welche ihn mit der Falle bekannt gemacht hatte, in dieselbe gegangen wäre; er kehrte jedoch wenige Nächte später zurück, vergaß seine List über der Begierde nach der Henne und wurde so Gefangener. Man erzählte mir, daß er kurz nach seiner Festnahme ganz rasend gewesen sei und, obwohl ver- geblich, die allerkräftigsten Anstrengungen gemacht habe, um sich aus dem verhaßten Kerker einen Aus- weg zu bahnen.
"Jch besuchte ihn am Morgen nach seiner Gefangennahme und wurde mit dem abscheulichsten Zähnefletschen und den wüthendsten Blicken empfangen; doch konnte er seinerseits auch meine Blicke nicht vertragen und suchte denselben sobald als möglich zu entgehen. Wenn ich ihn stetig ansah, drückte er sich immer in eine Ecke. Es war wahrscheinlich, daß er über seine Ohnmacht und die Unfähigkeit, sich zu rächen, äußerst wüthend war."
"Verschiedene Kaffern, welche viel von seinen spitzbübischen Besuchen zu leiden gehabt hatten, kamen, um jetzt bei ihm vorzusprechen. Sie schütteten ihren ganzen reichen Schatz von Verwünschungen auf sein verruchtes Haupt. Rund um den Käfig stellten sie sich und begrüßten ihn etwa mit folgenden Redensarten:"
"O, du niederträchtiger, feiger Hund, du erbärmlicher Hühnerfresser; bist du endlich gefangen, bist du es? Erinnerst du dich noch an das roth und weiße Kalb, welches du mir letzten Monat todt- geschlagen hast? Dies Kalb war mein! Du muthlofer Lump, warum hast du denn nicht gewartet, bis ich mit meinem Sper und Stecken kam? Du hast wohl geglaubt, daß dein Fell besser werden möchte, wenn du dich vorher hättest dick und voll fressen können? So, jetzt bist du gefangen!"
"Schau nach meinem Sper," sagte ein Anderer, "den will ich dir ins Herz stoßen, wie ich ihn jetzt in den Grund stoße. Ach, zeige mir nur deine Zähne, sie sollen mir zum Halsband werden und dein Herz will ich rösten."
"Plötzlich, inmitten der rührenden Ansprache, machte der Leopard einen mächtigen Satz und rüttelte an dem Gitter des Käfigs: -- und in alle Winde zerstoben die Helden!"
"Man hatte sich vorgenommen, das Thier nach der Kapstadt zu bringen, um es nach Europa zu versenden, aber während der zweiten Nacht wäre es beinah entkommen; und als mehrere Tage ver- gangen, ehe man einen zur Fortschaffung geeigneten Käfig fertig brachte, wurde es nothwendig, den jetzt sehr gedemüthigten Schelm zu erschießen."
Reiche Ansiedler am Kap machen sich ein ganz besonderes Vergnügen daraus, ihren Gefangenen durch die Hunde todtbeißen zu lassen. "Einer von ihnen," so erzählt Lichtenstein, "fing einen großen, lebendigen Parder und machte Dies allen seinen Freunden bekannt, welche sich dann nach Landessitte an einem bestimmten Nachmittag in großer Zahl bei ihm versammelten, um das Thier zu beschauen und Zeugen von dem Kaupfe mit den Hunden zu sein, die es zu Tode beißen sollten. Nach vorhergegangener guter Bewirthung wurden die Gäste zur Falle geführt, in welcher das Thier noch steckte und woraus es erst sehr vorsichtig geholt werden mußte, um auf den Kampfplatz gebracht zu werden. Diese Falle lag in der Tiefe einer Bergschlucht und war von rohen Felsstücken aufgemauert, doch so, daß zwei große, dem übrigen Gemäuer ähnliche Felsen, den Eingang bildeten, übrigens in Hinsicht der Banart ganz wie eine gewöhnliche Mäusefalle, nur Alles in sehr großem Verhältniß. Oben war die Falle mit rohem Gebälk bedeckt, durch dessen Zwischenräume man das wüthende, schön gefärbte Thier beobachten konnte. Die Leute, welche es jetzt fesseln sollten, fuchten erst eine Pfote nach der andern in Schlingen zu fangen, dann zog man den Leoparden heraus und band ihm, trotz seines entsetzlichen Brüllens und vergeblichen Wüthens, die vier Beine an einander. Hierauf begab sich Jemand in die Grube und warf auch eine Schlinge über den Kopf, damit es möglich werde, ihm einen festen Maulkorb anzulegen. Nun erst war man im Stande, den Leoparden nach dem Werft -- so heißt bei allen Ausiedlern ein großer, freier Platz zwischen dem Wohnhaus und den Wirthschafts- gebäuden -- zu schaffen, woselbst jetzt der eine Hinterlauf, den man zwischen der Hackensehne und dem Unterschenkelbein durchstach, vermittelst eines Ringes an einer Kette befestigt ward, welche in einen freistehenden Pfahl eingeklammert war. Nach und nach löste man einen Riemen nach dem
Die Raubthiere. Katzen. — Leopard.
