergebens! Der Fuchs ist wieder da, beschnuppert das Loch, beißt
plötzlich durch und fährt dann schnell zurück." Ein solches Schauspiel, bei welchem weder der eine
noch der andere Schaden leidet, dauert oft stundenlang, und der Jnbel der versammelten Zuschauer
ist grenzenlos.

Es ist noch keineswegs ausgemacht, ob das unter dem Namen Frettchen (Foetorius Furo) be-
kannte Thier eine eigne, selbstständige Art oder nur eine Spielart unsers Ratzes ist. Man kennt das
Frettchen blos im gezähmten Zustande und zwar seit den ältesten Zeiten. Aristoteles erwähnt es
unter dem Namen Jctis, Plinius unter dem Namen Viverra. Auf den Balearen hatten sich
einmal die Kaninchen so vermehrt, daß man den Kaiser Augustus um Hilfe anrief. Er sendete den
Leuten einige Viverras, deren Jagdverdienste groß waren. Sie wurden in die Gänge der Kaninchen
gelassen und trieben die verderblichen Nager heraus in das Netz ihrer Feinde. Strabo erzählt die
Sache noch umständlicher: Spanien hat fast keine schädlichen Thiere mit Ausnahme der Kaninchen,
welche Wurzeln, Kräuter und Samen fressen. Diese Thiere hatten sich so verbreitet, daß man in Rom
um Hilfe bitten mußte. Man erfand verschiedene Mittel, um sie zu verjagen. Das Beste blieb aber,
sie durch afrikanische Katzen (unter diesem Namen verstehen alle alten Naturforscher die Marder) welche
mit verschlossenen Augen in die Höhlen gesteckt wurden, aus ihrem Baue zu vertreiben. -- Zu Zeiten
der Araber hieß das Frett bereits Furo und wurde, wie Albertus Magnus berichtet, schon in
Spanien oft zahm gehalten und wie heut zu Tage gebraucht.

Das Frett ähnelt dem Jltis in der Gestalt und Größe sehr. Es ist zwar etwas kleiner
und schwächlicher als dieser, allein Aehnliches bemerken wir fast bei allen Thieren, welche nur in
abhängigen Verhältnissen von den Menschen, also in der Gefangenschaft, leben. Die Leibeslänge be-
trägt 11/2 Fuß, die des Schwanzes fünf Zoll. Dies sind genau die Verhältnisse des Jltis, und auch
im Bau des Gerippes weicht es nicht wesentlich von Diesem ab. Gewöhnlich sieht man das Frett in
Europa blos im Kakerlakenzustande, d. h. von weißlich- oder semmelgelber, unten etwas dunklerer Farbe
mit hellrothen Augen. Nur wenige sind dunkler und dann echt iltisartig gefärbt. Es ist bekannt, daß
der Kakerlakenzustand immer ein Zeichen der Entartung ist, und dieser Umstand spricht für die oben
ausgesprochene Meinung. Soviel ist sicher, daß bis jetzt scharfe Unterschiede zwischen Jltis und Frett
noch nicht aufgefunden werden konnten und alle Gründe, welche man für den Beweis der Selbst-
ständigkeit unsers Frettchens zusammenstellte, als nicht stichhaltig betrachtet werden müssen. Als
Hauptgrund gilt die größere Zartheit und Frostigkeit, sowie die Sanftmuth und leichte Zähmbarkeit
des Frettes, gegenüber den uns bekannten Eigenschaften des Jltis. Allein dieser Grund ist meiner
Ansicht nach sowenig beweisend, wie die übrigen; denn alle Kakerlaken sind eben schwächliche, verzärtelte
Geschöpfe. Einige Naturforscher nehmen fest an, daß das Frett ein Afrikaner sei und sich von Afrika

