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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Alter Ruhm. Heimat. Aufenthalt. Lebensweise.
angenehmer scheinen sie ihnen zu sein. Wasser in der Nähe ist unerläßliche Bedingung für das Wohl-
befinden einer Herde. Von den höheren Bergen herab wandern die Gesellschaften zuweilen auf die
niederen Hügelreihen der Samchara oder des Wüstenstreifens an der Meeresküste herab; die Haupt-
masse bleibt aber immer im Hochgebirge. Hier bewohnt jede Herde ein Gebiet von vielleicht 11/2 oder
2 Meilen im Durchmesser. Man begegnet kleineren Gesellschaften viel seltener, als größeren. Jch sah
ein einziges Mal eine Schar von funfzehn bis zwanzig Stück, sonst aber immer Herden, welche der
geringsten Schätzung nach ihrer hundert und funfzig zählen mochten. Darunter befinden sich dann
etwa zehn bis funfzehn vollkommen erwachsene Männchen -- wahrhafte Ungeheuer von bedeutender
Größe und einem Gebiß, welches das des Leoparden an Stärke und Länge der Zähne bei weitem
übertrifft, -- und etwa doppelt so viel erwachsene Weibchen. Der Rest besteht aus Jungen und
Halberwachsenen. Die alten Männchen zeichnen sich durch ihre gewaltige Größe und den langen
Mantel aus -- bei einem von mir erlegten mittelalten Männchen messen die Mantelhaare zehn
pariser oder fast zwölf leipziger Zoll; -- die Weibchen sind kürzer behaart und dunkler, d. h. oliven-
braun von Farbe: die Jungen ähneln der Mutter. Unser Bild überhebt mich einer Beschreibung der
sonderbaren Haarlage auf dem Kopfe des Hamadryas, welche bei den Afrikanern so großen Beifall
fand; hinsichtlich der Färbung aber muß ich bemerken, daß jedes einzelne Haar wechselnd grünlich
braun und gelblich geringelt ist, wodurch eine sehr schwer zu beschreibende, dürr gewordenem Grase
am meisten ähnelnde Gesammtfärbung des Pelzes entsteht. Die Kopfseiten und Hinterbeine sind
immer lichter, meist aschgrau. Das Gesäß ist brennend roth, das nackte Gesicht schmuzig fleischfarben.
Je älter die Männchen werden, um so mehr lichtet sich die Farbe ihres Mantels. Jedoch ist es mir
wahrscheinlich, daß es wenigstens zwei verschiedene Arten dieser Paviane giebt: eine kleinere mit asch-
grauem Mantel, welche Asien bewohnt, und die bedeutend größere, afrikanische Art, bei welcher der
Mantel auch im höchsten Alter immer grünlich braungrau gefärbt ist: -- unsere Abbildung stellt
die erstere dar.

Jn den Frühstunden oder bei Regen findet man die ganze Bande an ihren Schlafplätzen,
größeren und kleineren Höhlungen an unersteiglichen Felswänden und auf überdachten Felsgesimsen,
möglichst nahe zusammengedrückt, die Jüngeren und Schwächeren dicht an den Leib ihrer Mütter und
bezüglich auch ihrer Väter geschmiegt. Bei gutem Wetter verläßt die Herde jene Wände in den Vor-
mittagsstunden und wandert nun langsam und gemächlich längs der Felswände dahin, hier und
da eine Pflanze ausziehend, deren Wurzel hauptsächlich als Nahrungsmittel zu dienen scheint, und
jeden nicht allzugroßen Stein umwendend, um zu besonderen Leckerbissen, den unter den Steinen ver-
borgenen Kerbthieren, Schnecken und Würmern zu gelangen. Sobald das Frühmahl eingenommen,
steigt Alles nach der Höhe des Bergkammes empor. Die Männchen setzen sich ernst und würdig auf
große Steine, an deren einer Seite die körperlangen gequasteten Schwänze herabhängen, den Rücken
immer nach dem Winde zugekehrt. Die Weibchen beaufsichtigen ihre ohne Unterlaß spielenden und
sich balgenden Jungen und treiben sich unter diesen umher. Jn den späten Nachmittagsstunden zieht
die Gesellschaft zum nächsten Wasser, um dort zu trinken; dann geht sie nochmals auf Nahrung aus
und wendet sich schließlich nach irgend einem geeigneten Schlafplatze. Jst ein solcher besonders
günstig, so darf man mit Sicherheit darauf rechnen, die Paviane gegen Abend da einziehen zu sehen,
selbstverständlich, so lange man sie nicht durch wiederholte Verfolgungen gestört hat. Durrahfelder
in der Nähe des Wohnplatzes gehören zu den ganz besonderen Annehmlichkeiten desselben und müssen
sorgfältig gehütet werden, wenn man auf eine Ernte rechnen will; sonst erscheinen die frechen Räuber
tagtäglich, verwüsten weit mehr, als sie verzehren, und richten schließlich das ganze Feld vollständig
zu Grunde.

