Der Jäger geht zurück, holt ein Wachslicht und Streichhölzchen, macht eine kleine Oeffnung durch die Strohwand und reicht Beides dem Knaben mit der Aufforderung, Licht anzuzünden. Der arme Bursche ist aber durch den Ueberfall des gefürchteten Thieres so erschreckt, daß er nicht unter seinen Fellen, welche er als schützende Decke über sich ausgebreitet hat, hervorkommt. Vater Fillipini muß also ein zweites Loch machen, durch welches er die zweite Hand hindurchsteckt. Er bittet den Knaben, ihm wenigstens die Hand zu reichen und die Kerze zu fassen, streicht Licht an, und einen Augenblick später ist der nicht allzugroße Raum erhellt, wenn auch noch immer dürftig genug.
Jetzt wird es dem Leoparden bedenklich. Er läßt die gemordete Ziege liegen und schleicht, den Leib dicht an die Wand des Stalles gedrückt, unhörbar dahin, seinem Ausgangsloche zu. Ein allge- meines Ausreißen der geängstigten Ziegen zeigt seine Bewegung dem Ohr unsers Paters an, welcher mit der Büchse in der Hand vor einem dritten durch die Wand gebohrten Schießloche steht.
"Leuchte mehr nach dieser Seite, Talla!"
Es geschieht; allein der Jäger sieht nur einen Schatten, ohne im Stande zu sein, ihn aufs Korn zu nehmen. Der Junge fackelt mit dem Lichte hin und her; der Leopard wird ängstlich und läßt ein leises Knurren vernehmen. Nun strengt der Pater auch sein Gehör an, um das Raubthier zu erspähen. Da fällt ein Lichtstrahl gerade in die glänzenden Feueraugen des Leoparden: -- im Nu ist die Büchse an der Wange -- der Schuß kracht in das Jnnere des Stalles; alle Ziegen rennen entsetzt umher; der Junge läßt vor Schreck das Licht zu Boden fallen, daß es erlischt: -- dann wird es still.
"Lebt der Leopard noch, Talla?"
""Jch weiß es nicht, mein Vater; die Ziegen sind aber ruhig geworden.""
"Nun, dann ist er auch getroffen," sagt der muthige Geistliche, ladet, holt sich neues Licht, öffnet die Thür und tritt, allerdings immer noch mit gespannter Büchse -- in den Stall. An der gegenüber- stehenden Wand liegt der Leopard; die Kugel ist ihm zwischen den Augen in den Kopf gedrungen. --
Bei weitem die wenigsten Leoparden, welche getödtet werden, enden ihr Leben durch die Kugel. Verschiedene Fallen sind weit ergiebiger, als das Feuergewehr. Wo Europäer haufen, wendet man starke Tellereisen und Schlagfallen an oder hängt ein Stück Fleisch in ziemlicher Höhe an einem Baumast auf und spickt den Boden dicht mit ziemlich langen, eisernen Spitzen. Das Raubthier springt nach dem Fleische, welches zu sicherm Sprunge zu hoch hängt, und stürzt oft in eine der dort aufge- pflanzten Spitzen. -- Pater Fillipini hatte schon gegen ein Viertelhundert Leoparden in Fallen ge- fangen, welche ganz nach Art der Mäusefallen eingerichtet, aber natürlich viel größer sind. Eine Henne oder eine junge Ziege wurde in der hintersten Abtheilung der Falle zum Köder benutzt. Früher oder später überwog die Raublust doch alle Schlauheit, und der Räuber faß im Kerker, wo ihn der Pater dann am andern Morgen mit aller Ruhe und Sicherheit todtschoß. Einmal fing sich auch ein Löwe in einer solchen Falle; für ihn war aber noch keine Kugel gegossen. Er schlug erzürnt mit einem Prankenschlage die Fallthüre entzwei und entwich! --
Genau dieselbe Falle wendet man am Vorgebirge der guten Hoffnung an. Es ist für die ganze Umgegend ein großes Fest, wenn eine von ihnen ihren Zweck erfüllt und den gehaßten Räuber in die Gewalt des Menschen gebracht hat. Drayson schildert in sehr lebendiger Weise einen derartigen Fang.
