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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Katzen. -- Hinz. Angorakatze und andere Abarten.
weil es sich eingesperrt und von den Gespielen seiner Jugend getrennt sah, traurig. Am nächsten
Morgen setzte ich ihm eine Mischung von halb Milch, halb Wasser für den ganzen Tag vor. Jch
hatte einen Vorrath von vierzig frischerlegten Feldmäusen und gab ihm davon in Zwischenräumen
ein Anzahl. Als abends die Glocke 9 Uhr schlug, also während der 24 Stunden ihrer Gefangen-
schaft, hatte sie 22 Mäuse gefressen, wovon elf ganz erwachsen, elf wenigstens halbwüchsig waren.
Dabei spie sie nicht, befand sich sehr wohl..... Jn jenem Jahre waren meine Katzen Tag und Nacht
mit Mausefang und Mausefraß beschäftigt, und dennoch fraß am 27. September noch jede in Zeit
von einer halben Stunde acht Mäuse, die ich ihr ertra vorwarf ..... Nach solchen Erfahrungen
nehme ich bestimmt an, daß in reichen Mausejahren jede mehr als halbwüchsige Katze im Durchschnitte
täglich zwanzig Mäuse, also im Jahre 7300 Mäuse verzehrt. Für mittelmäßige Mausejahre rechne
ich 3650 oder statt der Mäuse ein Aequivalent an Ratten ..... Uebrigens geht aus den soeben au-
geführten Beobachtungen, sowie aus anderen, die man leicht bei Eulen und Busaaren, die man
füttert, machen kann, hervor, daß Mäuse sehr wenig Nahrung geben; sie könnten sonst nicht in so
ungeheurer Menge ohne Schaden verschluckt werden."

Aber die Katzen nützen auch in anderer Weise. Sie fressen schädliche Kerbthiere, z. B. Maikäfer
und Heuschrecken, sie tödten sogar Giftschlangen, nicht blos Kreuzottern, sondern selbst die so überaus
furchtbare Klapperschlange. "Mehr als einmal habe ich gesehen," sagt Reugger, "daß die Katzen
in Paraguay auf sandigem und graslosem Boden Klapperschlangen verfolgten und tödteten. Mit
der ihnen eigenen Gewandtheit geben sie denselben Schläge mit der Pfote und weichen hierauf dem
Sprunge ihres Feindes aus. Rollt sich die Schlange zusammen, so greifen sie dieselbe lange nicht
an, sondern gehen um sie herum, bis diese müde wird, den Kopf nach ihnen zu drehen. Dann
aber versetzen sie ihr einen neuen Schlag und springen zugleich auf die Seite. Flieht die Schlange,
so ergreifen sie dieselbe beim Schwanze, gleichsam, um mit demselben zu spielen. Unter fortgesetzten
Pfotenschlägen erlegen sie gewöhnlich ihren Feind, ehe eine Stunde vergeht, berühren aber niemals
dessen Fleisch."

Jch denke nach allen diesen Augaben gewiß im Rechte zu sein, wenn ich für die so oft ungerecht
behandelten Katzen ein gutes Wort einlege. Nur nach genauer Abwägung des Nutzens oder Schadens,
welchen ein Thier bringt, kann man es beurtheilen und danach seine Maßregeln ergreifen. "Wer eine
Katze hat, sagt Lenz, welche nach Kindern kratzt und beißt, überall Töpfe und Tiegel zerbricht, Brat-
würstchen, Butter und Fleisch davonträgt, Küchlein und junge Bachstelzen erwürgt, nie und nirgends
eine Maus und Ratte fängt, der thut sehr wohl daran, wenn er sie eher je lieber erschlägt, erschießt,
ersäuft. Besitzt aber Jemand ein Kätzchen, welches der Lieblingsgespiele der Kinder ist, nirgends im
Hause den geringsten Schaden thut und Tag und Nacht auf Maus- und Rattenfang geht, der handelt
sehr weise, wenn er es als seinen Wohlthäter hegt und pflegt." --

Unter den Krankheiten der Katze ist die räude die häufigste und gefährlichste, weil sie stark an-
steckt und oft tödlich wird. Nach Lenz heilt man sie mit Schweselblumen, die auf ein recht settes
Butterflädchen gestrichen werden. Dieses zerschneidet man dann in Würfel und verfüttert es. Es
soll sogar sehr gut sein, einer gesunden Katze einmal in ihrem Leben Schwefelflädchen als Vorbeuge-
mittel zu geben. Von Ungeziefer leiden die Katzen nicht bedeutend, und der Bandwurm kommt auch
ziemlich selten vor. Man vertreibt ihn durch die Körner von Hagebutten, welche man verfüttert, oder
durch einen Absud von Kussoblüthen.

