Die Raubthiere. Hunde. -- Gefleckte Hiäne. Strandwolf. Gestreifte Hiäne.
sie jedoch nie einen erwachsenen Menschen angreifen. Oft wissen sie, wenn abends die Herde heim- kehrt, eins der letzten Schafe derselben durch einen Sprung zu erhaschen, und meist gelingt es ihnen, trotz der Verfolgung der Hirten, ihre Beute fortzuschleppen. Hunde werden hier nicht gehalten. Die Einwohner fingen für uns mehrere große Hiänen lebendig in Gruben, die in einem von Dorn- büschen umgebenen Gange angebracht werden, an dessen Ende eine nach ihrer Mutter blökende Ziege angebunden wird. Man muß sie möglichst bald tödten, weil sie sich sonst einen Ausweg aus dem Gefängnisse wühlen." -- Jch habe sie überall nur als feiges, dem Menschen scheu aus dem Wege gehendes Thier kennen gelernt.
Am Kap ist diese Art unter dem Namen Tigerwolf bekannt. "Sie ist dort," sagt Lichtenstein, "bei weitem das häufigste unter allen Raubthieren und findet sich selbst noch in den Schluchten des Tafelberges, so daß die Pächtereien ganz in der Nähe der Kapstadt nicht selten von ihr beunruhigt werden. Sie hält sich im Winter auf den Berghöhen, im Sommer aber in den ausgetrockneten Stellen großer Ebenen auf, wo sie in dem hohen Schilf den Hafen, Schleichkatzen und Spring- mäusen auflauert, die an solchen Stellen Wasser, Kühlung oder Nahrung suchen. Die Güterbesitzer in der Nähe der Kapstadt stellen fast jährlich Wolfsjagden an. Es giebt dort mehrere solcher mit Schilfrohr bewachsener Niederungen; eine jede derselben wird umzingelt und an mehreren Stellen unter dem Winde in Brand gesteckt. Sobald die Hitze das Thier zwingt, seinen Hinterhalt zu ver- lassen, fallen es die ringsum aufgestellten Hunde an, und der Anblick dieses Kampfes ist der Haupt- zweck der ganzen Unternehmung. Jnzwischen bringen die Hiänen in der Nähe der Stadt weniger Schaden, als Nutzen; sie verzehren manches Aas und vermindern die Zahl der diebischen Paviane und der listigen Ginsterkatzen. Man hört es sehr selten, daß die Hiäne in diesen dichter bewohnten Gegenden ein Schaf gestohlen, denn sie ist scheu von Natur und flieht vor dem Menschen, und man weiß kein Beispiel, daß sie Jemanden angefallen. Den Kopf trägt sie niedrig mit gebogenem Nacken, der Blick ist boshaft und scheu. Fast auf jeder Pächterei findet man in einiger Entfernung von dem Wohnhause eine Hiänenfalle, ein von Stein roh aufgeführtes Gebäude von sechs bis acht Fuß im Geviert mit einer schweren Fallthür versehen, die von innen ganz nach Art einer Mausefalle mit der Lockspeise in Verbindung steht und zuschlägt, sobald das Raubthier das hingelegte Aas von der Stelle bewegt. Aehnliche Fallen werden auch den Pardern gestellt, doch unterscheiden sich diese dann dadurch, daß sie von oben durch aufgelegtes Gebälk geschlossen sind, dahingegen die Wolfsfallen oben offen sind, weil dies Thier weder springt, noch klettert. Jn manchen Gegenden stellt man den Raubthieren auch wohl Selbstschüsse, die besonders geschickt angelegt sind. Man gräbt nämlich eine tiefe Rinne, in welcher das Gewehr liegt und der Strick bis zu der Lockspeise fortläuft. Diese selbst liegt am Ende der Rinne, da wo sie in einen breiten Graben ausläuft, so daß das Thier nicht anders dazu gelangen kann, als gerade an der Stelle, wohin die Kugel treffen muß. Nur dem listigen und gewandten Schakal gelingt es zuweilen, das Fleisch von der Seite herauszuholen und dem Schusse auszuweichen. Jn der Gegend von Olifantsrevier pflegt man die Hiänen mit vergiftetem Fleische zu tödten."
