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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung des Wandern.
einem gemähnten Pavian ebensosehr, wie einem Makaken. Der Körper ist untersetzt, der Schwanz
mittellang. Eine große Mähne hüllt das Gesicht, den Kopf und die Schultern ein. Der ganze oberste
Theil des Pelzes ist schwarz gefärbt, die oberen und unteren Theile der Gliedmaßen lichtbräunlich-
grau, wie die Mähne, welche oben am dunkelsten, am Kinn am lichtesten ist. Gesicht und Hände sind
schwarz, die Gesäßschwielen röthlich. Erwachsene Thiere sind zwei Fuß lang, wobei der Schwanz
1 Fuß Länge hat.

Der Wandern bewohnt vorzüglich Ceylon und zwar ausschließlich die dichten Wälder. Seine
Nahrung besteht aus Knospen und Baumblättern. Er besucht ebenfalls die Gärten und richtet dort
unter Umständen bedeutenden Schaden an. Thierbach erzählt, daß die von diesen Affen herrühren-
den Verwüstungen oft wirklich jammervoll anzusehen sind. Jn manchen Kokosgärten sieht man nicht
eine einzige Frucht auf den Bäumen, aber den Boden ganz besät mit ihnen, zumal mit halbreifen,
welche diese Affen abgerissen und herabgeworfen haben.

Demungeachtet werden sie von den Malabaren geschätzt. Die Fürsten dieses Volks achten sie
sehr hoch, wegen ihrer Ernsthaftigkeit und ihrer Klugheit. Sie lassen Junge aufziehen und zu allerlei
Spielen abrichten, wobei dieselben sich zum Bewundern gut benehmen. Andere sagen, daß sie in
der Gefangenschaft nicht eben viel werth seien. Zwar sollen sie leicht an allerlei Nahrung gewöhnt
und auch ziemlich gezähmt, aber auch oft sehr grämlich werden können und dann höchst unliebens-
würdig sein. Außerdem sind sie ungesellig und maßen sich die Herrschaft über alle übrigen Affen an,
welche man mit ihnen zusammenhält, necken und ärgern die anderen Thiere, beißen die Wärter und
betragen sich auch sonst noch unartig.

Jch sah einen Wanderu in Amsterdam lebendig, konnte aber von dem eben Mitgetheilten Nichts
wahrnehmen. Freilich steckte das Thier allein in seinem Käfig und hatte deshalb keine Gelegenheit,
sein eigentliches Wesen zu zeigen; -- denn einen Affen muß man mit anderen seiner Art oder Familie
zusammensehen, wenn man ihn kennen lernen will. Der Wanderu, welchen ich sah, war ein stiller
und ziemlich langweiliger Gesell, welcher ruhig und gemessen in seinem Käfige auf- und abging und
sich um die Außenwelt wenig zu kümmern schien. Nur zuweilen bewies ein Blitzen des hübschen,
braunen Auges, daß er doch nicht ganz so theilnahmlos war, als er vorgab. Mit den Wärtern
stand er auf bestem Fuße; gegen Fremde zeigte er sich artig und bescheiden.



Die Affengruppe, welche wir nunmehr betrachten wollen, ist zwar eine der merkwürdigsten, nicht
aber auch eine der anziehendsten und angenehmsten. Wir finden in ihr vielmehr die häßlichsten,
rüdesten, flegelhaftesten und deshalb widerwärtigsten Mitglieder der ganzen Ordnung; wir sehen in
ihnen, den Pavianen oder Hundsköpfen (Cynocephalus), den Affen gleichsam noch einmal ver-
zerrt oder sehen ihn wenigstens auf der tiefsten Stufe, welche er einnehmen kann. Jede edlere Form
ist hier verwischt und jede edlere Geistesfähigkeit in der Unbändigkeit der scheußlichsten Leidenschaften
untergegangen.