Die Katze hat wenig Rassen oder Abarten; bei uns sind folgende Färbungen gewöhnlich: Ein-
farbig schwarz mit einem weißen Stern mitten auf der Brust; ganz weiß; semmelgelb und fuchsroth;
dunkler mit derselben Färbung getigert; einfach blaugrau; hellgrau mit dunkelen Streifen und drei-
farbig mit großen weißen und gelben oder gelbbraunen und kohlschwarzen oder grauen Flecken. Die
blaugrauen sind sehr selten, die hellgrauen oder Cyperkatzen gemein, doch müssen die echten schwarze
Fußballen und an den Hinterfüßen schwarze Sohlen haben. Die schönsten oder die Zebrakatzen sind
mit dunkelgrauer oder schwarzbrauner Tigerzeichnung. Eigenthümlich ist, daß die dreifarbigen Katzen,

Die Raubthiere. Katzen. — Hinz. Angorakatze und andere Abarten.
weil es ſich eingeſperrt und von den Geſpielen ſeiner Jugend getrennt ſah, traurig. Am nächſten
Morgen ſetzte ich ihm eine Miſchung von halb Milch, halb Waſſer für den ganzen Tag vor. Jch
hatte einen Vorrath von vierzig friſcherlegten Feldmäuſen und gab ihm davon in Zwiſchenräumen
ein Anzahl. Als abends die Glocke 9 Uhr ſchlug, alſo während der 24 Stunden ihrer Gefangen-
ſchaft, hatte ſie 22 Mäuſe gefreſſen, wovon elf ganz erwachſen, elf wenigſtens halbwüchſig waren.
Dabei ſpie ſie nicht, befand ſich ſehr wohl..... Jn jenem Jahre waren meine Katzen Tag und Nacht
mit Mauſefang und Mauſefraß beſchäftigt, und dennoch fraß am 27. September noch jede in Zeit
von einer halben Stunde acht Mäuſe, die ich ihr ertra vorwarf ..... Nach ſolchen Erfahrungen
nehme ich beſtimmt an, daß in reichen Mauſejahren jede mehr als halbwüchſige Katze im Durchſchnitte
täglich zwanzig Mäuſe, alſo im Jahre 7300 Mäuſe verzehrt. Für mittelmäßige Mauſejahre rechne
ich 3650 oder ſtatt der Mäuſe ein Aequivalent an Ratten ..... Uebrigens geht aus den ſoeben au-
geführten Beobachtungen, ſowie aus anderen, die man leicht bei Eulen und Busaaren, die man
füttert, machen kann, hervor, daß Mäuſe ſehr wenig Nahrung geben; ſie könnten ſonſt nicht in ſo
ungeheurer Menge ohne Schaden verſchluckt werden.‟

Aber die Katzen nützen auch in anderer Weiſe. Sie freſſen ſchädliche Kerbthiere, z. B. Maikäfer
und Heuſchrecken, ſie tödten ſogar Giftſchlangen, nicht blos Kreuzottern, ſondern ſelbſt die ſo überaus
furchtbare Klapperſchlange. „Mehr als einmal habe ich geſehen,‟ ſagt Reugger, „daß die Katzen
in Paraguay auf ſandigem und grasloſem Boden Klapperſchlangen verfolgten und tödteten. Mit
der ihnen eigenen Gewandtheit geben ſie denſelben Schläge mit der Pfote und weichen hierauf dem
Sprunge ihres Feindes aus. Rollt ſich die Schlange zuſammen, ſo greifen ſie dieſelbe lange nicht
an, ſondern gehen um ſie herum, bis dieſe müde wird, den Kopf nach ihnen zu drehen. Dann
aber verſetzen ſie ihr einen neuen Schlag und ſpringen zugleich auf die Seite. Flieht die Schlange,
ſo ergreifen ſie dieſelbe beim Schwanze, gleichſam, um mit demſelben zu ſpielen. Unter fortgeſetzten
Pfotenſchlägen erlegen ſie gewöhnlich ihren Feind, ehe eine Stunde vergeht, berühren aber niemals
deſſen Fleiſch.‟

