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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Rüppell, Lichtenstein, Strodtmann über die Hiäne in verschiedenen Ländern.
versichert, immer zwischen den Kälbern hindurchgegangen, haben das Feuer umkreist und die Kinder
unter der Decke der Mütter so leise herausgezogen, daß die unglücklichen Eltern ihren Verlust erst
dann erfuhren, als das Wimmern des von dem Unthiere gepackten Kindes aus einer Ferne zu ihnen
gelangte, wo Rettung nicht mehr möglich war. Shepton, welcher diese Geschichten verbürgt, bekam
ein Paar Kinder zur Heilung, welche von dem Raubthiere fortgeschleppt und fürchterlich zugerichtet,
glücklicher Weise aber ihm dennoch wieder abgejagt worden waren. Das eine der Kinder war ein
zehnjähriger Knabe, das andere ein achtjähriges Mädchen. Schlingen, Gruben und Selbstschüsse
werden nach diesem Bericht nur mit geringem Erfolge angewendet, weil die listigen Hiänen die Fallen
merken und ihnen ausweichen. -- Jch habe Grund, diesen Bericht für übertrieben zu halten.

Die gefleckte Hiäne ist diejenige Art, mit welcher sich die Sage am meisten beschäftigt. Viele
Sudahnesen behaupten, daß die Zauberer blos ihre Gestalt annehmen, um ihre nächtlichen Wande-
rungen zum Verderben aller Gläubigen auszuführen. Die häßliche Gestalt und die schauderhaft
lachende Stimme der gefleckten Hiäne wird die Ursache dieser Meinung gewesen sein. Auch wir müssen
dieser Hiäne den Preis der Häßlichkeit zugestehen. Unter sämmtlichen Raubthieren ist sie unzweifel-
haft die mißgestaltetste, garstigste Erscheinung, und dazu kommen nun noch die geistigen Eigenschaften,
um das Thier gewissermaßen verhaßt zu machen. Sie ist dümmer, böswilliger und roher, als ihre
gestreifte Verwandte, obwohl sie bei ihrer grenzenlosen Feigheit sich vermittelst der Peitsche bald bis
zu einem gewissen Grade zähmen läßt. Wie es scheint, erreicht sie jedoch niemals die Zahmheit der
gestreiften Art, denn die Kunststücke in Thierschaubuden sind eben nicht maßgebend zur Beurtheilung
hierüber, und andere Leute, als solche herumziehende Thierkundige, machen sich schwerlich das Ver-
gnügen, sich mit der gefleckten Hiäne zu beschäftigen. Sie ist allzuhäßlich, zu ungeschlacht und zu
unliebenswürdig im Käfig! Stundenlang liegt sie auf ein und derselben Stelle, wie ein Klotz; dann
springt sie empor, schaut unglaublich dumm in die Welt hinaus, reibt sich an den Stäben ihres Käfigs
und stößt von Zeit zu Zeit ihr abscheuliches Gelächter aus, welches, wie man zu sagen pflegt, durch
Mark und Bein dringt. Mir hat es immer scheinen wollen, als wenn dieses eigenthümliche und im
höchsten Grade widerwärtige Geschrei eine gewisse Wollust des Thieres ausdrücken sollte; wenigstens
benahm sich die lachende Hiäne dann auch in anderer Weise so, daß man Dies annehmen konnte.

Der Strandwolf zeichnet sich namentlich durch seine lange, rauhe, breit zu beiden Seiten
herabhängende Rückenmähne vor seinen übrigen Verwandten aus. Die Färbung seiner überhaupt
langen Behaarung ist einförmig dunkelbraun bis auf wenige braun und weiß gewässerte Punkte an den
Beinen. Die Haare der Rückenmähne sind im Grunde weißlichgrau, übrigens schwärzlichbraun gefärbt.
Der Kopf ist dunkelbraun und grau, die Stirn schwarz mit weißer und röthlichbrauner Sprenkelung.
Er ist bedeutend kleiner, als die gefleckte Hiäne, und wird höchstens so groß, wie die gestreifte Art.