Wir nennen die Paviane mit Aristoteles "Hundsköpfe", weil ihr Kopfbau dem eines groben,
rohen Hundes etwas mehr ähnelt, als dem des Menschen, an welchen die übrigen Affen entfernt
erinnern. Jn Wahrheit ist die Aehnlichkeit zwischen beiden Thierköpfen nur eine oberflächliche und
zugleich unbefriedigende; denn der Hundekopf des Pavian ist ebensogut eine abscheuliche Verzerrung
seines Vorbildes, wie der Kopf des Gorilla eine solche des Menschenhauptes ist. Allein den anderen
Affen gegenüber ist eben das Schnauzenartige des Paviangesichtes ein hervorstechendes Merkmal: und
deshalb können wir auch dem alten Aristoteles seine Ehre lassen.

Die Hundsköpfe sind neben den Orangs die größten aller Affen. Jhr Körperbau ist gedrungen,
ihre Muskelkraft ungeheuer. Der schwere Kopf verlängert sich in eine starke und lange, vorn ab-
gestutzte, oft wulstige oder gefurchte Schnauze mit vorstehender Nase; das Gebiß erscheint raubthier-
ähnlich, wegen seiner fürchterlichen Reißzähne, welche auf ihrer hintern Seite scharfkantig sind; die

Beſchreibung des Wandern.
einem gemähnten Pavian ebenſoſehr, wie einem Makaken. Der Körper iſt unterſetzt, der Schwanz
mittellang. Eine große Mähne hüllt das Geſicht, den Kopf und die Schultern ein. Der ganze oberſte
Theil des Pelzes iſt ſchwarz gefärbt, die oberen und unteren Theile der Gliedmaßen lichtbräunlich-
grau, wie die Mähne, welche oben am dunkelſten, am Kinn am lichteſten iſt. Geſicht und Hände ſind
ſchwarz, die Geſäßſchwielen röthlich. Erwachſene Thiere ſind zwei Fuß lang, wobei der Schwanz
1 Fuß Länge hat.

Der Wandern bewohnt vorzüglich Ceylon und zwar ausſchließlich die dichten Wälder. Seine
Nahrung beſteht aus Knospen und Baumblättern. Er beſucht ebenfalls die Gärten und richtet dort
unter Umſtänden bedeutenden Schaden an. Thierbach erzählt, daß die von dieſen Affen herrühren-
den Verwüſtungen oft wirklich jammervoll anzuſehen ſind. Jn manchen Kokosgärten ſieht man nicht
eine einzige Frucht auf den Bäumen, aber den Boden ganz beſät mit ihnen, zumal mit halbreifen,
welche dieſe Affen abgeriſſen und herabgeworfen haben.

Demungeachtet werden ſie von den Malabaren geſchätzt. Die Fürſten dieſes Volks achten ſie
ſehr hoch, wegen ihrer Ernſthaftigkeit und ihrer Klugheit. Sie laſſen Junge aufziehen und zu allerlei
Spielen abrichten, wobei dieſelben ſich zum Bewundern gut benehmen. Andere ſagen, daß ſie in
der Gefangenſchaft nicht eben viel werth ſeien. Zwar ſollen ſie leicht an allerlei Nahrung gewöhnt
und auch ziemlich gezähmt, aber auch oft ſehr grämlich werden können und dann höchſt unliebens-
würdig ſein. Außerdem ſind ſie ungeſellig und maßen ſich die Herrſchaft über alle übrigen Affen an,
welche man mit ihnen zuſammenhält, necken und ärgern die anderen Thiere, beißen die Wärter und
betragen ſich auch ſonſt noch unartig.

Jch ſah einen Wanderu in Amſterdam lebendig, konnte aber von dem eben Mitgetheilten Nichts
wahrnehmen. Freilich ſteckte das Thier allein in ſeinem Käfig und hatte deshalb keine Gelegenheit,
ſein eigentliches Weſen zu zeigen; — denn einen Affen muß man mit anderen ſeiner Art oder Familie
zuſammenſehen, wenn man ihn kennen lernen will. Der Wanderu, welchen ich ſah, war ein ſtiller
und ziemlich langweiliger Geſell, welcher ruhig und gemeſſen in ſeinem Käfige auf- und abging und
ſich um die Außenwelt wenig zu kümmern ſchien. Nur zuweilen bewies ein Blitzen des hübſchen,
braunen Auges, daß er doch nicht ganz ſo theilnahmlos war, als er vorgab. Mit den Wärtern
ſtand er auf beſtem Fuße; gegen Fremde zeigte er ſich artig und beſcheiden.



