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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Hundsköpfe. -- Hamadryas oder Mantelpavian. Gelada.
einige Paviane aufmerksam, welche auf ziemlich hohen Bäumen saßen. Jch erwähne Dies ausdrück-
lich, weil die Paviane, wie ich oben sagte, gewöhnlich nur im Nothfalle Bäume ersteigen. Selbst-
verständlich wurde sofort auf die entdeckten Schelme Jagd gemacht, obgleich ich davon abrieth, weil
ich richtig vermuthete, daß die Hauptmenge auf der andern Seite des Berges sitzen würde. Beim
Umgehen einer Thalbiegung sahen wir denn auch eine der größten Herden, welche uns überhaupt
vorgekommen, langsam an den Bergwänden dahinschreiten. Jhnen wurde jetzt eine wahre Schlacht
geliefert. Mehr als zwanzig Schüsse fielen von uns, mehrere der Paviane wurden getödtet, viele
verwundet und die ganze Herde nach und nach auf den Kamm des Berges getrieben. Anfänglich
schossen wir vom Thalgrunde aus: bald aber suchten wir an der gegenüberliegenden Wand geschütztere
Standorte; denn die von uns durch unsere Schüsse ebenso erschreckten wie erzürnten Thiere griffen
jeden Stein auf, welchen sie auf ihrem Wege liegen sahen, und rollten ihn in die Tiefe hinab. Der
Büchsenspanner des Herzogs versicherte, ein großes Männchen gesehen zu haben, welches mit einem
gewaltigen Stein unter dem Arme einen Baum erstiegen und von dort aus seine Bürde nach uns zu
in die Tiefe hinabgeschleudert habe. Mehrere der Rollsteine flogen uns im Anfang so nahe an den
Köpfen vorbei, daß wir das Lebensgefährliche unserer Stellung augenblicklich einsahen und förmlich
flüchteten, um bessere Plätze zu gewinnen. Während des ganzen Gefechts blieb die Thalsohle für
unsere nachkommende Karawane vollständig gesperrt; denn die Paviane rollten Steine von mehr als
Kopfgröße zur Tiefe hernieder. Daß die gesunden, den Jndianern gleich, ihre Leichen vom Schlacht-
felde weggetragen hätten, wie Bayssiere beobachtet haben will, ist von uns nicht gesehen auch etwas
darauf Bezügliches anderweitig vernommen worden. Dagegen unterliegt es wohl keinem Zweifel,
daß die fernere Erzählung jenes Reisenden ihre Richtigkeit hat. Bayssiere erlegte nämlich ein
Weibchen, welches ein Junges trug, und beobachtete, daß letzteres seine Mutter auch im Tode nicht
verließ, sondern sich willig von den Todfeinden fangen ließ und ungeachtet seiner anfänglichen Stör-
rigkeit bald zahm und sanft wurde. Auch dieser Reisende wurde durch das Herabrollen von Steinen
durch Paviane arg belästigt.

Mir ist es, seitdem ich die Thiere selbst in ihrer Freiheit sah, durchaus nicht mehr unwahr-
scheinlich, daß sie auf einen nicht mit dem Feuergewehr bewaffneten Menschen im Augenblick der
höchsten Gefahr muthig losgehen und ihn gemeinsam angreifen, wie die Araber und Abissinier, sowie
übereinstimmend auch gute Beobachter, namentlich Rüppell und Schimper, erzählen. Wir selbst
haben zwar keine Erfahrungen gesammelt, welche jene Beobachtungen bestätigen könnten, wohl aber
gesehen, daß die Hamadryaden selbst vor dem Bewaffneten sich nur höchst langsam und mit sehr
vielsagendem Zähnefletschen und Brüllen zurückziehen. Schimper versicherte mich, daß der Hamadryas
ohne Umstände Menschen nicht nur angriffe, sondern auch bewältige und tödte; alte Männchen
sollen sich sogar ungereizt und zwar wiederholt über holzsammelnde Mädchen hergemacht und sie
umgebracht haben, wenn sie sich widersetzten. Auch Rüpell giebt an, daß der scheußliche Affe unter
die gefährlichsten Gegner des Menschen gerechnet werden muß.