Noch zu Sparrmans Zeiten (1780) kamen sie, wie gegenwärtig im Sudahn, in das Jnnere der Städte und verzehrten hier alle thierischen Abfälle, welche auf den Straßen lagen. Wahrhaft schrecklich sind die Erzählungen, welche Strodtman in seinen südafrikanischen Wanderungen giebt. Er erfuhr, daß die nächtlichen Angriffe dieser Thiere vielen Kindern und Halberwachsenen das Leben kosteten, und seine Berichterstatter hörten in wenigen Monaten von vierzig solchen verderblichen Ueberfällen erzählen. Die Mambukis, ein Kafferstamm, behaupten, daß die Hiäne Menschenfleisch jeder andern Nahrung vorziehe. Jhre Häuser haben die Gestalt eines Bienenkorbes von achtzehn bis zwanzig Fuß im Durchmesser. Der Eingang ist ein enges Loch und führt zunächst in eine rinnen- förmige Abtheilung, welche des Nachts zur Bewahrung der Kälber dient, und erst innerhalb dieser Abtheilung befindet sich ein erhöhter Raum, auf welchem die Familie zu ruhen pflegt. Hier schlafen die Mambukis, im Kreise um ein Feuer herumgelagert. Die eingedrungenen Hiänen sind nun, wie man
Die Raubthiere. Hunde. — Gefleckte Hiäne. Strandwolf. Geſtreifte Hiäne.
ſie jedoch nie einen erwachſenen Menſchen angreifen. Oft wiſſen ſie, wenn abends die Herde heim- kehrt, eins der letzten Schafe derſelben durch einen Sprung zu erhaſchen, und meiſt gelingt es ihnen, trotz der Verfolgung der Hirten, ihre Beute fortzuſchleppen. Hunde werden hier nicht gehalten. Die Einwohner fingen für uns mehrere große Hiänen lebendig in Gruben, die in einem von Dorn- büſchen umgebenen Gange angebracht werden, an deſſen Ende eine nach ihrer Mutter blökende Ziege angebunden wird. Man muß ſie möglichſt bald tödten, weil ſie ſich ſonſt einen Ausweg aus dem Gefängniſſe wühlen.‟ — Jch habe ſie überall nur als feiges, dem Menſchen ſcheu aus dem Wege gehendes Thier kennen gelernt.
Am Kap iſt dieſe Art unter dem Namen Tigerwolf bekannt. „Sie iſt dort,‟ ſagt Lichtenſtein, „bei weitem das häufigſte unter allen Raubthieren und findet ſich ſelbſt noch in den Schluchten des Tafelberges, ſo daß die Pächtereien ganz in der Nähe der Kapſtadt nicht ſelten von ihr beunruhigt werden. Sie hält ſich im Winter auf den Berghöhen, im Sommer aber in den ausgetrockneten Stellen großer Ebenen auf, wo ſie in dem hohen Schilf den Hafen, Schleichkatzen und Spring- mäuſen auflauert, die an ſolchen Stellen Waſſer, Kühlung oder Nahrung ſuchen. Die Güterbeſitzer in der Nähe der Kapſtadt ſtellen faſt jährlich Wolfsjagden an. Es giebt dort mehrere ſolcher mit Schilfrohr bewachſener Niederungen; eine jede derſelben wird umzingelt und an mehreren Stellen unter dem Winde in Brand geſteckt. Sobald die Hitze das Thier zwingt, ſeinen Hinterhalt zu ver- laſſen, fallen es die ringsum aufgeſtellten Hunde an, und der Anblick dieſes Kampfes iſt der Haupt- zweck der ganzen Unternehmung. Jnzwiſchen bringen die Hiänen in der Nähe der Stadt weniger Schaden, als Nutzen; ſie verzehren manches Aas und vermindern die Zahl der diebiſchen Paviane und der liſtigen Ginſterkatzen. Man hört es ſehr ſelten, daß die Hiäne in dieſen dichter bewohnten Gegenden ein Schaf geſtohlen, denn ſie iſt ſcheu von Natur und flieht vor dem Menſchen, und man weiß kein Beiſpiel, daß ſie Jemanden angefallen. Den