welche ihn mit der Falle bekannt gemacht hatte, in dieſelbe gegangen wäre; er kehrte jedoch wenige Nächte ſpäter zurück, vergaß ſeine Liſt über der Begierde nach der Henne und wurde ſo Gefangener. Man erzählte mir, daß er kurz nach ſeiner Feſtnahme ganz raſend geweſen ſei und, obwohl ver- geblich, die allerkräftigſten Anſtrengungen gemacht habe, um ſich aus dem verhaßten Kerker einen Aus- weg zu bahnen.
„Jch beſuchte ihn am Morgen nach ſeiner Gefangennahme und wurde mit dem abſcheulichſten Zähnefletſchen und den wüthendſten Blicken empfangen; doch konnte er ſeinerſeits auch meine Blicke nicht vertragen und ſuchte denſelben ſobald als möglich zu entgehen. Wenn ich ihn ſtetig anſah, drückte er ſich immer in eine Ecke. Es war wahrſcheinlich, daß er über ſeine Ohnmacht und die Unfähigkeit, ſich zu rächen, äußerſt wüthend war.‟
„Verſchiedene Kaffern, welche viel von ſeinen ſpitzbübiſchen Beſuchen zu leiden gehabt hatten, kamen, um jetzt bei ihm vorzuſprechen. Sie ſchütteten ihren ganzen reichen Schatz von Verwünſchungen auf ſein verruchtes Haupt. Rund um den Käfig ſtellten ſie ſich und begrüßten ihn etwa mit folgenden Redensarten:‟
„O, du niederträchtiger, feiger Hund, du erbärmlicher Hühnerfreſſer; biſt du endlich gefangen, biſt du es? Erinnerſt du dich noch an das roth und weiße Kalb, welches du mir letzten Monat todt- geſchlagen haſt? Dies Kalb war mein! Du muthlofer Lump, warum haſt du denn nicht gewartet, bis ich mit meinem Sper und Stecken kam? Du haſt wohl geglaubt, daß dein Fell beſſer werden möchte, wenn du dich vorher hätteſt dick und voll freſſen können? So, jetzt biſt du gefangen!‟
„Schau nach meinem Sper,‟ ſagte ein Anderer, „den will ich dir ins Herz ſtoßen, wie ich ihn jetzt in den Grund ſtoße. Ach, zeige mir nur deine Zähne, ſie ſollen mir zum Halsband werden und dein Herz will ich röſten.‟
„Plötzlich, inmitten der rührenden Anſprache, machte der Leopard einen mächtigen Satz und rüttelte an dem Gitter des Käfigs: — und in alle Winde zerſtoben die Helden!‟
„Man hatte ſich vorgenommen, das Thier nach der Kapſtadt zu bringen, um es nach Europa zu verſenden, aber während der zweiten Nacht wäre es beinah entkommen; und als mehrere Tage ver- gangen, ehe man einen zur Fortſchaffung geeigneten Käfig fertig brachte, wurde es nothwendig, den jetzt ſehr gedemüthigten Schelm zu erſchießen.‟
