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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Haushund.
anderen Hunden. Als sie größer wurden, zeigten sie nicht die geringste Anhänglichkeit an den
Menschen.

Ueber das geistige Wesen der Hunde lassen sich Bücher schreiben; es dürfte also schwer sein,
dasselbe mit kurzen Worten zu schildern. Die beste Beschreibung der Hundeseele hat Scheitlin
gegeben, und ich will deshalb aus dieser Bruchstücke hier folgen lassen;

"So groß die leibliche Verschiedenheit der Hunde ist, die geistige ist noch viel größer; denn die
einen Hundearten sind völlig ungelehrig, die anderen lernen alles Mögliche augenblicklich. Die einen
kann man nicht, die anderen schnell ganz zähmen, und was die einen hassen, das lieben andere. Der
Pudel geht von selbst ins Wasser, der Spitz will immer zu Hause bleiben. Die Dogge läßt sich
auf den Mann, der Pudel nicht hierzu abrichten. Nur der Jagdhund hat eine solche feine Spür-
nase; nur der Bärenhund beißt den Bären zwischen die Hinterbeine; nur der lange Dachshund,
dem in der Mitte ein paar Beine zu mangeln scheinen, ist so niedrig gebaut und so krummbeinig,
um in Dachslöcher hineinkriechen zu können, und thut Dies mit derselben Wollust, mit welcher der
Fleischerhund in Bogen läuft und hinter den Kälbern und Rindern herhetzt."

"Der Hund von Neufundland ist es, der den Wolf nicht fürchtet, daher vortrefflich zur
Herdenbewachung dient und meisterhaft gräbt, schwimmt, taucht und Menschen herausholt. Auch der
Fleischerhund mißt sich mit dem Wolfe, ist ein guter Herdenwächter, jagd auf wilde Schweine und
jedes andere große Thier, ist verständig und dem Herrn treu zugethan, geht aber nicht ins Wasser,
wenn er nicht muß. Man benutzt und mißbraucht ihn zur Hetze, wodurch er ganz nach psychologischer
Ordnung immer schärfer und besonders gegen Kälber, die, weil sie nicht ausschlagen, von ihm nicht
gefürchtet werden, eine wahre Bestie wird. Sein Blutdurst ist äußerst widrig, und seine Wuth, zu beißen,
Blut zu trinken, Thierüberreste herumzuzerren und zu fressen, gehört zu seinen schlechtesten Eigen-
schaften. Dem Windhunde wird beinahe aller Verstand, Erziehungsfähigkeit und Treue an seinem
Herrn ab-, dafür kindische Neigung, von Unbekannten sich schmeicheln zu lassen, zugesprochen; doch
kann man ihn zur Jagd auf Hasen etc. abrichten. Die Wachtelhunde deuten mit ihrem Namen
auf Das, wozu sie von Natur taugen. Denn der Hund und jedes andere Thier muß durch irgend
Etwas von sich aus kundthun, wozu es Lust hat, ehe man es abrichten will. Zum blosen Vergnügen,
sich im Arme sanft tragen zu lassen, mit der Dame auf dem Sopha zu schlafen, am warmen Busen
zu liegen, Ungünstlinge anzuknurren, in der Stube zu bleiben, mit der Dame aus einem Glase zu
trinken, von einem Teller zu speisen und sich küssen zu lassen, dazu wird das Volognefer- und
Löwenhündchen gehalten. Am Jagdhunde wird ein scharfer Geruch und viel Verstand und die
größte Gelehrigkeit nebst treuer Anhänglichkeit an seinen Herrn gelobt. Ebenso verständig und ein
guter Wächter ist der Haus- oder der Hirtenhund. Der Spitz oder Pommer soll kluger, ge-
lehriger, lebhafter und geschickter Art sein und gern beißen, als Haushund wachsam und in einzelnen
Abarten tückisch und falsch sein. Dem Menschen ergeben, aber ohne seinen Herrn zu kennen, Schläge
nicht fürchtend, unersättlich und doch mit Geschicklichkeit lange zu hungern fähig, gehört zur Kenn-
zeichnung des Nordhundes. Der Doggen Art ist Treue bei wenig Verstand: sie sind gute Wächter,
wilde, muthige Gegner auf wilde Schweine, Löwen, Tiger und Panther; sie achten auch ihr
eigenes Leben fast für Nichts, merken auf jeden Wink des Auges und der Hand, wie vielmehr auf
das Wort ihres Herrn, lassen sich auf den Mann abrichten, nehmen es mit drei, vier Mann auf,
berücksichtigen Schüsse, Stiche und zerrissene Glieder nicht und balgen sich mit ihres Gleichen greulich
herum. Sie sind sehr stark, reißen den stärksten Menschen zu Boden, erdrosseln ihn, bannen ihn, auf
ihm herumspringend, auf eine Stelle, bis er erlöst wird, und halten rasende Wildschweine am Ohr
unbeweglich fest. Leitsam sind sie im höchsten Grade. Sie haben ein wenig mehr Verstand, als man
meint. Am tiefsten unter den Hunden steht unleugbar der Mops. Er ist eigentlich dumm; er ist
durch geistige Versinkung entstanden und kann sich begreiflich durch sich selbst nicht heben. Er erfaßt
den Menschen nicht und der Mensch ihn nicht."