Jn Egypten und namentlich in Kairo sieht man den Mantelpavian häufig genug im Besitz von
Gauklern und Volksbelustigern. Wahrscheinlich werden noch heute genau dieselben Spiele dem Volke
zur Schau gegeben, welche schon Alpinus sah, wie ja auch heutigen Tages noch mit der Brillen-
schlange
in derselben Weise gegankelt wird, in welcher Moses vor Pharao gankelte. Zumal an Fest-
tagen findet man auf jedem größern Platze der Hauptstadt einen Affenführer und Schlangen-
beschwörer. Die bezüglichen Vorstellungen stehen unter der Mittelmäßigkeit oder vielmehr, sie sind
pöbelhaft gemein. Der Schausteller hat die Gelehrigkeit des Pavians benutzt, um seine eigne Un-
sauberkeit im scheußlichsten Zerrbilde wiederzugeben, und die Naturanlage des Affen kommt dem
Herrn nur zu gut zu Statten. Wie gescheit ein solcher Affe werden kann, sehen wir ja übrigens
häufig genug in Affenschaubuden, welche uns gezähmte und abgerichtete Thiere derselben Sippe vor-
führen. Uebrigens benutzen die egyptischen Gaukler gewöhnlich Weibchen; denn die Männchen
werden mit der Zeit zu bösartig und gefährlich. Sogar in Egypten dürfen sie nicht ohne Beißkorb

Die Affen. Hundsköpfe. — Hamadryas oder Mantelpavian. Gelada.
einige Paviane aufmerkſam, welche auf ziemlich hohen Bäumen ſaßen. Jch erwähne Dies ausdrück-
lich, weil die Paviane, wie ich oben ſagte, gewöhnlich nur im Nothfalle Bäume erſteigen. Selbſt-
verſtändlich wurde ſofort auf die entdeckten Schelme Jagd gemacht, obgleich ich davon abrieth, weil
ich richtig vermuthete, daß die Hauptmenge auf der andern Seite des Berges ſitzen würde. Beim
Umgehen einer Thalbiegung ſahen wir denn auch eine der größten Herden, welche uns überhaupt
vorgekommen, langſam an den Bergwänden dahinſchreiten. Jhnen wurde jetzt eine wahre Schlacht
geliefert. Mehr als zwanzig Schüſſe fielen von uns, mehrere der Paviane wurden getödtet, viele
verwundet und die ganze Herde nach und nach auf den Kamm des Berges getrieben. Anfänglich
ſchoſſen wir vom Thalgrunde aus: bald aber ſuchten wir an der gegenüberliegenden Wand geſchütztere
Standorte; denn die von uns durch unſere Schüſſe ebenſo erſchreckten wie erzürnten Thiere griffen
jeden Stein auf, welchen ſie auf ihrem Wege liegen ſahen, und rollten ihn in die Tiefe hinab. Der
Büchſenſpanner des Herzogs verſicherte, ein großes Männchen geſehen zu haben, welches mit einem
gewaltigen Stein unter dem Arme einen Baum erſtiegen und von dort aus ſeine Bürde nach uns zu
in die Tiefe hinabgeſchleudert habe. Mehrere der Rollſteine flogen uns im Anfang ſo nahe an den
Köpfen vorbei, daß wir das Lebensgefährliche unſerer Stellung augenblicklich einſahen und förmlich
flüchteten, um beſſere Plätze zu gewinnen. Während des ganzen Gefechts blieb die Thalſohle für
unſere nachkommende Karawane vollſtändig geſperrt; denn die Paviane rollten Steine von mehr als
Kopfgröße zur Tiefe hernieder. Daß die geſunden, den Jndianern gleich, ihre Leichen vom Schlacht-
felde weggetragen hätten, wie Bayſſière beobachtet haben will, iſt von uns nicht geſehen auch etwas
darauf Bezügliches anderweitig vernommen worden. Dagegen unterliegt es wohl keinem Zweifel,
daß die fernere Erzählung jenes Reiſenden ihre Richtigkeit hat. Bayſſière erlegte nämlich ein
Weibchen, welches ein Junges trug, und beobachtete, daß letzteres ſeine Mutter auch im Tode nicht
verließ, ſondern ſich willig von den Todfeinden fangen ließ und ungeachtet ſeiner anfänglichen Stör-
rigkeit bald zahm und ſanft wurde. Auch dieſer Reiſende wurde durch das Herabrollen von Steinen
durch Paviane arg beläſtigt.