Die Raubthiere. Marder. — Jltis. Frettchen.
ergötzlicher Weiſe, wie der Fuchs einem Jltis mitſpielt: „Der Fuchs, welcher nach ſeinem Fleiſch durchaus
nicht leckert und es, wenn der Jltis todt iſt, gar nicht einmal freſſen mag, kann doch gegen den lebenden
Ratz ſeine Tücke nicht laſſen. Er ſchleicht heran, liegt lauernd auf dem Bauche, ſpringt plötzlich zu,
wirft den Ratz übern Haufen und iſt ſchon weit entfernt, wenn jener ſich wüthend erhebt und ihm
die Zähne weiſt. Der Fuchs kommt wieder, ſpringt ihm mit großen Sätzen entgegen und verſetzt ihm
den Augenblick, wo er ihn zu Boden wirft, einen Biß in den Rücken, hat aber ſchon wieder losgelaſſen,
ehe jener ſich rächen kann. Jetzt ſtreicht er in der Ferne im Kreiſe um den Ratz herum, der ſich immer
hindrehen muß, endlich ſchlüpft der Fuchs an ihm vorüber und hält den Schwanz nach ihm hin. Der
Ratz will hineinbeißen, der Fuchs hat ihn ſchon eiligſt weggezogen und jener beißt in die Luft. Jetzt
thut der Fuchs, als ob er ihn nicht beobachte; der Ratz wird ruhig, ſchnuppert umher und beginnt an
einem Kaninchenſchenkel zu nagen. Das iſt dem böſen Feind ganz Recht. Auf dem Bauche kriechend
kommt er von neuem herbei, ſeine Augen funkeln, die Ohren ſind geſpitzt, der Schwanz in ſanft
wedelnder Bewegung; plötzlich ſpringt er zu, packt den ſchmauſenden Ratz beim Kragen, ſchüttelt ihn
tüchtig und iſt verſchwunden. Der Ratz, um nicht länger geſchabernackt zu werden, wühlt in die
Erde und ſucht einen Ausweg. Vergebens! Der Fuchs iſt wieder da, beſchnuppert das Loch, beißt
plötzlich durch und fährt dann ſchnell zurück.‟ Ein ſolches Schauſpiel, bei welchem weder der eine
noch der andere Schaden leidet, dauert oft ſtundenlang, und der Jnbel der verſammelten Zuſchauer
iſt grenzenlos.

Es iſt noch keineswegs ausgemacht, ob das unter dem Namen Frettchen (Foetorius Furo) be-
kannte Thier eine eigne, ſelbſtſtändige Art oder nur eine Spielart unſers Ratzes iſt. Man kennt das
Frettchen blos im gezähmten Zuſtande und zwar ſeit den älteſten Zeiten. Ariſtoteles erwähnt es
unter dem Namen Jctis, Plinius unter dem Namen Viverra. Auf den Balearen hatten ſich
einmal die Kaninchen ſo vermehrt, daß man den Kaiſer Auguſtus um Hilfe anrief. Er ſendete den
Leuten einige Viverras, deren Jagdverdienſte groß waren. Sie wurden in die Gänge der Kaninchen
gelaſſen und trieben die verderblichen Nager heraus in das Netz ihrer Feinde. Strabo erzählt die
Sache noch umſtändlicher: Spanien hat faſt keine ſchädlichen Thiere mit Ausnahme der Kaninchen,
welche Wurzeln, Kräuter und Samen freſſen. Dieſe Thiere hatten ſich ſo verbreitet, daß man in Rom
um Hilfe bitten mußte. Man erfand verſchiedene Mittel, um ſie zu verjagen. Das Beſte blieb aber,
ſie durch afrikaniſche Katzen (unter dieſem Namen verſtehen alle alten Naturforſcher die Marder) welche
mit verſchloſſenen Augen in die Höhlen geſteckt wurden, aus ihrem Baue zu vertreiben. — Zu Zeiten
der Araber hieß das Frett bereits Furo und wurde, wie Albertus Magnus berichtet, ſchon in
Spanien oft zahm gehalten und wie heut zu Tage gebraucht.