Jch denke nach allen dieſen Augaben gewiß im Rechte zu ſein, wenn ich für die ſo oft ungerecht
behandelten Katzen ein gutes Wort einlege. Nur nach genauer Abwägung des Nutzens oder Schadens,
welchen ein Thier bringt, kann man es beurtheilen und danach ſeine Maßregeln ergreifen. „Wer eine
Katze hat, ſagt Lenz, welche nach Kindern kratzt und beißt, überall Töpfe und Tiegel zerbricht, Brat-
würſtchen, Butter und Fleiſch davonträgt, Küchlein und junge Bachſtelzen erwürgt, nie und nirgends
eine Maus und Ratte fängt, der thut ſehr wohl daran, wenn er ſie eher je lieber erſchlägt, erſchießt,
erſäuft. Beſitzt aber Jemand ein Kätzchen, welches der Lieblingsgeſpiele der Kinder iſt, nirgends im
Hauſe den geringſten Schaden thut und Tag und Nacht auf Maus- und Rattenfang geht, der handelt
ſehr weiſe, wenn er es als ſeinen Wohlthäter hegt und pflegt.‟ —

Unter den Krankheiten der Katze iſt die räude die häufigſte und gefährlichſte, weil ſie ſtark an-
ſteckt und oft tödlich wird. Nach Lenz heilt man ſie mit Schweſelblumen, die auf ein recht ſettes
Butterflädchen geſtrichen werden. Dieſes zerſchneidet man dann in Würfel und verfüttert es. Es
ſoll ſogar ſehr gut ſein, einer geſunden Katze einmal in ihrem Leben Schwefelflädchen als Vorbeuge-
mittel zu geben. Von Ungeziefer leiden die Katzen nicht bedeutend, und der Bandwurm kommt auch
ziemlich ſelten vor. Man vertreibt ihn durch die Körner von Hagebutten, welche man verfüttert, oder
durch einen Abſud von Kuſſoblüthen.

Die Katze hat wenig Raſſen oder Abarten; bei uns ſind folgende Färbungen gewöhnlich: Ein-
farbig ſchwarz mit einem weißen Stern mitten auf der Bruſt; ganz weiß; ſemmelgelb und fuchsroth;
dunkler mit derſelben Färbung getigert; einfach blaugrau; hellgrau mit dunkelen Streifen und drei-
farbig mit großen weißen und gelben oder gelbbraunen und kohlſchwarzen oder grauen Flecken. Die
blaugrauen ſind ſehr ſelten, die hellgrauen oder Cyperkatzen gemein, doch müſſen die echten ſchwarze
Fußballen und an den Hinterfüßen ſchwarze Sohlen haben. Die ſchönſten oder die Zebrakatzen ſind
mit dunkelgrauer oder ſchwarzbrauner Tigerzeichnung. Eigenthümlich iſt, daß die dreifarbigen Katzen,