Mir iſt es, ſeitdem ich die Thiere ſelbſt in ihrer Freiheit ſah, durchaus nicht mehr unwahr-
ſcheinlich, daß ſie auf einen nicht mit dem Feuergewehr bewaffneten Menſchen im Augenblick der
höchſten Gefahr muthig losgehen und ihn gemeinſam angreifen, wie die Araber und Abiſſinier, ſowie
übereinſtimmend auch gute Beobachter, namentlich Rüppell und Schimper, erzählen. Wir ſelbſt
haben zwar keine Erfahrungen geſammelt, welche jene Beobachtungen beſtätigen könnten, wohl aber
geſehen, daß die Hamadryaden ſelbſt vor dem Bewaffneten ſich nur höchſt langſam und mit ſehr
vielſagendem Zähnefletſchen und Brüllen zurückziehen. Schimper verſicherte mich, daß der Hamadryas
ohne Umſtände Menſchen nicht nur angriffe, ſondern auch bewältige und tödte; alte Männchen
ſollen ſich ſogar ungereizt und zwar wiederholt über holzſammelnde Mädchen hergemacht und ſie
umgebracht haben, wenn ſie ſich widerſetzten. Auch Rüpell giebt an, daß der ſcheußliche Affe unter
die gefährlichſten Gegner des Menſchen gerechnet werden muß.

Jn Egypten und namentlich in Kairo ſieht man den Mantelpavian häufig genug im Beſitz von
Gauklern und Volksbeluſtigern. Wahrſcheinlich werden noch heute genau dieſelben Spiele dem Volke
zur Schau gegeben, welche ſchon Alpinus ſah, wie ja auch heutigen Tages noch mit der Brillen-
ſchlange
in derſelben Weiſe gegankelt wird, in welcher Moſes vor Pharao gankelte. Zumal an Feſt-
tagen findet man auf jedem größern Platze der Hauptſtadt einen Affenführer und Schlangen-
beſchwörer. Die bezüglichen Vorſtellungen ſtehen unter der Mittelmäßigkeit oder vielmehr, ſie ſind
pöbelhaft gemein. Der Schauſteller hat die Gelehrigkeit des Pavians benutzt, um ſeine eigne Un-
ſauberkeit im ſcheußlichſten Zerrbilde wiederzugeben, und die Naturanlage des Affen kommt dem
Herrn nur zu gut zu Statten. Wie geſcheit ein ſolcher Affe werden kann, ſehen wir ja übrigens
häufig genug in Affenſchaubuden, welche uns gezähmte und abgerichtete Thiere derſelben Sippe vor-
führen. Uebrigens benutzen die egyptiſchen Gaukler gewöhnlich Weibchen; denn die Männchen
werden mit der Zeit zu bösartig und gefährlich. Sogar in Egypten dürfen ſie nicht ohne Beißkorb