"Ein Haus in der Nähe von Natal wurde mehrmals von einem Leoparden besucht und nach Möglichkeit ausgeplündert. Das Thier hatte in kurzer Zeit einen Hund, unzählbare Hühner und ein Ferkel weggetragen und bezeigte einen so verschiedenartigen und außerordentlichen Appetit, daß es geradezu unersättlich schien. Man baute deswegen eine Falle und setzte eine alte Henne in den hintersten Theil des Käfigs. Die Falle selbst war so fest, daß sie auch den Kräften eines Löwen Widerstand geleistet haben würde. Der Leopard war zu schlau, als daß er bei der ersten Gelegenheit,
Eine Jagd in Habeſch. Leopardenfallen.
„„Jch habe kein Feuer, mein Vater!‟‟
„Wohl, ſo werde ich Dir welches bringen.‟
Der Jäger geht zurück, holt ein Wachslicht und Streichhölzchen, macht eine kleine Oeffnung durch die Strohwand und reicht Beides dem Knaben mit der Aufforderung, Licht anzuzünden. Der arme Burſche iſt aber durch den Ueberfall des gefürchteten Thieres ſo erſchreckt, daß er nicht unter ſeinen Fellen, welche er als ſchützende Decke über ſich ausgebreitet hat, hervorkommt. Vater Fillipini muß alſo ein zweites Loch machen, durch welches er die zweite Hand hindurchſteckt. Er bittet den Knaben, ihm wenigſtens die Hand zu reichen und die Kerze zu faſſen, ſtreicht Licht an, und einen Augenblick ſpäter iſt der nicht allzugroße Raum erhellt, wenn auch noch immer dürftig genug.
Jetzt wird es dem Leoparden bedenklich. Er läßt die gemordete Ziege liegen und ſchleicht, den Leib dicht an die Wand des Stalles gedrückt, unhörbar dahin, ſeinem Ausgangsloche zu. Ein allge- meines Ausreißen der geängſtigten Ziegen zeigt ſeine Bewegung dem Ohr unſers Paters an, welcher mit der Büchſe in der Hand vor einem dritten durch die Wand gebohrten Schießloche ſteht.
„Leuchte mehr nach dieſer Seite, Talla!‟
Es geſchieht; allein der Jäger ſieht nur einen Schatten, ohne im Stande zu ſein, ihn aufs Korn zu nehmen. Der Junge fackelt mit dem Lichte hin und her; der Leopard wird ängſtlich und läßt ein leiſes Knurren vernehmen. Nun ſtrengt der Pater auch ſein Gehör an, um das Raubthier zu erſpähen. Da fällt ein Lichtſtrahl gerade in die glänzenden Feueraugen des Leoparden: — im Nu iſt die Büchſe an der Wange — der Schuß kracht in das Jnnere des Stalles; alle Ziegen rennen entſetzt umher; der Junge läßt vor Schreck das Licht zu Boden fallen, daß es erliſcht: — dann wird es ſtill.