Reiche Anſiedler am Kap machen ſich ein ganz beſonderes Vergnügen daraus, ihren Gefangenen durch die Hunde todtbeißen zu laſſen. „Einer von ihnen,‟ ſo erzählt Lichtenſtein, „fing einen großen, lebendigen Parder und machte Dies allen ſeinen Freunden bekannt, welche ſich dann nach Landesſitte an einem beſtimmten Nachmittag in großer Zahl bei ihm verſammelten, um das Thier zu beſchauen und Zeugen von dem Kaupfe mit den Hunden zu ſein, die es zu Tode beißen ſollten. Nach vorhergegangener guter Bewirthung wurden die Gäſte zur Falle geführt, in welcher das Thier noch ſteckte und woraus es erſt ſehr vorſichtig geholt werden mußte, um auf den Kampfplatz gebracht zu werden. Dieſe Falle lag in der Tiefe einer Bergſchlucht und war von rohen Felsſtücken aufgemauert, doch ſo, daß zwei große, dem übrigen Gemäuer ähnliche Felſen, den Eingang bildeten, übrigens in Hinſicht der Banart ganz wie eine gewöhnliche Mäuſefalle, nur Alles in ſehr großem Verhältniß. Oben war die Falle mit rohem Gebälk bedeckt, durch deſſen Zwiſchenräume man das wüthende, ſchön gefärbte Thier beobachten konnte. Die Leute, welche es jetzt feſſeln ſollten, fuchten erſt eine Pfote nach der andern in Schlingen zu fangen, dann zog man den Leoparden heraus und band ihm, trotz ſeines entſetzlichen Brüllens und vergeblichen Wüthens, die vier Beine an einander. Hierauf begab ſich Jemand in die Grube und warf auch eine Schlinge über den Kopf, damit es möglich werde, ihm einen feſten Maulkorb anzulegen. Nun erſt war man im Stande, den Leoparden nach dem Werft — ſo heißt bei allen Auſiedlern ein großer, freier Platz zwiſchen dem Wohnhaus und den Wirthſchafts- gebäuden — zu ſchaffen, woſelbſt jetzt der eine Hinterlauf, den man zwiſchen der Hackenſehne und dem Unterſchenkelbein durchſtach, vermittelſt eines Ringes an einer Kette befeſtigt ward, welche in einen freiſtehenden Pfahl eingeklammert war. Nach und nach löſte man einen Riemen nach dem
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Nächte ſpäter zurück, vergaß ſeine Liſt über der Begierde nach der Henne und wurde ſo Gefangener.
Man erzählte mir, daß er kurz nach ſeiner Feſtnahme ganz raſend geweſen ſei und, obwohl ver-
geblich, die allerkräftigſten Anſtrengungen gemacht habe, um ſich aus dem verhaßten Kerker einen Aus-
weg zu bahnen.