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[80/0136] Die Affen. Hundsköpfe. — Hamadryas oder Mantelpavian. Gelada. einige Paviane aufmerkſam, welche auf ziemlich hohen Bäumen ſaßen. Jch erwähne Dies ausdrück- lich, weil die Paviane, wie ich oben ſagte, gewöhnlich nur im Nothfalle Bäume erſteigen. Selbſt- verſtändlich wurde ſofort auf die entdeckten Schelme Jagd gemacht, obgleich ich davon abrieth, weil ich richtig vermuthete, daß die Hauptmenge auf der andern Seite des Berges ſitzen würde. Beim Umgehen einer Thalbiegung ſahen wir denn auch eine der größten Herden, welche uns überhaupt vorgekommen, langſam an den Bergwänden dahinſchreiten. Jhnen wurde jetzt eine wahre Schlacht geliefert. Mehr als zwanzig Schüſſe fielen von uns, mehrere der Paviane wurden getödtet, viele verwundet und die ganze Herde nach und nach auf den Kamm des Berges getrieben. Anfänglich ſchoſſen wir vom Thalgrunde aus: bald aber ſuchten wir an der gegenüberliegenden Wand geſchütztere Standorte; denn die von uns durch unſere Schüſſe ebenſo erſchreckten wie erzürnten Thiere griffen jeden Stein auf, welchen ſie auf ihrem Wege liegen ſahen, und rollten ihn in die Tiefe hinab. Der Büchſenſpanner des Herzogs verſicherte, ein großes Männchen geſehen zu haben, welches mit einem gewaltigen Stein unter dem Arme einen Baum erſtiegen und von dort aus ſeine Bürde nach uns zu in die Tiefe hinabgeſchleudert habe. Mehrere der Rollſteine flogen uns im Anfang ſo nahe an den Köpfen vorbei, daß wir das Lebensgefährliche unſerer Stellung augenblicklich einſahen und förmlich flüchteten, um beſſere Plätze zu gewinnen. Während des ganzen Gefechts blieb die Thalſohle für unſere nachkommende Karawane vollſtändig geſperrt; denn die Paviane rollten Steine von mehr als Kopfgröße zur Tiefe hernieder. Daß die geſunden, den Jndianern gleich, ihre Leichen vom Schlacht- felde weggetragen hätten, wie Bayſſière beobachtet haben will, iſt von uns nicht geſehen auch etwas darauf Bezügliches anderweitig vernommen worden. Dagegen unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß die fernere Erzählung jenes Reiſenden ihre Richtigkeit hat. Bayſſière erlegte nämlich ein Weibchen, welches ein Junges trug, und beobachtete, daß letzteres ſeine Mutter auch im Tode nicht verließ, ſondern ſich willig von den Todfeinden fangen ließ und ungeachtet ſeiner anfänglichen Stör- rigkeit bald zahm und ſanft wurde. Auch dieſer Reiſende wurde durch das Herabrollen von Steinen durch Paviane arg beläſtigt. Mir iſt es, ſeitdem ich die Thiere ſelbſt in ihrer Freiheit ſah, durchaus nicht mehr unwahr- ſcheinlich, daß ſie auf einen nicht mit dem Feuergewehr bewaffneten Menſchen im Augenblick der höchſten Gefahr muthig losgehen und ihn gemeinſam angreifen, wie die Araber und Abiſſinier, ſowie übereinſtimmend auch gute Beobachter, namentlich Rüppell und Schimper, erzählen. Wir ſelbſt haben zwar keine Erfahrungen geſammelt, welche jene Beobachtungen beſtätigen könnten, wohl aber geſehen, daß die Hamadryaden ſelbſt vor dem Bewaffneten ſich nur höchſt langſam und mit ſehr vielſagendem Zähnefletſchen und Brüllen zurückziehen. Schimper verſicherte mich, daß der Hamadryas ohne Umſtände Menſchen nicht nur angriffe, ſondern auch bewältige und tödte; alte Männchen ſollen ſich ſogar ungereizt und zwar wiederholt über holzſammelnde Mädchen hergemacht und ſie umgebracht haben, wenn ſie ſich widerſetzten. Auch Rüpell giebt an, daß der ſcheußliche Affe unter die gefährlichſten Gegner des Menſchen gerechnet werden muß. Jn Egypten und namentlich in Kairo ſieht man den Mantelpavian häufig genug im Beſitz von Gauklern und Volksbeluſtigern. Wahrſcheinlich werden noch heute genau dieſelben Spiele dem Volke zur Schau gegeben, welche ſchon Alpinus ſah, wie ja auch heutigen Tages noch mit der Brillen- ſchlange in derſelben Weiſe gegankelt wird, in welcher Moſes vor Pharao gankelte. Zumal an Feſt- tagen findet man auf jedem größern Platze der Hauptſtadt einen Affenführer und Schlangen- beſchwörer. Die bezüglichen Vorſtellungen ſtehen unter der Mittelmäßigkeit oder vielmehr, ſie ſind pöbelhaft gemein. Der Schauſteller hat die Gelehrigkeit des Pavians benutzt, um ſeine eigne Un- ſauberkeit im ſcheußlichſten Zerrbilde wiederzugeben, und die Naturanlage des Affen kommt dem Herrn nur zu gut zu Statten. Wie geſcheit ein ſolcher Affe werden kann, ſehen wir ja übrigens häufig genug in Affenſchaubuden, welche uns gezähmte und abgerichtete Thiere derſelben Sippe vor- führen. Uebrigens benutzen die egyptiſchen Gaukler gewöhnlich Weibchen; denn die Männchen werden mit der Zeit zu bösartig und gefährlich. Sogar in Egypten dürfen ſie nicht ohne Beißkorb

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/136>, abgerufen am 30.04.2024.