Die Raubthiere. Hunde. — Haushund.
anderen Hunden. Als ſie größer wurden, zeigten ſie nicht die geringſte Anhänglichkeit an den
Menſchen.

Ueber das geiſtige Weſen der Hunde laſſen ſich Bücher ſchreiben; es dürfte alſo ſchwer ſein,
daſſelbe mit kurzen Worten zu ſchildern. Die beſte Beſchreibung der Hundeſeele hat Scheitlin
gegeben, und ich will deshalb aus dieſer Bruchſtücke hier folgen laſſen;

„So groß die leibliche Verſchiedenheit der Hunde iſt, die geiſtige iſt noch viel größer; denn die
einen Hundearten ſind völlig ungelehrig, die anderen lernen alles Mögliche augenblicklich. Die einen
kann man nicht, die anderen ſchnell ganz zähmen, und was die einen haſſen, das lieben andere. Der
Pudel geht von ſelbſt ins Waſſer, der Spitz will immer zu Hauſe bleiben. Die Dogge läßt ſich
auf den Mann, der Pudel nicht hierzu abrichten. Nur der Jagdhund hat eine ſolche feine Spür-
naſe; nur der Bärenhund beißt den Bären zwiſchen die Hinterbeine; nur der lange Dachshund,
dem in der Mitte ein paar Beine zu mangeln ſcheinen, iſt ſo niedrig gebaut und ſo krummbeinig,
um in Dachslöcher hineinkriechen zu können, und thut Dies mit derſelben Wolluſt, mit welcher der
Fleiſcherhund in Bogen läuft und hinter den Kälbern und Rindern herhetzt.‟