Wenn die Paviane still sitzen, schweigt die ganze Gesellschaft, so lange sich nichts Auffälliges
zeigt. Ein etwa herankommender Menschenzug oder eine Viehherde entlockt einem oder dem andern
ganz sonderbare Laute, welche am besten mit dem Gebell mancher Hunde verglichen werden können
und wahrscheinlich nichts Anderes bezwecken, als die Aufmerksamkeit der Gesammtheit zu erregen. Bei

Alter Ruhm. Heimat. Aufenthalt. Lebensweiſe.
angenehmer ſcheinen ſie ihnen zu ſein. Waſſer in der Nähe iſt unerläßliche Bedingung für das Wohl-
befinden einer Herde. Von den höheren Bergen herab wandern die Geſellſchaften zuweilen auf die
niederen Hügelreihen der Samchara oder des Wüſtenſtreifens an der Meeresküſte herab; die Haupt-
maſſe bleibt aber immer im Hochgebirge. Hier bewohnt jede Herde ein Gebiet von vielleicht 1½ oder
2 Meilen im Durchmeſſer. Man begegnet kleineren Geſellſchaften viel ſeltener, als größeren. Jch ſah
ein einziges Mal eine Schar von funfzehn bis zwanzig Stück, ſonſt aber immer Herden, welche der
geringſten Schätzung nach ihrer hundert und funfzig zählen mochten. Darunter befinden ſich dann
etwa zehn bis funfzehn vollkommen erwachſene Männchen — wahrhafte Ungeheuer von bedeutender
Größe und einem Gebiß, welches das des Leoparden an Stärke und Länge der Zähne bei weitem
übertrifft, — und etwa doppelt ſo viel erwachſene Weibchen. Der Reſt beſteht aus Jungen und
Halberwachſenen. Die alten Männchen zeichnen ſich durch ihre gewaltige Größe und den langen
Mantel aus — bei einem von mir erlegten mittelalten Männchen meſſen die Mantelhaare zehn
pariſer oder faſt zwölf leipziger Zoll; — die Weibchen ſind kürzer behaart und dunkler, d. h. oliven-
braun von Farbe: die Jungen ähneln der Mutter. Unſer Bild überhebt mich einer Beſchreibung der
ſonderbaren Haarlage auf dem Kopfe des Hamadryas, welche bei den Afrikanern ſo großen Beifall
fand; hinſichtlich der Färbung aber muß ich bemerken, daß jedes einzelne Haar wechſelnd grünlich
braun und gelblich geringelt iſt, wodurch eine ſehr ſchwer zu beſchreibende, dürr gewordenem Graſe
am meiſten ähnelnde Geſammtfärbung des Pelzes entſteht. Die Kopfſeiten und Hinterbeine ſind
immer lichter, meiſt aſchgrau. Das Geſäß iſt brennend roth, das nackte Geſicht ſchmuzig fleiſchfarben.
Je älter die Männchen werden, um ſo mehr lichtet ſich die Farbe ihres Mantels. Jedoch iſt es mir
wahrſcheinlich, daß es wenigſtens zwei verſchiedene Arten dieſer Paviane giebt: eine kleinere mit aſch-
grauem Mantel, welche Aſien bewohnt, und die bedeutend größere, afrikaniſche Art, bei welcher der
Mantel auch im höchſten Alter immer grünlich braungrau gefärbt iſt: — unſere Abbildung ſtellt
die erſtere dar.