„Jch beſuchte ihn am Morgen nach ſeiner Gefangennahme und wurde mit dem abſcheulichſten
Zähnefletſchen und den wüthendſten Blicken empfangen; doch konnte er ſeinerſeits auch meine Blicke
nicht vertragen und ſuchte denſelben ſobald als möglich zu entgehen. Wenn ich ihn ſtetig anſah, drückte
er ſich immer in eine Ecke. Es war wahrſcheinlich, daß er über ſeine Ohnmacht und die Unfähigkeit,
ſich zu rächen, äußerſt wüthend war.‟
„Verſchiedene Kaffern, welche viel von ſeinen ſpitzbübiſchen Beſuchen zu leiden gehabt hatten,
kamen, um jetzt bei ihm vorzuſprechen. Sie ſchütteten ihren ganzen reichen Schatz von Verwünſchungen
auf ſein verruchtes Haupt. Rund um den Käfig ſtellten ſie ſich und begrüßten ihn etwa mit folgenden
Redensarten:‟
„O, du niederträchtiger, feiger Hund, du erbärmlicher Hühnerfreſſer; biſt du endlich gefangen,
biſt du es? Erinnerſt du dich noch an das roth und weiße Kalb, welches du mir letzten Monat todt-
geſchlagen haſt? Dies Kalb war mein! Du muthlofer Lump, warum haſt du denn nicht gewartet,
bis ich mit meinem Sper und Stecken kam? Du haſt wohl geglaubt, daß dein Fell beſſer werden
möchte, wenn du dich vorher hätteſt dick und voll freſſen können? So, jetzt biſt du gefangen!‟
„Schau nach meinem Sper,‟ ſagte ein Anderer, „den will ich dir ins Herz ſtoßen, wie ich ihn
jetzt in den Grund ſtoße. Ach, zeige mir nur deine Zähne, ſie ſollen mir zum Halsband werden und
dein Herz will ich röſten.‟
„Plötzlich, inmitten der rührenden Anſprache, machte der Leopard einen mächtigen Satz und
rüttelte an dem Gitter des Käfigs: — und in alle Winde zerſtoben die Helden!‟
„Man hatte ſich vorgenommen, das Thier nach der Kapſtadt zu bringen, um es nach Europa zu
verſenden, aber während der zweiten Nacht wäre es beinah entkommen; und als mehrere Tage ver-
gangen, ehe man einen zur Fortſchaffung geeigneten Käfig fertig brachte, wurde es nothwendig, den
jetzt ſehr gedemüthigten Schelm zu erſchießen.‟
Reiche Anſiedler am Kap machen ſich ein ganz beſonderes Vergnügen daraus, ihren Gefangenen
durch die Hunde todtbeißen zu laſſen. „Einer von ihnen,‟ ſo erzählt Lichtenſtein, „fing einen
großen, lebendigen Parder und machte Dies allen ſeinen Freunden bekannt, welche ſich dann nach
Landesſitte an einem beſtimmten Nachmittag in großer Zahl bei ihm verſammelten, um das Thier zu
beſchauen und Zeugen von dem Kaupfe mit den Hunden zu ſein, die es zu Tode beißen ſollten. Nach
vorhergegangener guter Bewirthung wurden die Gäſte zur Falle geführt, in welcher das Thier noch
ſteckte und woraus es erſt ſehr vorſichtig geholt werden mußte, um auf den Kampfplatz gebracht zu
werden. Dieſe Falle lag in der Tiefe einer Bergſchlucht und war von rohen Felsſtücken aufgemauert,
doch ſo, daß zwei große, dem übrigen Gemäuer ähnliche Felſen, den Eingang bildeten, übrigens in
Hinſicht der Banart ganz wie eine gewöhnliche Mäuſefalle, nur Alles in ſehr großem Verhältniß.
Oben war die Falle mit rohem Gebälk bedeckt, durch deſſen Zwiſchenräume man das wüthende, ſchön
gefärbte Thier beobachten konnte. Die Leute, welche es jetzt feſſeln ſollten, fuchten erſt eine Pfote
nach der andern in Schlingen zu fangen, dann zog man den Leoparden heraus und band ihm, trotz
ſeines entſetzlichen Brüllens und vergeblichen Wüthens, die vier Beine an einander. Hierauf begab
ſich Jemand in die Grube und warf auch eine Schlinge über den Kopf, damit es möglich werde, ihm
einen feſten Maulkorb anzulegen. Nun erſt war man im Stande, den Leoparden nach dem Werft —
ſo heißt bei allen Auſiedlern ein großer, freier Platz zwiſchen dem Wohnhaus und den Wirthſchafts-
gebäuden — zu ſchaffen, woſelbſt jetzt der eine Hinterlauf, den man zwiſchen der Hackenſehne und
dem Unterſchenkelbein durchſtach, vermittelſt eines Ringes an einer Kette befeſtigt ward, welche in
einen freiſtehenden Pfahl eingeklammert war. Nach und nach löſte man einen Riemen nach dem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/330>, abgerufen am 22.11.2024.
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