„Der Hund von Neufundland iſt es, der den Wolf nicht fürchtet, daher vortrefflich zur
Herdenbewachung dient und meiſterhaft gräbt, ſchwimmt, taucht und Menſchen herausholt. Auch der
Fleiſcherhund mißt ſich mit dem Wolfe, iſt ein guter Herdenwächter, jagd auf wilde Schweine und
jedes andere große Thier, iſt verſtändig und dem Herrn treu zugethan, geht aber nicht ins Waſſer,
wenn er nicht muß. Man benutzt und mißbraucht ihn zur Hetze, wodurch er ganz nach pſychologiſcher
Ordnung immer ſchärfer und beſonders gegen Kälber, die, weil ſie nicht ausſchlagen, von ihm nicht
gefürchtet werden, eine wahre Beſtie wird. Sein Blutdurſt iſt äußerſt widrig, und ſeine Wuth, zu beißen,
Blut zu trinken, Thierüberreſte herumzuzerren und zu freſſen, gehört zu ſeinen ſchlechteſten Eigen-
ſchaften. Dem Windhunde wird beinahe aller Verſtand, Erziehungsfähigkeit und Treue an ſeinem
Herrn ab-, dafür kindiſche Neigung, von Unbekannten ſich ſchmeicheln zu laſſen, zugeſprochen; doch
kann man ihn zur Jagd auf Haſen ꝛc. abrichten. Die Wachtelhunde deuten mit ihrem Namen
auf Das, wozu ſie von Natur taugen. Denn der Hund und jedes andere Thier muß durch irgend
Etwas von ſich aus kundthun, wozu es Luſt hat, ehe man es abrichten will. Zum bloſen Vergnügen,
ſich im Arme ſanft tragen zu laſſen, mit der Dame auf dem Sopha zu ſchlafen, am warmen Buſen
zu liegen, Ungünſtlinge anzuknurren, in der Stube zu bleiben, mit der Dame aus einem Glaſe zu
trinken, von einem Teller zu ſpeiſen und ſich küſſen zu laſſen, dazu wird das Volognefer- und
Löwenhündchen gehalten. Am Jagdhunde wird ein ſcharfer Geruch und viel Verſtand und die
größte Gelehrigkeit nebſt treuer Anhänglichkeit an ſeinen Herrn gelobt. Ebenſo verſtändig und ein
guter Wächter iſt der Haus- oder der Hirtenhund. Der Spitz oder Pommer ſoll kluger, ge-
lehriger, lebhafter und geſchickter Art ſein und gern beißen, als Haushund wachſam und in einzelnen
Abarten tückiſch und falſch ſein. Dem Menſchen ergeben, aber ohne ſeinen Herrn zu kennen, Schläge
nicht fürchtend, unerſättlich und doch mit Geſchicklichkeit lange zu hungern fähig, gehört zur Kenn-
zeichnung des Nordhundes. Der Doggen Art iſt Treue bei wenig Verſtand: ſie ſind gute Wächter,
wilde, muthige Gegner auf wilde Schweine, Löwen, Tiger und Panther; ſie achten auch ihr
eigenes Leben faſt für Nichts, merken auf jeden Wink des Auges und der Hand, wie vielmehr auf
das Wort ihres Herrn, laſſen ſich auf den Mann abrichten, nehmen es mit drei, vier Mann auf,
berückſichtigen Schüſſe, Stiche und zerriſſene Glieder nicht und balgen ſich mit ihres Gleichen greulich
herum. Sie ſind ſehr ſtark, reißen den ſtärkſten Menſchen zu Boden, erdroſſeln ihn, bannen ihn, auf
ihm herumſpringend, auf eine Stelle, bis er erlöſt wird, und halten raſende Wildſchweine am Ohr
unbeweglich feſt. Leitſam ſind ſie im höchſten Grade. Sie haben ein wenig mehr Verſtand, als man
meint. Am tiefſten unter den Hunden ſteht unleugbar der Mops. Er iſt eigentlich dumm; er iſt
durch geiſtige Verſinkung entſtanden und kann ſich begreiflich durch ſich ſelbſt nicht heben. Er erfaßt
den Menſchen nicht und der Menſch ihn nicht.‟