„Lebt der Leopard noch, Talla?‟
„„Jch weiß es nicht, mein Vater; die Ziegen ſind aber ruhig geworden.‟‟
„Nun, dann iſt er auch getroffen,‟ ſagt der muthige Geiſtliche, ladet, holt ſich neues Licht, öffnet die Thür und tritt, allerdings immer noch mit geſpannter Büchſe — in den Stall. An der gegenüber- ſtehenden Wand liegt der Leopard; die Kugel iſt ihm zwiſchen den Augen in den Kopf gedrungen. —
Bei weitem die wenigſten Leoparden, welche getödtet werden, enden ihr Leben durch die Kugel. Verſchiedene Fallen ſind weit ergiebiger, als das Feuergewehr. Wo Europäer haufen, wendet man ſtarke Tellereiſen und Schlagfallen an oder hängt ein Stück Fleiſch in ziemlicher Höhe an einem Baumaſt auf und ſpickt den Boden dicht mit ziemlich langen, eiſernen Spitzen. Das Raubthier ſpringt nach dem Fleiſche, welches zu ſicherm Sprunge zu hoch hängt, und ſtürzt oft in eine der dort aufge- pflanzten Spitzen. — Pater Fillipini hatte ſchon gegen ein Viertelhundert Leoparden in Fallen ge- fangen, welche ganz nach Art der Mäuſefallen eingerichtet, aber natürlich viel größer ſind. Eine Henne oder eine junge Ziege wurde in der hinterſten Abtheilung der Falle zum Köder benutzt. Früher oder ſpäter überwog die Raubluſt doch alle Schlauheit, und der Räuber faß im Kerker, wo ihn der Pater dann am andern Morgen mit aller Ruhe und Sicherheit todtſchoß. Einmal fing ſich auch ein Löwe in einer ſolchen Falle; für ihn war aber noch keine Kugel gegoſſen. Er ſchlug erzürnt mit einem Prankenſchlage die Fallthüre entzwei und entwich! —
Genau dieſelbe Falle wendet man am Vorgebirge der guten Hoffnung an. Es iſt für die ganze Umgegend ein großes Feſt, wenn eine von ihnen ihren Zweck erfüllt und den gehaßten Räuber in die Gewalt des Menſchen gebracht hat. Drayſon ſchildert in ſehr lebendiger Weiſe einen derartigen Fang.
„Ein Haus in der Nähe von Natal wurde mehrmals von einem Leoparden beſucht und nach Möglichkeit ausgeplündert. Das Thier hatte in kurzer Zeit einen Hund, unzählbare Hühner und ein Ferkel weggetragen und bezeigte einen ſo verſchiedenartigen und außerordentlichen Appetit, daß es geradezu unerſättlich ſchien. Man baute deswegen eine Falle und ſetzte eine alte Henne in den hinterſten Theil des Käfigs. Die Falle ſelbſt war ſo feſt, daß ſie auch den Kräften eines Löwen Widerſtand geleiſtet haben würde. Der Leopard war zu ſchlau, als daß er bei der erſten Gelegenheit,
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[265/0329]
Eine Jagd in Habeſch. Leopardenfallen.
„„Jch habe kein Feuer, mein Vater!‟‟
„Wohl, ſo werde ich Dir welches bringen.‟
Der Jäger geht zurück, holt ein Wachslicht und Streichhölzchen, macht eine kleine Oeffnung durch
die Strohwand und reicht Beides dem Knaben mit der Aufforderung, Licht anzuzünden. Der arme
Burſche iſt aber durch den Ueberfall des gefürchteten Thieres ſo erſchreckt, daß er nicht unter ſeinen
Fellen, welche er als ſchützende Decke über ſich ausgebreitet hat, hervorkommt. Vater Fillipini muß
alſo ein zweites Loch machen, durch welches er die zweite Hand hindurchſteckt. Er bittet den Knaben,
ihm wenigſtens die Hand zu reichen und die Kerze zu faſſen, ſtreicht Licht an, und einen Augenblick
ſpäter iſt der nicht allzugroße Raum erhellt, wenn auch noch immer dürftig genug.
Jetzt wird es dem Leoparden bedenklich. Er läßt die gemordete Ziege liegen und ſchleicht, den
Leib dicht an die Wand des Stalles gedrückt, unhörbar dahin, ſeinem Ausgangsloche zu. Ein allge-
meines Ausreißen der geängſtigten Ziegen zeigt ſeine Bewegung dem Ohr unſers Paters an, welcher
mit der Büchſe in der Hand vor einem dritten durch die Wand gebohrten Schießloche ſteht.