Kopf trägt ſie niedrig mit gebogenem Nacken, der Blick iſt boshaft und ſcheu. Faſt auf jeder Pächterei findet man in einiger Entfernung von dem Wohnhauſe eine Hiänenfalle, ein von Stein roh aufgeführtes Gebäude von ſechs bis acht Fuß im Geviert mit einer ſchweren Fallthür verſehen, die von innen ganz nach Art einer Mauſefalle mit der Lockſpeiſe in Verbindung ſteht und zuſchlägt, ſobald das Raubthier das hingelegte Aas von der Stelle bewegt. Aehnliche Fallen werden auch den Pardern geſtellt, doch unterſcheiden ſich dieſe dann dadurch, daß ſie von oben durch aufgelegtes Gebälk geſchloſſen ſind, dahingegen die Wolfsfallen oben offen ſind, weil dies Thier weder ſpringt, noch klettert. Jn manchen Gegenden ſtellt man den Raubthieren auch wohl Selbſtſchüſſe, die beſonders geſchickt angelegt ſind. Man gräbt nämlich eine tiefe Rinne, in welcher das Gewehr liegt und der Strick bis zu der Lockſpeiſe fortläuft. Dieſe ſelbſt liegt am Ende der Rinne, da wo ſie in einen breiten Graben ausläuft, ſo daß das Thier nicht anders dazu gelangen kann, als gerade an der Stelle, wohin die Kugel treffen muß. Nur dem liſtigen und gewandten Schakal gelingt es zuweilen, das Fleiſch von der Seite herauszuholen und dem Schuſſe auszuweichen. Jn der Gegend von Olifantsrevier pflegt man die Hiänen mit vergiftetem Fleiſche zu tödten.‟
Noch zu Sparrmans Zeiten (1780) kamen ſie, wie gegenwärtig im Sudahn, in das Jnnere der Städte und verzehrten hier alle thieriſchen Abfälle, welche auf den Straßen lagen. Wahrhaft ſchrecklich ſind die Erzählungen, welche Strodtman in ſeinen ſüdafrikaniſchen Wanderungen giebt. Er erfuhr, daß die nächtlichen Angriffe dieſer Thiere vielen Kindern und Halberwachſenen das Leben koſteten, und ſeine Berichterſtatter hörten in wenigen Monaten von vierzig ſolchen verderblichen Ueberfällen erzählen. Die Mambukis, ein Kafferſtamm, behaupten, daß die Hiäne Menſchenfleiſch jeder andern Nahrung vorziehe. Jhre Häuſer haben die Geſtalt eines Bienenkorbes von achtzehn bis zwanzig Fuß im Durchmeſſer. Der Eingang iſt ein enges Loch und führt zunächſt in eine rinnen- förmige Abtheilung, welche des Nachts zur Bewahrung der Kälber dient, und erſt innerhalb dieſer Abtheilung befindet ſich ein erhöhter Raum, auf welchem die Familie zu ruhen pflegt. Hier ſchlafen die Mambukis, im Kreiſe um ein Feuer herumgelagert. Die eingedrungenen Hiänen ſind nun, wie man
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Die Raubthiere. Hunde. — Gefleckte Hiäne. Strandwolf. Geſtreifte Hiäne.
ſie jedoch nie einen erwachſenen Menſchen angreifen. Oft wiſſen ſie, wenn abends die Herde heim-
kehrt, eins der letzten Schafe derſelben durch einen Sprung zu erhaſchen, und meiſt gelingt es ihnen,
trotz der Verfolgung der Hirten, ihre Beute fortzuſchleppen. Hunde werden hier nicht gehalten. Die
Einwohner fingen für uns mehrere große Hiänen lebendig in Gruben, die in einem von Dorn-
büſchen umgebenen Gange angebracht werden, an deſſen Ende eine nach ihrer Mutter blökende Ziege
angebunden wird. Man muß ſie möglichſt bald tödten, weil ſie ſich ſonſt einen Ausweg aus dem
Gefängniſſe wühlen.‟ — Jch habe ſie überall nur als feiges, dem Menſchen ſcheu aus dem Wege
gehendes Thier kennen gelernt.