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[334/0400] Die Raubthiere. Hunde. — Haushund. anderen Hunden. Als ſie größer wurden, zeigten ſie nicht die geringſte Anhänglichkeit an den Menſchen. Ueber das geiſtige Weſen der Hunde laſſen ſich Bücher ſchreiben; es dürfte alſo ſchwer ſein, daſſelbe mit kurzen Worten zu ſchildern. Die beſte Beſchreibung der Hundeſeele hat Scheitlin gegeben, und ich will deshalb aus dieſer Bruchſtücke hier folgen laſſen; „So groß die leibliche Verſchiedenheit der Hunde iſt, die geiſtige iſt noch viel größer; denn die einen Hundearten ſind völlig ungelehrig, die anderen lernen alles Mögliche augenblicklich. Die einen kann man nicht, die anderen ſchnell ganz zähmen, und was die einen haſſen, das lieben andere. Der Pudel geht von ſelbſt ins Waſſer, der Spitz will immer zu Hauſe bleiben. Die Dogge läßt ſich auf den Mann, der Pudel nicht hierzu abrichten. Nur der Jagdhund hat eine ſolche feine Spür- naſe; nur der Bärenhund beißt den Bären zwiſchen die Hinterbeine; nur der lange Dachshund, dem in der Mitte ein paar Beine zu mangeln ſcheinen, iſt ſo niedrig gebaut und ſo krummbeinig, um in Dachslöcher hineinkriechen zu können, und thut Dies mit derſelben Wolluſt, mit welcher der Fleiſcherhund in Bogen läuft und hinter den Kälbern und Rindern herhetzt.‟ „Der Hund von Neufundland iſt es, der den Wolf nicht fürchtet, daher vortrefflich zur Herdenbewachung dient und meiſterhaft gräbt, ſchwimmt, taucht und Menſchen herausholt. Auch der Fleiſcherhund mißt ſich mit dem Wolfe, iſt ein guter Herdenwächter, jagd auf wilde Schweine und jedes andere große Thier, iſt verſtändig und dem Herrn treu zugethan, geht aber nicht ins Waſſer, wenn er nicht muß. Man benutzt und mißbraucht ihn zur Hetze, wodurch er ganz nach pſychologiſcher Ordnung immer ſchärfer und beſonders gegen Kälber, die, weil ſie nicht ausſchlagen, von ihm nicht gefürchtet werden, eine wahre Beſtie wird. Sein Blutdurſt iſt äußerſt widrig, und ſeine Wuth, zu beißen, Blut zu trinken, Thierüberreſte herumzuzerren und zu freſſen, gehört zu ſeinen ſchlechteſten Eigen- ſchaften. Dem Windhunde wird beinahe aller Verſtand, Erziehungsfähigkeit und Treue an ſeinem Herrn ab-, dafür kindiſche Neigung, von Unbekannten ſich ſchmeicheln zu laſſen, zugeſprochen; doch kann man ihn zur Jagd auf Haſen ꝛc. abrichten. Die Wachtelhunde deuten mit ihrem Namen auf Das, wozu ſie von Natur taugen. Denn der Hund und jedes andere Thier muß durch irgend Etwas von ſich aus kundthun, wozu es Luſt hat, ehe man es abrichten will. Zum bloſen Vergnügen, ſich im Arme ſanft tragen zu laſſen, mit der Dame auf dem Sopha zu ſchlafen, am warmen Buſen zu liegen, Ungünſtlinge anzuknurren, in der Stube zu bleiben, mit der Dame aus einem Glaſe zu trinken, von einem Teller zu ſpeiſen und ſich küſſen zu laſſen, dazu wird das Volognefer- und Löwenhündchen gehalten. Am Jagdhunde wird ein ſcharfer Geruch und viel Verſtand und die größte Gelehrigkeit nebſt treuer Anhänglichkeit an ſeinen Herrn gelobt. Ebenſo verſtändig und ein guter Wächter iſt der Haus- oder der Hirtenhund. Der Spitz oder Pommer ſoll kluger, ge- lehriger, lebhafter und geſchickter Art ſein und gern beißen, als Haushund wachſam und in einzelnen Abarten tückiſch und falſch ſein. Dem Menſchen ergeben, aber ohne ſeinen Herrn zu kennen, Schläge nicht fürchtend, unerſättlich und doch mit Geſchicklichkeit lange zu hungern fähig, gehört zur Kenn- zeichnung des Nordhundes. Der Doggen Art iſt Treue bei wenig Verſtand: ſie ſind gute Wächter, wilde, muthige Gegner auf wilde Schweine, Löwen, Tiger und Panther; ſie achten auch ihr eigenes Leben faſt für Nichts, merken auf jeden Wink des Auges und der Hand, wie vielmehr auf das Wort ihres Herrn, laſſen ſich auf den Mann abrichten, nehmen es mit drei, vier Mann auf, berückſichtigen Schüſſe, Stiche und zerriſſene Glieder nicht und balgen ſich mit ihres Gleichen greulich herum. Sie ſind ſehr ſtark, reißen den ſtärkſten Menſchen zu Boden, erdroſſeln ihn, bannen ihn, auf ihm herumſpringend, auf eine Stelle, bis er erlöſt wird, und halten raſende Wildſchweine am Ohr unbeweglich feſt. Leitſam ſind ſie im höchſten Grade. Sie haben ein wenig mehr Verſtand, als man meint. Am tiefſten unter den Hunden ſteht unleugbar der Mops. Er iſt eigentlich dumm; er iſt durch geiſtige Verſinkung entſtanden und kann ſich begreiflich durch ſich ſelbſt nicht heben. Er erfaßt den Menſchen nicht und der Menſch ihn nicht.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/400>, abgerufen am 18.05.2024.