Das Frett ähnelt dem Jltis in der Geſtalt und Größe ſehr. Es iſt zwar etwas kleiner
und ſchwächlicher als dieſer, allein Aehnliches bemerken wir faſt bei allen Thieren, welche nur in
abhängigen Verhältniſſen von den Menſchen, alſo in der Gefangenſchaft, leben. Die Leibeslänge be-
trägt 1½ Fuß, die des Schwanzes fünf Zoll. Dies ſind genau die Verhältniſſe des Jltis, und auch
im Bau des Gerippes weicht es nicht weſentlich von Dieſem ab. Gewöhnlich ſieht man das Frett in
Europa blos im Kakerlakenzuſtande, d. h. von weißlich- oder ſemmelgelber, unten etwas dunklerer Farbe
mit hellrothen Augen. Nur wenige ſind dunkler und dann echt iltisartig gefärbt. Es iſt bekannt, daß
der Kakerlakenzuſtand immer ein Zeichen der Entartung iſt, und dieſer Umſtand ſpricht für die oben
ausgeſprochene Meinung. Soviel iſt ſicher, daß bis jetzt ſcharfe Unterſchiede zwiſchen Jltis und Frett
noch nicht aufgefunden werden konnten und alle Gründe, welche man für den Beweis der Selbſt-
ſtändigkeit unſers Frettchens zuſammenſtellte, als nicht ſtichhaltig betrachtet werden müſſen. Als
Hauptgrund gilt die größere Zartheit und Froſtigkeit, ſowie die Sanftmuth und leichte Zähmbarkeit
des Frettes, gegenüber den uns bekannten Eigenſchaften des Jltis. Allein dieſer Grund iſt meiner
Anſicht nach ſowenig beweiſend, wie die übrigen; denn alle Kakerlaken ſind eben ſchwächliche, verzärtelte
Geſchöpfe. Einige Naturforſcher nehmen feſt an, daß das Frett ein Afrikaner ſei und ſich von Afrika