Das Thier bewohnt den Süden von Afrika und zwar gewöhnlich die Nähe des Meeres. Es ist
überall weit weniger häufig, als die gefleckte Hiäne, lebt so ziemlich wie diese, jedoch hauptsächlich von
Aas, zumal von solchem, welches vom Meere an den Strand geworfen wird. Wenn den Strandwolf
der Hunger quält, fällt er auch die Herden an und wird deshalb ebenso gefürchtet, als die anderen
Arten. Man glaubt, daß er weit listiger sei, als alle übrigen Hiänen, und versichert, daß er sich nach
jedem Raube weit entferne, um seinen Aufenthalt nicht zu verrathen.

Die gestreifte Hiäne endlich ist das uns wohlbekannte Mitglied der Thierschaubuden. Sie
kommt, weil sie uns am nächsten wohnt und überall gemein ist, auch am häufigsten zu uns und wird
gewöhnlich zu den beliebten Kunststücken abgerichtet, welche man in Thierbuden zu sehen bekommt
und welche, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, weit gefährlicher aussehen, als sie sind. Das
Thier ist so bekannt, daß eine Beschreibung desselben kaum nöthig ist oder sich mindestens auf wenige
Worte beschränken läßt. Der Pelz ist rauh, straff und ziemlich langhaarig, seine Färbung ein gelb-
liches Weißgrau, auf welchem sich schwarze Querstreifen finden. Die Mähnenhaare haben ebenfalls

Rüppell, Lichtenſtein, Strodtmann über die Hiäne in verſchiedenen Ländern.
verſichert, immer zwiſchen den Kälbern hindurchgegangen, haben das Feuer umkreiſt und die Kinder
unter der Decke der Mütter ſo leiſe herausgezogen, daß die unglücklichen Eltern ihren Verluſt erſt
dann erfuhren, als das Wimmern des von dem Unthiere gepackten Kindes aus einer Ferne zu ihnen
gelangte, wo Rettung nicht mehr möglich war. Shepton, welcher dieſe Geſchichten verbürgt, bekam
ein Paar Kinder zur Heilung, welche von dem Raubthiere fortgeſchleppt und fürchterlich zugerichtet,
glücklicher Weiſe aber ihm dennoch wieder abgejagt worden waren. Das eine der Kinder war ein
zehnjähriger Knabe, das andere ein achtjähriges Mädchen. Schlingen, Gruben und Selbſtſchüſſe
werden nach dieſem Bericht nur mit geringem Erfolge angewendet, weil die liſtigen Hiänen die Fallen
merken und ihnen ausweichen. — Jch habe Grund, dieſen Bericht für übertrieben zu halten.

Die gefleckte Hiäne iſt diejenige Art, mit welcher ſich die Sage am meiſten beſchäftigt. Viele
Sudahneſen behaupten, daß die Zauberer blos ihre Geſtalt annehmen, um ihre nächtlichen Wande-
rungen zum Verderben aller Gläubigen auszuführen. Die häßliche Geſtalt und die ſchauderhaft
lachende Stimme der gefleckten Hiäne wird die Urſache dieſer Meinung geweſen ſein. Auch wir müſſen
dieſer Hiäne den Preis der Häßlichkeit zugeſtehen. Unter ſämmtlichen Raubthieren iſt ſie unzweifel-
haft die mißgeſtaltetſte, garſtigſte Erſcheinung, und dazu kommen nun noch die geiſtigen Eigenſchaften,
um das Thier gewiſſermaßen verhaßt zu machen. Sie iſt dümmer, böswilliger und roher, als ihre
geſtreifte Verwandte, obwohl ſie bei ihrer grenzenloſen Feigheit ſich vermittelſt der Peitſche bald bis
zu einem gewiſſen Grade zähmen läßt. Wie es ſcheint, erreicht ſie jedoch niemals die Zahmheit der
geſtreiften Art, denn die Kunſtſtücke in Thierſchaubuden ſind eben nicht maßgebend zur Beurtheilung
hierüber, und andere Leute, als ſolche herumziehende Thierkundige, machen ſich ſchwerlich das Ver-
gnügen, ſich mit der gefleckten Hiäne zu beſchäftigen. Sie iſt allzuhäßlich, zu ungeſchlacht und zu
unliebenswürdig im Käfig! Stundenlang liegt ſie auf ein und derſelben Stelle, wie ein Klotz; dann
ſpringt ſie empor, ſchaut unglaublich dumm in die Welt hinaus, reibt ſich an den Stäben ihres Käfigs
und ſtößt von Zeit zu Zeit ihr abſcheuliches Gelächter aus, welches, wie man zu ſagen pflegt, durch
Mark und Bein dringt. Mir hat es immer ſcheinen wollen, als wenn dieſes eigenthümliche und im
höchſten Grade widerwärtige Geſchrei eine gewiſſe Wolluſt des Thieres ausdrücken ſollte; wenigſtens
benahm ſich die lachende Hiäne dann auch in anderer Weiſe ſo, daß man Dies annehmen konnte.