Am Kap iſt dieſe Art unter dem Namen Tigerwolf bekannt. „Sie iſt dort,‟ ſagt Lichtenſtein,
„bei weitem das häufigſte unter allen Raubthieren und findet ſich ſelbſt noch in den Schluchten des
Tafelberges, ſo daß die Pächtereien ganz in der Nähe der Kapſtadt nicht ſelten von ihr beunruhigt
werden. Sie hält ſich im Winter auf den Berghöhen, im Sommer aber in den ausgetrockneten
Stellen großer Ebenen auf, wo ſie in dem hohen Schilf den Hafen, Schleichkatzen und Spring-
mäuſen auflauert, die an ſolchen Stellen Waſſer, Kühlung oder Nahrung ſuchen. Die Güterbeſitzer
in der Nähe der Kapſtadt ſtellen faſt jährlich Wolfsjagden an. Es giebt dort mehrere ſolcher mit
Schilfrohr bewachſener Niederungen; eine jede derſelben wird umzingelt und an mehreren Stellen
unter dem Winde in Brand geſteckt. Sobald die Hitze das Thier zwingt, ſeinen Hinterhalt zu ver-
laſſen, fallen es die ringsum aufgeſtellten Hunde an, und der Anblick dieſes Kampfes iſt der Haupt-
zweck der ganzen Unternehmung. Jnzwiſchen bringen die Hiänen in der Nähe der Stadt weniger
Schaden, als Nutzen; ſie verzehren manches Aas und vermindern die Zahl der diebiſchen Paviane
und der liſtigen Ginſterkatzen. Man hört es ſehr ſelten, daß die Hiäne in dieſen dichter bewohnten
Gegenden ein Schaf geſtohlen, denn ſie iſt ſcheu von Natur und flieht vor dem Menſchen, und man
weiß kein Beiſpiel, daß ſie Jemanden angefallen. Den Kopf trägt ſie niedrig mit gebogenem
Nacken, der Blick iſt boshaft und ſcheu. Faſt auf jeder Pächterei findet man in einiger Entfernung
von dem Wohnhauſe eine Hiänenfalle, ein von Stein roh aufgeführtes Gebäude von ſechs bis acht
Fuß im Geviert mit einer ſchweren Fallthür verſehen, die von innen ganz nach Art einer Mauſefalle
mit der Lockſpeiſe in Verbindung ſteht und zuſchlägt, ſobald das Raubthier das hingelegte Aas von
der Stelle bewegt. Aehnliche Fallen werden auch den Pardern geſtellt, doch unterſcheiden ſich dieſe
dann dadurch, daß ſie von oben durch aufgelegtes Gebälk geſchloſſen ſind, dahingegen die Wolfsfallen
oben offen ſind, weil dies Thier weder ſpringt, noch klettert. Jn manchen Gegenden ſtellt man den
Raubthieren auch wohl Selbſtſchüſſe, die beſonders geſchickt angelegt ſind. Man gräbt nämlich eine
tiefe Rinne, in welcher das Gewehr liegt und der Strick bis zu der Lockſpeiſe fortläuft. Dieſe ſelbſt
liegt am Ende der Rinne, da wo ſie in einen breiten Graben ausläuft, ſo daß das Thier nicht anders
dazu gelangen kann, als gerade an der Stelle, wohin die Kugel treffen muß. Nur dem liſtigen und
gewandten Schakal gelingt es zuweilen, das Fleiſch von der Seite herauszuholen und dem Schuſſe
auszuweichen. Jn der Gegend von Olifantsrevier pflegt man die Hiänen mit vergiftetem Fleiſche
zu tödten.‟
Noch zu Sparrmans Zeiten (1780) kamen ſie, wie gegenwärtig im Sudahn, in das Jnnere der
Städte und verzehrten hier alle thieriſchen Abfälle, welche auf den Straßen lagen. Wahrhaft
ſchrecklich ſind die Erzählungen, welche Strodtman in ſeinen ſüdafrikaniſchen Wanderungen giebt.
Er erfuhr, daß die nächtlichen Angriffe dieſer Thiere vielen Kindern und Halberwachſenen das Leben
koſteten, und ſeine Berichterſtatter hörten in wenigen Monaten von vierzig ſolchen verderblichen
Ueberfällen erzählen. Die Mambukis, ein Kafferſtamm, behaupten, daß die Hiäne Menſchenfleiſch
jeder andern Nahrung vorziehe. Jhre Häuſer haben die Geſtalt eines Bienenkorbes von achtzehn bis
zwanzig Fuß im Durchmeſſer. Der Eingang iſt ein enges Loch und führt zunächſt in eine rinnen-
förmige Abtheilung, welche des Nachts zur Bewahrung der Kälber dient, und erſt innerhalb dieſer
Abtheilung befindet ſich ein erhöhter Raum, auf welchem die Familie zu ruhen pflegt. Hier ſchlafen die
Mambukis, im Kreiſe um ein Feuer herumgelagert. Die eingedrungenen Hiänen ſind nun, wie man
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/526>, abgerufen am 25.11.2024.
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