„Leuchte mehr nach dieſer Seite, Talla!‟
Es geſchieht; allein der Jäger ſieht nur einen Schatten, ohne im Stande zu ſein, ihn aufs Korn
zu nehmen. Der Junge fackelt mit dem Lichte hin und her; der Leopard wird ängſtlich und läßt ein
leiſes Knurren vernehmen. Nun ſtrengt der Pater auch ſein Gehör an, um das Raubthier zu erſpähen.
Da fällt ein Lichtſtrahl gerade in die glänzenden Feueraugen des Leoparden: — im Nu iſt die
Büchſe an der Wange — der Schuß kracht in das Jnnere des Stalles; alle Ziegen rennen
entſetzt umher; der Junge läßt vor Schreck das Licht zu Boden fallen, daß es erliſcht: — dann
wird es ſtill.
„Lebt der Leopard noch, Talla?‟
„„Jch weiß es nicht, mein Vater; die Ziegen ſind aber ruhig geworden.‟‟
„Nun, dann iſt er auch getroffen,‟ ſagt der muthige Geiſtliche, ladet, holt ſich neues Licht, öffnet
die Thür und tritt, allerdings immer noch mit geſpannter Büchſe — in den Stall. An der gegenüber-
ſtehenden Wand liegt der Leopard; die Kugel iſt ihm zwiſchen den Augen in den Kopf gedrungen. —
Bei weitem die wenigſten Leoparden, welche getödtet werden, enden ihr Leben durch die Kugel.
Verſchiedene Fallen ſind weit ergiebiger, als das Feuergewehr. Wo Europäer haufen, wendet man
ſtarke Tellereiſen und Schlagfallen an oder hängt ein Stück Fleiſch in ziemlicher Höhe an einem
Baumaſt auf und ſpickt den Boden dicht mit ziemlich langen, eiſernen Spitzen. Das Raubthier ſpringt
nach dem Fleiſche, welches zu ſicherm Sprunge zu hoch hängt, und ſtürzt oft in eine der dort aufge-
pflanzten Spitzen. — Pater Fillipini hatte ſchon gegen ein Viertelhundert Leoparden in Fallen ge-
fangen, welche ganz nach Art der Mäuſefallen eingerichtet, aber natürlich viel größer ſind. Eine
Henne oder eine junge Ziege wurde in der hinterſten Abtheilung der Falle zum Köder benutzt.
Früher oder ſpäter überwog die Raubluſt doch alle Schlauheit, und der Räuber faß im Kerker, wo
ihn der Pater dann am andern Morgen mit aller Ruhe und Sicherheit todtſchoß. Einmal fing ſich
auch ein Löwe in einer ſolchen Falle; für ihn war aber noch keine Kugel gegoſſen. Er ſchlug erzürnt
mit einem Prankenſchlage die Fallthüre entzwei und entwich! —
Genau dieſelbe Falle wendet man am Vorgebirge der guten Hoffnung an. Es iſt für die
ganze Umgegend ein großes Feſt, wenn eine von ihnen ihren Zweck erfüllt und den gehaßten
Räuber in die Gewalt des Menſchen gebracht hat. Drayſon ſchildert in ſehr lebendiger Weiſe
einen derartigen Fang.
„Ein Haus in der Nähe von Natal wurde mehrmals von einem Leoparden beſucht und nach
Möglichkeit ausgeplündert. Das Thier hatte in kurzer Zeit einen Hund, unzählbare Hühner und ein
Ferkel weggetragen und bezeigte einen ſo verſchiedenartigen und außerordentlichen Appetit, daß es
geradezu unerſättlich ſchien. Man baute deswegen eine Falle und ſetzte eine alte Henne in den
hinterſten Theil des Käfigs. Die Falle ſelbſt war ſo feſt, daß ſie auch den Kräften eines Löwen
Widerſtand geleiſtet haben würde. Der Leopard war zu ſchlau, als daß er bei der erſten Gelegenheit,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/329>, abgerufen am 22.11.2024.
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