Die Affengruppe, welche wir nunmehr betrachten wollen, iſt zwar eine der merkwürdigſten, nicht
aber auch eine der anziehendſten und angenehmſten. Wir finden in ihr vielmehr die häßlichſten,
rüdeſten, flegelhafteſten und deshalb widerwärtigſten Mitglieder der ganzen Ordnung; wir ſehen in
ihnen, den Pavianen oder Hundsköpfen (Cynocephalus), den Affen gleichſam noch einmal ver-
zerrt oder ſehen ihn wenigſtens auf der tiefſten Stufe, welche er einnehmen kann. Jede edlere Form
iſt hier verwiſcht und jede edlere Geiſtesfähigkeit in der Unbändigkeit der ſcheußlichſten Leidenſchaften
untergegangen.

Wir nennen die Paviane mit Ariſtoteles „Hundsköpfe‟, weil ihr Kopfbau dem eines groben,
rohen Hundes etwas mehr ähnelt, als dem des Menſchen, an welchen die übrigen Affen entfernt
erinnern. Jn Wahrheit iſt die Aehnlichkeit zwiſchen beiden Thierköpfen nur eine oberflächliche und
zugleich unbefriedigende; denn der Hundekopf des Pavian iſt ebenſogut eine abſcheuliche Verzerrung
ſeines Vorbildes, wie der Kopf des Gorilla eine ſolche des Menſchenhauptes iſt. Allein den anderen
Affen gegenüber iſt eben das Schnauzenartige des Paviangeſichtes ein hervorſtechendes Merkmal: und
deshalb können wir auch dem alten Ariſtoteles ſeine Ehre laſſen.