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[292/0356] Die Raubthiere. Katzen. — Hinz. Angorakatze und andere Abarten. weil es ſich eingeſperrt und von den Geſpielen ſeiner Jugend getrennt ſah, traurig. Am nächſten Morgen ſetzte ich ihm eine Miſchung von halb Milch, halb Waſſer für den ganzen Tag vor. Jch hatte einen Vorrath von vierzig friſcherlegten Feldmäuſen und gab ihm davon in Zwiſchenräumen ein Anzahl. Als abends die Glocke 9 Uhr ſchlug, alſo während der 24 Stunden ihrer Gefangen- ſchaft, hatte ſie 22 Mäuſe gefreſſen, wovon elf ganz erwachſen, elf wenigſtens halbwüchſig waren. Dabei ſpie ſie nicht, befand ſich ſehr wohl..... Jn jenem Jahre waren meine Katzen Tag und Nacht mit Mauſefang und Mauſefraß beſchäftigt, und dennoch fraß am 27. September noch jede in Zeit von einer halben Stunde acht Mäuſe, die ich ihr ertra vorwarf ..... Nach ſolchen Erfahrungen nehme ich beſtimmt an, daß in reichen Mauſejahren jede mehr als halbwüchſige Katze im Durchſchnitte täglich zwanzig Mäuſe, alſo im Jahre 7300 Mäuſe verzehrt. Für mittelmäßige Mauſejahre rechne ich 3650 oder ſtatt der Mäuſe ein Aequivalent an Ratten ..... Uebrigens geht aus den ſoeben au- geführten Beobachtungen, ſowie aus anderen, die man leicht bei Eulen und Busaaren, die man füttert, machen kann, hervor, daß Mäuſe ſehr wenig Nahrung geben; ſie könnten ſonſt nicht in ſo ungeheurer Menge ohne Schaden verſchluckt werden.‟ Aber die Katzen nützen auch in anderer Weiſe. Sie freſſen ſchädliche Kerbthiere, z. B. Maikäfer und Heuſchrecken, ſie tödten ſogar Giftſchlangen, nicht blos Kreuzottern, ſondern ſelbſt die ſo überaus furchtbare Klapperſchlange. „Mehr als einmal habe ich geſehen,‟ ſagt Reugger, „daß die Katzen in Paraguay auf ſandigem und grasloſem Boden Klapperſchlangen verfolgten und tödteten. Mit der ihnen eigenen Gewandtheit geben ſie denſelben Schläge mit der Pfote und weichen hierauf dem Sprunge ihres Feindes aus. Rollt ſich die Schlange zuſammen, ſo greifen ſie dieſelbe lange nicht an, ſondern gehen um ſie herum, bis dieſe müde wird, den Kopf nach ihnen zu drehen. Dann aber verſetzen ſie ihr einen neuen Schlag und ſpringen zugleich auf die Seite. Flieht die Schlange, ſo ergreifen ſie dieſelbe beim Schwanze, gleichſam, um mit demſelben zu ſpielen. Unter fortgeſetzten Pfotenſchlägen erlegen ſie gewöhnlich ihren Feind, ehe eine Stunde vergeht, berühren aber niemals deſſen Fleiſch.‟ Jch denke nach allen dieſen Augaben gewiß im Rechte zu ſein, wenn ich für die ſo oft ungerecht behandelten Katzen ein gutes Wort einlege. Nur nach genauer Abwägung des Nutzens oder Schadens, welchen ein Thier bringt, kann man es beurtheilen und danach ſeine Maßregeln ergreifen. „Wer eine Katze hat, ſagt Lenz, welche nach Kindern kratzt und beißt, überall Töpfe und Tiegel zerbricht, Brat- würſtchen, Butter und Fleiſch davonträgt, Küchlein und junge Bachſtelzen erwürgt, nie und nirgends eine Maus und Ratte fängt, der thut ſehr wohl daran, wenn er ſie eher je lieber erſchlägt, erſchießt, erſäuft. Beſitzt aber Jemand ein Kätzchen, welches der Lieblingsgeſpiele der Kinder iſt, nirgends im Hauſe den geringſten Schaden thut und Tag und Nacht auf Maus- und Rattenfang geht, der handelt ſehr weiſe, wenn er es als ſeinen Wohlthäter hegt und pflegt.‟ — Unter den Krankheiten der Katze iſt die räude die häufigſte und gefährlichſte, weil ſie ſtark an- ſteckt und oft tödlich wird. Nach Lenz heilt man ſie mit Schweſelblumen, die auf ein recht ſettes Butterflädchen geſtrichen werden. Dieſes zerſchneidet man dann in Würfel und verfüttert es. Es ſoll ſogar ſehr gut ſein, einer geſunden Katze einmal in ihrem Leben Schwefelflädchen als Vorbeuge- mittel zu geben. Von Ungeziefer leiden die Katzen nicht bedeutend, und der Bandwurm kommt auch ziemlich ſelten vor. Man vertreibt ihn durch die Körner von Hagebutten, welche man verfüttert, oder durch einen Abſud von Kuſſoblüthen. Die Katze hat wenig Raſſen oder Abarten; bei uns ſind folgende Färbungen gewöhnlich: Ein- farbig ſchwarz mit einem weißen Stern mitten auf der Bruſt; ganz weiß; ſemmelgelb und fuchsroth; dunkler mit derſelben Färbung getigert; einfach blaugrau; hellgrau mit dunkelen Streifen und drei- farbig mit großen weißen und gelben oder gelbbraunen und kohlſchwarzen oder grauen Flecken. Die blaugrauen ſind ſehr ſelten, die hellgrauen oder Cyperkatzen gemein, doch müſſen die echten ſchwarze Fußballen und an den Hinterfüßen ſchwarze Sohlen haben. Die ſchönſten oder die Zebrakatzen ſind mit dunkelgrauer oder ſchwarzbrauner Tigerzeichnung. Eigenthümlich iſt, daß die dreifarbigen Katzen,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/356>, abgerufen am 23.11.2024.