Der Strandwolf zeichnet ſich namentlich durch ſeine lange, rauhe, breit zu beiden Seiten
herabhängende Rückenmähne vor ſeinen übrigen Verwandten aus. Die Färbung ſeiner überhaupt
langen Behaarung iſt einförmig dunkelbraun bis auf wenige braun und weiß gewäſſerte Punkte an den
Beinen. Die Haare der Rückenmähne ſind im Grunde weißlichgrau, übrigens ſchwärzlichbraun gefärbt.
Der Kopf iſt dunkelbraun und grau, die Stirn ſchwarz mit weißer und röthlichbrauner Sprenkelung.
Er iſt bedeutend kleiner, als die gefleckte Hiäne, und wird höchſtens ſo groß, wie die geſtreifte Art.

Das Thier bewohnt den Süden von Afrika und zwar gewöhnlich die Nähe des Meeres. Es iſt
überall weit weniger häufig, als die gefleckte Hiäne, lebt ſo ziemlich wie dieſe, jedoch hauptſächlich von
Aas, zumal von ſolchem, welches vom Meere an den Strand geworfen wird. Wenn den Strandwolf
der Hunger quält, fällt er auch die Herden an und wird deshalb ebenſo gefürchtet, als die anderen
Arten. Man glaubt, daß er weit liſtiger ſei, als alle übrigen Hiänen, und verſichert, daß er ſich nach
jedem Raube weit entferne, um ſeinen Aufenthalt nicht zu verrathen.