Die Hundsköpfe ſind neben den Orangs die größten aller Affen. Jhr Körperbau iſt gedrungen,
ihre Muskelkraft ungeheuer. Der ſchwere Kopf verlängert ſich in eine ſtarke und lange, vorn ab-
geſtutzte, oft wulſtige oder gefurchte Schnauze mit vorſtehender Naſe; das Gebiß erſcheint raubthier-
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[71/0125] Beſchreibung des Wandern. einem gemähnten Pavian ebenſoſehr, wie einem Makaken. Der Körper iſt unterſetzt, der Schwanz mittellang. Eine große Mähne hüllt das Geſicht, den Kopf und die Schultern ein. Der ganze oberſte Theil des Pelzes iſt ſchwarz gefärbt, die oberen und unteren Theile der Gliedmaßen lichtbräunlich- grau, wie die Mähne, welche oben am dunkelſten, am Kinn am lichteſten iſt. Geſicht und Hände ſind ſchwarz, die Geſäßſchwielen röthlich. Erwachſene Thiere ſind zwei Fuß lang, wobei der Schwanz 1 Fuß Länge hat. Der Wandern bewohnt vorzüglich Ceylon und zwar ausſchließlich die dichten Wälder. Seine Nahrung beſteht aus Knospen und Baumblättern. Er beſucht ebenfalls die Gärten und richtet dort unter Umſtänden bedeutenden Schaden an. Thierbach erzählt, daß die von dieſen Affen herrühren- den Verwüſtungen oft wirklich jammervoll anzuſehen ſind. Jn manchen Kokosgärten ſieht man nicht eine einzige Frucht auf den Bäumen, aber den Boden ganz beſät mit ihnen, zumal mit halbreifen, welche dieſe Affen abgeriſſen und herabgeworfen haben. Demungeachtet werden ſie von den Malabaren geſchätzt. Die Fürſten dieſes Volks achten ſie ſehr hoch, wegen ihrer Ernſthaftigkeit und ihrer Klugheit. Sie laſſen Junge aufziehen und zu allerlei Spielen abrichten, wobei dieſelben ſich zum Bewundern gut benehmen. Andere ſagen, daß ſie in der Gefangenſchaft nicht eben viel werth ſeien. Zwar ſollen ſie leicht an allerlei Nahrung gewöhnt und auch ziemlich gezähmt, aber auch oft ſehr grämlich werden können und dann höchſt unliebens- würdig ſein. Außerdem ſind ſie ungeſellig und maßen ſich die Herrſchaft über alle übrigen Affen an, welche man mit ihnen zuſammenhält, necken und ärgern die anderen Thiere, beißen die Wärter und betragen ſich auch ſonſt noch unartig. Jch ſah einen Wanderu in Amſterdam lebendig, konnte aber von dem eben Mitgetheilten Nichts wahrnehmen. Freilich ſteckte das Thier allein in ſeinem Käfig und hatte deshalb keine Gelegenheit, ſein eigentliches Weſen zu zeigen; — denn einen Affen muß man mit anderen ſeiner Art oder Familie zuſammenſehen, wenn man ihn kennen lernen will. Der Wanderu, welchen ich ſah, war ein ſtiller und ziemlich langweiliger Geſell, welcher ruhig und gemeſſen in ſeinem Käfige auf- und abging und ſich um die Außenwelt wenig zu kümmern ſchien. Nur zuweilen bewies ein Blitzen des hübſchen, braunen Auges, daß er doch nicht ganz ſo theilnahmlos war, als er vorgab. Mit den Wärtern ſtand er auf beſtem Fuße; gegen Fremde zeigte er ſich artig und beſcheiden. Die Affengruppe, welche wir nunmehr betrachten wollen, iſt zwar eine der merkwürdigſten, nicht aber auch eine der anziehendſten und angenehmſten. Wir finden in ihr vielmehr die häßlichſten, rüdeſten, flegelhafteſten und deshalb widerwärtigſten Mitglieder der ganzen Ordnung; wir ſehen in ihnen, den Pavianen oder Hundsköpfen (Cynocephalus), den Affen gleichſam noch einmal ver- zerrt oder ſehen ihn wenigſtens auf der tiefſten Stufe, welche er einnehmen kann. Jede edlere Form iſt hier verwiſcht und jede edlere Geiſtesfähigkeit in der Unbändigkeit der ſcheußlichſten Leidenſchaften untergegangen. Wir nennen die Paviane mit Ariſtoteles „Hundsköpfe‟, weil ihr Kopfbau dem eines groben, rohen Hundes etwas mehr ähnelt, als dem des Menſchen, an welchen die übrigen Affen entfernt erinnern. Jn Wahrheit iſt die Aehnlichkeit zwiſchen beiden Thierköpfen nur eine oberflächliche und zugleich unbefriedigende; denn der Hundekopf des Pavian iſt ebenſogut eine abſcheuliche Verzerrung ſeines Vorbildes, wie der Kopf des Gorilla eine ſolche des Menſchenhauptes iſt. Allein den anderen Affen gegenüber iſt eben das Schnauzenartige des Paviangeſichtes ein hervorſtechendes Merkmal: und deshalb können wir auch dem alten Ariſtoteles ſeine Ehre laſſen. Die Hundsköpfe ſind neben den Orangs die größten aller Affen. Jhr Körperbau iſt gedrungen, ihre Muskelkraft ungeheuer. Der ſchwere Kopf verlängert ſich in eine ſtarke und lange, vorn ab- geſtutzte, oft wulſtige oder gefurchte Schnauze mit vorſtehender Naſe; das Gebiß erſcheint raubthier- ähnlich, wegen ſeiner fürchterlichen Reißzähne, welche auf ihrer hintern Seite ſcharfkantig ſind; die

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/125>, abgerufen am 27.11.2024.