Jn den Frühſtunden oder bei Regen findet man die ganze Bande an ihren Schlafplätzen,
größeren und kleineren Höhlungen an unerſteiglichen Felswänden und auf überdachten Felsgeſimſen,
möglichſt nahe zuſammengedrückt, die Jüngeren und Schwächeren dicht an den Leib ihrer Mütter und
bezüglich auch ihrer Väter geſchmiegt. Bei gutem Wetter verläßt die Herde jene Wände in den Vor-
mittagsſtunden und wandert nun langſam und gemächlich längs der Felswände dahin, hier und
da eine Pflanze ausziehend, deren Wurzel hauptſächlich als Nahrungsmittel zu dienen ſcheint, und
jeden nicht allzugroßen Stein umwendend, um zu beſonderen Leckerbiſſen, den unter den Steinen ver-
borgenen Kerbthieren, Schnecken und Würmern zu gelangen. Sobald das Frühmahl eingenommen,
ſteigt Alles nach der Höhe des Bergkammes empor. Die Männchen ſetzen ſich ernſt und würdig auf
große Steine, an deren einer Seite die körperlangen gequaſteten Schwänze herabhängen, den Rücken
immer nach dem Winde zugekehrt. Die Weibchen beaufſichtigen ihre ohne Unterlaß ſpielenden und
ſich balgenden Jungen und treiben ſich unter dieſen umher. Jn den ſpäten Nachmittagsſtunden zieht
die Geſellſchaft zum nächſten Waſſer, um dort zu trinken; dann geht ſie nochmals auf Nahrung aus
und wendet ſich ſchließlich nach irgend einem geeigneten Schlafplatze. Jſt ein ſolcher beſonders
günſtig, ſo darf man mit Sicherheit darauf rechnen, die Paviane gegen Abend da einziehen zu ſehen,
ſelbſtverſtändlich, ſo lange man ſie nicht durch wiederholte Verfolgungen geſtört hat. Durrahfelder
in der Nähe des Wohnplatzes gehören zu den ganz beſonderen Annehmlichkeiten deſſelben und müſſen
ſorgfältig gehütet werden, wenn man auf eine Ernte rechnen will; ſonſt erſcheinen die frechen Räuber
tagtäglich, verwüſten weit mehr, als ſie verzehren, und richten ſchließlich das ganze Feld vollſtändig
zu Grunde.

Wenn die Paviane ſtill ſitzen, ſchweigt die ganze Geſellſchaft, ſo lange ſich nichts Auffälliges
zeigt. Ein etwa herankommender Menſchenzug oder eine Viehherde entlockt einem oder dem andern
ganz ſonderbare Laute, welche am beſten mit dem Gebell mancher Hunde verglichen werden können
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[77/0133] Alter Ruhm. Heimat. Aufenthalt. Lebensweiſe. angenehmer ſcheinen ſie ihnen zu ſein. Waſſer in der Nähe iſt unerläßliche Bedingung für das Wohl- befinden einer Herde. Von den höheren Bergen herab wandern die Geſellſchaften zuweilen auf die niederen Hügelreihen der Samchara oder des Wüſtenſtreifens an der Meeresküſte herab; die Haupt- maſſe bleibt aber immer im Hochgebirge. Hier bewohnt jede Herde ein Gebiet von vielleicht 1½ oder 2 Meilen im Durchmeſſer. Man begegnet kleineren Geſellſchaften viel ſeltener, als größeren. Jch ſah ein einziges Mal eine Schar von funfzehn bis zwanzig Stück, ſonſt aber immer Herden, welche der geringſten Schätzung nach ihrer hundert und funfzig zählen mochten. Darunter befinden ſich dann etwa zehn bis funfzehn vollkommen erwachſene Männchen — wahrhafte Ungeheuer von bedeutender Größe und einem Gebiß, welches das des Leoparden an Stärke und Länge der Zähne bei weitem übertrifft, — und etwa doppelt ſo viel erwachſene Weibchen. Der Reſt beſteht aus Jungen und Halberwachſenen. Die alten Männchen zeichnen ſich durch ihre gewaltige Größe und den langen Mantel aus — bei einem von mir erlegten mittelalten Männchen meſſen die Mantelhaare zehn pariſer oder faſt