Die geſtreifte Hiäne endlich iſt das uns wohlbekannte Mitglied der Thierſchaubuden. Sie
kommt, weil ſie uns am nächſten wohnt und überall gemein iſt, auch am häufigſten zu uns und wird
gewöhnlich zu den beliebten Kunſtſtücken abgerichtet, welche man in Thierbuden zu ſehen bekommt
und welche, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, weit gefährlicher ausſehen, als ſie ſind. Das
Thier iſt ſo bekannt, daß eine Beſchreibung deſſelben kaum nöthig iſt oder ſich mindeſtens auf wenige
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[457/0527] Rüppell, Lichtenſtein, Strodtmann über die Hiäne in verſchiedenen Ländern. verſichert, immer zwiſchen den Kälbern hindurchgegangen, haben das Feuer umkreiſt und die Kinder unter der Decke der Mütter ſo leiſe herausgezogen, daß die unglücklichen Eltern ihren Verluſt erſt dann erfuhren, als das Wimmern des von dem Unthiere gepackten Kindes aus einer Ferne zu ihnen gelangte, wo Rettung nicht mehr möglich war. Shepton, welcher dieſe Geſchichten verbürgt, bekam ein Paar Kinder zur Heilung, welche von dem Raubthiere fortgeſchleppt und fürchterlich zugerichtet, glücklicher Weiſe aber ihm dennoch wieder abgejagt worden waren. Das eine der Kinder war ein zehnjähriger Knabe, das andere ein achtjähriges Mädchen. Schlingen, Gruben und Selbſtſchüſſe werden nach dieſem Bericht nur mit geringem Erfolge angewendet, weil die liſtigen Hiänen die Fallen merken und ihnen ausweichen. — Jch habe Grund, dieſen Bericht für übertrieben zu halten. Die gefleckte Hiäne iſt diejenige Art, mit welcher ſich die Sage am meiſten beſchäftigt. Viele Sudahneſen behaupten, daß die Zauberer blos ihre Geſtalt annehmen, um ihre nächtlichen Wande- rungen zum Verderben aller Gläubigen auszuführen. Die häßliche Geſtalt und die ſchauderhaft lachende Stimme der gefleckten Hiäne wird die Urſache dieſer Meinung geweſen ſein. Auch wir müſſen dieſer Hiäne den Preis der Häßlichkeit zugeſtehen. Unter ſämmtlichen Raubthieren iſt ſie unzweifel- haft die mißgeſtaltetſte, garſtigſte Erſcheinung, und dazu kommen nun noch die geiſtigen Eigenſchaften, um das Thier gewiſſermaßen verhaßt zu machen. Sie iſt dümmer, böswilliger und roher, als ihre geſtreifte Verwandte, obwohl ſie bei ihrer grenzenloſen Feigheit ſich vermittelſt der Peitſche bald bis zu einem gewiſſen Grade zähmen läßt. Wie es ſcheint, erreicht ſie jedoch niemals die Zahmheit der geſtreiften Art, denn die Kunſtſtücke in Thierſchaubuden ſind eben nicht maßgebend zur Beurtheilung hierüber, und andere Leute, als ſolche herumziehende Thierkundige, machen ſich ſchwerlich das Ver- gnügen, ſich mit der gefleckten Hiäne zu beſchäftigen. Sie iſt allzuhäßlich, zu ungeſchlacht und zu unliebenswürdig im Käfig! Stundenlang liegt ſie auf ein und derſelben Stelle, wie ein Klotz; dann ſpringt ſie empor, ſchaut unglaublich dumm in die Welt hinaus, reibt ſich an den Stäben ihres Käfigs und ſtößt von Zeit zu Zeit ihr abſcheuliches Gelächter aus, welches, wie man zu ſagen pflegt, durch Mark und Bein dringt. Mir hat es immer ſcheinen wollen, als wenn dieſes eigenthümliche und im höchſten Grade widerwärtige Geſchrei eine gewiſſe Wolluſt des Thieres ausdrücken ſollte; wenigſtens benahm ſich die lachende Hiäne dann auch in anderer Weiſe ſo, daß man Dies annehmen konnte. Der Strandwolf zeichnet ſich namentlich durch ſeine lange, rauhe, breit zu beiden Seiten herabhängende Rückenmähne vor ſeinen übrigen Verwandten aus. Die Färbung ſeiner überhaupt langen Behaarung iſt einförmig dunkelbraun bis auf wenige braun und weiß gewäſſerte Punkte an den Beinen. Die Haare der Rückenmähne ſind im Grunde weißlichgrau, übrigens ſchwärzlichbraun gefärbt. Der Kopf iſt dunkelbraun und grau, die Stirn ſchwarz mit weißer und röthlichbrauner Sprenkelung. Er iſt bedeutend kleiner, als die gefleckte Hiäne, und wird höchſtens ſo groß, wie die geſtreifte Art. Das Thier bewohnt den Süden von Afrika und zwar gewöhnlich die Nähe des Meeres. Es iſt überall weit weniger häufig, als die gefleckte Hiäne, lebt ſo ziemlich wie dieſe, jedoch hauptſächlich von Aas, zumal von ſolchem, welches vom Meere an den Strand geworfen wird. Wenn den Strandwolf der Hunger quält, fällt er auch die Herden an und wird deshalb ebenſo gefürchtet, als die anderen Arten. Man glaubt, daß er weit liſtiger ſei, als alle übrigen Hiänen, und verſichert, daß er ſich nach jedem Raube weit entferne, um ſeinen Aufenthalt nicht zu verrathen. Die geſtreifte Hiäne endlich iſt das uns wohlbekannte Mitglied der Thierſchaubuden. Sie kommt, weil ſie uns am nächſten wohnt und überall gemein iſt, auch am häufigſten zu uns und wird gewöhnlich zu den beliebten Kunſtſtücken abgerichtet, welche man in Thierbuden zu ſehen bekommt und welche, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, weit gefährlicher ausſehen, als ſie ſind. Das Thier iſt ſo bekannt, daß eine Beſchreibung deſſelben kaum nöthig iſt oder ſich mindeſtens auf wenige Worte beſchränken läßt. Der Pelz iſt rauh, ſtraff und ziemlich langhaarig, ſeine Färbung ein gelb- liches Weißgrau, auf welchem ſich ſchwarze Querſtreifen finden. Die Mähnenhaare haben ebenfalls

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/527>, abgerufen am 25.11.2024.