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[540/0614] Die Raubthiere. Marder. — Jltis. Frettchen. ergötzlicher Weiſe, wie der Fuchs einem Jltis mitſpielt: „Der Fuchs, welcher nach ſeinem Fleiſch durchaus nicht leckert und es, wenn der Jltis todt iſt, gar nicht einmal freſſen mag, kann doch gegen den lebenden Ratz ſeine Tücke nicht laſſen. Er ſchleicht heran, liegt lauernd auf dem Bauche, ſpringt plötzlich zu, wirft den Ratz übern Haufen und iſt ſchon weit entfernt, wenn jener ſich wüthend erhebt und ihm die Zähne weiſt. Der Fuchs kommt wieder, ſpringt ihm mit großen Sätzen entgegen und verſetzt ihm den Augenblick, wo er ihn zu Boden wirft, einen Biß in den Rücken, hat aber ſchon wieder losgelaſſen, ehe jener ſich rächen kann. Jetzt ſtreicht er in der Ferne im Kreiſe um den Ratz herum, der ſich immer hindrehen muß, endlich ſchlüpft der Fuchs an ihm vorüber und hält den Schwanz nach ihm hin. Der Ratz will hineinbeißen, der Fuchs hat ihn ſchon eiligſt weggezogen und jener beißt in die Luft. Jetzt thut der Fuchs, als ob er ihn nicht beobachte; der Ratz wird ruhig, ſchnuppert umher und beginnt an einem Kaninchenſchenkel zu nagen. Das iſt dem böſen Feind ganz Recht. Auf dem Bauche kriechend kommt er von neuem herbei, ſeine Augen funkeln, die Ohren ſind geſpitzt, der Schwanz in ſanft wedelnder Bewegung; plötzlich ſpringt er zu, packt den ſchmauſenden Ratz beim Kragen, ſchüttelt ihn tüchtig und iſt verſchwunden. Der Ratz, um nicht länger geſchabernackt zu werden, wühlt in die Erde und ſucht einen Ausweg. Vergebens! Der Fuchs iſt wieder da, beſchnuppert das Loch, beißt plötzlich durch und fährt dann ſchnell zurück.‟ Ein ſolches Schauſpiel, bei welchem weder der eine noch der andere Schaden leidet, dauert oft ſtundenlang, und der Jnbel der verſammelten Zuſchauer iſt grenzenlos. Es iſt noch keineswegs ausgemacht, ob das unter dem Namen Frettchen (Foetorius Furo) be- kannte Thier eine eigne, ſelbſtſtändige Art oder nur eine Spielart unſers Ratzes iſt. Man kennt das Frettchen blos im gezähmten Zuſtande und zwar ſeit den älteſten Zeiten. Ariſtoteles erwähnt es unter dem Namen Jctis, Plinius unter dem Namen Viverra. Auf den Balearen hatten ſich einmal die Kaninchen ſo vermehrt, daß man den Kaiſer Auguſtus um Hilfe anrief. Er ſendete den Leuten einige Viverras, deren Jagdverdienſte groß waren. Sie wurden in die Gänge der Kaninchen gelaſſen und trieben die verderblichen Nager heraus in das Netz ihrer Feinde. Strabo erzählt die Sache noch umſtändlicher: Spanien hat faſt keine ſchädlichen Thiere mit Ausnahme der Kaninchen, welche Wurzeln, Kräuter und Samen freſſen. Dieſe Thiere hatten ſich ſo verbreitet, daß man in Rom um Hilfe bitten mußte. Man erfand verſchiedene Mittel, um ſie zu verjagen. Das Beſte blieb aber, ſie durch afrikaniſche Katzen (unter dieſem Namen verſtehen alle alten Naturforſcher die Marder) welche mit verſchloſſenen Augen in die Höhlen geſteckt wurden, aus ihrem Baue zu vertreiben. — Zu Zeiten der Araber hieß das Frett bereits Furo und wurde, wie Albertus Magnus berichtet, ſchon in Spanien oft zahm gehalten und wie heut zu Tage gebraucht. Das Frett ähnelt dem Jltis in der Geſtalt und Größe ſehr. Es iſt zwar etwas kleiner und ſchwächlicher als dieſer, allein Aehnliches bemerken wir faſt bei allen Thieren, welche nur in abhängigen Verhältniſſen von den Menſchen, alſo in der Gefangenſchaft, leben. Die Leibeslänge be- trägt 1½ Fuß, die des Schwanzes fünf Zoll. Dies ſind genau die Verhältniſſe des Jltis, und auch im Bau des Gerippes weicht es nicht weſentlich von Dieſem ab. Gewöhnlich ſieht man das Frett in Europa blos im Kakerlakenzuſtande, d. h. von weißlich- oder ſemmelgelber, unten etwas dunklerer Farbe mit hellrothen Augen. Nur wenige ſind dunkler und dann echt iltisartig gefärbt. Es iſt bekannt, daß der Kakerlakenzuſtand immer ein Zeichen der Entartung iſt, und dieſer Umſtand ſpricht für die oben ausgeſprochene Meinung. Soviel iſt ſicher, daß bis jetzt ſcharfe Unterſchiede zwiſchen Jltis und Frett noch nicht aufgefunden werden konnten und alle Gründe, welche man für den Beweis der Selbſt- ſtändigkeit unſers Frettchens zuſammenſtellte, als nicht ſtichhaltig betrachtet werden müſſen. Als Hauptgrund gilt die größere Zartheit und Froſtigkeit, ſowie die Sanftmuth und leichte Zähmbarkeit des Frettes, gegenüber den uns bekannten Eigenſchaften des Jltis. Allein dieſer Grund iſt meiner Anſicht nach ſowenig beweiſend, wie die übrigen; denn alle Kakerlaken ſind eben ſchwächliche, verzärtelte Geſchöpfe. Einige Naturforſcher nehmen feſt an, daß das Frett ein Afrikaner ſei und ſich von Afrika

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/614>, abgerufen am 17.05.2024.