zwölf leipziger Zoll; — die Weibchen ſind kürzer behaart und dunkler, d. h. oliven- braun von Farbe: die Jungen ähneln der Mutter. Unſer Bild überhebt mich einer Beſchreibung der ſonderbaren Haarlage auf dem Kopfe des Hamadryas, welche bei den Afrikanern ſo großen Beifall fand; hinſichtlich der Färbung aber muß ich bemerken, daß jedes einzelne Haar wechſelnd grünlich braun und gelblich geringelt iſt, wodurch eine ſehr ſchwer zu beſchreibende, dürr gewordenem Graſe am meiſten ähnelnde Geſammtfärbung des Pelzes entſteht. Die Kopfſeiten und Hinterbeine ſind immer lichter, meiſt aſchgrau. Das Geſäß iſt brennend roth, das nackte Geſicht ſchmuzig fleiſchfarben. Je älter die Männchen werden, um ſo mehr lichtet ſich die Farbe ihres Mantels. Jedoch iſt es mir wahrſcheinlich, daß es wenigſtens zwei verſchiedene Arten dieſer Paviane giebt: eine kleinere mit aſch- grauem Mantel, welche Aſien bewohnt, und die bedeutend größere, afrikaniſche Art, bei welcher der Mantel auch im höchſten Alter immer grünlich braungrau gefärbt iſt: — unſere Abbildung ſtellt die erſtere dar. Jn den Frühſtunden oder bei Regen findet man die ganze Bande an ihren Schlafplätzen, größeren und kleineren Höhlungen an unerſteiglichen Felswänden und auf überdachten Felsgeſimſen, möglichſt nahe zuſammengedrückt, die Jüngeren und Schwächeren dicht an den Leib ihrer Mütter und bezüglich auch ihrer Väter geſchmiegt. Bei gutem Wetter verläßt die Herde jene Wände in den Vor- mittagsſtunden und wandert nun langſam und gemächlich längs der Felswände dahin, hier und da eine Pflanze ausziehend, deren Wurzel hauptſächlich als Nahrungsmittel zu dienen ſcheint, und jeden nicht allzugroßen Stein umwendend, um zu beſonderen Leckerbiſſen, den unter den Steinen ver- borgenen Kerbthieren, Schnecken und Würmern zu gelangen. Sobald das Frühmahl eingenommen, ſteigt Alles nach der Höhe des Bergkammes empor. Die Männchen ſetzen ſich ernſt und würdig auf große Steine, an deren einer Seite die körperlangen gequaſteten Schwänze herabhängen, den Rücken immer nach dem Winde zugekehrt. Die Weibchen beaufſichtigen ihre ohne Unterlaß ſpielenden und ſich balgenden Jungen und treiben ſich unter dieſen umher. Jn den ſpäten Nachmittagsſtunden zieht die Geſellſchaft zum nächſten Waſſer, um dort zu trinken; dann geht ſie nochmals auf Nahrung aus und wendet ſich ſchließlich nach irgend einem geeigneten Schlafplatze. Jſt ein ſolcher beſonders günſtig, ſo darf man mit Sicherheit darauf rechnen, die Paviane gegen Abend da einziehen zu ſehen, ſelbſtverſtändlich, ſo lange man ſie nicht durch wiederholte Verfolgungen geſtört hat. Durrahfelder in der Nähe des Wohnplatzes gehören zu den ganz beſonderen Annehmlichkeiten deſſelben und müſſen ſorgfältig gehütet werden, wenn man auf eine Ernte rechnen will; ſonſt erſcheinen die frechen Räuber tagtäglich, verwüſten weit mehr, als ſie verzehren, und richten ſchließlich das ganze Feld vollſtändig zu Grunde. Wenn die Paviane ſtill ſitzen, ſchweigt die ganze Geſellſchaft, ſo lange ſich nichts Auffälliges zeigt. Ein etwa herankommender Menſchenzug oder eine Viehherde entlockt einem oder dem andern ganz ſonderbare Laute, welche am beſten mit dem Gebell mancher Hunde verglichen werden können und wahrſcheinlich nichts Anderes bezwecken, als die Aufmerkſamkeit der Geſammtheit zu erregen. Bei

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/133>, abgerufen am 30.04.2024.